Die Herzinfarkt-Todesrate in Innviertel ist verglichen mit dem restlichen Österreich überdurchschnittlich hoch. Dies liegt wohl primär an der „gesunden“ Ernährung rund um Bier, Most, Bratl in der Rein, Innviertler Knödel und Surspeck.
Doch im Laufe der letzten vier Jahre hat wohl auch die SVR einen kleinen Teil dazu beigetragen, dass manche Herzen in der Region schneller schlugen. Kulminiert hat sich der Wahnsinn heuer im Laufe der Meisterschaftsentscheidung an den letzten Runden. Im Vergleich dazu sind manche Hitchcock-Drehbücher nämlich geradezu langweilig. Doch mehr dazu später.
Inhaltsverzeichnis
Die Analyse bleibt vorerst aus
Nein, im Gegensatz zu den letzten Jahren (siehe unten) werde ich die heurige Saison der SV Ried zum aktuellen Zeitpunkt nicht analysieren.
Es wird nämlich noch eine Weile dauern, bis ich die Zahlen und Daten richtig einordnen kann. Zu wild war die Achterbahnfahrt der Gefühle zwischen Ende Juni und Ende Juli.
Manchmal passieren (Fußball-)Wunder
Ich persönlich hatte mit der Saison 2019/2020 nach dem Spiel gegen Liefering in Runde 26 abgeschlossen gehabt. Nach einem 2:2 gegen das Farmteam der Bullen betrug der Rückstand auf den Verein aus Kärnten drei Punkte – bei nur noch drei verbleibenden Spielen. Tendenz und die Form sprachen klar für den Gegner.
Ich muss an dieser Stelle auch gestehen, dass ich meinen Saisonrückblick an diesem Tag geschrieben hatte. 1741 Wörter über das abermalige Versagen im Innviertel. Doch diese Zeilen werden (dem Fußballgott sei Dank) niemals das Licht der Welt erblicken. Ich bin heilfroh, dass die Mannschaft mehr Vertrauen in sich selbst hatte, als dies bei meiner Person der Fall war.
Nach einem kurzen Rückblick auf die abgelaufene Saison will ich einen Ausblick auf die Saison 2020/2021 wagen – wo endlich wieder Rapid, RBS und Sturm anstatt Young Violets, OÖ Juniors und Lafnitz in die josko.Arena nach Ried kommen werden.
Corona-Panik
Der Saisonbeginn war mit zwei Heimniederlagen gegen Klagenfurt und den GAK abermals verpatzt. Doch die Mannschaft fand ab der 6. Runde in einen echten Flow. Zwischen August und November wurden neun Spiele en suite gewonnen, in der letzten Runde vor der Winterpause konnte man nach einem 5:0 Kantersieg in Dornbirn sogar erstmals die Tabellenspitze erklimmen.
Vor allem Stefan Nutz (als Regisseur und Assist-Maschine) und Reuben Acquah (als tiefstehender Spielmacher) fanden im zentralen Mittelfeld immer besser zusammen. Zwei Wochen nach einer wahrlichen Massenwanderung an den Wörthersee beim Wiederbeginn im Frühjahr konnte man sich unmittelbar vor der Zwangspause sogar acht Punkte (und elf Tore) von den Kärntnern absetzen.
Doch dann kam COVID-19 und nach der dreimonatigen Spielpause war nicht mehr viel, wie es vorher war. Konnte das 2-4 gegen den GAK noch in die Kategorie Ausrutscher/Angstgegner eingeordnet werden, waren die 1-3 bzw. 2-3 und 1-3 Niederlagen gegen Young Violets, OÖ Juniors und BW Linz einfach nur unerklärlich (schlecht).
In diesen Partien passte so gut wie gar nichts (mehr). Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Thomas Reifeltshammer (Nierenverletzung gegen Kapfenberg) wirkte die Verteidigung rund um die rekonvaleszenten Reiner, Kerhe und Boateng wie ein chaotischer Hühnerhaufen.
Gerald Baumgartner nahm vor der Partie gegen BW Linz (Anm. die für mich erbärmlichste Leistung einer SVR-Mannschaft seit Ewigkeiten) Johannes Kreidl aus dem Tor und ersetzte ihn durch den (deutlich) lauteren Filip Dmitrovic. Sportlichen Grund für den Tormannwechsel gab es zu diesem Zeitpunkt eigentlich keinen.
Diese (populistische?) Maßnahme schien zunächst noch zum Eigentor zu werden, verursachte Dmitrovic nach einen übermotivierten Ausflug doch das entscheidende 1-3 gegen die Linzer. Doch in den Partien gegen Steyr und Liefering war die bessere Ordnung der Defensive (auch wegen der im TV deutlich wahrnehmbaren Kommandos des Keepers) klar erkennbar. Und gegen Wacker Innsbruck und den SV Horn hielt er seine Mannschaft dann im Spiel bzw. rettete die knappen Siege.
Mit einer Torlawine zum Meisterstück
Der erste Knackpunkt war ein vogelwildes 4:3 gegen Wacker Innsbruck. Nach 10 Minuten hätten man 0:3 in Rückstand liegen können. Beim Stand von 1:2 hatten die Innsbrucker mehrere Chancen auf 1:3 oder sogar 1:4 zu erhöhen. Dann der Ausgleich zum 3:3 in der 93. Minute. Und der 4:3 Siegtreffer mit der letzten Aktion des Spiels. Durch diese (äußerst glückliche) Fügung der Schicksals lebte die Chance auf den Titel weiter.
In Horn lag man gegen einen schwachen Gegner 1:0 in Führung, machte diesen aber mit mehreren Schlampigkeiten wieder stark und leg plötzlich bei einem Mann weniger am Feld mit 1:2 in Rückstand. Doch ein Doppelschlag und zwei Saves von Dmitrovic retteten das 3:2 über die Ziellinie. Gleichzeitig verschoss der Konkurrent einen späten Elfmeter und kassierte quasi im Gegenzug einen Elfmeter zur 1:2 Niederlage. Plötzlich lag man nach 29 Spielen wieder auf Platz 1 – punktegleich und fast torgleich mit dem Verein aus Kärnten.
Versagten in den Endspielen der letzten Jahre stets die Nerven, so ließen die Rieder heuer von Beginn weg keinen Zweifel aufkommen, dass man nächste Saison wieder in der Bundesliga spielen würde. Wießmeier und Co. fegten über einen (zugegebenermaßen) inferioren FAC hinweg, nach knapp 32 Minuten stand es 5:0, am Ende reüssierte man mit dem höchsten Sieg der Vereinsgeschichte sogar mit 9:0.
Werden im Normalfall bei einem Stand von 5:0 die besten Spieler ausgewechselt und man schont die Kräfte, so ging man in dieser Partie 90 Minuten lange Vollgas, so machte es auch nichts, dass Wacker Innsbruck binnen fünf Minuten drei Gegentore kassierte und am Ende sogar mit 1:6 verlor.
Der Vater des Aufstiegs
An dieser Stelle nochmal mein wirklich allerhöchster Respekt an die Moral der Mannschaft. Nur mehr die kühnsten Optimisten in meinem Umkreis hatten sich nach der Niederlagenserie noch an einen Aufstiegs-Strohhalm geklammert. Aber weil man sich selber aus der Scheißgasse gezogen hat (wie Kapitän Reifeltshammer bei der Meisterfeier selber sagte), hat man sich den Aufstieg heuer redlich verdient. In den letzten Jahren ist man stets umgefallen, wenn es do-or-die hieß. Heuer ist man an diesem Druck gewachsen und hat sich auch durch Rückschläge zu keinem Zeitpunkt mehr aus dem Konzept bringen lassen.
Ich vergönne den Aufstieg heuer zwei Personen ganz besonders: zum einen dem Finanzvorstand Roland Daxl, der sich federführend für die Fortsetzung der Liga einsetzte und während der letzten Jahre seine ganze Kraft in die SV Ried steckte, auch als es (finanziell) immer enger und enger wurde.
Und zweitens Thomas Reifeltshammer, der seine Mannschaft(en) während der letzten drei Jahre in der 2. Liga stets wie ein echter Leader anführte, heuer durch eine nicht alltägliche Nierenverletzung außer Gefecht gesetzt wurde und dann im Finish sogar noch ein Comeback gab. Für ihn wäre es besonders bitter gewesen, wenn er das Versagen seiner Teamkollegen von der Tribüne aus ansehen hätte müssen. Das explizite Lob an Daxl und Reifeltshammer hätte ich übrigens auch bei einem Nichtaufstieg formuliert.
Auch das Bemühen der Menschen aus der Region (u.a. die Gründung des Vereins „Ried ein Leben lang e.V.“ mit dem Verkauf von Geisterspieltickets) oder das gigantische Spruchband im Stadion („Ganz Ried steht hinter euch“) waren stets ein Beweis für den Zusammenhalt in der SVR-Familie (die wie eine echte Familie öfters mal streitet). An dieser Stelle daher auch nochmal ein Dank an alle Protagonisten: Mannschaft, Trainerteam, Funktionäre, Geschäftsstelle, Vorstand und Sponsoren. Und auch an die treuen Fans – so gut wie niemand hat mWn sein Geld für die Saisondauerkarte zurückgefordert.
Rückkehr in die Bundesliga
Die Weichen für die kommende Saison müssen schnell gestellt werden. Voraussichtlich am 12. August wird zum Trainingsauftakt geladen (knapp 10-14 Tage nach den meisten anderen Bundesligisten). Die Saison 2020/2021 wird bereits am letzten August-Wochenende mit der 1. Runde im ÖFB-Cup eingeläutet. Die Saisonvorbereitung bis zum Meisterschaftsbeginn dauert diesmal nur knapp viereinhalb Wochen lang, am 11. September beginnt nämlich die neue Saison in der Bundesliga.
Glaubt man den Gerüchten in den oberösterreichischen Tageszeitungen, so ist die Ära von Andreas Heraf als Co-Trainer in Ried vorüber. Hier soll es Unstimmigkeiten mit seinem Cheftrainer gegeben haben. Außerdem soll ein Sportchef installiert werden, um Gerald Baumgartner in seiner aktuellen Doppeltätigkeit zu entlasten.
Gerüchteweise sollen die „verlorenen Söhne“ Anel Hadzic (zuletzt bei Videoton in Ungarn) und Samuel Sahin-Radlinger (zuletzt bei Barnsley) vor einem Comeback bei ihrem Heimatclub stehen. Außerdem besteht Interesse an einer Verpflichtung von Marcel Canadi von Amstetten, der mit seinem Freistoßtor gegen die Kärntner den Grundstein für den eigenen Transfer gelegt hatte.
Abgesehen davon sehe ich dringenden Handlungsbedarf auf der Position des Linksverteidigers, diese war nämlich die Schwachstelle in der abgelaufenen Saison. Weder Vojkovic noch Obermüller oder Takougnadi (der die Sache zugegebenermaßen noch am besten machte) haben die Qualität für die Bundesliga.
Auch abgesehen davon muss der Kader an vielen Positionen verbessert werden, sonst erlebt man in der Bundesliga nämlich sein blaues Wunder. Von Vereinen wie RBS, Rapid, LASK oder WAC ist man nämlich derzeit sehr weit entfernt.
Wie man am Beispiel Wattens oder zuvor Innsbruck gesehen hat, ist der Sprung nach oben seit der Ligareform viel schwieriger als früher. Spielten die Aufsteiger früher meistens in der ersten Saison im Oberhaus sogar um die Europacupplätze mit, so ging es für die beiden Tiroler Vereine direkt wieder nach unten. Doch die Situation rund um Mattersburg/Wattens könnte ein kleiner Vorteil im Abstiegskampf werden. Im schlimmsten Fall wissen nämlich weder die Burgenländer noch die Tiroler für einige Wochen, für welche Liga sie planen können.
Budgetplanung mit Unsicherheiten
Insgesamt soll das Budget von € 4 Millionen auf € 7 Millionen aufgestockt werden. Der Löwenanteil daran stammt aus den € 1.8 Millionen an TV-Geldern von sky. Diese TV-Gelder sind nämlich ca. um € 1.8 Millionen höher als man in der semi-professionellen #LigaZwa zur Verfügung hatte. Mit dem um ein Vielfaches höheren Werbewert in der tipico Bundesliga wird es vermutlich auch wieder leichter sein, potenzielle Sponsoren zu lukrieren. Ganz im Gegensatz zur Aussage von ASK-Chef Gruber ist das Industrie-Bundesliga Oberösterreich nämlich sehr wohl in der Lage, zwei Bundesligisten zu stemmen.
COVID-19 und die Folge werden im Fußball-Business jedoch weiterhin eine große Rolle spielen. Wer seine Mitarbeiter in Kurzarbeit schickt(e) oder gar Stellen abbauen muss(te), kann Sponsoring in einen Fußballverein firmenintern eigentlich nur schwer vermarkten.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor werden die Zuschauer bzw. Zuschauereinnahmen bleiben. Denn es bleibt abzuwarten, wie viele Menschen im Herbst in die österreichischen Stadien dürfen. In der 2. Liga wurde sogar schon bekannt gegeben, dass die kommende Saison bis auf weiteres ohne Auswärtsfans stattfinden wird. Sollte sich eine 2. Welle der Pandemie über Österreich ausbreiten, kann es auch schnell wieder zu einer Zwangspause oder zu Spielen ohne Zuschauern kommen.
Persönliche Anmerkungen
Durch den Wiederaufstieg in die Bundesliga kehrt für mich ein Gefühl der Selbstverständlichkeit zurück. Die SVR gehört nämlich in die Bundesliga und wird dort Anfang September (endlich) ihre 21. Saison seit 1995 bestreiten.
Seit dem Abstieg im Mai 2017 habe ich insgesamt 17 Blogartikel mit über 50.000 Wörtern über die SV Ried geschrieben. Manchmal manisch, sehr oft depressiv. Nie beleidigend, aber sehr oft kritisch. Stets auf Fakten basiert, aber trotzdem von Gefühlen geleitet. Habe ich den Glauben an eine Rückkehr in die Bundesliga jemals verloren? Jein. Obwohl ich mich Zweckpessimisten bezeichnen würde, schlummerte tief in mir – entgegen jeglicher Vernunft – doch stets ein Fünkchen Hoffnung. Erst wenn es sich heuer wieder nicht ausgegangen wäre, dann wäre es vermutlich sehr schwierig geworden.
Seit jeher ist mein lateinischer Lieblingsspruch „per aspera ad astra“, was so viel bedeutet wie „Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen“. Nun heißt es den vollen Fokus darauf zu legen, die Sterne nicht gleich wieder verlassen zu müssen. Ich bin davon überzeugt, dass die Entscheidungsträger aus den mühseligen Jahren gelernt haben und den vollen Fokus auf die Konsolidierung in der Bundesliga legen werden.
p.s.: der Artikel besteht aus exakt 1912 Wörtern.
Fotoquellen (alle Rechte liegen bei den Portalen bzw. den Fotograf*innen, diese werden hier nicht-kommerziell verwendet):
Bengalen in Klagenfurt – (c) Kurier Ganz Ried Banner – (c) Tips Guntamatic – (c) OON
Meistertellerübergabe – (c) GEPA/Binder
Beitragsbild der Meisterfeier – (c) GEPA/Scharinger
Gerald Baumgartner – (c) Sky Sport Austria
Am Ende des letzten Jahres wollte ich eigentlich nicht nur meine Lieblingsfilme, Lieblingsserien und Lieblingsspiele der 10er-Jahre niederschreiben. Sondern auch meine Lieblingssongs aus dieser Dekade (bitte keine Diskussionen weil die Dekade eigentlich von 2011-2020 geht). Lediglich gestaltete sich dies im Gegensatz zu den anderen Kategorien als nahezu unlösbares Problem. Sowohl zeitlich als auch von der Auswahl her.
Doch im Zuge der Corona-Krise hatte ich endlich mal wieder mehr Zeit für Musik. Ich habe mich regelmäßig durch meine Deezer-Playlists gehört und durch Nutzungsstatistiken gekämpft und es nun tatsächlich geschafft, so etwas wie meine Top 50 Songs der letzten Dekade zu krönen.
En detail will ich auf fünf Songs eingehen, welche ich als meine persönlichen Top5-Songs der Jahre 2010-2019 bezeichnen würde. Angeordnet sind diese Songs bzw. ihre Beschreibungen chronologisch nach Erscheinungsjahr.
Junip – Line Of Fire (2013)
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Zum ersten Mal hatte ich diesen Song im AMC-Trailer für das Serienfinale von Breaking Bad im September 2013 gehört. An diesem Song mag ich einfach alles: die Lyrics, den Sound und natürlich auch die Stimme von José Gonzalez. Der Schwede ist nicht nur Leadsänger von JUNIP, sondern verfügt auch über eine erfolgreiche Karriere als Solo-Singer-Songwriter (u.a. „Heartbeats“, welches sich ebenfalls in meiner Top50-Liste befindet). Last but not least: ist euch dieses Phänomen bekannt, dass ihr euch absichtlich einen Song auswählt, der euch runterzieht? Bei mir war das während einer schwierigen Lebensphase zwischen 2014 und 2015 mit „Line Of Fire“ der Fall.
Memorable lyrics: „And you notice it matters who and what you let under your skin„.
Vance Joy – Mess Is Mine (2013)
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Auf „Mess Is Mine“ des australischen Singer-Songwriters Vance Joy treffen viele der zuvor genannten Dinge zu. Auch dieses Lied hat eine gewisse Melancholie, ist aber im Gegensatz zu „Line Of Fire“ vom Sound her etwas optimistischer. Auch dieser Song fällt für mich in die Kategorie „choose your own weapons“ wenn alles mal wieder gschissn ist und man eigentlich nicht wirklich weiß, wie alles weiter geht oder weiter gehen kann. Gemäß des Titels halt – die Schwierigkeiten sind meine.
Memorable lyrics: „You can tell me what you see, I will choose what I believe“
The War On Drugs – Red Eyes (2013)
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„Lost In The Dream“ der US-amerikanischen Band „The War On Drugs“ ist eines der besten Alben des Jahres 2013. Das ist nicht (nur) meine Meinung, sondern auch jene der Musikkritiker. Mit 38 Kritiker-Reviews hält es bei einem Metascore von 86/100 und findet sich auch auf vielen Bestenlisten des Jahres (und Jahrzehnts). Auch bei der ersten Singleauskopplung „Red Eyes“ ist Melancholie im Sound wieder allgegenwärtig. Der Song klingt nach den 80er-Jahren, nach nächtlichen Autofahrten ohne bestimmtes Ziel. Ich habe während der letzten knapp 9 Wochen im Homeoffice wirklich sehr viele Songs des letzten Jahrzehnts gehört aber vermutlich wäre „Red Eyes“ der Topanwärter auf den persönlichen 1. Platz.
Memorable lyrics: „Don’t wanna let the dark night cover my soul“
Mumford & Sons – The Wolf (2015)
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Die zweite Single-Auskopplung aus dem dritten Album von Mumford & Sons ist der Gegenpol zu den anderen vier Songs aus meiner Liste. Marcus Mumford und Co. hatten 2015 ihre Banjos gegen E-Gitarren eingetauscht und wurden auf diese Weise auch massentauglich gemacht bzw. konnten dadurch auch auf den großen Rockfestivals auftreten. „The Wolf“ wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben, weil die Liveversion des Songs auf der Waldbühne in Berlin im Sommer 2015 für mich den Abschluss der oben erwähnten schwierigen Lebensphase gebildet hat, ab welcher ich nur mehr in die Zukunft blickte.
Memorable lyrics: „I promised you everything would be fine“
The 1975 – A Change Of Heart (2016)
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Die Ansammlung von melancholischer Grundstimmung (gebündelt mit den Klängen einer Kazoo) wird von „A Change Of Heart“ abgerundet. Die Band aus Manchester rund um Leadsinger Matthew „Matty“ Healy darf im UK schon seit Jahren zur obersten Liga der Musikszene gezählt werden und füllt dort Festivals und Arenen. In Kontinentaleuropa ist die Band noch eher unbekannt bzw. wurde beim bisher einzigen Konzert in Österreich (Juli 2019) in der Metastadt/Wien von Kritikern aufgrund des schlechten Sounds verrissen. Wie auch immer, der Song hat mich damals bei einem eigenen Sinneswandel begleitet und wird mich auch für alle Zeiten daran erinnern.
Memorable lyrics: „Now it’s my time to depart and I just had a change of heart“
Vollständige Playlist bei Deezer
Die vollständige Deezer-Playlist meiner Top50-Songs der Jahre 2010-2019 findet ihr im nachfolgenden iFrame. Es handelt sich dabei um 50 Songs von 50 verschiedenen KünstlerInnen bzw. Bands.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.deezer.com zu laden.
Heute um 05:18 Früh Westküsten-Zeit (PST) wurden von John Cho („Searching“) und Issa Rae („Insecure“) die Nominierungen für die 92. Academy Awards – besser bekannt als Oscars – bekannt gegeben. Dabei gab es gleich eine große Menge an Überraschungen!
Scherz beiseite. Es gab nämlich so gut wie überhaupt keine Überraschungen. Die Oscarnominierungen sind im Laufe der letzten Jahre zu einer Art self-fulfilling-prophecy verkommen. Man hat teilweise das Gefühl, die stimmberechtigten Mitglieder der Academy treffen ihre Auswahl mehrheitlich auf Basis von Insider-Portalen (wie beispielsweise goldderby.com), Wettquoten sowie anderen Filmpreisen (Golden Globes, BAFTAs, SAGs, Critics‘ Choice Awards usw.).
Wie auch immer, hier eine Liste der Filme mit multiplen Nominierungen:
11
Joker
10
1917
Once Upon A Time In Hollywood
The Irishman
6
Jojo Rabbit
Little Women
Marriage Story
Parasite
4
Ford v Ferrari
3
Bombshell
Star Wars: The Rise Of Skywalker
The Two Popes
2
Harriet
Honeyland
Judy
Pain and Glory
Toy Story 4
Viele diverse, kontroverse oder innovative Filme wurden von der Academy gänzlich ignoriert. An dieser Stelle will ich „The Farewell“, „Uncut Gems“, „Us“, „Queen & Slim“ oder das herrlich erfrischende „Booksmart“ nennen. Zu den großen Verlierern dürfen auch „The Lighthouse“, „Knives Out“ sowie „Rocketman“ mit jeweils nur einer Nominierung gezählt werden. Lediglich „Jojo Rabbit“ (eine Satire von „Thor“-Regisseur Taiki Waititi rund um einen Jungen und seinen imaginären Freund während des 2. Weltkriegs) hat es klammheimlich vom Außenseiter zum sechsfach nominierten Film geschafft.
Bester Film
Should win: Parasite
Will win: 1917 oder The Irishman
Parasite ist für mich ganz klar der beste Film des Jahres und spielt eine Klasse über allen anderen Nominierten. Ich habe derzeit (Stand: 13. Jänner) sieben dieser neun Filme gesehen, lediglich „1917“ (folgt kommendes Wochenende) und „Little Women“ fehlen mir noch. Weil ich aber irgendwie nicht ganz glauben kann/will, dass das Meisterwerk über zwei verschiedene Klassen der südkoreanischen Bevölkerung trotz keiner einzigen Darsteller-Nominierung reüssiueren kann, gibt es für mich einen Zweikampf zwischen „1917“ und „The Irishman“. Der Film über den 1. Weltkrieg ist für mich nach den Golden Globes (und vor den BAFTAs) nun leichter Favorit, hauptsächlich weil er (sehr) spät ins Rennen eingestiegen ist und bei den letzten Nominierungen bzw. Preisverleihungen viel Fahrtwind aufgenommen hat. Für mich sprechen auch der WW1-Pathos sowie die angewandte Technik („One-Shot“) der Altmeister Roger Deakins (Kamera) und Lee Smith (Schnitt; Oscar für „Dunkirk“) für das britische Drama.
Beste Regie
Should win: Bong Joon-ho (Parasite)
Will win: Sam Mendes (1917)
Bei den Golden Globes galten Martin Scorsese, Quentin Tarantino und Bong Joon-ho als Co-Favoriten. Bis dann Sam Mendes völlig überraschend gewann. Obwohl „1917“ zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal flächendeckend im Kino gestartet war. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass der Brite heuer seinen zweiten Oscar (nach „American Beauty“) gewinnen wird. Weil „The Irishman“ keiner der fünf besten Filme von Scorsese ist. Weil „Once Upon A Time…“ keiner der fünf besten Filme von Tarantino ist. Bong Joon-ho könnte nur mehr dann in das Rennen eingreifen, wenn er die Preise bei der DGA (Director’s Guild) und den BAFTA’s einheimst. Komplett chancenlos ist hier lediglich Todd Phillips. Für ihn hätte man auch Greta Gerwig („Little Women“), Taika Waititi („Jojo Rabbit“) oder Lulu Wang („The Farewell“) nominieren können. Aber über das Thema Oscars und Diversität schreibe ich später noch etwas.
Beste Hauptdarstellerin
Should win: Renée Zellweger (Judy)
Will win: Renée Zellweger (Judy)
Judy Garland gilt als Prototyp der tragischen Hollywood-Figur. Die Karriere von Renée Zellweger galt nach Abschluss ihrer Darstellung als Bridget Jones in der gleichnamigen Trilogie ebenfalls bereits als gescheitert/beendet. Im ansonsten eher durchschnittlichen Film „Judy“ geht sie jedoch voll in der Rolle der Hollywood-Ikone auf und hat auf der „Road to the Oscars“ bisher so gut wie jeden verfügbaren Preis gewonnen. Daher wird sie heuer auch ihren zweiten Oscar nach „Cold Mountain“ (Beste Nebendarstellerin) gewinnen. Saoirse Ronan wird (im Alter von 26!) zum vierten Mal leer ausgehen, Charlize Theron geht trotz ihrer bemerkenswert realitätsnahen Darstellung der FOX News Moderatorin Megyn Kelly als Außenseiterin ins Rennen. Globes-Gewinnerin Awkwafina wurde nicht einmal nominiert.
Bester Hauptdarsteller
Should win: Joaquin Phoenix (Joker)
Will win: Joaquin Phoenix (Joker)
Wer aktuell 10€ auf einen Sieg von Joaquin Phoenix setzt, gewinnt immerhin 11.70€. Der unkonventionelle Missionarssohn mit dem Bad-Boy-Image, der schon zweimal als (Mit-)Favorit leer ausgegangen ist (als Commodus in „Gladiator“ sowie als Johnny Cash in „Walk The Line“), geht bei seiner vierten Nominierung zurecht als absoluter Topfavorit in das Oscar-Rennen. Nicht mal seine multiplen „Fucks“ sowie seine unkonventionelle (betrunkene) politische Rede bei den Golden Globes werden diesmal verhindern können, dass der jüngere Bruder von River Phoenix endlich seinen hochverdienten Oscar bekommt. Die Rolle des Jokers wird damit auch zum zweiten Mal binnen zwölf Jahren (nach Heath Ledger in „The Dark Knight“) mit dem höchsten Filmpreis ausgezeichnet werden.
Beste Nebendarstellerin
Should win: keine Ahnung, da ich bisher nur einen dieser Filme gesehen habe
Will win: Laura Dern (Marriage Story)
Die einzige Hauptkategorie mit zumindest einer kleinen Überraschung, nämlich Florence Pugh (die heuer den Durchbruch als Hauptdarstellerin in Ari Asters „Midsommar“ schaffte) als Schwester von Saoirse Ronan in „Little Women“. Laura Dern hat für ihre Rolle als Hollywood-Scheidungsanwältin in Noah Baumbachs‘ „Marriage Story“ bisher jeden verfügbaren Preis gewinnen und wird daher nach zwei erfolglosen Nominierungen auch ihren ersten Oscar gewinnen.
Bester Nebendarsteller
Should win: Brad Pitt (Once Upon A Time In Hollywood)
Will win: Brad Pitt (Once Upon A Time In Hollywood)
Dass sich fünf frühere Oscar-Gewinner in einer Kategorie gegenüber stehen, gab es bisher nur einmal. Nämlich 2012, als Christoph Waltz seinen zweiten Oscar für Django Unchained gegen Tommy Lee Jones, Alan Arkin, Robert De Niro und Philip Seymour Hoffman mit nach Hause nehmen durfte. Wohl gemerkt hat Brad Pitt (noch) keinen Oscar als Schauspieler gewonnen, sondern als Produzent für den Besten Film „12 Years A Slave“. Gegen Pacino und Pesci spricht, dass sich zwei Nominierte aus einem Film normalerweise gegenseitig die Stimmen wegnehmen. Hopkins und Hanks haben keine reelle Chance auf ihren zweiten bzw. dritten Oscar.
Alle Tipps (Stand: 13. Jänner 2020)
Bester Film
1917
Beste Regie
Sam Mendes (1917)
Beste Hauptdarstellerin
Renée Zellweger (Judy)
Bester Hauptdarsteller
Joaquin Phoenix (Joker)
Beste Nebendarstellerin
Laura Dern (Marriage Story)
Bester Nebendarsteller
Brad Pitt (Once Upon A Time…)
Bestes Originaldrehbuch
Noah Baumbach (Marriage Story)
Bestes adaptiertes Drehbuch
Steven Zailian (The Irishman)
Beste Kamera
Roger Deakins (1917)
Bestes Szenenbild
Once Upon A Time In Hollywood
Bestes Kostümdesign
Little Women
Beste Filmmusik
Joker
Bester Filmsong
Into The Unknown (Frozen 2)
Beste Make-up
Bombshell
Bester Schnitt
Ford v Ferrari
Bester Ton
1917
Bester Tonschnitt
1917
Beste visuelle Effekte
Avengers: Endgame
Bester Animationsfilm
Toy Story 4
Bester internationaler Film
Parasite (Südkorea)
Roger Deakins musste 14 Filme lang auf seinen ersten Oscar warten. Letztes Jahr für „Blade Runner 2049“ war es dann soweit. Lightning stikes twice besagt ein Sprichwort, daher wird er heuer dank seiner Kamera-Arbeit in „1917“ auf eine Bilanz von 2/15 aufbessern können. Einen Außenseitertipp mit „Ford v Ferrari“ wage ich beim Besten Schnitt, in dieser Kategorie gibt es vom Gefühl her so viele Außenseitersiege wie in sonst keiner anderen Kategorie. Beim Kostümdesign entscheide ich mich gegen „Once Upon A Time..“ und für „Little Women“, daher hier traditionsgemäß historische (bzw. historischere) Filme besser abschneiden.
Wer Hildur Guðnadóttir aussprechen muss, tut mir jetzt schon leid. Heuer sind mir genau zwei Scores im Ohr geblieben – jener von „Us“, der nicht einmal nominiert wurde, sowie jener von „Joker“ von der Isländerin, die letztes Jahr schon die HBO-Serie „Chernobyl“ mit schaurig-schöner Musik untermalte. Thomas Newman galt für „1917“ lange als Favorit, doch aktuell sind die Karten so offen wie schon lange nicht mehr. Beim Besten Filmsong hat die Academy (leider) ein Faible für Disney-Filme, daher tippe ich hier auf einen knappen Sieg gegen „(I’m Gonna) Love Me Again“ aus der Elton-John-Biographie „Rocketman“.
Aufschlüsselung meiner Oscar-Tipps nach Film
1917
5
Joker
2
Once Upon A Time…
2
Marriage Story
2
Parasite
1
Judy
1
The Irishman
1
Little Women
1
Frozen 2
1
Maleficent
1
Bombshell
1
Avengers: Endgame
1
Toy Story 4
1
Die Oscars werden auch heuer in homöopathischen Dosen an viele verschiedene Filme verteilt werden. Die Zeit der großen Abräumer (wie „Titanic“ oder „Lord Of The Rings: The Return Of The King“) ist vorbei und wird auch wohl so schnell nicht wieder kommen. Ich befürchte, dass mit „Parasite“ einer der besten Filme des abgelaufenen Jahrzehnts mit nur einem Oscar die Reise heimwärts nach Südkorea antreten muss. 기생충 (so der Originaltitel :) ) ist – wie schon zuvor angemerkt – ein Meisterwerk, welches man nur 2-3 Male pro Jahrzehnt zu sehen bekommt.
An dieser Stelle muss man allerdings attestieren, dass Hollywood leider noch immer ein Problem mit Diversität hat. Dies beweisen die Snubs von „Parasite“ und „The Farewell“ in den Darsteller-Kategorien. Der alte Spruch „Hollywood … too old, too white, too straight“ ist heuer aktueller denn je. Denn mit Cynthia Erivo ist genau eine von 20 DarstellerInnen nicht weiß .. und dies liegt heuer nicht daran, dass es keine KandidatInnen gegeben hätte. An dieser Stelle seien etwa Lupita Nyong’o für „Us“, Awkwafina für „The Farewell“ oder Song Kang-ho für „Parasite“ genannt.
Abschließend will ich noch positiv erwähnen, dass 2019 ein sehr starkes Filmjahr war und in keinem Vergleich mit 2018 steht. Ich bin der Meinung, dass mindestens sechs Filme die heuer nominiert wurden („1917“, „Once Upon A Time In Hollywood“, „Parasite“, „The Irishman“, „Marriage Story“, „Little Women“) letztes Jahr gegen „Green Book“ gewonnen hätten. An dieser Stelle muss man sich auch bei Netflix für die Disruption der Filmbranche bedanken, welche den renommierten Filmstudios einen Denkzettel verpasst hat und die Türe für mutigere und innovativere Filme geöffnet hat.
Auf YouTube kann man die Bekanntgabe der Nominierungen übrigens auch re-live sehen:
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https://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2020/01/oscar-statue.jpg500750Gerald Emprechtingerhttps://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2018/04/emprechtinger-com-logo-2.pngGerald Emprechtinger2020-01-13 21:08:042020-01-13 22:11:43Kein klarer Favorit im Rennen um die 92. Academy Awards
Okay, ich habe mein Bewertungssystem heuer erneut geändert. Im Gegensatz zum Vorjahr besteht meine Liste diesmal nicht nur aus Serien, welche im Kalenderjahr 2019 ihre Premiere gefeiert haben, sondern auch (wieder) aus Fortsetzungen.
Ich nehme es gleich vorweg, hier eine Auflistung von populären Serien, welche ich (heuer) nicht geschaut habe:
The Americans
Catch-22
The Marvelous Mrs. Maisel
The Act
The Crown
Sex Education
Barry
Euphoria
YOU
The Boys
The Mandalorian
When They See Us
Da wir das nun abgeklärt haben, here we go (again):
Manche Dinge sollte man am besten nicht herausfinden. Zum Beispiel, dass Jonathan Groff, der Hauptdarsteller aus „Mindhunter“, einer der Hauptcharaktere in „Frozen“ ist (bzw. diesem seine Stimme gibt). Denn diese beiden Rollen verhalten sich nämlich so diametral zueinander wie Homöopathie und echte Medizin. Wie auch immer, nachdem die 1. Staffel mit einem einschneidenden Erlebnis (kein Wortspiel) für den FBI-Agenten Holden Ford geendet hat, setzt die zweite Staffel unmittelbar am Ende des Vorgängers an. Doch nicht nur Agent Ford, sondern auch sein Kollege bzw. Vorgesetzter Bill Tench hat mit persönlichen Problemen rund um seinen Adoptivsohn zu kämpfen, weswegen er den Fokus auf seine Arbeit (und damit auch auf Ford) zunehmend verliert.
Abgesehen davon wird in der 2. Staffel mehr über jenen Serienkiller ans Licht gebracht, welcher während der 1. Staffel schon immer wieder in Anfangs- bzw. Endsequenzen kurz gezeigt wurde. „Mindhunter“ ist nichts für schwache Nerven und man muss stets im Gedächtnis behalten, dass es diese Serientäter wirklich gegeben hat und sie diese Taten wirklich begangen haben und die Aussagen wirklich so gefallen sind. Man merkt bei den Dialogen, dass David Fincher aufgrund seiner Historie rund um „Seven“ und „Zodiac“ auch der bestmögliche Regisseur bzw. Drehbuchautor für diese Serie ist.
Der Preis für die deprimierendste Serie 2019 geht eindeutig an „Chernobyl“. Hier gibt es keinerlei Happy End, sondern nur Verlierer. Die Arbeiter, Feuerwehrleute und Bergarbeiter, welche in den sicheren Tod geschickt werden. Teilweise binnen Stunden, teilweise binnen qualvoller Monate. Die streunenden Hunde, welche aufgrund der Radioaktivität in ihrem Fell gezielt gejagt und erschossen werden. Die Sowjetunion bzw. das heutige Russland, welche den Vorfall bis heute punktuell vertuschen (wollen) bzw. falsche Angaben zu Opfern und erkrankten Personen gemacht haben. Kein Wunder also, dass die Serie in Russland verboten wurde bzw. auf den Index gesetzt wurde.
Wie erwartet hat auch „Chernobyl“ in seiner Kategorie (TV Movie bzw. Miniserie) alle Preise bei den Emmys abgeräumt, welche zu gewinnen waren. Das Ensemble rund Jared Harris, Stellan Skarsgard und Emily Watson agiert stets mit Bedacht, was beim exzellenten Drehbuch von Craig Mazin allerdings auch nicht verwunderlich ist. Die Serie verdeutlicht aber auch vor allem, wie knapp das Desaster an einem Desaster für Gesamt-Europa vorbeigeschrammt ist. Nur dank des Heldenmuts einzelner Personen konnte hier im Jahr 1986 noch (viel) Schlimmeres verhindert werden.
Amy Poehler („Parks & Recreation“) und Natasha Lyonne („Orange Is The New Black“) haben sich für diese Netflix-Produktion zusammen getan und quasi „Groundhog Day“ als Serie konzipiert. Bei „Russian Doll“ dreht sich alles um eine zynische Millennial-Frau namens Nadia, die eine Party in New York City besucht und am gleichen Abend stirbt. Und am nächsten Abend wieder. Und wieder. Und wieder. Wie auch beim Film mit Bill Murray verändert sich hier der Gemütszustand und die Vorgehensweise der Protagonistin mit fortschreitender Todesanzahl. Sieht sie die Zeitschleife zu Beginn noch als 2. Chance, so ist irgendwann Resignation zu spüren bevor sie dann versucht herauszufinden, wieso sie in dieser Zeitschleife festhängt.
Auch in dieser Serie gibt es einen „Reset-Song“ wie bei „Groundhog Day“. Allerdings handelt es sich dabei nicht etwa auch um „I Got You Babe“ sondern um „Gotta Get Up“ von Harry Nilsson. Die Serie endet jedoch im Gegensatz zum Film mit einem Cliffhanger. Angesichts der Tatsache, dass „Russian Doll“ im Juni für eine 2. Staffel verlängert wurde, ist dies auch gut so. Weil ich die Awards gerne erwähne: Natasha Lyonne wurde für ihre Rolle sowohl für Emmy als auch Golden Globe nominiert.
Ganz hat meine Lieblingsserie des Vorjahres aus der Feder von Phoebe Waller-Bridge (mehr dazu später) ihren Platz an der Sonne nicht verteidigen können. Die zweite Staffel der BBC America Serie (bei uns leider nur im MGM-Kanal von Amazon Video zu sehen) rund um eine Auftragsmörderin und ihrer zwanghaften Beziehung zu einer Kriminalpsychologin hält jedoch ebenfalls viele überraschende Wendungen und unerwartete Szenen parat. Getragen wird die 2. Staffel (im Gegensatz zur 1. Staffel) diesmal ganz klar von Jodie Comer in der Rolle der Villanelle.
Dafür konnte die Liverpoolerin heuer auch ihren ersten Emmy als Hauptdarstellerin in einem Drama gewinnen und ist auch bei den Golden Globes ein heißer Tipp. Ihr Charakter namens Villanelle ist schnell gelangweilt und bei ihren Auftragsmorden ruchlos und dabei verspielt wie ein Kind. Kein Wunder also, dass ihr das Aufkommen einer neuen Konkurrentin am Arbeitsmarkt ein Dorn im Auge ist und sie sich daher nicht nur um das perfide Katz-und-Maus-Spiel mit Kommissarin Eve (Sandra Oh, bekannt aus „Grey’s Anatomy“) kann.
Ich habe mir die 1. Staffel von „Dark“ vor einem Jahr nicht angeschaut, weil ich irgendwo vernommen hatte, dass es ein deutscher Abklatsch im Windschatten des Erfolges von „Stranger Things“ sei. Nachdem ich dann heuer beide Staffeln binnen einer Woche gebinged habe, kann ich attestieren, dass dem nicht so ist. „Dark“ ist viel schräger und komplexer als „Stranger Things“. Die Serie bricht alle vorherrschenden Gesetze rund um Zeitreisen und die WTF-Momente werden immer häufiger. Man muss eigentlich ständig eine Liste der Charaktere vor sich liegen haben, damit man weiß, wer das gerade ist. Und wann er gerade ist. Und wie seine/ihre Beziehung zu den anderen Charakteren ist.
Die Produktion (Dialoge, Schnitt, Visuals, Ton etc.) an sich ist mit Sicherheit eine der besten, die je aus unserem Nachbarland gekommen ist, denn man hat nie das Gefühl, dass es sich um eine deutsche Serie handelt (ob dies jetzt negativ gemeint ist, kann jeder für sich selber festlegen). Die Serie war von Beginn an auf drei Staffeln konzipiert, was einerseits schade ist, andererseits auch gut ist, weil man so mit einem durchdachten Ende rechnen kann (looking at you again, Lost).
Aus der Feder von Damon Lindelof stammt nicht nur mein geliebtes „Lost“, sondern auch das komplexe „The Leftovers“, welches heuer in vielen Bestenlisten der 2010er-Jahre ganz weit vorne platziert ist. Bei „Watchman“ hätte eigentlich alles passieren können – vom Riesenflop (wie der gleichnamige Kinofilm von Zack Synder aus 2008) bis zum Riesenhit. Im Endeffekt ist es dann die zweite Option geworden, sowohl bei Publikum als auch bei Kritikern.
Eine ausgezeichnete Cast mit gleich drei Oscar-Gewinnern (Regina King als Hauptprotagonistin, Louis Gossett-Jr. als mysteriöser alter Mann sowie Jeremy Irons als verrückter Wissenschaftler) trägt die Story rund um das dystopische Setting eines Amerikas, welches von Robert Redford regiert wird, bei dem Vietnam der 51. Bundesstaat ist und in dem Polizisten in Alabama Masken tragen müssen, um keine Angst vor Terror-Anschlägen von Ku-Klux-Klan-Nachfolgern zu haben. „Watchmen“ ist enorm brutal und teilweise skurril, hat aber jede Menge spannender Wendungen parat hebt sich aber wohltuend von anderen Superhelden-Serien aus dem DC-Universum ab.
Mit „Unbelievable“ habe ich im Oktober krankheitsbedingt eine Mini-Serie entdeckt, welche heuer zum großen Überraschungserfolg (sowohl bei Publikum als auch Kritikern) wurde. Kaitlyn Dever (eine der beiden Hauptdarstellerinnen in „Booksmart“) spielt dabei eine junge erwachsene (und sozial schwache) Frau, welche gleich zu Beginn von einem maskierten Mann vergewaltigt wird. Weil sie sich bei ihrer Polizeiaussage in Widersprüche verstrickt und die Story allgemein relativ unglaubwürdig klingt, glaubt ihr niemand. Ein Horror-Erlebnis wird durch das Branding als Lügnerin und den daraus resultierenden Folgen noch potenziert.
Neben Dever wird die Cast von Toni Collette („The Sixth Sense“, „Hereditary“) und Merritt Wever ergänzt. Sie spielen die Rollen von zwei unermüdlichen Detectives, die Jahre später aufgrund eines ähnlichen Falles mit dem Serientäter vertraut werden. Manche Szenen in dieser Serie waren für mich (in diesem Falle könne ich sogar schreiben „als Mann“) hart anzusehen bzw. hart zu verkraften, auch weil man vor Ungerechtigkeit oft laut schreien möchte. Nomen est omen, es ist wirklich unglaublich wie sich diese (wahre!) Geschichte entwickelt.
Einen großen Sprung nach vorne in meiner Liste hat heuer „Succession“ geschafft. Die Satire über einen alternden Medienmogul, der eigentlich aus seinem Imperium abdanken will, aber keines seiner vier Kinder für wirklich fähig genug hält, hat in der zweiten Staffel an Fahrt aufgenommen. Der Serienschöpfer Jesse Armstrong (von dem auch die „Black Mirror“ Episode „The Entire History Of You“ stammt) hat heuer für „Succession“ auch einen Emmy für das beste Drehbuch in einer Drama-Serie gewonnen.
Brian Cox brilliert in seiner Rolle des Rupert Murdoch Logan Roy und ist dabei noch zynischer und hinterhältiger als in der 1. Staffel. Holly Hunter (Oscar-Preisträgerin für „The Piano“) belebt die 2. Staffel als CEO eines verfeindeten Medienkonzerns noch zusätzlich. Gekrönt wird diese Staffel von einer unerwarteten Wendung im Serienfinale, welches ich mir anschließend nochmal anschauen musste, weil man einfach nicht damit rechnen kann. Und das Theme der Serie ist seit heuer mein neuer Klingelton (Anm. den man sowieso nie hört, weil mein iPhone stets auf lautlos geschalten ist).
Wie schon bei „Killing Eve“ kurz angemerkt: Phoebe Waller-Bridge ist der Shootingstar des Kalenderjahres 2019. Vorher eigentlich nur Briten oder Insidern bekannt (ihre erste Serie „Crashing“ findet man übrigens auf Netflix), hat die 34-jährige Britin mit der 2. (und letzten) Staffel von „Fleabag“ heuer quasi alle Kritikerpreise eingeheimst. Darunter den Emmy für die beste Comedyserie, die beste Hauptdarstellerin in einer Comedy-Serie und für das beste Drehbuch in einer Comedy-Serie.
Im Sog dieses Erfolgs wurde sie dann auch als Autorin für das Drehbuch des kommenden Bond-Films „No Time To Die“ engagiert. „Fleabag“ hat einen einzigartigen Flow, hervorragende Schauspieler (wie u.a. Oscar-Preisträgerin Olivia Colman als böse Schwiegermutter) und eben ein famoses Writing. Hier hat man das Gefühl, dass jeder Strich und jede Szene einfach perfekt passen. Nebenbei ist „Fleabag“ auch verdammt witzig und berührend, ohne dabei aber auf die Tränendrüse zu drücken. Es ist einerseits schade, dass es keine 3. Staffel mehr geben wird. Andererseits aber kann PWB dadurch auch das eigene (Serien-)Denkmal nicht zerstören.
Bis zum 23. Dezember war die 4. und gleichzeitig letzte Staffel von Mr. Robot auf Platz 2 meiner Shortlist einzementiert. Doch mit einem enorm befriedigenden Serienfinale (looking at you again, Lost) hat es die Serie von Sam Esmail doch noch auf den Spitzenplatz geschafft. Mr. Robot ist keine Serie über Hacker (obwohl es keine realistischere Serie über Hacks und die von ihnen verwendeten Tools gibt). Mr. Robot ist eine Serie über die menschliche Psyche. Mit Ausnahme von Black Mirror zeichnet auch kaum eine andere Serie ein derart schonungsloses Bild der Gegenwart und nahen Zukunft. Wer die Serie 2015 begonnen hat und während der äußerst komplexen 2. Staffel aufgehört hat, sollte schleunigst wieder damit beginnen.
Die Folge 407 – Proxy Authentication Required ist ein Meilenstein der modernen Seriengeschichte. Diese Folge hält bei IMDb mit knapp 13.000 Votes bei einer Durchschnittswertung von 10.0 und nichts, aber rein gar nichts hat mich im Kalenderjahr 2019 in einem Film oder einer Serie mehr bewegt als diese Folge, die wie ein Kammerspiel aufgebaut ist und uns etwas Neues über den Charakter des Mr. Robot lehrt. Rami Malek wurde dank Mr. Robot zum Star und Oscargewinner (für Bohemian Rhapsody), die Karriere des Christian Slater wurde wiederbelebt und ich bin jetzt schon gespannt, welches Projekt Sam Esmail als nächstes in Angriff nimmt.
Was habe ich sonst geschaut?
The Good
Knapp an einem Platz auf der Liste vorbeigeschrammt sind das herzerwärmende After Life von Ricky Gervais sowie Lodge 49 mit Wyatt Russell als optimistischem Verlierer. BoJack Horseman bleibt die beste Animationsserie und wird mit der Beendingung der Serie in 2020 sicher einen Platz auf meiner Bestenliste finden. Die neuen Staffeln von Bosch und Goliath waren spannend, allerdings sollte man diese Serien aus meiner Sicht auch bald einmal beenden. Billions konnte im Vergleich zur letzten Staffel wieder zusetzen. Ich weiß bis jetzt nicht, was ich von The Politician halten soll. Exzellente Momente und klassische Ryan-Murphy-Scripts halten sich hier die Waage.
The Bad
Etwas enttäuschend war die letzte Staffel von Unbreakable Kimmy Schmidt. Sehr enttäuschend war die letzte Staffel von Arrested Development. Gelangweilt habe ich mich bei der zweiten Staffel von Jack Ryan sowie bei Good Omens, die ich jeweils nicht fertig geschaut habe. Bei Silicon Valley bin ich froh, dass aktuell die letzten Folgen der letzten Staffel laufen, diese Serie konnte nach einem enorm starken Beginn einfach nicht mehr zulegen.
The Ugly
Die letzte Staffel von The Affair habe ich nach zwei Folgen abgebrochen. Habe letztes Jahr geschrieben, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie diese funktionieren soll. Tut sie nicht. Die letzte Staffel von Game of Thrones befindet sich (wie ihr bemerkt habt) auch nicht nicht auf meiner Bestenliste. DB Weiss & David Benioff haben ein Exempel für die Ewigkeit statuiert, wie ein schlechtes Drehbuch die Legende einer ansonsten herausragenden Serie (SchauspielerInnen, Kostüme, Musik, Special Effects etc.) beschädigen kann. Auch Black Mirror hat die mit Abstand schlechteste Staffel der Seriengeschichte abgeliefert.
https://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2019/12/killing-eve-season-2.jpg469833Gerald Emprechtingerhttps://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2018/04/emprechtinger-com-logo-2.pngGerald Emprechtinger2019-12-30 13:25:042019-12-30 16:06:27Best of 2019: TV Serien
Zum siebten Mal küre ich knapp vor Jahreswechsel meine zehn Lieblingsfilme des abgelaufenen Kinojahres. Hier wie immer als Einleitung meine bisherigen Lieblingsfilme (der Jahre 2013 bis 2018):
Gleich vorweg: Nicht nur Kino ändert sich. Sondern auch wie Kino konsumiert wird. Zum ersten Mal in der Geschichte meines Blogs zitiere ich mich selber. Und zwar zitiere ich meinen Twitter-Thread vom 9. Dezember, welcher sich auf einige Filme aus der nachfolgenden Liste bezieht:
Ich hab mal die #GoldenGlobesNominierungen für CBS, ABC, NBC und FOX zusammenaddiert: 0 (null). Lineare TV-Stationen sind im Bezug auf die #AwardsSeason irrelevant geworden und dies wurde heute erneut bestätigt. Ist aber auch irgendwo logisch. Im „normalen“ TV darf nicht geflucht werden, es darf keine nackte Haut gezeigt werden, es darf keinerlei Konsum von Drogen gezeigt werden, es darf keine Gewalt ab 18 gezeigt werden. Streaming hat die TV-Welt komplett verändert. Vor 10 Jahren wäre z.B. eine TV-Serie mit einer Cast von Meryl Streep, Nicole Kidman, Reese Witherspoon und Laura Dern utopisch gewesen. Fernsehen war verpönt, Kino the real deal. Auch hier sind die Welten dank neuer künstlerischer Freiheit untereinander verschwommen.
Mit „The Irishman“ und „Marriage Story“ hat Netflix heuer die nächste Ära eingeleitet. Nun verschwimmen Kino und TV nicht nur hinsichtlich Cast, sondern auch hinsichtlich Distribution. Zwei potentielle Oscar-Gewinner im eigenen Wohnzimmer, keine zwei Wochen nach Kinostart. Kino wurde schon oft für tot erklärt. Das wird nicht passieren, so lange es Marvel, Star Wars und andere Filme mit Event-Charakter gibt. Allerdings wird das fremdsprachige Kino und das Indie-Kino stark von Streaming Services profitieren. Und davon profitieren auch die Zuschauer.
Wie immer eine kurze Erklärung zum Modus: ich inkludiere wie immer alle Filme, welche ich zwischen 1.1. und (im Fall von heuer) 29.12. gesehen habe, egal ob diese schon Ende 2018 in den amerikanischen Kinos angelaufen sind. Der Name in Klammer ist die/der RegisseurIn des Films, die erste Zahl ist der aktuelle IMDb-Score (Fan-Bewertung von 0.0 bis 10.0) und die zweite Ziffer ist der Metascore (durchschnittlicher Kritikerwert der sich von 0-100 erstreckt) des jeweiligen Films.
Die Synopsis zu jedem Film lasse ich heuer weg – hier gibt es genügend Seiten. Kurzer Ausblick: es befinden sich diesmal u.a. zwei weibliche Regisseure unter den Top10, ein nahezu unbekanntes Brüderpaar, ein Indie-Darling, ein Regisseur der den Welterfolg seines Erstlingswerkes bestätigen musste, der Regisseur einer der erfolgreichsten Comedy-Reihen sowie zwei Großmeister am Regiestuhl.
Darsteller: Awkwafina, Shuzhen Zhao, Tzi Ma, Diana Lin, Jim Liu, Gil Perez-Abraham
Einschätzung: Kino aus Asien wurde im Westen früher oft mit Martial Arts gleichgestellt. Mit Bruce Lee und später Jackie Chan. Doch seit den 90er-Jahren und Filmen wie „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ ist die Expansion des künstlerischen asiatischen Kinos kaum zu stoppen. Zuletzt waren dies beispielsweise der Überraschungserfolg „Crazy Rich Asians“ letztes Jahr oder der hochgelobte „Parasite“ (welchen ich leider noch nicht sehen konnte) in diesem Jahr.
„The Farewell“ handelt von einer chinesischen Frau (Awkwafina), die in den USA aufgewachsen ist und zu ihren Wurzeln zurückkehren muss, weil ihre Großmutter todkrank ist. Dies wissen auch alle – bis auf die Großmutter selber. Wie man sich denken kann, dreht sich in dieser Tragikomödie vieles um die Unterschiede verschiedener Kulturen und natürlich auch um die Balance von Moderne und Tradition. „The Farewell“ regt zum Nachdenken über die eigene Familie an, ist bittersüß und berührend, drückt jedoch auch nicht zu stark auf die Tränendrüse.
Darsteller: Beanie Feldstein, Kaitlyn Dever, Jason Sudeikis, Lisa Kudrow, Will Forte
Einschätzung: „Booksmart“ ist keine Teenie-Komödie im klassischen Sinn, sondern ein Film über (lebenslange) Freundschaft und das Erwachsenwerden. In gewisser Hinsicht also eine Hommage an die 80er-Filme rund um das Brat Pack, dabei allerdings deutlich weniger banal. Olivia Wilde (als Schauspielerin den meisten als „13“ aus „House bekannt) hat in ihrem Erstlingswerk als Regisseurin ihren Ehemann (Sudeikis), dessen Freund (Forte) und eine ihre besten Freundinnen (Kudrow) versammelt und erzählt die Geschichte von zwei Streberinnen, die an ihrem letzten Schultag realisieren, dass sie in ihrem Leben noch nie auf den Putz gehauen haben.
„Booksmart“ ist nicht so lustig oder abgefahren wie etwa „Superbad“, ist aber mit einem Mini-Budget von nur $6.000.000 trotzdem einer der großen Überraschungserfolge des heurigen Kinojahres. Sowohl für Kaitlyn Dever (Golden-Globe-Nominierung für „Unbelievable“) als auch Beanie Feldstein (Golden-Globe-Nominierung für diesen Film) bedeutete dieser Indie-Film den Durchbruch in Hollywood. Für einen kleinen Skandal sorgten im Herbst einige US-Fluglinien, die bei der Flugzeug-Version des Filmes eine lesbische Liebesszene einfach und kommentarlos herausgeschnitten hatten.
Darsteller: Lupita Nyong’o, Winston Duke, Elisabeth Moss, Tim Heidecker, Shahadi Wright Joseph, Evan Alex
Einschätzung: Das Horrorkino der 90er und 00er-Jahre wurde weitestgehend von Slasher- oder Gore-Filmen dominiert (u.a. Scream, Final Destination, Saw). Doch seit wenigen Jahren gibt es sowas wie eine Renaissance des „intelligenten“ Horrorfilms. Es geht nicht mehr darum, Menschen so brutal oder grausam oder einfallsreich wie möglich umzubringen. Viel mehr stehen nun die Charaktere und die Charakterentwicklung der düsteren Charaktere im Vordergrund. Jordan Peele hat es mit seinem Erstlingswerk „Get Out“ vollbracht, einen Film zu erschaffen der gleichermaßen Horrorfilm und Milieaustudie ist. Dafür wurde er von der Academy auch mit dem Oscar für das Beste Originaldrehbuch ausgezeichnet.
Daher stand Peele bei „Us“ unter besonderem Druck. Diesem hat er meiner Meinung nach gut standgehalten. Vor allem der Soundtrack liegt mir noch immer im Ohr. Und auch „Good Vibrations“ von den Beach Boys werde ich nie wieder so hören können wie zuvor. Die Handlung selber ist etwas bizarr und verläuft sich teilweise in Ungereimtheiten, darüber kann man aber im Sinne der Grundidee hinweg sehen. Und spätestens mit der überraschenden Wende am Ende des Filmes geht man mit einem „Wow“-Gefühl aus dem Kinosaal.
Darsteller: Robert Downey Jr., Chris Evans, Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Scarlett Johansson, Jeremy Renner, Paul Rudd, Chris Pratt und noch 100 andere Superstars
Einschätzung: Nachdem es über die Jahre hinweg kein einziger Film aus der Avengers-Reihe in meine Liste geschafft hat, steht „Endgame“ stellvertretend für diese Marvel-Serie, welche nahezu alle Kassenrekorde sprengen konnte und einzelne Schauspieler wie Chris Pratt oder Chris Evans zu Superstars machte. Bis auf einzelne Ausnahmen sind alle diese Filme auch äußerst unterhaltsam und kurzweilig, also perfekt für den Popcorn-Kinogänger der unterhalten werden will und kein Augenmerk auf künstlerische Aspekte (wenn ich Filme wie „Roma“ als Maßstab verwende) legt. Dies ist auch keineswegs eine negative Aussage – Kino ist für Filme wie jene rund um die Marvel-Heroen gemacht, welche im letzten Jahrzehnt die herkömmlichen Action-Stars (wie früher etwa Schwarzenegger, Stallone, Willis oder Van Damme) abgelöst haben. CGI sei Dank.
Und weil Marvel eine Gelddruckmaschine ist, steht neben diversen Serien auf Disney+ auch bereits das nächste Jahrzehnt an Filmen bereit, wobei die Geschichte über Black Widow (Scarlett Johansson) im Frühjahr den Beginn machen wird. Später im Jahr 2020 steigen dann auch Angelina Jolie, Kit Harington und Richard Madden in „The Eternals“ in das MCU (Marvel Cinematic Universe) ein. Außerdem stehen die Fortsetzungen von Doctor Strange sowie Black Panthers bereits in den Startlöchern.
Darsteller: Christian Bale, Matt Damon, Jon Bernthal, Catriona Balfe, Josh Lucas, Noah Jupe
Einschätzung: Ich bin grundsätzlich kein Rennsport-Fan. Mir sind Autos und Motorräder ziemlich egal. Das letzte Formel 1-Rennen welches ich mir angeschaut habe, ist schon Jahre her. Ich bin auch der Meinung, dass Rennsport früher spannender war. Dies hängt mit Sicherheit mit dem Aspekt der Gefahr zusammen, aber primär weil die Rennfahrer früher noch echte Charaktere waren und keine austauschbaren Milchbubis wie heute. Doch genug über meine angespannte Beziehung mit Autos und dem Rennsport, „Ford v Ferrari“ bzw. „Le Mans 66 – Gegen jede Chance“ (Anm. – bei diesem deutschen Titel durfte sich mal wieder ein Übersetzer austoben) ist für mich auch nicht primär ein Rennsportfilm, sondern eine Charakterstudie.
Und es gibt im 21. Jahrhundert kaum bessere Schauspieler als Christian Bale, der sich auf jeden seiner Filme minutiös vorbereitet (u.a. „Vice“, „The Machinist“ oder „The Fighter“). So auch hier in seiner Rolle des Ken Miles, für die er bereits für Golden Globe und SAG-Award nominiert wurde. Im Gegensatz zum Vorjahr (als er für „Vice“ Topfavorit neben Rami Malek war) dürfte er jedoch heuer keine großen Chancen auf den Gewinn haben, wenn man den Buchmachern glaubt. Wie auch immer, „Ford v Ferrari“ ist ein Film über Pioniere, über Menschen die an sich glauben und das Unmögliche möglich machen. Insofern lasse ich den Subtitel „Gegen jede Chance“ ausnahmsweise durchgehen.
Darsteller: Robert De Niro, Joe Pesci, Al Pacino, Harvey Keitel, Ray Romano, Bobby Cannavale, Anna Paquin
Einschätzung: „The Irishman“ war für mich Enttäuschung auf höchstem Niveau. Es handelt sich dabei sicher nicht um den besten Film von Martin Scorsese. Das ist bei einem Repertoire, welches u.a. „Goodfellas“, „Taxi Driver“, „Raging Bull“ oder „The Departed“ umfasst, auch keineswegs überraschend. Mit einer Spieldauer von knapp dreieinhalb Stunden ist der Film über den Aufstieg eines Handlangers in der New Yorker Mafia einfach um mindestens eine Stunde zu lange. Gerade in der letzten Stunde passiert nicht mehr wirklich viel und man hat öfters das Gefühl, Scorsese will seinem treuen Gefolge rund um De Niro, Pesci, Keitel usw. einfach nochmal eine letzte gemeinsame Vorstellung geben.
Weil wir gerade beim Alter sind: auch hier komme ich nicht darüber hinweg, das Wort „CGI“ (Computed Generated Imagery) zu schreiben. Es ist fast schon beängstigend, wenn in einer Rückblende auf einmal ein junger De Niro am Tisch sitzt und nicht etwa ein junger Schauspieler, der De Niro ähnelt, so wie das bis in die 2000er-Jahre der Fall war. Doch genug der Kritik, das Ensemble an sich spielt wenig überraschend herausragend. Gerade Joe Pesci, der nochmal aus der wohlverdienten Pension gelockt werden konnte, spielt in Höchstform und kann sich berechtigte Chancen auf seinen zweiten Oscar ausrechnen.
Darsteller: Scarlett Johansson, Adam Driver, Laura Dern, Alan Alda, Wallace Shawn
Einschätzung: Kaum ein Film wurde heuer mehr gehyped als „Marriage Story“. Regisseur und Drehbuchautor Noah Baumbach ist eine Art Ikone des Indie-Films, als Regisseur verantwortlich für „The Squid And The Whale“ „Frances Ha“, „Mistress America“ sowie als Drehbuch-Autor auch für die Wes-Anderson-Filme „The Life Aquatic With Steve Zizzou“ sowie „The Fantastic Mr. Fox“. Nebenbei ist er mit Greta Gerwig verheiratet, der weiblichen Ikone des Indie-Films („Lady Bird“, „Little Women“).
Wer hier also Action oder Effekte (oder CGI) erwartet, wird gnadenlos enttäuscht werden. Der Film ist eine Charakterstudie über zwei Menschen, die sich trennen aber zum Wohle des gemeinsamen Sohnes trotzdem irgendwie zusammen bleiben. Und sich eigentlich noch immer lieben. Aber größtenteils nur mehr an die negativen Charakterzüge des Gegenübers denken können, teils auch aufgrund ihrer äußeren Einflüsse. Sowohl Scarlett Johansson als auch Adam Driver liefern jeweils die beste Arbeit ihrer Karrieren ab und gelten jeweils als sichere Kandidaten für eine Oscar-Nominierung.
Darsteller: Joaquin Phoenix, Robert De Niro, Zazie Beetz, Frances Conroy, Brett Cullen
Einschätzung: Wie es die Erzählung beschreibt, hatte Jared Leno (Oscar-Gewinner als Bester Nebendarsteller für „Dallas Buyer’s Club“) bis kurz vor Beginn der Dreharbeiten versucht, die neue Joker-Verfilmung zu verhindern. Der Joker aus „Suicide Squad“ hatte nämlich (wie Harley Quinn) auf einen Standalone-Film in der Rolle des diabolischen Schurken gehofft. Diese ist seit heuer aber definitiv vom Tisch, außerdem ist er vermutlich in einer Liste der besten Joker-Mimen auch nur auf Platz 4 nach Jack Nicholson, Heath Ledger und nun Joaquin Phoenix. Der kleine Bruder von River Phoenix war schon zweimal Mitfavorit auf einen Oscar (als tyrannischer Kaiser in „Gladiator“ sowie als Johnny Cash in „Walk The Line“), wurde aber jeweils im Endeffekt übergangen.
Damit wird heuer (bzw. Anfang nächsten Jahres) allerdings Schluss sein. Für seine Darstellung des Arthur Fleck ist Phoenix aktuell haushoher Favorit bei den Buchmachern. Sollte er den Golden Globe und vor allem den SAG-Award gewinnen, dann wird seine Quote vermutlich auf 1.01 sinken. Ich persönlich hatte es nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet Todd Phillips (der Regisseur der „Hangover“-Trilogie) es schafft, den menschlichsten Joker auf die Leinwand zu bringen, mit dem man anfangs mitfühlt und sogar versteht, wieso er zum bekannt psychopathisch-skrupellosen Superschurken wird. „Joker“ hat es auch geschafft, mehr als $1.000.000.000 einzuspielen und ist damit der erfolgreichste Film aller Zeiten ohne Jugendfreigabe. Kein Wunder also, dass ein Konzept für Teil 2 bereits auf dem Tisch liegt.
Darsteller: Adam Sandler, Julia Fox, Kevin Garnett, Idina Menzel, LaKeith Stanfield, Eric Bogosian
Einschätzung: In „Uncut Gems“ (ungeschliffene Edelsteine) liefert Adam Sandler (ja, der Adam Sandler) die beste schauspielerische Leistung seiner Karriere und darf aufgrund der exzellenten Kritiken sogar mit der ersten Oscar-Nominierung seiner Karriere spekulieren. Dies hätte nach Katastrophenfilmen wie „Jack & Jill“ oder „Pixels“ niemand mehr für möglich gehalten. Allerdings hat der SNL-Alumnus auch schon sehr solide schauspielerische Leistungen geliefert, etwa in „Funny People“, „Punch Drunk Love“ oder „The Meyerowitz Stories“.
Wie auch immer, im Film der relativ unbekannten Safdie-Brüder (welche das Drehbuch vor knapp zehn Jahren geschrieben hatten) brilliert der Mann mit dem schlechten Kleidungsgeschmack als wettsüchtiger New Yorker Diamantenhändler im Jahr 2012. Dieser hat einen Edelstein aus Afrika illegal erworben und will ihn nun für $1.000.000 versteigern. Dieses Geld hat er auch dringend notwendig, da er seinem Schwager vielen anderen zwielichtigen Gestalten ebenfalls viel Geld schuldet. „Uncut Gems“ ist ein Film, bei dem man ständig auf den Rand des Kinositzes rutscht, weil er überhaupt keine Ruhephasen hat und stets dem intensiven Aktionismus des Hauptakteurs folgt, der seine Fehlentscheidungen mit neuen Fehlentscheidungen aus der Welt schaffen will. Man will während des Films öfters „tu das nicht“ schreien, aber vergebens, denn die Sucht des Protagonisten ist stets stärker als die Rationalität.
Darsteller: Leonardo Di Caprio, Brad Bitt, Margot Robbie, Margaret Qualley, Al Pacino, Emile Hirsch, Luke Perry, Damian Lewis
Einschätzung: Mit „Once Upon A Time In Hollywood“ hat Quentin Tarantino in seinem neunten (und damit nach eigener Aussage vorletzten Film) dem Hollywood seiner frühen Jugend ein Denkmal gesetzt. So wurden während der Dreharbeiten u.a. auch ganze Teile des Hollywood Boulevards gesperrt um die späten 60er-Jahre so realistisch wie möglich (ohne die Zuhilfenahme von CGI) wiederauferstehen zu lassen. Ab und zu sind die Schauspieler dadurch auch nur Co-Stars neben der nostalgischen Kulisse und dem wie immer exzellenten Soundtrack. Doch wenn einmal keine szenischen Kulissen im Fokus stehen, ist es ein Genuss den beiden Superstars Di Caprio und Pitt in ihrer jeweils zweiten Zusammenarbeit mit Tarantino (nach „Django Unchained“ bzw. „Inglourious Basterds“) bei der Arbeit zuzuschauen. Tarantino spielt auch bewusst mit den historischen Kenntnissen der Zuschauer rund um die Manson-Morde und die daraus (zumindest bei mir) resultierende Furcht vor dem Filmende.
Bei Publikum und Zuschauer gleichermaßen erfolgreich, wird der Film vermutlich 8-10 Oscarnominierungen einheimsen können, ohne dabei allerdings großer Favorit zu sein. Lediglich der Oscar für das Beste Produktionsdesign scheint (verdientermaßen) schon in der Tasche zu sein. Es gibt nur zwei Regisseure von denen ich jeden Film gesehen habe – der eine ist Christopher Nolan (dessen „Tenet“ wohl Topfavorit für meine Nummer 1 des Jahres 2020 ist) und der andere ist eben Quentin Tarantino. Weil beide Regisseure moderne Geschichtenerzähler sind und deren Geschichten bis zum Schluss fesseln und im Normalfall auch unerwartete Wendungen mit sich bringen.
Ausblick auf 2020
Am Freitag startet „Knives Out“ in den heimischen Kinos, ein klassischer „whodunit“-Film aus der Feder von Rian Johnson (Star Wars VIII). In drei Wochen folgt dann Sam Mendes‘ (der sich ab 2020 „Sir“ nennen darf) 1917 (mit Benedict Cumberbatch, Colin Firth, Richard Madden und Andrew Scott) in den heimischen Kinos, ein Geheimfavorit bei den Oscars.
Wie bereits angedeutet, kann ich den neuen Film von Christopher Nolan („Tenet„) kaum erwarten, der wie zuletzt „Dunkirk“ auch einen Starttermin im Sommer bekommt. Auch der neue James Bond Film mit dem Titel „No Time To Die“ (der letzte von Daniel Craig in der Rolle des 007) hat das Potential zum Kassenschlager.
Für die Kinder und Junggebliebenen kommen bereits im Jänner die Verfilmungen von „Dolittle“ (mit Robert Downey Jr. als Dr. Dolittle) und „Sonic The Hedgehog“ (mit Jim Carrey als Bösewicht) in die Kinos. Disney kontert mit der Realverfilmung von „Mulan“ sowie den bereits erwähnten „Black Widow“ und „The Eternals“ aus dem Hause Marvel. Und sicherlich freuen kann man sich auch auf den neuen Pixar-Film mit dem Titel „Soul“.
Weitere Fortsetzungen gibt es von „Wonder Woman“, „Fast & Furious“ und den „Minions“. Knapp 34 Jahre nach dem Kinostart des ersten Filmes kommt im Sommer auch „Top Gun 2“ in die Kinos. 30 Jahre sind es bei „Ghostbusters 3“ (mit dem Titel „Afterlife“). 29 Jahre beim dritten Teil von „Bill & Ted“, was eigentlich nur fantastisch oder katastrophal werden kann. Dagegen sind die 17 Jahre zwischen „Bad Boys II“ und „Bad Boys III“ schon fast lächerlich wenig. Highlight am Jahresende könnte dann die Neuverfilmung von „Dune“ von Denis Villeneuve werden.
https://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2019/12/us-movie.jpg469833Gerald Emprechtingerhttps://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2018/04/emprechtinger-com-logo-2.pngGerald Emprechtinger2019-12-29 20:45:532019-12-29 20:53:21Best of 2019: Filme
Es ist mittlerweile auf den Tag genau ein halbes Jahr her, dass ich zum letzten Mal über die aktuelle Lage der Gefühle bei der SV Ried geschrieben habe. Warum ich so lange nichts mehr geschrieben habe? Weil ich den schlechten Saisonstart (mit nur zwei Siegen aus fünf Spielen) nicht überbewerten oder auseinander nehmen wollte.
Nach dem Turnaround im September habe ich dann weiterhin von der Veröffentlichung eines neuen Artikels Abstand genommen, weil ich die Siegesserie der SVR auf keinen Fall jinxen wollte. Daher ist der Beginn der dreimonatigen Winterpause nun der perfekte Zeitpunkt für einen umfassenden Rückblick auf die Hinrunde der 2. Liga.
Inhaltsverzeichnis
(Kurzer) Rückblick auf das Frühjahr
Bevor ich mich vollständig auf die Saison 2019/2020 konzentriere: wer gerne an bessere Zeiten zurück denkt, kann natürlich nach wie vor einen Blick auf mein persönliches Team der Dekade werfen, welches ich vergangene Woche veröffentlicht habe.
In medias res: keine Mannschaft war 2019 punktemäßig auch nur annähernd so erfolgreich wie die SV Ried. Mit einem Vorsprung von 12 Punkten auf Klagenfurt und 23 (!) Punkten auf Lustenau belegt man in der Jahrestabelle den unangefochtenen 1. Platz. Ein Punkteschnitt von 2.35 über ein Kalenderjahr hinweg ist in der jüngeren Geschichte der zweithöchsten Spielklasse unerreicht.
Die Admira in 2010 (79 Punkte in 36 Spielen = 2.19 Schnitt), der LASK in 2006 (78/35 = 2.22) Altach in 2013 (76/36 = 2.11) sowie erneut der LASK in 2016 (76/37 = 2.05) holten zwar jeweils mehr Punkte, benötigten dafür allerdings deutlich mehr Spiele. Diesen Vereinen wurden übrigens der WAC, Altach, Grödig sowie St. Pölten zum Verhängnis.
Daher ist diese Jahrestabelle vermutlich die grausam-schönste Tabelle im österreichischen Fußball. Denn auch im zweiten Versuch hat die SVR den Wiederaufstieg in die Bundesliga nicht geschafft. Die sechs Punkte Rückstand auf Wattens nach der Herbstsaison 2018 konnten im Frühjahr zwar relativ schnell aufgeholt werden. Allerdings musste man die Tiroler drei Spieltage vor Saisonende dann doch noch vorbei ziehen lassen. Immerhin wurde die Mannschaft nach einem Frühjahr ohne Niederlage (10-5-0) im Gegensatz zur Vorsaison von den Fans mit einem guten Gefühl in die nachfolgende Saison verabschiedet.
Rückblick auf die Herbstsaison
Die Vorbereitung verlief im Bezug auf Testspielergebnisse alles andere als vielversprechend. Nach Siegen gegen Gurten (RLM) und Györ (2. Liga Ungarn) kam man gegen 1860 München und Union Berlin jeweils unter die Räder. Vor allem die Effizienz vor dem gegnerischen Tor war beim 0:3 gegen die Löwen katastrophal. Beim 0:4 gegen Union Berlin war man im Gegensatz dazu ziemlich chancenlos. Die Köpenicker haben in der aktuellen Bundesligasaison in Deutschland allerdings sowohl den BVB als auch den aktuellen Tabellenführer Mönchengladbach geschlagen und spielen (nicht nur wortwörtlich) in einer anderen Liga.
Das 4:0 in der ersten Cuprunde beim Regionalligisten aus Bruck an der Leitha war nicht so souverän wie das Ergebnis dies ausdrückt. Die Burgenländer hatten vor dem 1:0 durch Kerhe selber eine Riesenchance auf den Führungstreffer und vergaben in der Nachspielzeit einen Handelfmeter. Vor allem in der 2. Halbzeit merkte man jedoch den Klassenunterschied sowie den unterschiedlichen Stand in der Vorbereitung und so zog man letztendlich souverän in die 2. Cuprunde ein.
Ein Fehlstart zerstört die Aufbruchstimmung
Am 1. Spieltag der HPYBET 2. Liga bekam man durch Losfee ausgerechnet ein Heimspiel gegen Austria Klagenfurt zugeteilt. Ausgerechnet deswegen, weil die Kärntner wenige Wochen zuvor durch ein 1:1 in der josko ARENA ultimativ den Titel gekostet hatten. Die Klagenfurter hatten sich ihrerseits nach dem Einstieg eines Investors eine gute Rolle im Titelrennen ausgerechnet. Nach einer ereignislosen (bzw. geradezu blutleeren) ersten Halbzeit fiel die SVR-Defensive nach gut einer Stunde komplett auseinander. Binnen weniger Minuten hieß es 0:3 und die Fassungslosigkeit war den 2.700 Besuchern in der Arena geradezu ins Gesicht geschrieben.
Nach dem Schlusspfiff (Takougnadi hatte mit einem Freistoß in der Nachspielzeit noch für den Ehrentreffer zum 1:3 gesorgt) brachen auf den Rängen die Dämme. Vorfreude und Aufbruchstimmung waren in Windeseile weggewischt. Die Spieler mussten sich derbste Beschimpfungen von der West gefallen lassen. Für die Neuverpflichtungen und Außenstehende war diese Reaktion der Fans vielleicht unverständlich oder überzogen, war es doch die erste Niederlage im Kalenderjahr 2019. Doch der erneute Stolperstart (am 1. Spieltag konnte man zuletzt in der Saison 2014/2015 (!!!) gewinnen) war vor allem aufgrund des mangelhaften Einsatzes der Spieler auf dem Feld wie ein Dolchstoß in die geplagte Rieder Fanseele.
Aufgrund dieses Resultats (und des medialen Echos rundherum) ging es in der 2. Saisonpartie schon um relativ viel. Mit einer Niederlage beim vermeintlich größten Gegner um den Aufstieg aus Lustenau hätte der Rückstand auf Klagenfurt und die Vorarlberger nach zwei Runden schon jeweils sechs Punkte betragen. Durch ein 1:1 Unentschieden (bei dem ausgerechnet Ex-Kicker Mayer das 1:0 besorgte und anschließend provokant in Richtung Rieder Ersatzbank jubelte) glätteten sich jedoch die Wogen, auch weil Klagenfurt daheim nicht über ein 4:4 gegen Liefering hinaus kam.
Zweites Heimspiel, zweite Niederlage
Nach zwei positiven Resultaten (ein 4:1 gegen defensiv anfällige Amstettner sowie ein glückliches 1:0 in Lafnitz durch ein Zaubertor von Jefté) stand am 5. Spieltag der Knaller schlechthin an. Im Duell mit dem GAK hätte sich die SV Ried (vorübergehend) an die Tabellenspitze setzen können. Doch nach einem frühen (und abseitsverdächtigen) 1:0 von Jefté kam die Mannschaft äußerst unkonzentriert aus der Kabine, das schnelle 1:1 der Rotjacken war die direkte Konsequenz.
Letztendlich ging auch das zweite Heimspiel der Saison verloren, weil der Österreichische Meister aus 2004 durch einen fragwürdigen Elfer knapp vor Spielende noch den 2:1 Siegtreffer erzielen konnte. So gut die Leistung in der 1. Halbzeit war, so unerklärlich schlecht war sie in der 2. Halbzeit. Nach fünf Spielen fand sich die Mannschaft daher nur auf dem 9. Tabellenplatz wieder.
Beim 3:2 in Kapfenberg am nachfolgenden Spieltag gab es trotz eines Sieges viel Grund zum Ärgernis. Denn nach einer 2:0 Führung gegen die Obersteirer musste man (erneut) rund um die Stundenmarke zwei schnelle Gegentore hinnehmen. Ultimativ konnte man dieses Match durch ein Tor von Canillas noch gewinnen – allerdings hatte der schwache Schiedsrichter an diesem Tag bei zwei klaren Elfmetersituationen für Kapfenberg beide Augen zugedrückt.
Die jedoch schwächste Saisonleistung lieferte man 7. Spieltag bei den Young Violets ab. Die zweite Mannschaft der Austria Wien war bis zu diesem Spiel punktelos am letzten Tabellenplatz gelegen und überstand nahezu mühelos knapp 70 Minuten mit einem Mann weniger (Prokop hatte bereits nach 24 Minuten G/R gesehen) und so ende die Partie 0:0. Ein 3:3 von Klagenfurt gegen Lustenau sorgte jedoch auch nach diesem Spieltag dafür, dass die Schlagdistanz zur Tabellenspitze weiterhin nur vier Punkte betrug.
Mit Acquah fließt das Rieder Spiel
Vor dem Duell mit den OÖ Juniors am 8. Spieltag nahm Trainer Baumgartner die bisher (vielleicht) saisonentscheidende Veränderung an der Stammelf vor. Reuben Acquah war im Sommer vom LASK gekommen. Der Ghanaer war im Frühjahr an Hartberg verliehen, kam dort jedoch nur zu einem Kurzeinsatz in der Bundesliga.
Ich selber durfte ihn zum ersten Mal beim Testspiel gegen Györ in Enzenkirchen beobachten. Der 23-jährige machte als Bindeglied zwischen Defensive und Mittelfeld einen souveränen Job. Auch beim 0:3 gegen 1860 München war er nach seiner Einwechslung einer der auffälligsten Spieler am Platz. Und dennoch kam er im ersten Saisonviertel nur zu einem siebenminütigen Kurzeinsatz gegen Amstetten.
Um die Pointe vorweg zu nehmen: seit Acquah in der Startelf steht, gab es in neun Spielen ebenso viele Siege. Der Legionär aus der westafrikanischen Republik ist die Schaltzentrale zwischen Defensive und Mittelfeld.
Er kann den Ball halten (auch unter Bedrängnis), er kann einen Gegner schleppen und er kann den Ball verteilen. Weil er offensichtlich instinktiv auch immer genau dort steht, wo der Gegner hinpassen oder hinlaufen will, wirkt sein Spiel auch manchmal ziemlich mühelos, dafür aber gnadenlos effektiv. Reuben Acquah ist einer dieser Spieler, der alle Mitspieler um sich herum besser macht. Seine Kollegen im Mittelfeld – Marcel Ziegl und Stefan Nutz – sind dabei die größten Profiteure. Dank Acquah können sich beide um ihre Kernkompetenzen kümmern.
Alle Spiele, alle Tore
In der nachfolgenden Tabelle findet man alle Spiele aus dem Herbst in Spielabschnitte unterteilt. Besonders viel war stets zwischen Minute 46 und 60 los. In der Nachspielzeit kassierte man kein einziges Gegentor, konnte aber selbst viermal treffen. Die längste Führung hatte man gegen Amstetten (86 Minuten), am längsten lief man einem Rückstand gegen BW Linz nach (50 Minuten). Nur einmal blieb man ohne eigenes Tor, nämlich beim 0:0 bei den Young Violets in der 8. Runde.
Alle Spieler, alle Tore
In der nächsten Aufstellung habe ich die wichtigsten bzw. interessantesten Spielerstatistiken zusammen gefasst und auf die einzelnen Mannschaftsteile heruntergebrochen:SP/S = Scorerpunkte pro Spiel
P/P/S = Punkte pro Spiel
Grün hinterlegt = Bestwert in einer Kategorie
In Klammer finden sich dabei die zusätzlichen Tore bzw. Assists und Scorerpunkte aus dem ÖFB-Cup. Nach dem bereits erwähnten 4:0 gegen Bruck/Leitha lieferte man in der 2. Runde einen wahren Cupfight in Steyr. Nach dem 3:3 Ausgleich der Steyrer in der 90. Minute durch Ex-SVR-Kicker Prada schoss Manuel Kerhe die SVR in der 96. Minute doch noch zum 4:3 Sieg. Endstation war allerdings im Achtelfinale beim Bundesligisten aus St. Pölten.
Der ÖFB-Pokal als Opfer der Meisterschaft
Gerald Baumgartner schonte in dieser Partie nahezu alle Schlüsselspieler, namentlich Grüll, Jefté, Acquah, Boateng und Nutz. Ohne es jemals offiziell gesagt zu haben, nahm man das Cup-Out für das große Ziel namens Wiederaufstieg billigend in Kauf. Der ÖFB-Pokal hat in Ried eine große Tradition, doch war er vor zwei Jahren vermutlich auch mitverantwortlich am Nichtaufstieg. Damals wurden die Liga-Aufgaben rund um das Viertelfinale bei Rapid unter erheblichem Konzentrationsmangel wahrgenommen – sowohl gegen den FAC (damals Tabellenschlusslicht) als auch in Liefering erreichte man jeweils nur ein Unentschieden – diese vier Punkte mehr hätten am Ende zumindest für den sicheren Platz in der Relegation gereicht.
Eiskalt vom Elferpunkt
Noch in der Vorsaison kostete die fehlende Kaltschnäuzigkeit vom Elfmeterpunkt einige Punkte (und ultimativ auch das Ausscheiden aus dem ÖFB Pokal). In der bisherigen Saison konnte man jedoch nicht nur alle Elfmeter verwandeln, sondern in persona Johannes Kreidl auch zwei Elfmeter abwehren.
Mit Grüll (2), Jefté (2), Wießmeier und Nutz trafen alle vier verschiedenen Elfmeterschützen in dieser Saison souverän. Mit Ausnahme der beiden Partien gegen Dornbirn handelte es sich dabei auch stets um wichtige bzw. spielentscheidende Treffer. Der zunehmende Flow im Offensivspiel äußert sich auch in der Elferbilanz: bekam man von Runde 1-11 nur einen Elfmeter zugesprochen, so waren es von Runde 12-16 gleich sechs. Marco Grüll ist dabei der X-Faktor im gegnerischen Strafraum, er hat sechs der sieben zugesprochenen Elfer herausgeholt.
Heraf und die Standardsituationen
Als Andreas Heraf im Juli als neuer Co-Trainer von Gerald Baumgartner präsentiert wurde, sorgte dies für vereinzeltes Kopfschütteln. Der frühere Rapid- und ÖFB-Spieler war zuvor als Teamchef der Frauennationalmannschaft aus Neuseeland aktiv, dieses Engagement endete verbandsbedingt nach Vorwürfen von unangemessenem Verhalten. Zudem war es fragwürdig, ob sich das Alphatier Heraf als Assistenztrainer unterordnen können würde bzw. damit zurecht kommen würde, nicht die Kommandos geben zu können.
Doch was man bisher mitbekommt, klappt dies wunderbar. Die Spieler profitieren auch von der langjährigen Bundesligaerfahrung bzw. internationalen Erfahrung des Wieners. Heraf ist in Ried in seiner Rolle als Co-Train unter anderem auch für die Taktik bei den Standardsituationen zuständig. Hier hat sich die Mannschaft im Laufe der Saison enorm verbessert, sowohl defensiv als auch offensiv. Bei Offensiv-Eckbällen greift man dabei immer öfters auf die Taktik der englischen Nationalmannschaft bei der WM in Russland zurück:
Dabei stellen sich mehrere Ried-Spieler (darunter die enorm kopfballstarken Reifeltshammer und Reiner) hintereinander aufgefädelt auf dem Elferpunkt auf und blocken damit gegenseitig die Gegenspieler weg. Als Konsequenz erkennt der Gegner (in diesem Fall Dornbirn) die Laufwege zu spät bzw. weiß nicht, ob die Ecke an Reifeltshammer oder Reiner gerichtet ist. Mit dieser taktischen Finesse konnte man beim 5:0 in Dornbirn das vorentscheidende 2:0 erzielen. Und auch beim Heimspiel gegen die Vorarlberger brannte der Strafraum bei Ecken von Stefan Nutz stets lichterloh.
Transfer-Retrospektive
Nach dem verpassten Wiederaufstieg war relativ schnell klar, dass die SVR das Kaderbudget (erneut) reduzieren muss. Aufgrund fehlender TV-Gelder (der Unterschied zwischen Bundesliga und 2. Liga liegt bei ~ 2 Millionen Euro), geringerer Sponsorengelder (der Werbewert der 2. Liga ist viel geringer) und niedrigerer Zuschauerzahlen (die in Ried immer noch besser sind als bei so manchem Bundesligisten) musste vor dem 3. Versuch des Wiederaufstiegs (erneut) der Sparstift angesetzt werden.
Es gab im Sommer neben Grgic und Eler noch mehrere heiße Transferaktien im Kader der SVR. An erster Stelle sei Kennedy Boateng genannt. Der Defensivakteur aus Ghana ist mit ziemlicher Sicherheit der beste Innenverteidiger der 2. Liga und würde auch die meisten Bundesligisten in Österreich verstärken. Gerüchten zufolge war sein Verbleib im Innviertel bis zum letzten Tag der Transferperiode ungewiss. Diese Gerüchte werden nun im Winter wieder Fahrt aufnehmen, vor allem weil er zuletzt nach seiner Verletzungspause in den beiden letzten Spielen der Herbstsaison nicht (mehr) eingesetzt wurde.
Grüll bestätigt seine Leistungen
Marco Grüll und Ante Bajic (man verzeihe mir diesen Ausruck) terrorisierten im Frühjahr die Defensivreihen der 2. Liga. Nach dem verpassten Aufstieg hoffte man (unter den Fans), zumindest einen von beiden halten zu können. Letztendlich konnte man sogar beide halten und ersparte sich dadurch die Suche nach einem Nachfolger (bzw. zwei Nachfolgern).
Grüll, der bis Herbst 2018 bei St. Johann/Pongau in der RLW aktiv war, entwickelte sich im Kalenderjahr 2019 zur Tor- und Assistmaschine und hält nach 34 Spielen für die SVR bei 14 Toren und 20 Assists, also einem unglaublichen Scorerpunkte-Schnitt von 1,00. Sollte im Winter ein großer Verein anklopfen, wird man den Pongauer vermutlich kaum halten können. Auch wenn Sportdirektor Baumgartner bereits an den Vorstand appelliert hat, keine Spieler zu verkaufen.
Bajic wird im Frühjahr wie ein Neuzugang sein
Auch Ex-Gurten-Kicker Bajic scorte im Frühjahr fast nach Belieben und hielt am Ende bei 13 Scorerpunkten (8 Tore, 5 Assists) in 14 Spielen. Zudem drückte er dem Rieder Offensivspiel auch stets seinen Stempel auf. Der explosive Flankenspieler bildete mit Grüll sowie Julian Wießmeier und Patrick Eler ein Viereck des Schreckens, welches sich in 15 Spielen für die Mehrheit der unglaublichen 40 Tore (= 2.66/Spiel) hauptverantwortlich zeichnete.
Aufgrund einer langwierigen Schulterverletzung, die sich Bajic beim 1. Saisonspiel gegen Klagenfurt zugezogen hatte, blieb der Flügelstürmer letztendlich bei der SV Ried und verlängerte sogar seinen Vertrag. Nach einer viermonatigen Verletzungspause feierte er am 16. Spieltag in Dornbirn sein Comeback im SVR-Trikot und brauchte keine Viertelstunde, um mit einem Assist anzuschreiben. Er wird im Frühjahr wie ein echter Neuzugang sein, wenn er verletzungsfrei bleiben kann.
Nutz nutzt die 2. Chance
Stefan Nutz wechselte in der Saison 2016/2017 am letzten Tag der Transferperiode von Rapid zur SV Ried. Er blieb in der Abstiegssaison stark hinter den Erwartungen, welche man in den früheren Spielmacher von Grödig gesetzt hatte. Dabei kamen auch Gerüchte auf, dass der Steirer gegen seinen Willen nach Ried transferiert worden sei und dementsprechend lustlos agierte. Umso überraschter waren die Fans im Innviertel, als im heurigen Sommer seine erneute Verpflichtung bekannt gegeben wurde.
Bei Altach spielte er im Frühjahr fast keine Rolle mehr und kam ab Ende April nicht mehr zum Einsatz. Nach einem schwierigen Saisonbeginn mit merkbar fehlender Spielpraxis steigerte sich der 27-jährige Judenburger jedoch immer mehr und ist nach 16 Runden der Top-Assistgeber der Liga. Nach zwei Assists an den ersten 6 Spieltagen (und einer Streichung aus dem Kader gegen die Young Violets) blühte Nutz ab Oktober (auch dank der Rolle von Acquah) so richtig auf und lieferte von dort an neun Assists in sieben Spielen.
Nach dem Abgang von Alberto Prada zu Wiener Neustadt hatte die SVR in den beiden Vorsaisonen zum ersten Mal seit langer Zeit keine(n) Spanier im Kader. Durch die Verpflichtung von Jefté Betancor (von Mattersburg) und Canillas (von BW Linz) änderte sich dies nun wieder. Jefté spielte im Frühjahr für Steyr und erzielte dort im 1. Spiel im Frühjahr auch das 1-0 bei einem 1-1 in Ried. Abgesehen davon war er bei den Fans in Steyr aufgrund seiner Spielweise (ihm wurden u.a. mangelnde Laufbereitschaft und zu viel Meckerei vorgeworfen) nicht wirklich beliebt.
Doch mit acht Toren (darunter fünfmal das 1-0) und vier Assists (eines davon spielentscheidend) konnte er seine vorschnellen Kritiker überraschen bzw. überzeugen. Ganz anders verhält sich die Situation bei Canillas. Der 23-jährige aus Málaga schaffte in der vergangenen Saison den Durchbruch in Linz, bevor er sich gegen Ende der Hinrunde schwer verletzte. In Ried war man offenbar trotzdem von seinen Qualitäten überzeugt und nahm für seine Verpflichtung sogar eine Ablöse in die Hand. Mit nur einem Tor in der Liga spielte er jedoch gegen Ende der Hinrunde keine Rolle mehr. Hier hat man sich eindeutig verspekuliert, denn für den Spanier musste Darijo Pecirep den Verein verlassen.
Pecirep verstärkt den Titelkonkurrenten
Der sympathische Kroate wechselte knapp vor Saisonbeginn ausgerechnet zum Ligakonkurrenten aus Klagenfurt und erzielte beim Auftaktspiel in Ried just nicht nur ein Tor, sondern bereitete auch einen weiteren Treffer vor. Insgesamt hält er derzeit bei sieben Saisontoren und hat den Abgang von Sascha Pichler (zu Austria Wien) mehr als nur abfedern können. Wieso der Rieder Toptorschütze der Vorsaison (11 Tore, obwohl er im Frühjahr nur mehr zu Kurzeinsätzen kam) unbedingt aus dem Verein gedrängt wurde, ist mir bis heute ein Rätsel. Vor allem weil sein Nachfolger (Canillas) eben bisher auf ganzer Linie enttäuscht hat.
Wer waren nochmal die anderen Abgänge?
Neben Grgic (der durch Acquah und Nutz ersetzt werden konnte) und Pecirep (der dann zumindest nicht beim Konkurrenten spielen würde) sind die Abgänge aller anderen Spieler im Sommer ziemlich verschmerzbar gewesen. Thomas Mayer weist zwar eine gute Bilanz auf, in Ried wäre er aber dank Grüll und Bajic über die Joker-Rolle nicht hinaus gekommen.Bei den Abgängen handelt es sich fast durch die Bank um „Verstärkungen“ von Franz Schiemer, mittlerweile als Co-Trainer bei Red Bull Salzburg aktiv. Der Kader der aktuellen Saison unter Trainer & Sportdirektor Gerald Baumgartner ist deutlich homogener und nebenbei um 10% billiger als in der Vorsaison. Doch nicht nur der Profikader, sondern auch der Kader der 2. Mannschaft hat im Herbst für einige positive Momente gesorgt.
Seitenblick: Junge Wikinger Ried in der RLM
Denn zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte spielt die zweite Mannschaft der SV Ried unter dem Namen Junge Wikinger Ried in der dritthöchsten österreichischen Spielklasse. Ermöglicht wurde der Aufstieg durch einen abermaligen Aufstiegsverzicht von ASKÖ Oedt, dem Ex-Verein von Ex-Manager Stefan Reiter. Als Vizemeister waren die JWR in der Endtabelle 2018/2019 nämlich deutlich hinter dem Grad-Konstrukt gelegen.
Wurde das Team letztes Jahr noch von zwei verschiedenen Trainern betreut (Muslic im Herbst bzw. Unterberger im Frühjahr), so übernahm der SVR-Jahrhundertkicker Herwig Drechsel im Sommer das Ruder. Der Qualitätsunterschied zwischen OÖ Liga und Regionalliga Mitte ist viel höher als beispielsweise zwischen Landesliga und OÖ Liga und so war meine persönliche Erwartungshaltung für die Saison relativ bescheiden.
Ich selber hatte im Sommer sogar die These aufgestellt, dass die junge Truppe (das Durchschnittsalter liegt bei 18.85) ohne Verstärkungen btw. Routiniers relativ chancenlos hinsichtlich Klassenerhalt sein würde. Doch erfreulicherweise konnten die Jungen Wikinger das eine oder andere Mal überraschen. Nach Ende der Herbstsaison liegt die Drechsel-Elf auf dem 13. Platz.
Grundsätzlich gibt es in dieser Liga drei Absteiger, weil jeweils eine Mannschaft aus Kärnten, Oberösterreich und der Steiermark aufsteigen. Doch wenn eine Mannschaft aus diesen drei Bundesländern aus der 2. Liga absteigen sollte, dann kann es theoretisch auch (maximal) sechs Absteiger geben. Derzeit schaut es stark nach vier Absteigern aus, weil Kapfenberg in der 2. Liga am Tabellenende liegt. Dann würde der aktuelle 13. Tabellenplatz nicht für den Klassenerhalt reichen.
Die vier Siege konnte man übrigens in Heimspielen gegen Stadl-Paura, ATSV Wolfsberg und Vöcklamarkt bzw. auswärts in Bad Gleichenberg eingefahren. Dabei war das 4-0 gegen den UVB die beste Saisonleistung, hätten die Hausruckviertler doch an jenem Spieltag mit einem Sieg die Tabellenführung der RLM übernehmen können.
Deutliche Niederlagen setzte es bei den Sturm Graz Amateuren sowie in Weiz, wo man jeweils mit 0:5 unterging. Leider ließ man sich einige Male auch die Butter vom Brot nehmen: sowohl gegen Kalsdorf, Gleisdorf und die WAC Amateure musste man nach Führung knapp vor Spielende den entscheidenden Gegentreffer zur Niederlage hinnehmen. Auch in Deutschlandsberg sowie gegen St. Anna verlor man jeweils nach einer 1:0 Führung.
Mangelnde Power bzw. die Routine im Spiel sind sicherlich die dafür verantwortlichen Faktoren. Nachfolgend noch eine Übersicht über den Kader der JWR inkl. Einsätze, Tore und den jeweiligen Stammverein (Quelle hierfür jeweils oefb.at).
Ich habe im Herbst alle Heimspiele der JWR live in der josko ARENA miterlebt. Dabei stachen aus meiner Sicht die nachfolgenden Spieler am meisten heraus: Nemanja Zikic kam Anfang des Kalenderjahres als vereinsloser Spieler nach Ried. Er durchlief seine gesamte Ausbildung in der Akademie von Red Bull Salzburg. Der Spielmacher (mit der unüblichen Rückennummer 4) ist mit einem Distanzschuss Marke Kragl/Drechsel gesegnet und der kreative Geist in der Mannschaft.
Jonas Schwaighofer wurde im September gerade erst 18 Jahre alt. Zu Saisonbeginn hatte ich noch die Befürchtung, dass der Offensivspieler wegen seiner schmächtigen Statur von den Gegenspielern „gefressen“ werden würde. Doch er konnte im Laufe der Hinrunde nicht nur spielerisch sondern auch körperlich enorm zulegen und ist aus meiner Sicht (über kurz oder lang) ein Kandidat für die Profimannschaft. Er ist technisch beschlagen und lässt sich auch von körperlich überlegenen Gegnern nicht einschüchtern. LT1 hat im November übrigens auch eine Reportage mit dem Titel „Traumberuf Profikicker“ über ihn veröffentlicht.
Zu guter Letzt war – gerade zu Saisonbeginn – bei Felix Seiwald erkennbar, wieso er vor der Saison mit einem Jungprofivertrag ausgestattet wurde. Der Linksverteidiger zeichnete sich dabei oftmals durch überlegtes Stellungsspiel aus. Zur Mitte der Herbstsaison war ein Leistungsabfall erkennbar, doch gegen Ende der Hinrunde konnte er wieder an die Leistungen vom Saisonbeginn anknüpfen. Aufgrund der überschaubaren Konkurrenz auf seiner Stammposition könnte er über kurz oder lang auch den Durchbruch bei den Profis schaffen.
Ausblick auf das Frühjahr
Das Frühjahr wird am 21. Februar 2020 mit dem absoluten Kracher zwischen Austria Klagenfurt und der SV Ried eröffnet. Nach ForForest geht es dann im Wörthersee Stadion wieder ForPunkte. Eine Parallele übrigens zur Vorsaison, in der die SVR gleich zu Beginn der Rückrunde mit einem 3:0 in Wattens die Aufholjagd auf den Konkurrenten startete.
Zu diesem Zeitpunkt wird man übrigens auch 524 Tage lang in der Fremde unbesiegt sein. Zuletzt setzte es am 14. September 2018 eine Auswärtsniederlage (0:1 beim FAC). Wenn es nach dem direkten Duell gar 525 Tage sind, dann geht man auch als Topfavorit in die Endphase der Liga, die jedoch ein Marathon und kein Sprint ist.
Für die Rieder spricht, dass man gleich acht der letzten 13 Saisonspiele (wieso auch immer) in der heimischen josko ARENA bestreiten darf.Sollte man die Schlüsselspieler im Verein halten können, dann spricht aus meiner Sicht auch nichts gegen den langersehnten Aufstieg der SVR. Die Leistungen von Austria Klagenfurt wurden zuletzt immer schwächer und der Millionenverlust im aktuellen Jahresabschluss hat unter den Anhängern ebenfalls für Unsicherheit gesorgt.
Sollte man im April noch immer ganz vorne dabei sein, so geht hoffentlich wieder ein Ruck durch die Region und die Mannschaft bekommt jene Zuschauerunterstützung, welche sie sich mit den Leistungen aus dem heurigen Jahr auf alle Fälle verdient hat.
Ein abermaliger Nichtaufstieg könnte verheerende Konsequenzen für den Fußball im Innviertel haben, wie ein Artikel von Thomas Streif in den OON aufzeigt. Denn dieser würde nicht nur Auswirkungen auf die Profimannschaft haben, sondern auch auf die AKA OÖ West in Hohenzell, welche auf Kosten der SVR betrieben wird.
Doch so weit will ich an dieser Stelle noch nicht denken. Ried gehört in die Bundesliga und deswegen bin ich guter Dinge, dass Spieler, Trainer, Funktionäre, Sponsoren, Unterstützer und Fans im Frühjahr einmal mehr alles für die Sportvereinigung Ried von 1912 geben, sodass der Traum vom Aufstieg endlich Realität wird. Denn aller guten Dinge sind letztendlich auch drei.
In eigener Sache
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https://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2019/12/svr-winterkrone.png387545Gerald Emprechtingerhttps://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2018/04/emprechtinger-com-logo-2.pngGerald Emprechtinger2019-12-02 21:39:292019-12-03 09:46:36Die SV Ried ist Winterkönig
It was the best of times, it was the worst of times. (Charles Dickens, A Tale Of Two Cities)
Nichts trifft in punkto SV Ried und die 2010er-Jahre besser zu, als die ersten zwölf Wörter von Charles Dickens‘ Roman aus dem Jahr 1859. Als Fan dieser Mannschaft musste (oder durfte) man in den vergangenen zehn Jahren nahezu die höchsten Höhen und tiefsten Tiefen miterleben, welche man dem leidensfähigen Fan einer Profimannschaft zumuten kann.
In den besten Zeiten wurde zweimal der inoffizielle Titel des Herbstmeisters eingestreift. 2010/2011 krönte man sich zudem zum Winterkönig und der ÖFB-Cupsieg 2011 vor 12.000 mitgereisten Anhängern im Happel-Stadion ist sowieso unvergesslich. Auch das back-to-back Cupfinale im Jahr danach war noch eine erstaunliche Leistung für einen kleinen Verein.
Im Bezug auf die schlechtesten Zeiten steht der dramatische Abstieg am letzten Spieltag der Saison 2016/2017 auf der Habenseite. Fast noch deprimierender waren die beiden Nicht-Wiederaufstiege von der 2. Liga in die Bundesliga. Der gleichzeitige und kontinuierliche Aufstieg des Erzrivalen aus Linz hat hier noch zusätzlich Salz in die Wunde gestreut.
Einzelne Spieler konnten (sehr) gewinnbringend verkauft werden, beispielsweise Royer, Murg oder Kragl. Einige große (Rieder-) Karrieren neigten sich hingegen dem Ende zu, stellvertretend sind an dieser Stelle Glasner und Lexa genannt. Nachfolgend werfe ich einen Blick darauf, welche Spieler den Verein zwischen 2010 und 2019 am meisten prägen konnten. Ich bin mir darüber im Klaren, dass solche Auflistungen bzw. Best-Of-Listen immer subjektiv sind – aber letztendlich ist es auch mein Blog ;)
Inhaltsverzeichnis
Meine Auswahlkriterien
Um die beste SVR-Mannschaft der letzten Dekade auszuwählen, habe ich transfermarkt.de eine knapp einstündige Session beschert und mir die Statistiken aller Spieler von 1.1.2010 bis 28.11.2019 herausgesucht und in Tabellenform gebracht.
Dabei habe ich (mit einer Ausnahme) nur Spieler berücksichtigt, die mindestens 30 mal für den Verein gespielt haben. Als Spielsystem habe ich ein 4-2-3-1 gewählt, welches mit Ausnahme der Ära Gludovatz zumeist als Stammformation diente. Demzufolge besteht das Team der Dekade aus:
Spieler, die dekadenübergreifend die Schuhe für die SVR geschnürt haben (Beispiele dafür sind etwa Stefan Lexa, Nacho Rodriguez oder Andreas Schicker), werden also nur mit ihren Statistiken der 2010er-Jahre erfasst und bewertet. Nachdem ich die Systematik hinter meiner Auswahl nun eingehend erläutert habe, hier nun die Aufschlüsselung nach Position:
Tormann
Spiele
zu null
Quote
Zeitraum
Thomas Gebauer
307
84
27.36%
2010-2018
Johannes Kreidl
49
24
48.98%
2018-
Wolfgang Hesl
22
8
36.26%
2010-2011
Dies ist eine leichte Entscheidung. Der Tormann der Dekade kann nur Wolfgang Hesl sein. Spaß beiseite, Thomas Gebauer hat mit seinem Wechsel zum LASK das Tischtuch mit vielen Fans der SVR zerschnitten. Dennoch ist er, wenn man seine Leistungen objektiv bzw. mit angemessener Distanz betrachtet, fraglos der einzige mögliche Kandidat auf dieser Position.
Es gab viele Höhen (wie die bereits erwähnten Herbstmeistertitel und den Cupsieg) und viele Tiefen (wie den Abstieg und den Nichtaufstieg). „Was macht Gebauer da draußen?“ ist vermutlich einer der bekanntesten österreichischen Fußballsprüche der 2010er-Jahre, wobei Gebauer diese Erinnerung an Eindhoven wohl am liebsten für immer aus seinem Gedächtnis streichen würde. Er ist nicht nur (mein) Tormann der bald abgelaufenen Dekade, sondern hat auch einen Platz in der SVR-Jahrhundertauswahl, welche 2012 im Rahmen der 100-Jahres-Feier gewählt wurde.
An dieser Stelle sollte man auch erwähnen, dass die SVR im letzten Jahrzehnt viel Geld mit dem Verkauf von talentierten Nachwuchs-Torhütern gemacht hat: so wurde Samuel Sahin-Radlinger an Hannover 96 und Ivan Lucic zum FC Bayern verkauft. Lucic hat einmal für die Profis gespielt (bei einem 1-1 gegen seinen aktuellen Arbeitgeber aus Favoriten) und Radlinger überhaupt nie. Um noch einmal zu Wolfgang Hesl zurückzukommen: seine Leihe nach der schweren Verletzung von Gebauer vom HSV war ein Geniestreich von Stefan Reiter, ich kann mich an keinen einzigen Fehler des sympathischen Bayern erinnern.
Innenverteidiger
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Thomas Reifeltshammer
273
23
9
2010-
Gernot Trauner
112
5
7
2012-2017
Kennedy Boateng
79
4
1
2017-
Petar Filipovic
49
4
2
2015-2016
Auch die Innenverteidigung stellt sich im Grunde von selber auf. Thomas Reifeltshammer ist seit dem Abgang von Thomas Gebauer nicht nur Kapitän der SVR, er hat auch 272 seiner 273 Profispiele für den Verein in den 2010er-Jahren gespielt. Ein einminütiger Einsatz im November 2009 verhindert, dass er seine ganze aktive Karriere in der auslaufenden Dekade absolviert hat. Ein echter Leader der sich allerdings nicht „Cupsieger 2011“ nennen darf, weil er in der gleichen Saison für SV Ried II / Neuhofen im Einsatz war und deswegen nicht (mehr) für die Profis auflaufen durfte. In Ried hat man in den 90ern und 00ern stets von „Urgesteinen“ gesprochen. Thomas Reifeltshammer erfüllt diese Bezeichnung voll und ganz und wird im Sommer 2020 hoffentlich der dritte Kapitän der Vereinsgeschichte sein, der mit seiner Mannschaft in die Bundesliga aufsteigt. Auch er ist (wie Gebauer) übrigens Bestandteil der Rieder Jahrhundertelf.
Neben Reifeltshammer schafft es Gernot Trauner in meine Mannschaft. Obwohl er (hier eine Parallele zu Gebauer) zum LASK (zurück)gewechselt ist. Wäre Trauner nicht so verletzungsanfällig gewesen, er hätte den Durchbruch mit ziemlicher Sicherheit schon viel früher geschafft. Wurde er in Ried manchmal auch im defensiven Mittelfeld aufgestellt, so war seine beste Position doch stets als zentraler Mann in der Dreierkette, wie sie dann später auch sein Ex-Trainer Glasner beim LASK und jetzt in Wolfsburg spielen lässt. Kennedy Boateng bekommt eine honorary mention, weil er meiner Meinung nach unser bester Zweitligaspieler der letzten zweieinhalb Jahre war. Man muss seinen Abgang im Winter befürchten, was allerdings auf diese Nominierung keinen Einfluss hat, weil die Dekade dann sowieso vorüber ist.
Linksverteidiger
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Oliver Kragl
93
13
23
2013-2016
Andreas Schicker
64
2
4
2012-2014
Alberto Prada
47
0
2
2015-2017
Ronny Marcos
56
1
4
2016-2018
Hier musste ich keinen Sekundenbruchteil überlegen. Oliver Kragl war während seiner Zeit in Ried nicht nur absoluter Fanliebling (auch weil er nie um den heißen Brei herumredete) sondern auch absoluter Leistungsträger. Wenn er sich den Ball aus 25-40m Entfernung zum Freistoß hinlegen durfte, erzitterten die gegnerischen Torhüter. 36 Scorerpunkte in 93 Spielen sind für einen Defensivspieler in der höchsten österreichischen Spielklasse eine absolute Monsterzahl. An seinem Abgang in die Serie A zu Frosinone verdiente der Verein auch ein nettes Körberlgeld. Gleichzeitig musste man sich als SVR-Fan nicht damit herumärgern, dass ein Lieblingsspieler (mal wieder) an einen Ligakonkurrenten abgegeben wurde.
Rechtsverteidiger
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Thomas Hinum
116
5
16
2013-2016
Manuel Kerhe
84
4
16
2017-
Florian Hart
58
1
3
2015-2017
Stefan Lainer
36
1
3
2014-2015
Hier entschied ich mich für jene Option, die zwar nur ein Jahr in Ried verweilte, sich jedoch seit seinem Abgang zu einem der besten aktiven österreichischen Spieler überhaupt entwickelte. Als der Sohn von Leo Lainer im Sommer 2014 leihweise vom FC Liefering nach Ried wechselte, erzeugte dies kein Aufsehen. Doch Stefan Lainer entwickelte sich sofort zum Stammspieler, der stets mit 100% Einsatz und Laufbereitschaft zu überzeugen wusste und im Dezember 2014 mit einem wunderschönen Weitschuss gegen Wiener Neustadt auch sein erstes Bundesligator erzielen konnte. Es war damals relativ schnell klar, dass ihn das Mutterschiff aus Salzburg wohl bald zurückbeordern würde – leider war dies bereits nach einer Saison der Fall.
Defensives Mittelfeld
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Marcel Ziegl
233
6
16
2010-
Anel Hadzic
135
24
11
2010-2013
Florian Mader
63
4
11
2010-2012
Lukas Grgic
58
3
9
2017-2019
Auch dieser Mannschaftsteil stellt sich nicht nur aufgrund der Statistik von selber auf. Mit Marcel Ziegl und Anel Hadzic weisen zwei Spieler aus der eigenen Akademie die meisten Einsätze in der ablaufenden Dekade auf. Hadzic durfte 2014 sogar mit Bosnien an der WM in Brasilien teilnehmen und absolvierte dabei das dritte Gruppenspiel. Ein Spieler mit Ecken und Kanten der in Ried auch über eine perfekte Elfmeterstatistik verfügt (9x angetreten, 9x verwandelt).
Marcel Ziegl hingegen war viele Jahre lang wenig(er) torgefährlich, bis er in der heurigen Saison offenbar seine Lust am Toreschießen entdeckte. Als jüngster Debütant aller Zeiten (in der Saison 2008 mit gerade einmal 15 Jahren gegen den LASK) kickt er elf Jahre (und einige schwere Verletzungen) später noch immer in Ried und versucht in der aktuellen Saison seine Mannschaft wieder zurück in die Bundesliga zu führen.
Linker Offensivspieler
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Patrick Möschl
110
14
11
2012-2017
Marco Meilinger
76
11
19
2011-2013
Daniel Royer
51
7
7
2010-2011
Marco Grüll
33
13
19
2019-
Vermutlich die schwierigste Entscheidung meiner Aufstellung. Letztendlich ist meine Wahl auf Daniel Royer gefallen, weil er nicht nur einen großen Anteil am Cupsieg 2011 hatte (im Video unten sein Assist zum 2:0 von Markus Hammerer), sondern auch für die Rieder Rekordsumme von 1 Million (Anm. kolportierte Summe) zu Hannover 96 wechselte und damit den Finanzvorstand glücklich machte. Außerdem zählt er zum kleinen Kreis der SVR-Spieler, welche während ihrer Zeit in Ried auch für das ÖFB-Team auflaufen durften.
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Marco Meilinger war sein direkter Nachfolger und stand ihm eigentlich um nicht viel nach. 30 Scorerpunkte in 76 Spielen sind für einen Spieler in Ried eine bemerkenswerte Bilanz. Patrick Möschl hat im Bezug auf meine Auswahl trotz der meisten Einsätze den Nachteil, dass er bei den großen Erfolgen am Beginn der Dekade nicht dabei war und gleichzeitig Bestandteil des Absteigerteams aus 2017 war (obwohl er einer jener Spieler war, die am wenigsten dazu beitrugen).
Rechter Offensivspieler
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Clemens Walch
162
27
22
2012-2018
Stefan Lexa
83
8
21
2010-2012
Thomas Mayer
53
12
13
2017-2019
Thomas Murg
44
8
6
2014-2016
Stefan Lexa ist zweifellos einer der beliebtesten und prägendsten Spieler der jüngeren Rieder Bundesligageschichte. Allerdings durchlebte er die meisten Highlights bereits in der letzten Dekade. Nach seiner schweren Verletzung durch das Brutalo-Foul von Hesselink im September 2010 konnte er leider nicht mehr an seine besten Zeiten anknüpfen. Für Thomas Murg müssen wir uns bei beiden Wiener Großklubs bedanken: bei der Austria für die relativ günstige Verpflichtung und bei Rapid dafür, dass ihn der Verein sehr gewinnbringend weiterverkaufen konnte.
Doch den Platz in meiner Elf nimmt Clemens Walch ein. Es gab nur selten Ried-Kicker, die talentierter waren als Walch. Aber seine Verletzungsanfälligkeit verhinderte eine größere (internationale) Karriere. Dennoch hat der Tiroler zwischen 2012 und 2018 viel öfters für die SVR gekickt als jeder andere Spieler auf dieser Position. Dabei erzielte er auch erinnerungswürdige Traumtore wie etwa bei einem 3-0 gegen Sturm Graz. Ironischerweise kickt er nach seinem Abgang zu Wattens vor der letzten Saison nun wieder in der Bundesliga, im Gegensatz zu seinem Ex-Verein.
Zentraler Offensivspieler
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Robert Zulj
117
31
16
2010-2014
Dieter Elsneg
105
12
13
2014-2017
Julian Wießmeier
85
24
15
2017-
Iván Carril
76
13
9
2010-2013
Peter Zulj
35
6
2
2016-2017
Auf dieser Position ist mir die Wahl enorm einfach gefallen. Niemand hat mehr Einsätze als Robert Zulj, niemand hat mehr Tore als Robert Zulj, niemand hat mehr Assists als Robert Zulj. Und letztendlich konnte er auch gewinnbringend nach Salzburg verkauft werden. Schon zur Zeit, als er noch für Ried II am Sportplatz in Neuhofen auflaufen musste, war relativ klar dass man mit dem Welser ein Juwel in der Mannschaft hat. Ein eleganter Kicker mit Raffinesse, Torriecher und auch einem brandgefährlichen Freistoß. Sein Bruder wurde 2017/2018 zwar Spieler des Jahres in der Bundesliga, doch in Ried wird man stets den älteren Bruder in (besserer) Erinnerung behalten.
Stürmer
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Nacho Rodriguez
121
12
10
2010-2013
Thomas Fröschl
112
24
9
2014-2018
Markus Hammerer
82
11
5
2010-2013
Guillem Martí
73
20
1
2010-2012
René Gartler
71
35
11
2012-2014
Seifedin Chabbi
37
25
6
2017-2018
Auf Nacho (dem Ur-Spanier) trifft das gleiche wie bei Stefan Lexa zu: seine Glanzzeiten erlebte er noch in den 00er-Jahren, mit 14 Saisontoren in der Saison 2008/2009. Seine 22 Scorerpunkte in 121 Spielen in den 2010ern sind zwar noch immer okay, allerdings nicht umwerfend gut. Und daher fällt meine Wahl beim Stürmer auf den Spieler mit dem meisten Flair und dem besten Torriecher und dies war René Gartler.
Seine Verpflichtung wurde unmittelbar nach dem verlorenen Cupfinale 2012 bekannt gegeben. In seinem ersten Spiel für die SVR erzielte er beide Treffer bei einem 2:0 in der Südstadt. 46 Scorerpunkte in 71 Pflichtspielen sind eine sensationelle Quote und daher konnte man ihn auch nicht über die Saison 13/14 hinaus halten. In Sandhausen wurde er nicht glücklich. Ich sehe hier darüber hinweg, dass er anschließend zum LASK in die 2. Liga wechselte, die SVR war zu diesem Zeitpunkt schon tendenziell im Sinkflug unterwegs. Die anderen Nominierten in dieser Kategorie sind mir jeweils primär durch Hattricks in Erinnerung: Fröschl bei einer Regenschlacht gegen Altach binnen 17 Minuten und Guillem bei einem 5-1 Kantersieg in Wiener Neustadt.
Trainer
Es kann nur einen geben: Sir Paul Gludovatz. Der einprägsamste Trainer der Vereinsgeschichte (neben Klaus Roitinger) hat während der erfolgreichsten Zeit der Profigeschichte das Traineramt für insgesamt vier Saisonen bekleidet. Wenige Jahre später hat er den Verein nach seiner Rückkehr als Ersatz für den glück- und erfolgslosen Helgi Kolvidsson dann auch nochmal (sicher) vor dem drohenden Abstieg bewahrt. Der alte Schilfschneider wird bis in alle Ewigkeiten ein gern gesehener Gast im Innviertel sein.
Mein SVR Team der Dekade
Nachfolgend findet man mein Team der Dekade nochmal in einer grafischen Aufstellung (erstellt mit dem Generator von https://fantastic11.com/). Darunter befinden sich vier Spieler aus dem eigenen Nachwuchs und nur ein Legionär (bzw. zwei oder drei, je nachdem wie man Gebauer und Hadzic einstuft).
Was denkt ihr, wie dieses Team in Bestform heute in der Bundesliga abschneiden würde? Könnte man mit dem richtigen Trainer mit Teams wie dem LASK oder Wolfsberg mithalten? Wäre das Erreichen der Meisterrunde mit dieser Mannschaft stets Pflicht? Fehlt euch ein Spieler in meiner Auswahl oder würdet ihr anders aufstellen (etwa auch in einem anderen System)? Ich freue mich über eure Kommentare und hoffe, dass ich in zehn Jahren wieder einen Blogartikel erstellen kann, welchen ich nicht mit dem Dickens-Zitat beginnen muss.
Bildquellen: svried.at, laola1.at, sn.at, oefb.at – alle Rechte vorbehalten.
https://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2019/11/Reifeltshammer_Zulj.jpg341500Gerald Emprechtingerhttps://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2018/04/emprechtinger-com-logo-2.pngGerald Emprechtinger2019-11-28 18:02:592019-11-28 20:10:26SV Ried – Team der Dekade (2010-2019)
Die 2010er-Jahre („Twenty-Tens“) neigen sich dem Ende zu und man wird allerorts von Bestenlisten überschwemmt. Eine Liste mehr oder weniger ist auch schon egal, daher belebe ich meinen Blog mal wieder mit meinen persönlichen Highlights der letzten zehn Jahre. Damit eine solche Ausgabe nicht ausartet, habe ich mir einige Regeln auferlegt, um Struktur in die Listen zu bringen.
Bei den Filmen und Spielen ist der Sachverhalt relativ klar. Diese müssen zwischen 2010 und 2019 erschienen sein. Eine Sonderregel gibt es nur bei Serien – diese müssen spätestens 2010 angelaufen sein (deswegen werdet ihr auch etwa Breaking Bad vermissen) und als Zusatzregel hab ich (auch um mir die Liste einzuschränken) noch dazu beschlossen, dass diese Serie auch bereits beendet sein muss (oder im Laufe des Jahres noch beendet werden wird). Außerdem hab ich Anthology-Serien (wie etwa Fargo, Black Mirror, American Horror Story) und Serien-Events (z.B. Chernobyl) ebenfalls außen vor gelassen.
Ich wollte ursprünglich auch meine zehn Lieblingssongs der letzten Dekade ranken – dies hat sich jedoch als unlösbare Aufgabe herausgestellt und wurde nach dem dritten Versuch unwiderruflich abgebrochen. Genug geschwafelt, here we go:
Kinofilme
Rang
Film
Regie
Cast
1.
ARRIVAL (2016)
Denis Villeneuve
Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker
2.
DRIVE (2011)
Nicolas Winding Refn
Ryan Gosling, Carey Mulligan
3.
INCEPTION (2010)
Christopher Nolan
Leonardo Di Caprio, Tom Hardy, Marion Cotillard
4.
WHIPLASH (2014)
Damien Chazelle
Miles Teller, J.K. Simmons
5.
BLADE RUNNER 2049 (2017)
Denis Villeneuve
Ryan Gosling, Harrison Ford, Ana de Armas
6.
INTERSTELLAR (2014)
Christopher Nolan
Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain
7.
INSIDE OUT (2015)
Pete Docter
Amy Poehler, Phyllis Smith, Richard Kind (Stimmen)
8.
GET OUT (2017)
Jordan Peele
Daniel Kaluuya, Allison Williams
9.
BOYHOOD (2014)
Richard Linklater
Ethan Hawke, Patricia Arquette, Ellar Coltrane
10.
THE WOLF OF WALL STREET (2013)
Martin Scorsese
Leonardo Di Caprio, Margot Robbie, Jonah Hill
Das Jahr 2014 war ein gutes. So gut, dass gleich drei meiner Top-10-Filme der letzten Dekade (Whiplash, Interstellar, Boyhood) aus diesem Jahr stammen. Arrival war ein Film über den man nicht reden kann, ohne die Handlung zu spoilern. Es gab keinen anderen Film in den Twenty-Tens, der mir mehr Gänsehaut bereitet hat. Chris Nolan und Denis Villeneuve haben es jeweils mit zwei Filmen auf die Liste geschafft und wäre es eine Top20, dann wären es wohl sogar jeweils drei gewesen.
Boyhood wurde bei den Oscars von Birdman betrogen, weil kein Film der letzten Dekade mutiger war (der Film wurde über eine Zeitspanne von 12 Jahren hinweg gedreht). Mit Get Out hat Jordan Peele ein neues Sub-Genre des Horrors erschaffen. Kein Film war visuell schöner und beeindruckender als Blade Runner 2049 (yes Roger Deakins!). Inside Out war der beste Pixar-Film der vergangenen Dekade (I’m not crying, you are crying) und The Wolf of Wall Street war herrlich überdreht und schamlos.
TV-Serien
Rang
Serie
Creator
Cast
1.
GAME OF THRONES (2011-2019)
David Benioff & DB Weiss
Kit Harrington, Emilia Clarke, Peter Dinklage
2.
MR. ROBOT (2015-2019)
Sam Esmail
Rami Malek, Christian Slater, Carly Chaikin
3.
HALT AND CATCH FIRE (2014-2017)
Chris Cantwell & Chris Rogers
Lee Pace, Scoot McNairy, Mackenzie Davis
4.
SHERLOCK (2010-2017)
Marc Gatiss & Steven Moffat
Benedict Cumberbatch, Martin Freeman, Una Stubbs
5.
PERSON OF INTEREST (2011-2016)
Jonathan Nolan
Jim Caviezel, Michael Emerson, Taraji P. Henson
6.
FLEABAG (2016-2019)
Phoebe Waller Bridge
Phoebe Waller Bridge, Sian Clifford, Olivia Colman
7.
THE LEFTOVERS (2014-2017)
Damian Lindelof
Justin Theroux, Carrie Coon, Amy Brenneman
8.
SUITS (2011-2019)
Aaron Korsh
Gabriel Macht, Patrick J. Adams, Meghan Markle
9.
THE AMERICANS (2013-2018)
Joe Weisberg
Keri Russell, Matthew Rhys, Noah Emmerich
10.
BOJACK HORSEMAN (2014-2019)
Raphael Bob-Waksberg
Will Arnett, Aaron Paul, Amy Sedaris
Wer meine Bestenlisten des Jahres verfolgt hat (die es seit mittlerweile 2012 gibt), für den wird diese Liste nur wenige Überraschungen bieten. GoT war ein kulturelles Phänomen und die einzige Serie auf dieser Liste, für die (während der letzten Staffel) an jedem Montag um 06:00 aufgestanden bin, um die aktuelle Folge noch vor dem Büro zu schauen und damit spoilerfrei durch den Tag zu kommen. Keine Serien haben Außenseiter bzw. die Tech-Welt besser charakterisiert als Mr. Robot und Halt & Catch Fire. Sherlock und Person Of Interest hatten stets unerwartete Wendungen und viel Spannung (sowie Wortwitz) parat.
Suits war meine guilty pleasure und wäre weiter oben in der Liste gelandet, wenn die letzten Staffeln nicht etwas abgeflacht wären. Fleabag wird nicht nur hier, sondern auch in meiner Liste des Jahres 2019 (sehr) weit vorne landen. The Americans hat den Kalten Krieg zurück ins Wohnzimmer gebracht (wer das halt wollte) und keine Serie hat sich im Verlauf von drei Staffeln mehr gesteigert als The Leftovers. Last but not least, BoJack Horseman ist für mich die beste Animationsserie überhaupt (ja, damit meine ich aller Zeiten).
Games
Rang
Game
Studio / Publisher
Genre
1.
THE LAST OF US (2013)
Naughty Dog / Sony
Action-Adventure
2.
DIABLO 3 (2012)
Blizzard Entertainment
Hack & Slay
3.
FOOTBALL MANAGER 2010
Sports Interactive / Sega
Simulation
4.
RED DEAD REDEMPTION (2010/2018)
Rockstar Games
Action-Adventure
5.
GTA V (2013)
Rockstar Games
Action-Adventure
6.
DIVINITY: ORIGINAL SIN 2 (2017)
Larian / Namco
Rollenspiel
7.
CIVILIZATION 5 (2010)
Fireaxis / 2K Games
Rundenbasierte Strategie
8.
MAX PAYNE 3 (2012)
RAGE / Rockstar Games
Third-Person-Shooter
9.
DISCO ELYSIUM (2019)
ZA/UM
Rollenspiel
10.
PORTAL 2 (2011)
Valve / EA
Action/Rätselspiel
Hätte ich eine solche Liste in den 1990ern oder 2000ern erstellen müssen, die Aufgabe wäre viel komplexer und komplizierter geworden. In den 2010ern habe ich bei weitem nicht mehr so viel und sooft gezockt wie in den Dekaden zuvor. Die Liste erstellt sich fast wie von selbst: es gibt kein Spiel, welches an die Atmosphäre und Story von TLOA herankommt. Ich habe vermutlich nichts länger gespielt als Diablo 3. Mit dem Football Manager 2010 habe ich 268 Stunden verbracht (das sind knapp 12 Tage – danke für diese Information an Steam). An die Qualität der Action-Adventures von Rockstar Games (RDR [wobei ich Teil 2 nur kurz gespielt habe], GTA, Max Payne) kommt kein anderes Studio heran.
Abgerundet wird die Auflistung von Divinity: Original Sin 2, welches mich am meisten an Baldur’s Gate zurückerinnerte sowie Civ 5, dem vermutlich zweitbesten Teil der Civilization-Reihe nach Teil 2. Disco Elysium habe ich erst vor wenigen Wochen zu spielen begonnen, hat jedoch fast ein neues Sub-Genre des Rollenspiels erschaffen. Und Portal 2 war einfach kurzweilig.
Best of 2019
Natürlich wird es im Dezember auch wieder eine Bestenliste des Jahres 2019 geben, allerdings nur wieder (wie immer) mit TV-Serien (lediglich Premieren aus dem aktuellen Jahr) und Filmen. Bis dahin werde ich mich (nach Ende der Herbstsaison) noch um die bisherige Saison der SV Ried in der 2. Liga widmen. Stay tuned.
https://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2019/11/arrival-amy-adams.jpg10121800Gerald Emprechtingerhttps://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2018/04/emprechtinger-com-logo-2.pngGerald Emprechtinger2019-11-13 22:12:412019-11-13 22:29:04Best of the 2010s
Der letzte Spieltag der Saison ist in den vergangenen drei Jahren für die SVR jeweils gleich verlaufen: eine gesunde Portion Optimismus trotz Abhängigkeit von anderen Teams, viel Sonnenschein, frühsommerliche Temperaturen und am Ende stets eine gehörige Portion an Enttäuschung. Auch heuer hat es nach 16/17 und 17/18 wieder (knapp) nicht sollen sein. Das große Saisonziel namens Aufstieg wurde wie im Vorjahr verpasst. Doch anders als in den vergangenen beiden Jahren überwogen heuer nicht Trauer und Resignation, sondern vielerorts (Zweck-)Optimismus und eine gewisse jetzt-erst-recht-Mentalität.
Das sensationelle und fast einmalige Verhalten des harten Kerns auf der Westtribüne hat den Löwenanteil hierzu beigetragen. Wurden die Spieler nach dem peinlichen Versagen der Vorsaison (ein Platz unter den Top3 hätte zumindest für die Relegation gereicht) nach einem 7:1 gegen Kapfenberg noch umgehend vom Block verjagt, so wurde die Mannschaft nach dem heurigen 3:1 gegen LASK II beinahe wie nach dem Gewinn der Meisterschaft gefeiert. Diese positive Verabschiedung sollte den Spielern, den sportlichen Funktionären, der Vereinsführung und auch den Sponsoren viel Kraft und Zuversicht für die Saison 2019/2020 geben. Das „Wir sind stolz auf unser Ried“ hat unter anderem auch Laola1.tv eingefangen:
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Detail am Rande: dieses von Laola1 veröffentlichte Video hat derzeit knapp 11.000 mehr Aufrufe als die Meistertellerübergabe an Wattens (13.000 vs 2.000). Hier auch noch der zugehörige Artikel von Laola1 mit einigen Aussagen von Spielern und Funktionären.
Meinen letzten Artikel zum Thema Fußball bzw. SVR habe ich nach Ende der Herbstsaison anlässlich der Bestellung von Gerald Baumgartner zum Trainer bzw. Sportdirektor verfasst. Seither bin ich regelmäßig gefragt worden, wann ich denn wieder einmal etwas schreiben würde. Nun ist dieser Zeitpunkt gekommen. Ich habe mich über das gesamte Frühjahr hinweg (absichtlich) zurückgehalten, weil der Verein sich positiv (sowohl auf dem Feld als auch neben dem Feld) entwickelt hat und das eigentlich Unmögliche im Frühjahr fast doch noch möglich gemacht hatte. Diese Entwicklung wollte ich zu keinem Zeitpunkt jinxen, wie man auf Neudeutsch sagt.
Ein Nichtaufstieg der Superlative
Mit sechs Punkten und zwölf Toren Rückstand in die Rückserie gestartet, schien der Aufstieg nur mit einer außergewöhnlichen Anstrengung nebst mehrerer Umfaller von Wattens möglich. Das eigene Plansoll wurde für im Bezug auf meine persönliche Kalkulation erfüllt. Denn mit 10 Siegen, 5 Unentschieden und einem überragenden Torverhältnis von 41:11 erreichte man nahezu eine Punktlandung hinsichtlich meiner Prognose, dass man wohl 36 Punkte benötigen würde (wobei ein Sieg in Wattens Pflichtprogramm war) um den Aufstieg doch noch zu schaffen.
Doch leider war die WSG Wattens im Saisonfinish zu stabil und beendete die Meisterschaft mit sechs Siegen en suite, wodurch die Tiroler die Tabellenführung am drittletzten Spieltag zurück holen konnte und bis zum Schluss nicht mehr abgab.
Die Saison als ganzes betrachtet, ist die SVR sogar in der unglücklichen Position, der punkteschnittbeste Nichtaufsteiger der letzten 25 Jahre zu sein. Weder in der 10er-Liga noch in der 12er-Liga oder der 16er-Liga (aus welcher die SVR zum ersten Mal 1994/1995 nach der Relegation gegen den FC Linz aufgestiegen ist) hat ein Verein einen Punkteschnitt von 2.1 erreicht und ist dabei nicht aufgestiegen.
Saison
Verein
Punkteschnitt
2018/2019
SV Ried
2.1
2010/2011
SCR Altach
2.053
2009/2019
Admira
2.03
2015/2016
LASK
2.0
2009/2010
SCR Altach
2.0
1996/1997
Vorwärts Steyr
2.0
Betrachtet man einige weitere hard facts zur Saison der SV Ried, dann sieht man nochmals deutlich wie – mir fällt eigentlich kein anderes Wort ein – unglücklich dieser Nichtaufstieg ist:
Die SVR hat die meisten Tore erzielt (61)
Die SVR hat die wenigsten Tore erhalten (21)
Die SVR hat die wenigsten Niederlagen kassiert (3)
Die SVR hat die wenigsten Auswärtsniederlagen kassiert (1)
Die SVR war beste Auswärtsmannschaft (30 Punkte)
Die SVR war die beste Rückrundenmannschaft (35 Punkte)
Die SVR hat 6/6 Punkte gegen den Meister aus Wattens geholt
Unter dem Strich hat man den Aufstieg auch nicht im Frühjahr verspielt, sondern in der schwachen Herbstsaison. Zwischen Juli und Anfang November erzielte man beispielsweise nur 20 Tore in 15 Spielen. Deswegen konnte der bereits genannte Rückstand von 6 Punkten auf Wattens im Endeffekt trotz großer Anstrengung nicht mehr aufgeholt werden.
Rückwirkend gesehen hat die Vereinsführung zu spät auf die teilweise inferioren Leistungen reagiert. Die sportliche Reißleine im Bezug auf den Trainer hätte spätestens nach einer der spielerischen Bankrotterklärungen im Oktober gezogen werden müssen. Damals gab es ein erzittertes 1-0 gegen Wacker II, ein inferiores 0-0 in Lafnitz, ein spätes 1-0 gegen Lustenau sowie ein glückliches 0-0 in Klagenfurt. Trotz vieler hochkarätiger Offensivspieler wurde auch nach Monaten nicht geschafft, die Mannschaft in eine Art Flow zu bringen und als selbstbewusster Titelkandidat agieren zu lassen.
Die Rücktritte von Chefcoach Thomas Weissenböck und in weiterer Folge von Sportdirektor Franz Schiemer nach dem 1:3 gegen BW Linz haben dann aber dennoch den Weg für einen Neustart und Aufstiegspush im Frühjahr geebnet.
Im Gegensatz zur Vorsaison verstärkte man sich mit Marco Grüll (St. Johann / RLW) und Patrick Eler (Leihe von Nancy) in der Winterpause auch punktgenau. Man benötigte Offensive, man bekam Offensive. Zudem spielte sich der im Herbst noch langwierig verletzte Ante Bajic immer mehr ins Rampenlicht und auch der über Strecken sehr blasse Julian Wießmeier spielte in diesem neuen Offensiv-Setup seine beste Halbsaison für Ried. Zeitweise – wie beim 6:2 in Liefering, beim 5:0 in Horn, beim 7:0 gegen Wiener Neustadt oder beim 4:3 bei Wacker II traf dieses Quartett auch quasi nach Belieben.
Die SVR macht(e) wieder Spaß
Die Aufholjagd auf Wattens (welche auch auf den oben erwähnten Kantersiegen beruhte) hat nicht nur Hoffnung gemacht, sondern die Zuschauer haben auch endlich wieder eine SVR-Mannschaft gesehen, welche über weite Strecken viel Spaß gemacht hat. Für mich persönlich hat die SVR phasenweise den besten und attraktivsten Kombinationsfußball seit der Cupsiegersaison von 2011 auf den Rasen gezaubert. Waren im Vorjahr noch die ganzen Niederlagen gegen unmittelbare Konkurrenten (z.B. 1 Unentschieden und 3 Niederlagen gegen Hartberg) der Grund für den Nichtaufstieg, so drehte dich diese Statistik heuer um fast 180°:
2 Siege gegen Wattens (5:1 Tore)
1 Sieg und 1 Unentschieden gegen Lustenau (1:0 Tore)
1 Sieg und 1 Unentschieden gegen Kapfenberg (2:1 Tore)
1 Sieg und 1 Niederlage gegen BW Linz (2:3 Tore)
2 Siege gegen Wiener Neustadt (10:0! Tore)
2 Siege gegen LASK II (4:1 Tore)
Ergibt 9 Siege, 2 Unentschieden und nur 1 Niederlage gegen die Top7 der Liga bei einem Torverhältnis von 24:6 [pers. Anm. schöne Zahl, das ist mein Geburtstag]. Außerdem war es wirklich angenehm, nur mehr zweimal pro Saison gegen einen Gegner antreten zu müssen. Definitiv einer der größten Vorteiler der 16er-Liga.
Erstaunlicherweise tat man sich aber besonders gegen die Aufsteiger und Tabellennachzügler enorm schwer. Letztendlich waren für mich auch die vier Ergebnisse gegen Steyr (1:1, 1:1) sowie Young Violets (1:2, 3:3) jene vier Partien, in denen man den Aufstieg vermutlich vergeigt hat, wenn man es an einzelnen Partien festmachen will. Aus diesen Spielen hätte man als Ried nicht 3, sondern viel mehr 8-10 Punkte holen müssen, einzig das Unentschieden zum Saisonauftakt in Steyr war gerecht bzw. am Ende sogar etwas glücklich
Die SVR rettet den Zuschauerschnitt der Liga
Die Oberösterreichischen Nachrichten haben am 3. Juni geschrieben, dass das Budget von etwa 4.5 Millionen (wobei hier die Kosten für Stadion, Akademie etc. ebenfalls inkludiert sind) erhalten bleiben sollte. Den Sponsoren und Gönnern aus der Region lege ich einen Blick auf die Tabelle der meistbesuchten Spieler der vergangenen 2. Liga Saison ans Herz. Diese wirkt eigentlich wie eine Farce:
Ranking
Spiel
Zuschauer
1.
Ried – BW Linz
4.585
2.
Ried – LASK II
4.516
3.
Ried – Austria Klagenfurt
3.816
4.
Ried – Lafnitz
3.700
5.
Ried – Vorwärts Steyr
3.697
6.
Ried – Amstetten
3.250
7.
Ried – Liefering
3.162
8.
Ried – FAC
3.150
9.
Ried – Wacker II
3.114
10.
Ried – Wattens
3.084
11.
Ried – Horn
3.015
12.
Ried – Young Violets
3.012
13.
Ried – Wiener Neustadt
3.000
14.
Ried – Kapfenberg
2.986
15.
Ried – Lustenau
2.955
16.
Steyr – Ried
2.935
(Quelle = jeweils weltfussball.at und auch ohne Gewähr)
Ich wollte eigentlich nur 10 oder 15 Spiele auflisten, bin aber bei der Recherche dieser Zahlen (danke auch an den Gestalter der #ZuschauerInnentabelle) schnell darauf aufmerksam geworden, dass die 15 Heimspiele der SVR eben die 15 bestbesuchten Spiele der Saison waren. Und auf Platz 16 findet sich mit Steyr-Ried ebenfalls ein Spiel mit Beteiligung aus dem Innviertel. Auf Platz 17 folgt Wattens gegen Lustenau, also das letzte Heimspiel des späteren Meisters, welches offensichtlich mehr als 1000 Gloryhunter ins Stadion gelockt hat. Mit einem Zuschauerschnitt von 1.114 liegt Wattens nämlich ansonsten nur am sechsten Platz der Liga (hinter Ried, Lustenau, Steyr, Amstetten und Klagenfurt).
Einige (verbitterte?!) Worte zu Wattens
Apropos. Die Bundesliga wird mit ziemlicher Sicherheit not amused sein, dass ein Verein ohne Infrastruktur (Wattens muss kommende Saison auf den Tivoli ausweichen), sowie ohne echten Fanzuspruch den zwölften Platz in der Bundesliga einnehmen wird. Es gibt in Wattens außerdem nicht wirklich eine [große] organisierte Fanbasis (welche für mich primär auf der Anzahl an Auswärtsfahrern beruht) und zudem stammt man aus einer Region, welche nicht für ihre Fußballverrücktheit bekannt ist.
Natürlich hat sich Wattens den Aufstieg (sportlich) verdient und wer nach dem 30. Spieltag ganz oben steht, darf im Endeffekt aufsteigen. Für mich war der Aufstieg auch nicht „glücklich“ (wie von Teilen unserer Fanbasis bezeichnet) – späte Tore sind auch ein Zeichen für Siegeswille und Mentalität. Dennoch ist mir nur selten eine von oben bis unten derart unsympathische Mannschaft (angeführt von Andreas Dober, Trainer Silberberger und dem übergewichtigen Tormann Oswald) untergekommen.
Für den Fußball in Österreich im Allgemeinen ist es außerdem äußerst schade (wobei ich definitiv befangen bin), dass ein Verein, welcher von einer Millionärin und Instragram-Diva geleitet wird, reüssieren kann. Ich kenne sonst keinen anderen Verein auf der Welt, bei dem die narzisstische Präsidentin der Star ist und stets im Mittelpunkt steht (stehen will).
Wenn man sich die peinliche Kulisse der letzten Partie in Horn (600 Zuschauer) anschaut, bei der trotz gesponserten Gratis-Bussen und Gratis-Eintrittskarten nur mehrere Dutzend Fans zur Mitreise ins Waldviertel bewogen werden konnte, dann kann sich die Bundesliga jetzt schon gut anschnallen.
Im schlimmsten Fall besteht das Abstiegsplayoff (ich werde sicher nie „Qualifikationsrunde“ dazu sagen) kommende Saison nämlich aus Wattens, Hartberg, Mattersburg, St. Pölten, Admira und Wolfsberg/Altach. Dann wird man sich vom großen selbstgesteckten Ziel „10.000“ [Zuschauer pro Spiel im Schnitt] weiter denn je entfernen.
Blick auf die kommende Saison
Im Gegensatz dazu werden die Zuschauerzahlen in der nächsten Saison der 2. Liga weit nach oben gehen. Dafür wird nicht nur Wacker Innsbruck (als Absteiger aus der Bundesliga) sondern primär der GAK als Aufsteiger aus der Regionalliga Mitte verantwortlich sein, welcher den direkten Durchmarsch von der letzten Klasse in die 2. Liga geschafft hat. Hier die Zusammensetzung der kommenden Liga (ohne besondere Reihung bzw. nach Bundesland):
Bundesland
Verein
Letzte Saison
Tirol
Wacker Innsbruck
Absteiger aus der Bundesliga
Oberösterreich
SV Ried
Vizemeister 2. Liga
Oberösterreich
Blau-Weiß Linz
5. Platz
Oberösterreich
LASK II
7. Platz
Oberösterreich
Vorwärts Steyr*
16. Platz
Steiermark
Kapfenberger SV
4. Platz
Steiermark
SV Lafnitz
14. Platz
Steiermark
GAK
Aufsteiger RLM
Niederösterreich
SKU Amstetten
11. Platz
Niederösterreich
SV Horn
15. Platz
Vorarlberg
Austria Lustenau
3. Platz
Vorarlberg
FC Dornbirn
Aufsteiger RLW
Wien
Floridsdorfer AC
10. Platz
Wien
Young Violets
13. Platz
Kärnten
Austria Klagenfurt
8. Platz
Salzburg
FC Liefering
12. Platz
Mit Ausnahme des Burgenlands ist also jedes Bundesland vertreten, wobei Oberösterreich (vermutlich) die meisten Teilnehmer stellen wird. Steyr ist noch mit einem Stern versehen, weil Wiener Neustadt Einspruch gegen den Lizenzentzug eingelegt hat. Sollte der Senat 5 (oder das Ständig Neutrale Schiedsgericht) den Niederösterreichern Recht geben, dann muss Vorwärts nach nur einer Saison in der 2. Liga wieder in die Regionalliga Mitte absteigen.
Lafnitz muss als 14. nicht absteigen, weil es keinen Aufsteiger aus der RLO gibt (Ebreichsdorf wollte als Meister nicht aufsteigen, Mauerwerk hat als 2. keine Lizenz erhalten bzw. das Ansuchen zurückgezogen). Horn ist als 15. gerettet, weil Wacker Innsbruck durch den Abstieg einen Dominoeffekt ausgelöst hat und die eigenen Amateure als Leidtragende absteigen müssen. Aus meiner Sicht äußerst schade, weil Wacker II keine Mogelpackung wie Liefering oder „Juniors OÖ“ ist und im Gegensatz zu den Young Violets den erfrischenderen Fußball gespielt hat.
Mit dem GAK kommt der Bundesligameister aus dem Jahr 2004 nach einem finanziellen Kollaps und vielen Jahren in der Unterklassigkeit (endlich) wieder in den Profifußball retour. Hier darf man sich tabellarisch aber vor allem auch zuschauertechnisch einiges erwarten. Die Top10 der Zuschauertabelle wird kommende Saison sicherlich nicht nur Spiele der SVR beinhalten. Mit Dornbirn kommt ebenfalls eine Traditionsmannschaft aus dem äußersten Westen Österreichs in die 2. Liga zurück, hier kann sich Lustenau auf zwei heiße Derbys freuen.
Und wer spielt um den Titel?
Es ist natürlich noch (viel) zu früh um eine fundierte Prognose abzugeben, aber meiner Einschätzung nach werden sich folgende Mannschaften den Aufstieg in die Bundesliga ausmachen: Austria Klagenfurt, Austria Lustenau, GAK und natürlich die SV Ried. Die Kärntner haben nach dem Einstieg eines Investors in der Winterpause ein ausgezeichnetes Frühjahr absolviert, belegten Platz 4 in der Rückrundentabelle, verloren dabei nur eine Partie und waren letztendlich der Rieder Sargnagel des Nichtaufstiegs.
Sollte Austria Lustenau Spieler wie Ronivaldo (den Torschützenkönig der abgelaufenen Saison) halten können, dann ist der Dauergast der zweithöchsten Spielklasse (seit 2000 ununterbrochen in dieser Liga) auf Basis der Leistungen im Frühjahr (und ohne der Führung von Hubert Nagel) ebenfalls ganz vorne dabei. Der GAK antizipiert mit Sicherheit den Durchmarsch in die Bundesliga. Sollte ein positiver Saisonauftakt gelingen, dann wird man ziemlich sicher auch (weitere) potente Geldgeber lukrieren können. Von der Historie und den Zuschauerzahlen her gehört man sowieso in die Bundesliga.
Mit Blau-Weiß Linz hingegen rechne ich nicht wirklich, weil man im Sommer einen Aderlass befürchten muss und das Frühjahr mit nur drei Siegen aus 15 Spielen einfach zu katastrophal war. Auch mit Wacker Innsbruck rechne ich nicht wirklich, der Verein wird vermutlich versuchen, sich zuerst zu konsolidieren, um nicht die nächste (finanzielle) Pleite hinzulegen. Finanziell gesehen konnte es für die Innsbrucker zudem keinen schlechteren Aufsteiger als Wattens geben. Man verliert nicht nur knapp zwei Millionen an TV-Geldern sondern durch den Aufstieg des Lokalrivalen (der wohl als FC Swarowski Tirol agieren wird) auch größere Brocken der finanziellen Unterstützung des Land Tirols.
Und was macht die SVR?
Im Gegensatz zur Vorsaison nicht in Panik verfallen. Die Unterstützung der Fans sowie vieler Sponsoren (allen voran Guntamatic, das Unternehmen hat den Vertrag als Hauptsponsor erneut verlängert) werden erneut ein äußerst stabiles Fundament für die anstehende Ligasaison bilden. Sollte ein guter Start in die Liga gelingen, dann könnte dank der Präsenz von GAK und Wacker sogar der eigene Zuschauerschnitt nochmal gesteigert werden können. Mit Steyr, BW Linz, Lustenau, Amstetten und Klagenfurt gibt es noch einige weitere verhältnismäßig attraktive Gegner, welche bei gutem Fußballwetter die Zuschauer ins Stadion locken können.
Wichtige Leistungsträger wie Lukas Grgic (2021), Marco Grüll (2021), Ante Bajic (2020), Julian Wießmeier (2020) oder Johannes Kreidl (2020) sind an den Verein gebunden. Ein Bundesligist muss also jeweils Ablöse bezahlen, um einen dieser Spieler zu verpflichten. Bei Kennedy Boateng wurde die Klausel zur Verlängerung gezogen, auch er wird daher kommende Saison weiter im Innviertel auflaufen.
Bei Patrick Eler dürften die Verhandlungen mit Nancy schleppend verlaufen. Er ist vertraglich noch eine Saison an die Franzosen gebunden, welche ihn aber los werden wollen. Sein Ligue 2 Gehalt kann sich Ried aber definitiv nicht leisten. Sollte der Slowene weiterhin in Ried verbleiben, dann bedeutet dies wohl den Abschied von Darijo Pecirep, mit 11 Toren der Toptorschütze der SV Ried in der vergangenen Saison. Für einen Ersatzstürmer in dieser Liga ist er nämlich zu gut.
Die Verträge mit Mario Kröpfl und Arne Ammerer sollten aus meiner Sicht unbedingt verlängert werden. Mayer und Takougnadi sind gute Ergänzungsspieler und sollten bei vertraglichem Zusammenfinden gehalten werden. Bei Edrisa Lubega, Flavio Dos Santos (den beiden Flops schlechthin aus der Ära Schiemer) sowie Christian Schilling stehen die Zeichen auf Abschied. Bei letzterem spricht das Hochziehen von Felix Seiwald von den JW Ried jedenfalls für diese Vorgehensweise. Auch Pius Grabher spielte unter Baumgartner keine Rolle mehr, sein Abgang wäre daher keine Überraschung.
Recht unklar ist die Vertagssituation bei Manuel Kerhe. Ihm soll angeblich ein Angebot aus Klagenfurt vorliegen. Zu Beginn der Rückserie wurde er nicht (mehr) eingesetzt, weil sich angeblich dank einer Klausel sein Vertrag (zu den bestenenden Konditionen) nach 20 Einsätzen um ein weiteres Jahr verlängert hätte. Jedoch dürfte man zu einer gemeinschaftlichen Lösung gekommen sein. Ob sein Vertrag dabei auch gleich verlängert wurde, ist nicht bekannt.
Alles in allem sollte die Qualität der Mannschaft also relativ am gleichen Niveau gehalten werden. Wichtig wird vor allem sein, das Stammteam so gut wie möglich zusammen zu halten, da hier Laufwege und Abfolgen bekannt sind und man so eingespielt in die kommende Saison starten könnte. Dies würde einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Teams wie Klagenfurt oder GAK bedeuten, da diese Teams ihre Kader sicher drastischer umbauen werden (müssen).
JWR in der Regionalliga Mitte?
Nach der gestrigen Fixierung des Vizemeisteritels in der OÖ Liga könnte es kommende Saison auch zu einer Teilnahme der zweiten Mannschaft in der dritthöchsten Spielklasse Österreichs kommen. Meister Oedt will und kann nämlich aufgrund des eigenen Stadions Sportplatzes nicht aufsteigen. Diese Causa wird sich im Laufe der kommenden Tage entscheiden.
Sportlich besann man sich bei der zweiten Mannschaft heuer auf eigene Stärken, nachdem man in der Vorsaison irgendwelche abstrusen Red-Bull-Konzepte einimpfen wollte, was zu einem unansehnlichen Fußball mit Verlierermentalität führte.
Unter Miron Muslic (der im Winter als Co-Trainer zu den Profis wechselte) und im Frühjahr Stefan Unterberger spielte heuer man eine überragende Saison mit bis dato 60 Punkten in 29 Spielen, nachdem man in der Vorsaison noch am allerletzten Spieltag um den Abstieg in die Landesliga West bangen musste.
Für die Entwicklung der Nachwuchstalente wäre eine Teilnahme an der RLM-Saison irrsinnig wertvoll, auch weil man dann Rohdiamanten wie Belmin Cirkic (heuer nach Gurten verliehen) nicht mehr an andere Teams verleihen müsste, sondern ihnen auch die gleichen Automatismen und Spielphilosophien wie den Profis beibringen könnte. Zudem sieht man viel früher, wer es auch in der 2. Liga packen könnte. Denn auch das spielerische Niveau ist um einiges höher, wie etwa der FC Wels heuer schmerzvoll erfahren musste.
Mit Herwig Drechsel wird außerdem der Rieder Jahrhundertfußballer kommende Saison nach Ried zurückkehren und die Truppe als neuer Trainer übernehmen. Damit sind erstmalig sowohl bei den Profis als auch bei den Amateuren zwei ehemalige aktive Riedkicker am Steuer.
Alle guten Dinge sind drei
Wie bereits eingangs erwähnt gleicht die SV Ried diesmal keinem Trümmerhaufen. Der Trainer bleibt, die meisten Spieler werden bleiben, viele Sponsoren bleiben und die Fans bleiben sowieso. Man hat im Laufe dieser Saison aus vielen Fehlern der Vorjahren gelernt (hier will ich auch Roland Daxl lobend erwähnen, der sich verbal stets zurück gehalten hat und auch die „persönliche“ mediale Krise rund um vermeintlicher Fördergelder bravourös und transparent gemanaged hat). Auch wenn sich der Vizemeistertitel und ein weiteres Jahr mit Lafnitz, LASK II, Horn und Konsorten derzeit noch bitter anfühlt, in spätestens drei Wochen wird sich dieses Gefühl bei den meisten gelegt haben.
Dann kann man nämlich mit dem Erscheinen des Spielplans für die kommende Saison rechnen, es wird über Spielerabgänge und -zugänge diskutiert werden können und der Dauerkartenvorverkauf startet. Ich appelliere an jede(n) mit SVR-Herz, sich eine Dauerkarte zu schnappen, auch wenn man vielleicht nicht jedes Spiel ins Stadion geben kann.
Mit der aktuellen Saison hat sich der Verein – trotz Verfehlung des großen Ziels – in meinen Augen das Vertrauen für die kommende Saison erarbeitet, was auch (bzw. speziell) finanzielle Planungssicherheit bedeutet. Diese Region und diese Fans haben sich eine SVR in der Bundesliga verdient. Und wenn man weiterhin die „alten“ Rieder Tugenden zeigt (wie etwa Bodenständigkeit und Demut) sowie auf dem Platz und neben dem Platz hart und konsequent weiter arbeitet, dann wird der Traum von der Rückkehr ins Oberhaus beim dritten Versuch auch zur Realität werden.
(Aktuelle Version: 2 – einige Tipp-Fehlerkorrekturen sowie einzelne Verbesserungen von Übergängen und Formulierungen wurden durchgeführt. Stand 3.6. um 18:08)
https://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2019/06/ried-danke-gepa.jpg529940Gerald Emprechtingerhttps://emprechtinger.com/wp-content/uploads/2018/04/emprechtinger-com-logo-2.pngGerald Emprechtinger2019-06-03 14:38:422019-06-03 23:05:49Die SV Ried geht nicht weg
Im Normalfall sind die Themen meines Blogs relativ leicht verdaulich und unpolitisch (mit Ausnahme meines Artikels über das Freizeitbad Ried vor eineinhalb Jahren, welcher große Wellen geschlagen hat und über 13.000x gelesen wurde). Nun will ich mich zum zweiten Mal einem ernsten Thema widmen, welches mir auch persönlich am Herzen liegt.
Am 13. Dezember 2018 wurde in einer Gemeinderatssitzung in Ried ein Antrag auf Einleitung der Umwidmung und Rodung des so genannten Brauereiparks im Zentrum von Ried beschlossen. Dieser Antrag auf Umwidmung wurde mehrheitlich von allen im Gemeinderat vertretenen Parteien gestellt. Wie man im Protokoll dieser Sitzung nachlesen kann, gab es nur eine einzige Stimmenthaltung (Sabine Haury von den Grünen). Nach der Umwidmung in Bauland soll ein Neubau des Frauenhaus Innviertel errichtet werden. Hierzu findet man im oben genannten Protokoll folgende Information:
Für das Frauenhaus ist eine Widmung als Wohngebiet, Gemischtes Baugebiet od. Kerngebiet notwendig. Da im Westen und Norden an diese Grundstücksfläche die Widmung WR = Reines Wohngebiet anschließt, sollte für das Frauenhaus die Widmung W= Wohngebiet verordnet sein. Nach Rücksprache mit den Vertretern des Amtes der Oö. Landesregierung, Raumordnung, ist zwischen der Widmung Wohngebiet und der Widmung Betriebsbaugebiet ein Abstand von rd. 80 m erforderlich. In diesem Fall bedeutet dies, dass neben dem vorhanden 40 m breiten Grünzug noch zusätzlich im Bereich der Widmung Betriebsbaugebiet bis zu einer Tiefe von 40 m eine Schutz- und Pufferzone verordnet werden muss. Im Bebauungsplan ist eine Straßenfluchtlinie mit 5 m Abstand zur Straße vorzusehen. Vorgeschlagen werden als GFZ 0,4, als Geschoßanzahl 2 und die Bebauung als offene Bebauung. Der Stadtrat schlägt in seiner Sitzung vom 04.12.2018 einstimmig dem Gemeinderat die Einleitung der Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes wie vorgetragenzur Beschlussfassung vor.“
Ein Frauenhaus ist eine wichtige und richtige Institution, lediglich die dafür vorgeschlagene Örtlichkeit ist völlig falsch.
Unter dem Namen „Wir retten den Brauereipark – Gemeinsam“ gibt es daher auch aktiven und organisierten Widerstand gegen die Pläne der Gemeinde, unter anderem durch eine Online-Petition, welche bis dato (Stand 24. März 2019) 410 Menschen unterschrieben haben. Wie man im Infotext der Initiatoren nachlesen kann, wendet sich die Petition auch ausdrücklich nicht gegen die Institution Frauenhaus, sondern nur gegen die gewählte Örtlichkeit. An dieses Statement will ich mich persönlich vollinhaltlich anschließen.
Als Anrainer mit einer Entfernung von 170m (siehe Karte aus Google Maps) bin ich von der geplanten Umwidmung des Parks mehr oder weniger direkt betroffen. Mit dem Brauereipark verbinde ich viele Erinnerungen aus meiner Kindheit, sei es beim Spielen mit meiner Schwester und Freunden oder später als Treffpunkt mit Schulkollegen nach dem Unterricht. Auch dem Biologieunterricht im Gymnasium dient der Park (auch dank des Zusammenflusses von Oberach und Breitsach in den Rieder Bach) seit Jahrzehnten aufgrund der Nähe als Ort für eine aktive Unterrichtsgestaltung.
Der Brauereipark wurde 1978 vom Verschönerungsverein Ried als Ort der Erholung für die Bevölkerung angelegt. Mit Ausnahme des Stadtparks gibt es fast keine allgemeinen (also nicht-privaten) Grünflächen mehr in Ried, es wäre also frappant eine derartige Oase mitten im Stadtgebiet zu opfern. Er dient auch vielen Singvögeln als Niststätte, was angesichts der alarmierenden Bestandsrückgänge einzelner Vogelarten von bis zu 80% in den vergangenen 20 Jahren (Quelle = OON vom 23. Februar 2019) ein weiterer Schlag ins Gesicht des Tier- und Naturschutzes wäre.
Foto (c) 2019 Gerald Emprechtinger
Es ist (nicht nur für mich) wieder einmal völlig unverständlich, wie ein solcher Beschluss im Gemeinderat (wie schon beim Freizeitbad, welches ursprünglich ohne Jahreskarten hätte eröffnet werden sollen) im Grunde einstimmig beschlossen werden konnte und man dies anschließend klammheimlich (quasi an den Anrainern vorbei) in die Realität umsetzen wollte.
Ich habe im Laufe der letzten Wochen mit einigen Initiatoren und Anrainern gesprochen. Viele Menschen stellen sich die zentrale Frage, ob man hier bereits alle möglichen Alternativen in Erwägung gezogen und analysiert hat (Persönliche Anmerkung: polemisch gesagt kann ich mir das nicht vorstellen, beim Freizeitbad wurden augenscheinlich auch keine Eintrittspreise im restlichen Bundesland verglichen). Wie auch immer, es ist nicht mehr lange Zeit für Gegenwehr, die alles entscheidende Gemeinderatssitzung findet bereits am 28. März (also in vier Tagen) statt.
Foto (c) 2019 Gerald Emprechtinger
Verstoß gegen das Raumordnungsgesetz?
Heute wurde von den Initiatoren folgendes mutmachendes Update (siehe unter „Neuigkeiten“) verschickt:
Der Brauereipark hat gute Chancen zu überleben, dank der großartigen Unterstützung vieler Riederinnen und Rieder aber auch darüber hinaus! Vielen Dank! […] Es bestehe starker Zweifel darüber, ob die Umwidmung des Brauereiparks zu Bauland nicht fundamental gegen das oberösterreichische Raumordnungsgesetz verstoße. Unter anderem in einem zentralen Punkt: Der Abwägung des öffentlichen Interesses. Dies werde regelmäßig (verständlicherweise) nicht nachhaltig geprüft, wenn ein quasi unstrittiger Gemeinderatsbeschluss vorliege.
Wie kannst du helfen?
Je mehr Menschen sich gegen die Rodung des Brauereiparks einsetzen, desto mehr sollten die gewählten Vertreter der Stadt Ried ins Grübeln kommen, ob hier eine richtige Entscheidung getroffen wurde (Spoiler: nein).
Es gibt eine Facebook-Seite mit allen aktuellen Informationen.
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