Best of 2018: TV Serien
Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren habe ich mir heuer eine Änderung an meinem Bewertungssystem überlegt. Weil ich nämlich im Laufe der letzten Jahre viel Feedback erhalten habe, dass mein Blog den meisten Lesern als Hilfe hinsichtlich der Entdeckung von neuen Serien dient, habe ich meine Liste deswegen heuer lediglich auf Serienpremieren beschränkt.
Was habe ich sonst geschaut? Die aktuelle Staffel von Better Call Saul war erneut brilliant und Emmys bzw. Globes für Bob Odenkirk sind eigentlich überfällig. BoJack Horseman bleibt die beste Animationsserie und bei Billions bin ich jetzt schon auf die neue Staffel gespannt. Silicon Valley wird natürlich weiterhin geschaut werden. Das wunderbar herunterziehende The Affair wird kommendes Jahr zu Ende gehen (wobei ich keine Ahnung haben, wie das aufgrund der letzten Staffel funktionieren soll).
Die Mini-Serie Collateral war (trotz Carey Mulligan) ein Flop und die letzten (Halb-)Staffeln von Unbreakable Kimmy Schmidt und Arrested Development blieben deutlich hinter meinen hochgesteckten Erwartungen zurück. Die neuen Staffeln von Bosch und Goliath haben mich leider ebenfalls enttäuscht, ähnliches gilt für Ozark.
Atlanta, The Handmaid’s Tale und The Americans habe ich bis heute nicht geschaut und finden sich daher nicht in meiner Wertung (bzw. würden sich sowieso nicht in meiner Wertung finden, da keine dieser Serien neu ist). Mit dem gut rezensierten The Terror konnte ich mich aufgrund des Settings nicht wirklich anfreunden. Wenn ich mir diese letzten Zeilen selber durchlese, dann verbringe ich eindeutig zu viel Freizeit mit Serien. Aber egal, here we go:
10. Patrick Melrose (SHOWTIME / sky)
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Jennifer Jason Leigh, Hugo Weaving
Das Leben von Patrick Melrose wird von Drogen und Alkohol bestimmt. Als sein verhasster Vater stirbt, beschließt er sein Leben zu ändern. Die Serie begleitet sein Leben während der fünf Folgen über knapp vier Jahrzehnte und durch Südfrankreich, die USA sowie England. Benedict Cumberbatch (ein weiterer Beweis dafür, dass es keine Grenze zwischen Filmstars und TV-Stars mehr gibt) brilliert dabei als überdrehter und von Drogen und Alkohol getriebener Aristrokratensohn und wurde für seine Rolle auch für den Golden Globe nominiert. Die Serie basiert auf der Romanvorlage von Edward St Aubyn (welche halb-autobiographisch angelegt sein soll) und zeichnet das Bild einer verkommenen Klassengesellschaft. Es ist (positiv gemeint) auch mühsam, Jennifer Jason Leigh (Oscarnominierung für The Hateful Eight) als Mutter von Patrick zuzusehen, wie sie über Jahrzehnte hinweg weiß, dass ihr Sohn misshandelt wird, aber nichts sagen oder dagegen unternehmen kann und sich dann selber als Opfer darstellt. Definitiv keine Serie für entspannende oder lustige Abende.
09. Jack Ryan (Amazon Prime Video)
Darsteller: John Krasinski, Wendell Pierce, Abbie Cornish, Ali Suliman, Dina Shihabi
Als mittlerweile fünfter Schauspieler (nach Alec Baldwin, Harrison Ford, Ben Affleck und Chris Pine) spielt John Krasinski (der mit A Quiet Place bereits in meinem Filmjahresrückblick vorkam) den CIA-Analysten Jack Ryan. Unter der Führung von James Greer (gespielt von Wendell Pierce – der Vater von Meghan Markle in Suits) jagt der ehemalige Marine-Soldat und Doktor der Okönomie um die halbe Welt, um einen mutmaßlichen Terroristen im Nahen Osten dingfest zu machen. Jack Ryan ist kurzweilige und kompromisslose Action mit einem charismatischen John Krasinski in der Titelrolle des bekanntesten Charakters von John Clancy. Die Storyline verfängt sich meiner Meinung nach ab und zu zwar in Nebensächlichkeiten und verläuft genau so, wie man sich dies erwartet, das Handwerk ist jedoch gut gemacht. Eine zweite Staffel wurde bereits knapp nach Release der ersten Staffel fixiert und wird weitere Abenteuer des ungewöhnlichen Protagonisten liefern.
08. The Haunting Of Hill House (Netflix)
Darsteller: Michael Huisman, Carlo Gugino, Henry Thomas, Elizabeth Reaser
Regisseur Mike Flanagan lieferte im Laufe der letzten Jahre mit Ouija und Gerald’s Game (keine Beziehung mit yours truly) bereits einige mittelmäßig bekannte Horrorfilme. Mit der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Shirley Jackson hat er für Netflix jedoch die mit Sicherheit beste Horrorserie des Jahres abgeliefert. THOHH folgt der Familiengeschichte der Großfamilie Crain (fünf Kinder) über mehrere Jahrzehnte hinweg, die zu Beginn in den 80er Jahren in ein altes und baufälliges Haus ziehen und dieses eigentlich nur renovieren und später verkaufen wollen. Schon bald passieren seltsame Dinge und der Zuseher bekommt dieses ungute Gefühl, dass jederzeit etwas Schlimmes passieren kann. Was auch der Fall ist, denn THOHH liefert mitunter einige der nettesten Jump-Scares des Jahres 2018. Von manchen amerikanischen Outlets wurde die Serie bzw. das Ende auch als This Is Us für Horrorthriller bezeichnet – ein Prädikat, dem ich durchaus etwas abgewinnen kann.
07. Succession (HBO / Amazon Video)
Darsteller: Hiam Abbass, Nicholas Braun, Brian Cox, Kieran Culkin, Jeremy Strong
Oscarpreisträger Adam McKay (Drehbuch für The Big Short) liefert mit Succession eine Mischung aus Billions und Wall-Street-Satire. Der Mogul Logan Roy (für den Rupert Murdoch ein mehr als nur loses Vorbild gewesen sein dürfte) verkündet an seinem 80. Geburtstag, dass er sich doch nicht aus den Firmenagenden zurückzieht sondern weiterhin an der Spitze des Imperiums stehen wird. Sehr zum Missfallen seiner intriganten und verzogenen Kinder (u.a. Kieran Culkin, der für seine Rolle für den Golden Globe als Bester Nebendarsteller nominiert wurde). Die Story verfolgt in weiterer Folge das Leben seiner vier Kinder und was diese mit dem Medienimperium anstellen würden, falls sie die Nachfolge irgendwann doch antreten müssten bzw. könnten. Succession ist eine dieser Serien, bei der jeder Charakter zutiefst unsympathisch ist, man aber irgendwann aus abstrusen Gründen mit einzelnen Personen mitfiebert. Leider verliert sich die Serie nach einigen Folgen etwas zu viel in der Sparte Familiendrama, sie hätte nämlich bei mehr Fokus auf den Part der Mediensatire in meinem Ranking durchaus noch einige Plätze weiter vorne landen können.
06. Bodyguard (BBC / Netflix)
Darsteller: Richard Madden, Sophie Rundle, Ash Tandon, Gina McKee, Vincent Franklin
Als ich Bodyguard auf Netflix entdeckte, dachte ich (wie vermutlich die allermeisten Menschen) zunächst an den Film aus 1992 mit Kevin Costner und Whitney Houston. Damit hat die Serie allerdings herzlich wenig zu tun. Richard Madden (populär geworden in seiner Rolle als Robb Stark in Game of Thrones) spielt einen Ex-Marine mit PTSD, der zu Beginn der Serie ein Bombenattentat auf einen fahrenden Zug verhindern kann. Sein tägliches Brot verdient David Budd als Personenschützer in der britischen Regierung und folglich wird er der Innenministerin Julia Montague als Bodyguard zugeteilt, deren Politik eigentlich gegen alle Prinzipien verstößt, welche der Kriegsveteran vertritt. Von seiner Frau und seinem Kind getrennt lebend, beginnt er wider jeglicher Vernunft eine romantische Affäre mit seiner Chefin, welche wiederum in den Mittelpunkt einer Politverschwörung gerät. Bodyguard wurde durch seine kompromisslose Action sowie wendungsreiche Handlung zum Überraschungshit für Netflix, deswegen wird auch bereits über eine 2. Staffel gemunkelt. Sowohl Madden als auch die Serie wurden jeweils für den Golden Globe nominiert.
05. Sharp Objects (HBO / sky)
Darsteller: Amy Adams, Patricia Clarkson, Chris Messina, Eliza Scanlen, Matt Craven
Die 5-fach (bzw. dank Vice demnächst 6-fach) oscarnominierte Amy Adams in einer Serie von Jean-Marc Vallee (vielfach preisgekrönt für Big Little Lies). Habe ich schon erwähnt, dass die Romanvorlage dazu von Gillian Flynn (Gone Girl) stammt? „Yes please“ habe ich mir bei diesem Setting gedacht, welches dem Genre des Psychothrillers bzw. Mysterydramas zuzuordnen ist. Zur Handlung: Camille Preaker ist Crime-Reporterin und kehrt aufgrund des grausamen Mordes an zwei Kindern in ihre Heimatstadt irgendwo in Missouri zurück. Sie zieht dabei für die Recherchearbeit vorübergehend in ihrem Elternhaus ein und muss sich daher auch mit ihrer kritischen Mutter Adora (herrlich von Patricia Clarkson gespielt) auseinandersetzen. Camille schleppt viele persönliche Dämonen mit sich, sie ist alkoholkrank und wurde auch erst vor kurzem aus der Psychiatrie entlassen, weil sie sich jahrelang selber verletzt hatte. Sowohl die Serie als auch Adams und Clarkson wurden jeweils (völlig verdientermaßen) für den Golden Globe nominiert.
04. Escape At Dannemora (SHOWTIME / sky)
Darsteller: Benicio Del Toro, Patricia Arquette, Paul Dano, Bonnie Hunt, David Morse
Basierend auf einer wahren Geschichte aus dem Sommer 2015 verfilmte Ben Stiller (ja, DER Ben Stiller) das Drama über zwei inhaftierte Mörder (dargestellt von Oscarpreisträger Benicio Del Toro sowie Paul Dano), welche eine Gefängnisangestellte (Oscarpreisträgerin Patricia Arquette) bezirzen, sexuelle Beziehungen beginnen und damit in weiterer Folge aus dem Gefängnis in Dannemora entfliehen können. Die Serie und Arquette wurden jeweils für den Golden Globe nominiert und zweitere gilt dabei auch als haushohe Favoritin auf den Sieg. Trotz nur sieben Folgen, keiner Chance auf eine Fortsetzung (das ist kein Spoiler, sondern eher logisch bei einer Realverfilmung) und einigen grandiosen Schauspielern ist Escape At Dannemora zwar noch immer schwere Kost, jedoch absolut sehenswert, hauptsächlich weil die Story dahinter eigentlich so unglaublich ist, dass sie erfunden klingt.
03. Homecoming (Amazon Prime Video)
Darsteller: Julia Roberts, Bobby Carnivale, Stephan James, Shea Whigham, Sissy Spacek
Das Seriendebüt eines weiteren Hollywood-Superstars: Oscarpreisträgerin Julia Roberts spielt in ihrer ersten Serienrolle überhaupt die Psychiaterin Heidi Bergman, welche in einer Institution namens Homecoming Transitional Support Center arbeitet. Dort soll sie einer Testgruppe von aus dem Krieg heimgekehrten Marines dabei helfen, sich in einer geschlossenen Übergangsphase wieder an das normale Leben abseits von Kriegsschauplätzen gewöhnen zu können. Zeitgleich geht ein Bürokrat aus dem Verteidigungsministerium einer Beschwerde hinsichtlich Bergman nach und so kreuzen sich die Pfade der Protagonisten. Die Serie stammt aus der Feder von Sam Esmail (Mr. Robot) und spielt geschickt mit den verschiedenen Handlungssträngen (mehr Information wäre an dieser Stelle ein handfester Spoiler). Wie fast immer in Mystery-Serien: vieles ist in Wirklichkeit anders, als es zunächst scheint. Neben Roberts brilliert auch Bobby Cannavale (Boardwalk Empire) als manipulativer Supervisor welcher die Vorgänge im Homecoming Center auf Basis der wirtschaftlichen Ziele der Geist Group steuert. Neben der Serie und Roberts ist auch Stephan James (ein Soldat, mit dem der Charakter von Roberts eine unerlaubte sexuelle Beziehung beginnt) für den Golden Globe nominiert.
02. Barry (HBO / sky)
Darsteller: Bill Hader, Sarah Goldberg, Henry Winkler, Stephen Root, Glenn Fleshler
Der hierzulande eher wenig bekannte Bill Hader (Superbad) ist in den USA durch sein früheres Wirken in Saturday Night Live ein Star. In der HBO-Serie Barry spielt er den gleichnamigen Titelcharakter, einen Ex-Marine und Auftragskiller, der aber eigentlich viel lieber Schauspieler wäre. Als ihn ein Auftragsmord zufällig in die City of Stars führt, packt er die Gelegenheit beim Schopf und mietet sich ein Apartment und inskribiert bei einem Theaterkurs. Dieser Kurs wird vom abgehalfterten Gene Cousineau (Henry Winkler) geleitet, dem es primär um das Abkassieren der Kursgebühren und weniger um die Entwicklung seiner Talente geht. Dort verliebt sich Barry auch in seine Mitschülerin Sally. Und weil romantische Gefühle für einen Auftragskiller mit PTSD eher komplex sind und auch sein Boss etwas dagegen hat, dass er kein Killer mehr sein will, verstrickt sich Barry in ein Netz aus (Not-)Lügen und Ausreden. Sowohl Hader als auch Winkler konnten für ihre Rollen eine Emmy gewinnen und gelten daher auch bei den Globes als Favoriten. Für mich ist die Serie aus der Feder von Alec Berg (Silicon Valley) einer der (düsteren) Comedyhits des Jahres.
01. Killing Eve (BBC America / BBC iPlayer)
Darsteller: Sandra Oh, Jodie Comer, Fiona Shaw, Kim Bodnia
Sandra Oh (bekannt aus Grey’s Anatomy) und die hierzulande unbekannte Jodie Comer in einem Katz-und-Maus-Spiel auf Basis der Codename Villanelle Buchreihe von Luke Jennings. Erstere ist die amerikanische Kriminalpsychologin Eve Polastri, welche zunächst für den MI5 arbeitet und in ihrer Arbeit von weiblichen Mörderinnen fasziniert ist. Zweitere ist eine soziopathische Auftragskillerin mit dem Codenamen Villanelle, welche die Aufträge ihres Handlers sadistisch, zynisch und geradezu überheblich erledigt. Als Polastri nach einem missglückten Fall die Chance bekommt, für den MI6 zu arbeiten und die Identität der unbekannten Assassinin aufzudecken, dreht die Gejagte den Spieß kurzerhand um und beginnt ein Spiel, welches eine blutigen Pfad quer durch Europa (die Handlung findet unter anderem in Wien, Berlin, Paris und London statt) zieht. Die Serie lebt von ihren beiden starken weiblichen Charakteren, ist stets spannend und hat viele Wendungen parat. Warum diese Serie noch keinen Platz in einem deutschsprachigen Streamingdienst (looking at you Netflix, Amazon, sky) gefunden hat, ist ziemlich unerklärlich. Sowohl die Serie als auch Oh sind für den Globe nominiert und 2019 folgt die zweite Staffel.
Nachwort
Bestimmte Themen (Auftragsmörder/Mörder, PTSD, kaputte Familien) ziehen sich spannenderweise durch alle meine heurigen Top10-Serien. Das Publikum scheint seinen Gefallen an kaputten Charakteren gefunden zu haben. Von den seichten Charakteren und Handlungen aus den 90er und frühen 00er-Jahren ist man seit Serien wie Breaking Bad ziemlich weit entfernt und deswegen verschwimmt die Grenze zwischen Hollywood und TV (an den Beispielen Julia Roberts, Amy Adams, Benedict Cumberbatch, Benicio Del Toro) auch zunehmend. Galt man früher entweder als Film- oder Seriendarsteller, so können Hollywoodstars mittlerweile auch beides sein. Dies hebt das Qualitätsniveau dieser Serien natürlich ungemein.
Pay-TV-Giganten (HBO, SHOWTIME) bzw. neuere Distributionsmodelle (Netflix, Amazon) lassen es natürlich auch zu, dass die Protagonisten (Produzenten, Drehbuchautoren, Schauspieler) fast sämtliche Freiheiten besitzen und nicht wie früher durch die Vorschriften von linearen TV-Sendern eingeschränkt sind. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren noch weiter fortsetzen. Bis auf CBS, NBC, FOX usw. profitieren auch alle Stakeholder davon.
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