Ich zwinge mich gerade zu den nachfolgenden Zeilen, obwohl in meinem Gehirn eigentlich weitestgehend Leere vorherrscht. Es gibt diese Menschen, die man in sein Herz schließt, obwohl sie weder zur Familie noch zum Freundeskreis gehören.
Paul Gludovatz war (Anm. ich kann es noch immer nicht glauben, dass ich im Präteritum schreiben muss) eine solche Person.
Österreichweit wird er primär als langjähriger ÖFB-Nachwuchscoach und Vater des U20-Sommermärchens 2007 in Erinnerung bleiben. Im Innviertel jedoch wird man ihn als den erfolgreichsten Trainer der Vereinsgeschichte in Erinnerung halten.
Während seiner 1. Amtszeit bei der SV Ried (2008-2012) hat er den Verein als Top-Adresse in der Österreichischen Bundesliga etabliert. Er hat den Verein zu zwei Herbstmeisterschaften und 2011 zum Gewinn des 2. ÖFB-Cup der Vereinsgeschichte geführt.
An diese Momente mit 12.000 anderen SVR-Anhängern im Ernst Happel Stadion zu Wien werde ich mich mein Leben lang erinnern. Ein Jahr später hat Gludovatz das Team erneut ins ÖFB-Cupfinale geführt.
Unter anderem agierte der heutige Frankfurt-Trainer Oliver Glasner als sein verlängerter Arm am Feld, Michael Angerschmid war sein Co-Trainer. Spieler wie Robert Zulj, Daniel Royer, Anel Hadzic, Marco Meilinger oder Florian Mader (nur um einige zu nennen) schafften unter Gludovatz ihren Durchbruch.
Sein für damalige Zeiten innovatives 3-3-3-1 System hat zahlreiche gegnerische Trainer zur Verzweiflung gebracht. Die Mannschaft hat in dem oftmals als “destruktiv” oder “defensiv” verschrienen System jedoch auch wundervollen Fußball gespielt und Teams wie RB Salzburg oder Rapid nicht nur einmal mit 3:0 heimgeschickt.
2015 hat Gludovatz die Mannschaft nach einem katastrophalen Saisonstart in brenzliger Lage erneut übernommen und zum sicheren Klassenerhalt geführt.
Es gibt nicht viele Personen, denen der Profifußball in Ried mehr zu verdanken hat. Auch deswegen war der Ehrenbürger von Ried im Innkreis in den vergangenen Jahren ein stets gern gesehener Gast im Innviertel. Von den Menschen hier wurde aufgrund seiner gentlemanliken Art auch liebevoll als “Sir Paul” bezeichnet.
Mein Mitgefühl gilt seiner Frau Susi, sowie seinen Kindern und Enkelkindern und seiner gesamten Familie.
31. Juli 2020. Nach drei qualvollen Jahren der Zweitklassigkeit wird mit einem 9-0 gegen den FAC der Wiederaufstieg in die Bundesliga fixiert. Nachdem man einen Vorsprung von 8 Punkten auf Austria Klagenfurt nach der Corona-Pause zunächst kläglich verspielte, wurde das große Ziel quasi in letzter Sekunde doch noch erreicht.
Doch der (maximal) späte Zeitpunkt des Aufstiegs sorgte auch für erhebliche Probleme in der Vorbereitung auf die aktuelle Saison. Noch nie war die Sommerpause für einen Bundesligisten so kurz, noch nie war der Unterschied des sportlichen Levels der beiden höchsten Spielklassen so groß. Deswegen musste man als Realist mit einer schwierigen ersten Saison rechnen.
Ich hatte auf Basis dieser Fakten meine persönliche (!) Zielsetzung für die SV Ried bei 10 Punkten bis zur Winterpause bewusst zurückhaltend definiert. Diese hatte man nach 9 Spielen erreicht. Dennoch trennte man sich nach nunmehr 11 Spielen vom dritten Aufstiegstrainer der Rieder Bundesligageschichte. Nachfolgend ein Versuch der Aufarbeitung, warum dieser Schritt (auch aus meiner Sicht) trotzdem notwendig und überfällig war.
Kurzer Rückblick auf die Hinrunde des Grunddurchgangs
Niemand hatte von der SVR erwartet, mit einem neu zusammengewürfelten Team aufzugeigen und vorne mitzuspielen. Die Punkteausbeute von 10 Punkten aus elf Spielen ist trotzdem ähnlich wie bei Wacker (10) / Hartberg (12) bzw. Wattens (9) in den Vorjahren – obwohl diese Teams unter deutlich besseren Voraussetzungen in die Saison gehen konnten.
Allerdings kamen 7 dieser 10 Punkte höchstglücklich zustande. Das Abseitstor zum 3-2 von Valentin Grubeck gegen Wattens, nachdem die Tiroler beim Stand von 1-2 mehrmals die Riesenchance auf das 1-3 hatten. Das 2-0 gegen Hartberg, bei dem die Oststeirer insgesamt viermal am Aluminium anklopften und knapp 30x aufs Tor schossen. Last but not least das 1-1 gegen den WAC, bei dem die Lavanttaler an der eigenen Chancenauswertung und Naivität (beim Elferfoul an Grüll) scheiterten.
In drei Spielen war man sprichwörtlich chancenlos (beim 0-3 auf der Gugl, beim 0-4 in St. Pölten sowie beim 0-2 gegen Sturm), auch wenn die COVID-19-Fälle in der Mannschaft zweimal eine gewichtige Rolle spielten. Beim 1-3 in der Südstadt und dem 1-4 gegen Altach versagten sowohl Nerven als auch Matchplan gegen unmittelbare Abstiegskandidaten.
Beim 1-2 gegen die Austria hätte man sich – rückwirkend gesehen – mehr zutrauen müssen, weil die Violetten nach aktuellem Stand der Dinge eher um den Abstieg als um die Qualifikation zur Meistergruppe mitspielen werden. Das 1-3 gegen RBS kann man noch als eine der besten Saisonleistungen bezeichnen, mit etwas Glück hätte Marco Grüll in der Nachspielzeit das 2-2 erzielt.
Suboptimale Kaderplanung dank Mini-Budget
Lediglich beim 4-3 gegen Rapid kann man von einem verdienten Sieg sprechen. Doch just in dieser Partie wurde die Mannschaft von Gerhard Schweitzer vorbereitet und betreut, weil Gerald Baumgartner wegen einer Lungenentzündung zwei Wochen ausfiel und das Bett hüten musste.
Gerhard Schweitzer, der österreichische „Rekord-Interimstrainer“ ersetzte nach Ende der Aufstiegssaison den ehemaligen Co-Trainer Andreas Heraf. Der Wiener war unter Baumgartner beispielsweise für die (mitentscheidenden) Standards verantwortlich und war dem Salzburger in der Außendarstellung vermutlich zu einflussreich geworden. Die Trennung sorgte auch medial für Aufsehen – aufgrund der Historie von Heraf musste man allerdings irgendwann auch damit rechnen.
Doch nicht nur die Veränderung im Bereich der Co-Trainer wirkte auf die aktuelle Saison ein. Als Aufsteiger mit kleinem Geldbörserl hatte man neben einem gewissen Zeitdruck auch keinen großen Spielraum und musste mehrheitlich mit aussortierten und/oder vereinslosen Spielern Vorlieb nehmen. Abgesehen davon ist die Bundesliga für viele (vorher zweitklassige) Spieler ein Lernprozess. Fehler werden schneller und härter bestraft. Und das volle Ausmaß dieser Tatsachen musste man heuer nahezu in jeder Partie miterleben.
Auf manchen (Defensiv-)Positionen ist man zudem nicht bundesligatauglich besetzt. Kerhe/Takougnadi hat in der 2. Liga gerade noch funktioniert, ist eine Liga darüber allerdings nicht mehr genug. Mit Daniliuc musste heuer der 2. Ersatztormann der 2. Liga plötzlich mehrfach ins Tor – und hat dort leider genau wie ein Zweitligaersatztormann agiert. Im defensiven Mittelfeld fehlt ein zweitkampfstarker und spielbestimmender Akteur. Doch auch ganz vorne enttäuschte „Wunschneuzugang“ Sulley bisher auf ganzer Linie (wenn er gerade nicht verletzt war). Nebenbei sorgte man mit der monatelangen (!) Trainingsteilnahme von Patrick Möschl auch für einen zusätzlichen Nebenschauplatz.
„Weil der Baumi nicht da war“
Wie das Standing von Gerald Baumgartner innerhalb des Teams war, kann ich nicht beurteilen und maße ich mir auch nicht an. In Ried haben Pädagogen (wie Roitinger, Hochhauser, Kraft oder Gludovatz) stets am besten funktioniert. Von Menschen die ihn kennen (und mit ihm gearbeitet haben) wird Baumgartner allerdings zumeist als „harter Hund“ bezeichnet. Dies ist grundsätzlich nicht schlecht, denn auch Paul Gludovatz wurde in Ried als „Schilfschneider“ bezeichnet. Doch man hatte von außen immer wieder das Gefühl, Baumgartner fehlt einfach das für den Job notwendige Fingerspitzengefühl.
Vielsagend war ein Interview von Constantin Reiner nach dem 4-3 gegen Rapid. „Wir haben extrem gut trainiert in den letzten zwei Wochen, weil der Baumi nicht da war„, so das Zitat des Salzburger Landsmanns. Auch wenn es sich dabei (vermutlich) um einen Versprecher handelte und sich Reiner auch umgehend entschuldigte, so war das Zitat doch weiteres Wasser auf die Mühlen so mancher Kritiker.
Sowohl in punkto Aggressivität als auch Offensive war die Leistung gegen Rapid die beste Saisonleistung. Hier hatte man das Gefühl, dass einzelne Angriffsvarianten einstudiert waren und dass man keine Angst vor dem Gegner hatte, der mit einem Sieg in Ried die Tabellenführung hätte übernehmen können. Ultimativ wird auch dieser Eindruck ein Mitentscheidungsgrund für den Vorstand hinsichtlich Trennung gewesen sein.
Seltsame Interviews sorgen für Kopfschütteln
Abseits der Mannschaft kann man die immer größer werdenden Probleme von Baumgartner schon besser quantifizieren. Ein Blick auf sein Verhältnis mit den Vorstandsmitgliedern, den Anhängern und den Medien zeichnet folgendes Bild: Neben persönlichen Eitelkeiten hat das völlig abstruse Interview mit der Krone unmittelbar nach dem Aufstieg einen fahlen Nachgeschmack beim Vorstand erzeugt. Schon damals wurde spekuliert, ob Baumgartner dieser Rundumschlag seinen Job kosten könnte.
Viele Aussagen (wie etwa die Interviews nach der Derby-Niederlage oder der Heimniederlage gegen Altach) haben für Unmut bei den Anhängern gesorgt. Es geht nicht darum, ob man gewinnt oder verliert, sondern wie man einen Sieg oder eine Niederlage präsentiert. Und hier war Baumgartner zumeist etwas tollpatschig unterwegs. Sich nach der Derbyniederlage hinzustellen – bei der man absolut und sprichwörtlich chancenlos war – und zu behaupten, das taktische Konzept wäre beinahe aufgegangen, ist ziemlich realitätsfremd. Auch wenn der LASK der SVR aktuell Lichtjahre voraus ist – keine Gelbe Karte und keine Torchance in einem Derby schmerzen trotzdem.
Auch gegen Altach – die bis zu dieser Runde auswärts punktelos waren und deren Selbstvertrauen am absoluten Tiefpunkt war – muss man einfach mit einer anderen Einstellung und einem anderen Konzept ins Spiel gehen und von Beginn an zeigen, dass man dieses Spiel unbedingt gewinnen will. Es war auch falsch, die (wirklich unfassbar dämliche) Gelb-Rote-Karte von Markus Lackner als Ausrede verwenden. Selbst mit zehn Mann hätte man aus diesem Spiel durchaus noch etwas mitnehmen können.
Der Zeitpunkt der Trennung ist nachvollziehbar
Ultimativ war Baumgartner nach diesem desaströsen 1-4 gegen Altach nicht mehr haltbar. Mit einem Sieg hätte man sich 8 Punkte vom Tabellenende distanzieren können, nun liegt der Vorsprung auf einen Nichtabstiegsplatz bei 3 mickrigen Punkten. Die Kritiker im Vorstand und unter den Fans bekamen dadurch endgültig Oberwasser. Nachdem immer wieder und wieder und wieder Kritik aufkam, war es daher richtig, noch in diesem Jahr und vor der Winterpause einen Schlussstrich zu ziehen und für Ruhe im Verein zu sorgen (.. wieder einmal).
Am kommenden Sonntag um 14:30 geht es im letzten Spiel des „Coronajahres“ 2020 auswärts gegen das Überraschungsteam der Saison aus Wattens, die zuletzt 3-0 in Hütteldorf gewinnen konnten. Nach dem sportlichen Abstieg der Vorsaison (nur durch die Machenschaften von Pucher rund um die Commerzialbank und Mattersburg waren die Tiroler in der Liga geblieben) ist die WSG heuer ein ernstzunehmender Kandidat für die Meisterrunde.
Mit einem so genannten Trainereffekt unter Langzeit-Feuerwehrmann Gerhard Schweitzer (ob es diesen nun gibt oder nicht, sei dahingestellt) hofft man nun vermutlich trotzdem, zumindest einen Punkt aus dem Tivoli mitzunehmen, um dann mit dem neuen Trainer im Frühjahr durchzustarten.
Wer wird eigentlich nächster Trainer?
Die Zeiten, in denen ein Aufsteiger sogleich vorne mitspielen konnte, sind längst vorbei. Zu groß ist der Unterschied zwischen Bundesliga und 2. Liga geworden, was auch die Ergebnisse der österreichischen Teams (speziell RBS, Wolfsberg, LASK) im Europacup nahezu wöchentlich zeigen.
Man muss sich daher eine neue Rolle suchen – etwa jene des unangenehmen Underdogs (wie nach dem ersten Aufstieg im Jahr 1995), der die Fans mit viel Einsatz und aufopferungsvollem Fußball begeistert und effektiv nur wenig mit dem Abstieg zu tun hat. Ob dies vielen Anhängern genug sein wird, die mit Cupsiegen und Herbstmeistertiteln aufgewachsen sind, sei dahingestellt.
Wer auch immer neuer Trainer wird, er muss über ein klares Konzept verfügen und die Mannschaft stufenweise in der Bundesliga etablieren können. Heuer geht es nur um den Klassenerhalt und um nichts anderes. Wer dies nicht versteht, hat während der letzten Jahre nicht viel verstanden. Im nächsten Jahr sollte man dann vermehrt Ausrufezeichen setzen können, bis man sich dann im dritten Jahr hoffentlich wieder als fixer Bestandteil der Bundesliga etablieren kann. Hartberg ist aktuell ein gutes Vorbild für einen solchen schrittweisen Prozess.
Mein persönlicher Wunschkandidat ist übrigens Philipp Semlic, der Erfolgstrainer von Zweitligasensationsteam Lafnitz. Er gilt in Fachkreisen als eines der größten österreichischen Trainertalente. Abseits davon fällt immer wieder der Name von Thomas Grumser, der zuletzt Wacker trainierte und seinen Posten vor der heurigen Saison räumen musste.
Miron Muslic (zuvor Co-Trainer in der ersten Saison unter Baumgartner und seit dieser Saison als Cheftrainer in Floridsdorf aktiv) gilt als weiterer Kandidat. Auch den Namen Klaus Schmidt (quasi der österreichische Peter Neururer) habe ich schon mehrfach gelesen. Eine Rückkehr von Andreas Heraf nach Ried klingt hingegen nicht sehr plausibel, wenn man an die unschönen Worte rund um seinen Abgang zurückdenkt.
Wer auch immer es werden wird, viel Zeit wird der neue Trainer auch diesmal nicht haben. Denn schon Ende Jänner wird die Bundesliga mit einem Duell gegen den direkten Konkurrenten aus Favoriten fortgesetzt. Eins ist daher garantiert: langweilig wird es im Rieder Fußball auch im Jahr 2021 nicht werden.
Unter Baumgartner war (bei weitem) nicht alles schlecht
Last but not least – bei allem (teilweise berechtigten) Ärger über manche Leistungen der Vormonate darf man nicht vergessen, dass Gerald Baumgartner den Verein am sportlichen Tiefpunkt in einer Doppelfunktion übernommen hatte. Bei den Abgängen von Thomas Weissenböck (Trainer) und Franz Schiemer (Manager) im November 2018 war der Verein absolutes Mittelmaß in der 2. Liga, der Aufstiegskampf war eigentlich kein Thema mehr.
Baumgartner hat das Unmögliche in dieser Saison fast noch möglich gemacht und die Mannschaft mit attraktivem Offensivfußball fast noch in die Bundesliga geführt, was er dann im Nachfolgejahr (mit finanziell geringeren Mitteln) geschafft hat. Anfeindungen oder Häme hat sich Gerald Baumgartner daher auf keinen Fall verdient. Vielleicht wird man in einigen Jahren doch entspannter oder positiver auf seine zweijährige Amtszeit in Ried zurückblicken. Länger war zuletzt nur Paul Gludovatz während seiner ersten Amtszeit am Steuer.
„Wir gehen im Guten auseinander. Es liegen zwei sehr intensive Jahre hinter mir. Wir haben unsere Ziele in einer schwierigen Zeit erreicht und ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam unser aktuelles Ziel, den Klassenerhalt, auch mit mir geschafft hätten. Großen Dank von meiner Seite an alle Spieler, dem Betreuerteam und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Ich wünsche der SV Guntamatic Ried weiterhin viel Erfolg“, erklärt Gerald Baumgartner.
Im Gegensatz zu den Herren Chabbi, Benbennek, Kolvidsson oder Fuchsbichler wird er keinesfalls als „Flop“ in die Rieder Fußballgeschichte eingehen. Ganz im Gegenteil: er ist neben Klaus Roitinger und Heinz Hochhauser der dritte Aufstiegstrainer der Rieder Bundesligageschichte. Dies kann ihm (und auch uns) keiner mehr nehmen.
Update 16. Dezember – Interview SN
Auf Basis eines Artikels in den Salzburger Nachrichten vom 16.12. mit dem Titel „Lange Kampagne gegen meine Person“ nimmt Baumgartner seinen Rauswurf wohl doch nicht so gelassen hin. Mit einer Spitze gegen den Vorstand bestätigt er einmal mehr, dass das Verhältnis zwischen einigen Vorstandsmitgliedern und ihm wohl ziemlich vergiftet gewesen sein muss.
„Viele Teams in der Liga haben derzeit Probleme. Ich hätte mir erwartet, dass bei einem kleinen Verein wie Ried mehr zusammengehalten wird. Den Klassenerhalt hätte ich mir auf alle Fälle zugetraut. […] Es gab schon lang eine Kampagne gegen meine Person. Manche Leute im Vorstand wollten mich nicht als Trainer haben. Ich kann mir aber nichts vorwerfen, habe in den vergangenen zwei Jahren immer alles gegeben für den Verein“.
Fotocredits: nachrichten.at, GEPA Pictures (2), Wiener Zeitung, sportsbusiness.at
Die Herzinfarkt-Todesrate in Innviertel ist verglichen mit dem restlichen Österreich überdurchschnittlich hoch. Dies liegt wohl primär an der „gesunden“ Ernährung rund um Bier, Most, Bratl in der Rein, Innviertler Knödel und Surspeck.
Doch im Laufe der letzten vier Jahre hat wohl auch die SV Ried einen kleinen Teil dazu beigetragen, dass manche Herzen in der Region schneller schlugen. Kulminiert hat sich der Wahnsinn heuer im Laufe der Meisterschaftsentscheidung an den letzten Runden. Im Vergleich dazu sind manche Hitchcock-Drehbücher nämlich geradezu langweilig. Doch mehr dazu später.
Die Analyse bleibt vorerst aus
Nein, im Gegensatz zu den letzten Jahren (siehe unten) werde ich die heurige Saison der SV Ried zum aktuellen Zeitpunkt nicht analysieren.
Es wird nämlich noch eine Weile dauern, bis ich die Zahlen und Daten richtig einordnen kann. Zu wild war die Achterbahnfahrt der Gefühle zwischen Ende Juni und Ende Juli.
Manchmal passieren (Fußball-)Wunder
Ich persönlich hatte mit der Saison 2019/2020 nach dem Spiel gegen Liefering in Runde 26 abgeschlossen gehabt. Nach einem 2:2 gegen das Farmteam der Bullen betrug der Rückstand auf den Verein aus Kärnten drei Punkte – bei nur noch drei verbleibenden Spielen. Tendenz und die Form sprachen klar für den Gegner.
Ich muss an dieser Stelle auch gestehen, dass ich meinen Saisonrückblick an diesem Tag geschrieben hatte. 1741 Wörter über das abermalige Versagen im Innviertel. Doch diese Zeilen werden (dem Fußballgott sei Dank) niemals das Licht der Welt erblicken. Ich bin heilfroh, dass die Mannschaft mehr Vertrauen in sich selbst hatte, als dies bei meiner Person der Fall war.
Nach einem kurzen Rückblick auf die abgelaufene Saison will ich einen Ausblick auf die Saison 2020/2021 wagen – wo endlich wieder Rapid, RBS und Sturm anstatt Young Violets, OÖ Juniors und Lafnitz in die josko.Arena nach Ried kommen werden.
Corona-Panik
Der Saisonbeginn war mit zwei Heimniederlagen gegen Klagenfurt und den GAK abermals verpatzt. Doch die Mannschaft fand ab der 6. Runde in einen echten Flow. Zwischen August und November wurden neun Spiele en suite gewonnen, in der letzten Runde vor der Winterpause konnte man nach einem 5:0 Kantersieg in Dornbirn sogar erstmals die Tabellenspitze erklimmen.
Vor allem Stefan Nutz (als Regisseur und Assist-Maschine) und Reuben Acquah (als tiefstehender Spielmacher) fanden im zentralen Mittelfeld immer besser zusammen. Zwei Wochen nach einer wahrlichen Massenwanderung an den Wörthersee beim Wiederbeginn im Frühjahr konnte man sich unmittelbar vor der Zwangspause sogar acht Punkte (und elf Tore) von den Kärntnern absetzen.
Doch dann kam COVID-19 und nach der dreimonatigen Spielpause war nicht mehr viel, wie es vorher war. Konnte das 2-4 gegen den GAK noch in die Kategorie Ausrutscher/Angstgegner eingeordnet werden, waren die 1-3 bzw. 2-3 und 1-3 Niederlagen gegen Young Violets, OÖ Juniors und BW Linz einfach nur unerklärlich (schlecht).
In diesen Partien passte so gut wie gar nichts (mehr). Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Thomas Reifeltshammer (Nierenverletzung gegen Kapfenberg) wirkte die Verteidigung rund um die rekonvaleszenten Reiner, Kerhe und Boateng wie ein chaotischer Hühnerhaufen.
Gerald Baumgartner nahm vor der Partie gegen BW Linz (Anm. die für mich erbärmlichste Leistung einer SVR-Mannschaft seit Ewigkeiten) Johannes Kreidl aus dem Tor und ersetzte ihn durch den (deutlich) lauteren Filip Dmitrovic. Sportlichen Grund für den Tormannwechsel gab es zu diesem Zeitpunkt eigentlich keinen.
Diese (populistische?) Maßnahme schien zunächst noch zum Eigentor zu werden, verursachte Dmitrovic nach einen übermotivierten Ausflug doch das entscheidende 1-3 gegen die Linzer. Doch in den Partien gegen Steyr und Liefering war die bessere Ordnung der Defensive (auch wegen der im TV deutlich wahrnehmbaren Kommandos des Keepers) klar erkennbar. Und gegen Wacker Innsbruck und den SV Horn hielt er seine Mannschaft dann im Spiel bzw. rettete die knappen Siege.
Mit einer Torlawine zum Meisterstück
Der erste Knackpunkt war ein vogelwildes 4:3 gegen Wacker Innsbruck. Nach 10 Minuten hätten man 0:3 in Rückstand liegen können. Beim Stand von 1:2 hatten die Innsbrucker mehrere Chancen auf 1:3 oder sogar 1:4 zu erhöhen. Dann der Ausgleich zum 3:3 in der 93. Minute. Und der 4:3 Siegtreffer mit der letzten Aktion des Spiels. Durch diese (äußerst glückliche) Fügung der Schicksals lebte die Chance auf den Titel weiter.
In Horn lag man gegen einen schwachen Gegner 1:0 in Führung, machte diesen aber mit mehreren Schlampigkeiten wieder stark und leg plötzlich bei einem Mann weniger am Feld mit 1:2 in Rückstand. Doch ein Doppelschlag und zwei Saves von Dmitrovic retteten das 3:2 über die Ziellinie. Gleichzeitig verschoss der Konkurrent einen späten Elfmeter und kassierte quasi im Gegenzug einen Elfmeter zur 1:2 Niederlage. Plötzlich lag man nach 29 Spielen wieder auf Platz 1 – punktegleich und fast torgleich mit dem Verein aus Kärnten.
Versagten in den Endspielen der letzten Jahre stets die Nerven, so ließen die Rieder heuer von Beginn weg keinen Zweifel aufkommen, dass man nächste Saison wieder in der Bundesliga spielen würde. Wießmeier und Co. fegten über einen (zugegebenermaßen) inferioren FAC hinweg, nach knapp 32 Minuten stand es 5:0, am Ende reüssierte man mit dem höchsten Sieg der Vereinsgeschichte sogar mit 9:0.
Werden im Normalfall bei einem Stand von 5:0 die besten Spieler ausgewechselt und man schont die Kräfte, so ging man in dieser Partie 90 Minuten lange Vollgas, so machte es auch nichts, dass Wacker Innsbruck binnen fünf Minuten drei Gegentore kassierte und am Ende sogar mit 1:6 verlor.
Der Vater des Aufstiegs
An dieser Stelle nochmal mein wirklich allerhöchster Respekt an die Moral der Mannschaft. Nur mehr die kühnsten Optimisten in meinem Umkreis hatten sich nach der Niederlagenserie noch an einen Aufstiegs-Strohhalm geklammert. Aber weil man sich selber aus der Scheißgasse gezogen hat (wie Kapitän Reifeltshammer bei der Meisterfeier selber sagte), hat man sich den Aufstieg heuer redlich verdient. In den letzten Jahren ist man stets umgefallen, wenn es do-or-die hieß. Heuer ist man an diesem Druck gewachsen und hat sich auch durch Rückschläge zu keinem Zeitpunkt mehr aus dem Konzept bringen lassen.
Ich vergönne den Aufstieg heuer zwei Personen ganz besonders: zum einen dem Finanzvorstand Roland Daxl, der sich federführend für die Fortsetzung der Liga einsetzte und während der letzten Jahre seine ganze Kraft in die SV Ried steckte, auch als es (finanziell) immer enger und enger wurde.
Und zweitens Thomas Reifeltshammer, der seine Mannschaft(en) während der letzten drei Jahre in der 2. Liga stets wie ein echter Leader anführte, heuer durch eine nicht alltägliche Nierenverletzung außer Gefecht gesetzt wurde und dann im Finish sogar noch ein Comeback gab. Für ihn wäre es besonders bitter gewesen, wenn er das Versagen seiner Teamkollegen von der Tribüne aus ansehen hätte müssen. Das explizite Lob an Daxl und Reifeltshammer hätte ich übrigens auch bei einem Nichtaufstieg formuliert.
Auch das Bemühen der Menschen aus der Region (u.a. die Gründung des Vereins „Ried ein Leben lang e.V.“ mit dem Verkauf von Geisterspieltickets) oder das gigantische Spruchband im Stadion („Ganz Ried steht hinter euch“) waren stets ein Beweis für den Zusammenhalt in der SVR-Familie (die wie eine echte Familie öfters mal streitet). An dieser Stelle daher auch nochmal ein Dank an alle Protagonisten: Mannschaft, Trainerteam, Funktionäre, Geschäftsstelle, Vorstand und Sponsoren. Und auch an die treuen Fans – so gut wie niemand hat mWn sein Geld für die Saisondauerkarte zurückgefordert.
Rückkehr in die Bundesliga
Die Weichen für die kommende Saison müssen schnell gestellt werden. Voraussichtlich am 12. August wird zum Trainingsauftakt geladen (knapp 10-14 Tage nach den meisten anderen Bundesligisten). Die Saison 2020/2021 wird bereits am letzten August-Wochenende mit der 1. Runde im ÖFB-Cup eingeläutet. Die Saisonvorbereitung bis zum Meisterschaftsbeginn dauert diesmal nur knapp viereinhalb Wochen lang, am 11. September beginnt nämlich die neue Saison in der Bundesliga.
Glaubt man den Gerüchten in den oberösterreichischen Tageszeitungen, so ist die Ära von Andreas Heraf als Co-Trainer in Ried vorüber. Hier soll es Unstimmigkeiten mit seinem Cheftrainer gegeben haben. Außerdem soll ein Sportchef installiert werden, um Gerald Baumgartner in seiner aktuellen Doppeltätigkeit zu entlasten.
Gerüchteweise sollen die „verlorenen Söhne“ Anel Hadzic (zuletzt bei Videoton in Ungarn) und Samuel Sahin-Radlinger (zuletzt bei Barnsley) vor einem Comeback bei ihrem Heimatclub stehen. Außerdem besteht Interesse an einer Verpflichtung von Marcel Canadi von Amstetten, der mit seinem Freistoßtor gegen die Kärntner den Grundstein für den eigenen Transfer gelegt hatte.
Abgesehen davon sehe ich dringenden Handlungsbedarf auf der Position des Linksverteidigers, diese war nämlich die Schwachstelle in der abgelaufenen Saison. Weder Vojkovic noch Obermüller oder Takougnadi (der die Sache zugegebenermaßen noch am besten machte) haben die Qualität für die Bundesliga.
Auch abgesehen davon muss der Kader an vielen Positionen verbessert werden, sonst erlebt man in der Bundesliga nämlich sein blaues Wunder. Von Vereinen wie RBS, Rapid, LASK oder WAC ist man nämlich derzeit sehr weit entfernt.
Wie man am Beispiel Wattens oder zuvor Innsbruck gesehen hat, ist der Sprung nach oben seit der Ligareform viel schwieriger als früher. Spielten die Aufsteiger früher meistens in der ersten Saison im Oberhaus sogar um die Europacupplätze mit, so ging es für die beiden Tiroler Vereine direkt wieder nach unten. Doch die Situation rund um Mattersburg/Wattens könnte ein kleiner Vorteil im Abstiegskampf werden. Im schlimmsten Fall wissen nämlich weder die Burgenländer noch die Tiroler für einige Wochen, für welche Liga sie planen können.
Budgetplanung mit Unsicherheiten
Insgesamt soll das Budget von € 4 Millionen auf € 7 Millionen aufgestockt werden. Der Löwenanteil daran stammt aus den € 1.8 Millionen an TV-Geldern von sky. Diese TV-Gelder sind nämlich ca. um € 1.8 Millionen höher als man in der semi-professionellen #LigaZwa zur Verfügung hatte. Mit dem um ein Vielfaches höheren Werbewert in der tipico Bundesliga wird es vermutlich auch wieder leichter sein, potenzielle Sponsoren zu lukrieren. Ganz im Gegensatz zur Aussage von ASK-Chef Gruber ist das Industrie-Bundesliga Oberösterreich nämlich sehr wohl in der Lage, zwei Bundesligisten zu stemmen.
COVID-19 und die Folge werden im Fußball-Business jedoch weiterhin eine große Rolle spielen. Wer seine Mitarbeiter in Kurzarbeit schickt(e) oder gar Stellen abbauen muss(te), kann Sponsoring in einen Fußballverein firmenintern eigentlich nur schwer vermarkten.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor werden die Zuschauer bzw. Zuschauereinnahmen bleiben. Denn es bleibt abzuwarten, wie viele Menschen im Herbst in die österreichischen Stadien dürfen. In der 2. Liga wurde sogar schon bekannt gegeben, dass die kommende Saison bis auf weiteres ohne Auswärtsfans stattfinden wird. Sollte sich eine 2. Welle der Pandemie über Österreich ausbreiten, kann es auch schnell wieder zu einer Zwangspause oder zu Spielen ohne Zuschauern kommen.
Persönliche Anmerkungen
Durch den Wiederaufstieg in die Bundesliga kehrt für mich ein Gefühl der Selbstverständlichkeit zurück. Die SVR gehört nämlich in die Bundesliga und wird dort Anfang September (endlich) ihre 21. Saison seit 1995 bestreiten.
Seit dem Abstieg im Mai 2017 habe ich insgesamt 17 Blogartikel mit über 50.000 Wörtern über die SV Ried geschrieben. Manchmal manisch, sehr oft depressiv. Nie beleidigend, aber sehr oft kritisch. Stets auf Fakten basiert, aber trotzdem von Gefühlen geleitet. Habe ich den Glauben an eine Rückkehr in die Bundesliga jemals verloren? Jein. Obwohl ich mich Zweckpessimisten bezeichnen würde, schlummerte tief in mir – entgegen jeglicher Vernunft – doch stets ein Fünkchen Hoffnung. Erst wenn es sich heuer wieder nicht ausgegangen wäre, dann wäre es vermutlich sehr schwierig geworden.
Seit jeher ist mein lateinischer Lieblingsspruch „per aspera ad astra“, was so viel bedeutet wie „Durch Mühsal gelangt man zu den Sternen“. Nun heißt es den vollen Fokus darauf zu legen, die Sterne nicht gleich wieder verlassen zu müssen. Ich bin davon überzeugt, dass die Entscheidungsträger aus den mühseligen Jahren gelernt haben und den vollen Fokus auf die Konsolidierung in der Bundesliga legen werden.
p.s.: der Artikel besteht aus exakt 1912 Wörtern.
Fotoquellen (alle Rechte liegen bei den Portalen bzw. den Fotograf*innen, diese werden hier nicht-kommerziell verwendet):
Bengalen in Klagenfurt – (c) Kurier Ganz Ried Banner – (c) Tips Guntamatic – (c) OON
Meistertellerübergabe – (c) GEPA/Binder
Beitragsbild der Meisterfeier – (c) GEPA/Scharinger
Gerald Baumgartner – (c) Sky Sport Austria
Es ist mittlerweile auf den Tag genau ein halbes Jahr her, dass ich zum letzten Mal über die aktuelle Lage der Gefühle bei der SV Ried geschrieben habe. Warum ich so lange nichts mehr geschrieben habe? Weil ich den schlechten Saisonstart (mit nur zwei Siegen aus fünf Spielen) nicht überbewerten oder auseinander nehmen wollte.
Nach dem Turnaround im September habe ich dann weiterhin von der Veröffentlichung eines neuen Artikels Abstand genommen, weil ich die Siegesserie der SVR auf keinen Fall jinxen wollte. Daher ist der Beginn der dreimonatigen Winterpause nun der perfekte Zeitpunkt für einen umfassenden Rückblick auf die Hinrunde der 2. Liga.
(Kurzer) Rückblick auf das Frühjahr
Bevor ich mich vollständig auf die Saison 2019/2020 konzentriere: wer gerne an bessere Zeiten zurück denkt, kann natürlich nach wie vor einen Blick auf mein persönliches Team der Dekade werfen, welches ich vergangene Woche veröffentlicht habe.
In medias res: keine Mannschaft war 2019 punktemäßig auch nur annähernd so erfolgreich wie die SV Ried. Mit einem Vorsprung von 12 Punkten auf Klagenfurt und 23 (!) Punkten auf Lustenau belegt man in der Jahrestabelle den unangefochtenen 1. Platz. Ein Punkteschnitt von 2.35 über ein Kalenderjahr hinweg ist in der jüngeren Geschichte der zweithöchsten Spielklasse unerreicht.
Die Admira in 2010 (79 Punkte in 36 Spielen = 2.19 Schnitt), der LASK in 2006 (78/35 = 2.22) Altach in 2013 (76/36 = 2.11) sowie erneut der LASK in 2016 (76/37 = 2.05) holten zwar jeweils mehr Punkte, benötigten dafür allerdings deutlich mehr Spiele. Diesen Vereinen wurden übrigens der WAC, Altach, Grödig sowie St. Pölten zum Verhängnis.
Daher ist diese Jahrestabelle vermutlich die grausam-schönste Tabelle im österreichischen Fußball. Denn auch im zweiten Versuch hat die SVR den Wiederaufstieg in die Bundesliga nicht geschafft. Die sechs Punkte Rückstand auf Wattens nach der Herbstsaison 2018 konnten im Frühjahr zwar relativ schnell aufgeholt werden. Allerdings musste man die Tiroler drei Spieltage vor Saisonende dann doch noch vorbei ziehen lassen. Immerhin wurde die Mannschaft nach einem Frühjahr ohne Niederlage (10-5-0) im Gegensatz zur Vorsaison von den Fans mit einem guten Gefühl in die nachfolgende Saison verabschiedet.
Rückblick auf die Herbstsaison
Die Vorbereitung verlief im Bezug auf Testspielergebnisse alles andere als vielversprechend. Nach Siegen gegen Gurten (RLM) und Györ (2. Liga Ungarn) kam man gegen 1860 München und Union Berlin jeweils unter die Räder. Vor allem die Effizienz vor dem gegnerischen Tor war beim 0:3 gegen die Löwen katastrophal. Beim 0:4 gegen Union Berlin war man im Gegensatz dazu ziemlich chancenlos. Die Köpenicker haben in der aktuellen Bundesligasaison in Deutschland allerdings sowohl den BVB als auch den aktuellen Tabellenführer Mönchengladbach geschlagen und spielen (nicht nur wortwörtlich) in einer anderen Liga.
Das 4:0 in der ersten Cuprunde beim Regionalligisten aus Bruck an der Leitha war nicht so souverän wie das Ergebnis dies ausdrückt. Die Burgenländer hatten vor dem 1:0 durch Kerhe selber eine Riesenchance auf den Führungstreffer und vergaben in der Nachspielzeit einen Handelfmeter. Vor allem in der 2. Halbzeit merkte man jedoch den Klassenunterschied sowie den unterschiedlichen Stand in der Vorbereitung und so zog man letztendlich souverän in die 2. Cuprunde ein.
Ein Fehlstart zerstört die Aufbruchstimmung
Am 1. Spieltag der HPYBET 2. Liga bekam man durch Losfee ausgerechnet ein Heimspiel gegen Austria Klagenfurt zugeteilt. Ausgerechnet deswegen, weil die Kärntner wenige Wochen zuvor durch ein 1:1 in der josko ARENA ultimativ den Titel gekostet hatten. Die Klagenfurter hatten sich ihrerseits nach dem Einstieg eines Investors eine gute Rolle im Titelrennen ausgerechnet. Nach einer ereignislosen (bzw. geradezu blutleeren) ersten Halbzeit fiel die SVR-Defensive nach gut einer Stunde komplett auseinander. Binnen weniger Minuten hieß es 0:3 und die Fassungslosigkeit war den 2.700 Besuchern in der Arena geradezu ins Gesicht geschrieben.
Nach dem Schlusspfiff (Takougnadi hatte mit einem Freistoß in der Nachspielzeit noch für den Ehrentreffer zum 1:3 gesorgt) brachen auf den Rängen die Dämme. Vorfreude und Aufbruchstimmung waren in Windeseile weggewischt. Die Spieler mussten sich derbste Beschimpfungen von der West gefallen lassen. Für die Neuverpflichtungen und Außenstehende war diese Reaktion der Fans vielleicht unverständlich oder überzogen, war es doch die erste Niederlage im Kalenderjahr 2019. Doch der erneute Stolperstart (am 1. Spieltag konnte man zuletzt in der Saison 2014/2015 (!!!) gewinnen) war vor allem aufgrund des mangelhaften Einsatzes der Spieler auf dem Feld wie ein Dolchstoß in die geplagte Rieder Fanseele.
Aufgrund dieses Resultats (und des medialen Echos rundherum) ging es in der 2. Saisonpartie schon um relativ viel. Mit einer Niederlage beim vermeintlich größten Gegner um den Aufstieg aus Lustenau hätte der Rückstand auf Klagenfurt und die Vorarlberger nach zwei Runden schon jeweils sechs Punkte betragen. Durch ein 1:1 Unentschieden (bei dem ausgerechnet Ex-Kicker Mayer das 1:0 besorgte und anschließend provokant in Richtung Rieder Ersatzbank jubelte) glätteten sich jedoch die Wogen, auch weil Klagenfurt daheim nicht über ein 4:4 gegen Liefering hinaus kam.
Zweites Heimspiel, zweite Niederlage
Nach zwei positiven Resultaten (ein 4:1 gegen defensiv anfällige Amstettner sowie ein glückliches 1:0 in Lafnitz durch ein Zaubertor von Jefté) stand am 5. Spieltag der Knaller schlechthin an. Im Duell mit dem GAK hätte sich die SV Ried (vorübergehend) an die Tabellenspitze setzen können. Doch nach einem frühen (und abseitsverdächtigen) 1:0 von Jefté kam die Mannschaft äußerst unkonzentriert aus der Kabine, das schnelle 1:1 der Rotjacken war die direkte Konsequenz.
Letztendlich ging auch das zweite Heimspiel der Saison verloren, weil der Österreichische Meister aus 2004 durch einen fragwürdigen Elfer knapp vor Spielende noch den 2:1 Siegtreffer erzielen konnte. So gut die Leistung in der 1. Halbzeit war, so unerklärlich schlecht war sie in der 2. Halbzeit. Nach fünf Spielen fand sich die Mannschaft daher nur auf dem 9. Tabellenplatz wieder.
Beim 3:2 in Kapfenberg am nachfolgenden Spieltag gab es trotz eines Sieges viel Grund zum Ärgernis. Denn nach einer 2:0 Führung gegen die Obersteirer musste man (erneut) rund um die Stundenmarke zwei schnelle Gegentore hinnehmen. Ultimativ konnte man dieses Match durch ein Tor von Canillas noch gewinnen – allerdings hatte der schwache Schiedsrichter an diesem Tag bei zwei klaren Elfmetersituationen für Kapfenberg beide Augen zugedrückt.
Die jedoch schwächste Saisonleistung lieferte man 7. Spieltag bei den Young Violets ab. Die zweite Mannschaft der Austria Wien war bis zu diesem Spiel punktelos am letzten Tabellenplatz gelegen und überstand nahezu mühelos knapp 70 Minuten mit einem Mann weniger (Prokop hatte bereits nach 24 Minuten G/R gesehen) und so ende die Partie 0:0. Ein 3:3 von Klagenfurt gegen Lustenau sorgte jedoch auch nach diesem Spieltag dafür, dass die Schlagdistanz zur Tabellenspitze weiterhin nur vier Punkte betrug.
Mit Acquah fließt das Rieder Spiel
Vor dem Duell mit den OÖ Juniors am 8. Spieltag nahm Trainer Baumgartner die bisher (vielleicht) saisonentscheidende Veränderung an der Stammelf vor. Reuben Acquah war im Sommer vom LASK gekommen. Der Ghanaer war im Frühjahr an Hartberg verliehen, kam dort jedoch nur zu einem Kurzeinsatz in der Bundesliga.
Ich selber durfte ihn zum ersten Mal beim Testspiel gegen Györ in Enzenkirchen beobachten. Der 23-jährige machte als Bindeglied zwischen Defensive und Mittelfeld einen souveränen Job. Auch beim 0:3 gegen 1860 München war er nach seiner Einwechslung einer der auffälligsten Spieler am Platz. Und dennoch kam er im ersten Saisonviertel nur zu einem siebenminütigen Kurzeinsatz gegen Amstetten.
Um die Pointe vorweg zu nehmen: seit Acquah in der Startelf steht, gab es in neun Spielen ebenso viele Siege. Der Legionär aus der westafrikanischen Republik ist die Schaltzentrale zwischen Defensive und Mittelfeld.
Er kann den Ball halten (auch unter Bedrängnis), er kann einen Gegner schleppen und er kann den Ball verteilen. Weil er offensichtlich instinktiv auch immer genau dort steht, wo der Gegner hinpassen oder hinlaufen will, wirkt sein Spiel auch manchmal ziemlich mühelos, dafür aber gnadenlos effektiv. Reuben Acquah ist einer dieser Spieler, der alle Mitspieler um sich herum besser macht. Seine Kollegen im Mittelfeld – Marcel Ziegl und Stefan Nutz – sind dabei die größten Profiteure. Dank Acquah können sich beide um ihre Kernkompetenzen kümmern.
Alle Spiele, alle Tore
In der nachfolgenden Tabelle findet man alle Spiele aus dem Herbst in Spielabschnitte unterteilt. Besonders viel war stets zwischen Minute 46 und 60 los. In der Nachspielzeit kassierte man kein einziges Gegentor, konnte aber selbst viermal treffen. Die längste Führung hatte man gegen Amstetten (86 Minuten), am längsten lief man einem Rückstand gegen BW Linz nach (50 Minuten). Nur einmal blieb man ohne eigenes Tor, nämlich beim 0:0 bei den Young Violets in der 8. Runde.
Alle Spieler, alle Tore
In der nächsten Aufstellung habe ich die wichtigsten bzw. interessantesten Spielerstatistiken zusammen gefasst und auf die einzelnen Mannschaftsteile heruntergebrochen:SP/S = Scorerpunkte pro Spiel
P/P/S = Punkte pro Spiel
Grün hinterlegt = Bestwert in einer Kategorie
In Klammer finden sich dabei die zusätzlichen Tore bzw. Assists und Scorerpunkte aus dem ÖFB-Cup. Nach dem bereits erwähnten 4:0 gegen Bruck/Leitha lieferte man in der 2. Runde einen wahren Cupfight in Steyr. Nach dem 3:3 Ausgleich der Steyrer in der 90. Minute durch Ex-SVR-Kicker Prada schoss Manuel Kerhe die SVR in der 96. Minute doch noch zum 4:3 Sieg. Endstation war allerdings im Achtelfinale beim Bundesligisten aus St. Pölten.
Der ÖFB-Pokal als Opfer der Meisterschaft
Gerald Baumgartner schonte in dieser Partie nahezu alle Schlüsselspieler, namentlich Grüll, Jefté, Acquah, Boateng und Nutz. Ohne es jemals offiziell gesagt zu haben, nahm man das Cup-Out für das große Ziel namens Wiederaufstieg billigend in Kauf. Der ÖFB-Pokal hat in Ried eine große Tradition, doch war er vor zwei Jahren vermutlich auch mitverantwortlich am Nichtaufstieg. Damals wurden die Liga-Aufgaben rund um das Viertelfinale bei Rapid unter erheblichem Konzentrationsmangel wahrgenommen – sowohl gegen den FAC (damals Tabellenschlusslicht) als auch in Liefering erreichte man jeweils nur ein Unentschieden – diese vier Punkte mehr hätten am Ende zumindest für den sicheren Platz in der Relegation gereicht.
Eiskalt vom Elferpunkt
Noch in der Vorsaison kostete die fehlende Kaltschnäuzigkeit vom Elfmeterpunkt einige Punkte (und ultimativ auch das Ausscheiden aus dem ÖFB Pokal). In der bisherigen Saison konnte man jedoch nicht nur alle Elfmeter verwandeln, sondern in persona Johannes Kreidl auch zwei Elfmeter abwehren.
Mit Grüll (2), Jefté (2), Wießmeier und Nutz trafen alle vier verschiedenen Elfmeterschützen in dieser Saison souverän. Mit Ausnahme der beiden Partien gegen Dornbirn handelte es sich dabei auch stets um wichtige bzw. spielentscheidende Treffer. Der zunehmende Flow im Offensivspiel äußert sich auch in der Elferbilanz: bekam man von Runde 1-11 nur einen Elfmeter zugesprochen, so waren es von Runde 12-16 gleich sechs. Marco Grüll ist dabei der X-Faktor im gegnerischen Strafraum, er hat sechs der sieben zugesprochenen Elfer herausgeholt.
Heraf und die Standardsituationen
Als Andreas Heraf im Juli als neuer Co-Trainer von Gerald Baumgartner präsentiert wurde, sorgte dies für vereinzeltes Kopfschütteln. Der frühere Rapid- und ÖFB-Spieler war zuvor als Teamchef der Frauennationalmannschaft aus Neuseeland aktiv, dieses Engagement endete verbandsbedingt nach Vorwürfen von unangemessenem Verhalten. Zudem war es fragwürdig, ob sich das Alphatier Heraf als Assistenztrainer unterordnen können würde bzw. damit zurecht kommen würde, nicht die Kommandos geben zu können.
Doch was man bisher mitbekommt, klappt dies wunderbar. Die Spieler profitieren auch von der langjährigen Bundesligaerfahrung bzw. internationalen Erfahrung des Wieners. Heraf ist in Ried in seiner Rolle als Co-Train unter anderem auch für die Taktik bei den Standardsituationen zuständig. Hier hat sich die Mannschaft im Laufe der Saison enorm verbessert, sowohl defensiv als auch offensiv. Bei Offensiv-Eckbällen greift man dabei immer öfters auf die Taktik der englischen Nationalmannschaft bei der WM in Russland zurück:
Dabei stellen sich mehrere Ried-Spieler (darunter die enorm kopfballstarken Reifeltshammer und Reiner) hintereinander aufgefädelt auf dem Elferpunkt auf und blocken damit gegenseitig die Gegenspieler weg. Als Konsequenz erkennt der Gegner (in diesem Fall Dornbirn) die Laufwege zu spät bzw. weiß nicht, ob die Ecke an Reifeltshammer oder Reiner gerichtet ist. Mit dieser taktischen Finesse konnte man beim 5:0 in Dornbirn das vorentscheidende 2:0 erzielen. Und auch beim Heimspiel gegen die Vorarlberger brannte der Strafraum bei Ecken von Stefan Nutz stets lichterloh.
Transfer-Retrospektive
Nach dem verpassten Wiederaufstieg war relativ schnell klar, dass die SVR das Kaderbudget (erneut) reduzieren muss. Aufgrund fehlender TV-Gelder (der Unterschied zwischen Bundesliga und 2. Liga liegt bei ~ 2 Millionen Euro), geringerer Sponsorengelder (der Werbewert der 2. Liga ist viel geringer) und niedrigerer Zuschauerzahlen (die in Ried immer noch besser sind als bei so manchem Bundesligisten) musste vor dem 3. Versuch des Wiederaufstiegs (erneut) der Sparstift angesetzt werden.
Es gab im Sommer neben Grgic und Eler noch mehrere heiße Transferaktien im Kader der SVR. An erster Stelle sei Kennedy Boateng genannt. Der Defensivakteur aus Ghana ist mit ziemlicher Sicherheit der beste Innenverteidiger der 2. Liga und würde auch die meisten Bundesligisten in Österreich verstärken. Gerüchten zufolge war sein Verbleib im Innviertel bis zum letzten Tag der Transferperiode ungewiss. Diese Gerüchte werden nun im Winter wieder Fahrt aufnehmen, vor allem weil er zuletzt nach seiner Verletzungspause in den beiden letzten Spielen der Herbstsaison nicht (mehr) eingesetzt wurde.
Grüll bestätigt seine Leistungen
Marco Grüll und Ante Bajic (man verzeihe mir diesen Ausruck) terrorisierten im Frühjahr die Defensivreihen der 2. Liga. Nach dem verpassten Aufstieg hoffte man (unter den Fans), zumindest einen von beiden halten zu können. Letztendlich konnte man sogar beide halten und ersparte sich dadurch die Suche nach einem Nachfolger (bzw. zwei Nachfolgern).
Grüll, der bis Herbst 2018 bei St. Johann/Pongau in der RLW aktiv war, entwickelte sich im Kalenderjahr 2019 zur Tor- und Assistmaschine und hält nach 34 Spielen für die SVR bei 14 Toren und 20 Assists, also einem unglaublichen Scorerpunkte-Schnitt von 1,00. Sollte im Winter ein großer Verein anklopfen, wird man den Pongauer vermutlich kaum halten können. Auch wenn Sportdirektor Baumgartner bereits an den Vorstand appelliert hat, keine Spieler zu verkaufen.
Bajic wird im Frühjahr wie ein Neuzugang sein
Auch Ex-Gurten-Kicker Bajic scorte im Frühjahr fast nach Belieben und hielt am Ende bei 13 Scorerpunkten (8 Tore, 5 Assists) in 14 Spielen. Zudem drückte er dem Rieder Offensivspiel auch stets seinen Stempel auf. Der explosive Flankenspieler bildete mit Grüll sowie Julian Wießmeier und Patrick Eler ein Viereck des Schreckens, welches sich in 15 Spielen für die Mehrheit der unglaublichen 40 Tore (= 2.66/Spiel) hauptverantwortlich zeichnete.
Aufgrund einer langwierigen Schulterverletzung, die sich Bajic beim 1. Saisonspiel gegen Klagenfurt zugezogen hatte, blieb der Flügelstürmer letztendlich bei der SV Ried und verlängerte sogar seinen Vertrag. Nach einer viermonatigen Verletzungspause feierte er am 16. Spieltag in Dornbirn sein Comeback im SVR-Trikot und brauchte keine Viertelstunde, um mit einem Assist anzuschreiben. Er wird im Frühjahr wie ein echter Neuzugang sein, wenn er verletzungsfrei bleiben kann.
Nutz nutzt die 2. Chance
Stefan Nutz wechselte in der Saison 2016/2017 am letzten Tag der Transferperiode von Rapid zur SV Ried. Er blieb in der Abstiegssaison stark hinter den Erwartungen, welche man in den früheren Spielmacher von Grödig gesetzt hatte. Dabei kamen auch Gerüchte auf, dass der Steirer gegen seinen Willen nach Ried transferiert worden sei und dementsprechend lustlos agierte. Umso überraschter waren die Fans im Innviertel, als im heurigen Sommer seine erneute Verpflichtung bekannt gegeben wurde.
Bei Altach spielte er im Frühjahr fast keine Rolle mehr und kam ab Ende April nicht mehr zum Einsatz. Nach einem schwierigen Saisonbeginn mit merkbar fehlender Spielpraxis steigerte sich der 27-jährige Judenburger jedoch immer mehr und ist nach 16 Runden der Top-Assistgeber der Liga. Nach zwei Assists an den ersten 6 Spieltagen (und einer Streichung aus dem Kader gegen die Young Violets) blühte Nutz ab Oktober (auch dank der Rolle von Acquah) so richtig auf und lieferte von dort an neun Assists in sieben Spielen.
Nach dem Abgang von Alberto Prada zu Wiener Neustadt hatte die SVR in den beiden Vorsaisonen zum ersten Mal seit langer Zeit keine(n) Spanier im Kader. Durch die Verpflichtung von Jefté Betancor (von Mattersburg) und Canillas (von BW Linz) änderte sich dies nun wieder. Jefté spielte im Frühjahr für Steyr und erzielte dort im 1. Spiel im Frühjahr auch das 1-0 bei einem 1-1 in Ried. Abgesehen davon war er bei den Fans in Steyr aufgrund seiner Spielweise (ihm wurden u.a. mangelnde Laufbereitschaft und zu viel Meckerei vorgeworfen) nicht wirklich beliebt.
Doch mit acht Toren (darunter fünfmal das 1-0) und vier Assists (eines davon spielentscheidend) konnte er seine vorschnellen Kritiker überraschen bzw. überzeugen. Ganz anders verhält sich die Situation bei Canillas. Der 23-jährige aus Málaga schaffte in der vergangenen Saison den Durchbruch in Linz, bevor er sich gegen Ende der Hinrunde schwer verletzte. In Ried war man offenbar trotzdem von seinen Qualitäten überzeugt und nahm für seine Verpflichtung sogar eine Ablöse in die Hand. Mit nur einem Tor in der Liga spielte er jedoch gegen Ende der Hinrunde keine Rolle mehr. Hier hat man sich eindeutig verspekuliert, denn für den Spanier musste Darijo Pecirep den Verein verlassen.
Pecirep verstärkt den Titelkonkurrenten
Der sympathische Kroate wechselte knapp vor Saisonbeginn ausgerechnet zum Ligakonkurrenten aus Klagenfurt und erzielte beim Auftaktspiel in Ried just nicht nur ein Tor, sondern bereitete auch einen weiteren Treffer vor. Insgesamt hält er derzeit bei sieben Saisontoren und hat den Abgang von Sascha Pichler (zu Austria Wien) mehr als nur abfedern können. Wieso der Rieder Toptorschütze der Vorsaison (11 Tore, obwohl er im Frühjahr nur mehr zu Kurzeinsätzen kam) unbedingt aus dem Verein gedrängt wurde, ist mir bis heute ein Rätsel. Vor allem weil sein Nachfolger (Canillas) eben bisher auf ganzer Linie enttäuscht hat.
Wer waren nochmal die anderen Abgänge?
Neben Grgic (der durch Acquah und Nutz ersetzt werden konnte) und Pecirep (der dann zumindest nicht beim Konkurrenten spielen würde) sind die Abgänge aller anderen Spieler im Sommer ziemlich verschmerzbar gewesen. Thomas Mayer weist zwar eine gute Bilanz auf, in Ried wäre er aber dank Grüll und Bajic über die Joker-Rolle nicht hinaus gekommen.Bei den Abgängen handelt es sich fast durch die Bank um „Verstärkungen“ von Franz Schiemer, mittlerweile als Co-Trainer bei Red Bull Salzburg aktiv. Der Kader der aktuellen Saison unter Trainer & Sportdirektor Gerald Baumgartner ist deutlich homogener und nebenbei um 10% billiger als in der Vorsaison. Doch nicht nur der Profikader, sondern auch der Kader der 2. Mannschaft hat im Herbst für einige positive Momente gesorgt.
Seitenblick: Junge Wikinger Ried in der RLM
Denn zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte spielt die zweite Mannschaft der SV Ried unter dem Namen Junge Wikinger Ried in der dritthöchsten österreichischen Spielklasse. Ermöglicht wurde der Aufstieg durch einen abermaligen Aufstiegsverzicht von ASKÖ Oedt, dem Ex-Verein von Ex-Manager Stefan Reiter. Als Vizemeister waren die JWR in der Endtabelle 2018/2019 nämlich deutlich hinter dem Grad-Konstrukt gelegen.
Wurde das Team letztes Jahr noch von zwei verschiedenen Trainern betreut (Muslic im Herbst bzw. Unterberger im Frühjahr), so übernahm der SVR-Jahrhundertkicker Herwig Drechsel im Sommer das Ruder. Der Qualitätsunterschied zwischen OÖ Liga und Regionalliga Mitte ist viel höher als beispielsweise zwischen Landesliga und OÖ Liga und so war meine persönliche Erwartungshaltung für die Saison relativ bescheiden.
Ich selber hatte im Sommer sogar die These aufgestellt, dass die junge Truppe (das Durchschnittsalter liegt bei 18.85) ohne Verstärkungen btw. Routiniers relativ chancenlos hinsichtlich Klassenerhalt sein würde. Doch erfreulicherweise konnten die Jungen Wikinger das eine oder andere Mal überraschen. Nach Ende der Herbstsaison liegt die Drechsel-Elf auf dem 13. Platz.
Grundsätzlich gibt es in dieser Liga drei Absteiger, weil jeweils eine Mannschaft aus Kärnten, Oberösterreich und der Steiermark aufsteigen. Doch wenn eine Mannschaft aus diesen drei Bundesländern aus der 2. Liga absteigen sollte, dann kann es theoretisch auch (maximal) sechs Absteiger geben. Derzeit schaut es stark nach vier Absteigern aus, weil Kapfenberg in der 2. Liga am Tabellenende liegt. Dann würde der aktuelle 13. Tabellenplatz nicht für den Klassenerhalt reichen.
Die vier Siege konnte man übrigens in Heimspielen gegen Stadl-Paura, ATSV Wolfsberg und Vöcklamarkt bzw. auswärts in Bad Gleichenberg eingefahren. Dabei war das 4-0 gegen den UVB die beste Saisonleistung, hätten die Hausruckviertler doch an jenem Spieltag mit einem Sieg die Tabellenführung der RLM übernehmen können.
Deutliche Niederlagen setzte es bei den Sturm Graz Amateuren sowie in Weiz, wo man jeweils mit 0:5 unterging. Leider ließ man sich einige Male auch die Butter vom Brot nehmen: sowohl gegen Kalsdorf, Gleisdorf und die WAC Amateure musste man nach Führung knapp vor Spielende den entscheidenden Gegentreffer zur Niederlage hinnehmen. Auch in Deutschlandsberg sowie gegen St. Anna verlor man jeweils nach einer 1:0 Führung.
Mangelnde Power bzw. die Routine im Spiel sind sicherlich die dafür verantwortlichen Faktoren. Nachfolgend noch eine Übersicht über den Kader der JWR inkl. Einsätze, Tore und den jeweiligen Stammverein (Quelle hierfür jeweils oefb.at).
Ich habe im Herbst alle Heimspiele der JWR live in der josko ARENA miterlebt. Dabei stachen aus meiner Sicht die nachfolgenden Spieler am meisten heraus: Nemanja Zikic kam Anfang des Kalenderjahres als vereinsloser Spieler nach Ried. Er durchlief seine gesamte Ausbildung in der Akademie von Red Bull Salzburg. Der Spielmacher (mit der unüblichen Rückennummer 4) ist mit einem Distanzschuss Marke Kragl/Drechsel gesegnet und der kreative Geist in der Mannschaft.
Jonas Schwaighofer wurde im September gerade erst 18 Jahre alt. Zu Saisonbeginn hatte ich noch die Befürchtung, dass der Offensivspieler wegen seiner schmächtigen Statur von den Gegenspielern „gefressen“ werden würde. Doch er konnte im Laufe der Hinrunde nicht nur spielerisch sondern auch körperlich enorm zulegen und ist aus meiner Sicht (über kurz oder lang) ein Kandidat für die Profimannschaft. Er ist technisch beschlagen und lässt sich auch von körperlich überlegenen Gegnern nicht einschüchtern. LT1 hat im November übrigens auch eine Reportage mit dem Titel „Traumberuf Profikicker“ über ihn veröffentlicht.
Zu guter Letzt war – gerade zu Saisonbeginn – bei Felix Seiwald erkennbar, wieso er vor der Saison mit einem Jungprofivertrag ausgestattet wurde. Der Linksverteidiger zeichnete sich dabei oftmals durch überlegtes Stellungsspiel aus. Zur Mitte der Herbstsaison war ein Leistungsabfall erkennbar, doch gegen Ende der Hinrunde konnte er wieder an die Leistungen vom Saisonbeginn anknüpfen. Aufgrund der überschaubaren Konkurrenz auf seiner Stammposition könnte er über kurz oder lang auch den Durchbruch bei den Profis schaffen.
Ausblick auf das Frühjahr
Das Frühjahr wird am 21. Februar 2020 mit dem absoluten Kracher zwischen Austria Klagenfurt und der SV Ried eröffnet. Nach ForForest geht es dann im Wörthersee Stadion wieder ForPunkte. Eine Parallele übrigens zur Vorsaison, in der die SVR gleich zu Beginn der Rückrunde mit einem 3:0 in Wattens die Aufholjagd auf den Konkurrenten startete.
Zu diesem Zeitpunkt wird man übrigens auch 524 Tage lang in der Fremde unbesiegt sein. Zuletzt setzte es am 14. September 2018 eine Auswärtsniederlage (0:1 beim FAC). Wenn es nach dem direkten Duell gar 525 Tage sind, dann geht man auch als Topfavorit in die Endphase der Liga, die jedoch ein Marathon und kein Sprint ist.
Für die Rieder spricht, dass man gleich acht der letzten 13 Saisonspiele (wieso auch immer) in der heimischen josko ARENA bestreiten darf.Sollte man die Schlüsselspieler im Verein halten können, dann spricht aus meiner Sicht auch nichts gegen den langersehnten Aufstieg der SVR. Die Leistungen von Austria Klagenfurt wurden zuletzt immer schwächer und der Millionenverlust im aktuellen Jahresabschluss hat unter den Anhängern ebenfalls für Unsicherheit gesorgt.
Sollte man im April noch immer ganz vorne dabei sein, so geht hoffentlich wieder ein Ruck durch die Region und die Mannschaft bekommt jene Zuschauerunterstützung, welche sie sich mit den Leistungen aus dem heurigen Jahr auf alle Fälle verdient hat.
Ein abermaliger Nichtaufstieg könnte verheerende Konsequenzen für den Fußball im Innviertel haben, wie ein Artikel von Thomas Streif in den OON aufzeigt. Denn dieser würde nicht nur Auswirkungen auf die Profimannschaft haben, sondern auch auf die AKA OÖ West in Hohenzell, welche auf Kosten der SVR betrieben wird.
Doch so weit will ich an dieser Stelle noch nicht denken. Ried gehört in die Bundesliga und deswegen bin ich guter Dinge, dass Spieler, Trainer, Funktionäre, Sponsoren, Unterstützer und Fans im Frühjahr einmal mehr alles für die Sportvereinigung Ried von 1912 geben, sodass der Traum vom Aufstieg endlich Realität wird. Denn aller guten Dinge sind letztendlich auch drei.
In eigener Sache
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It was the best of times, it was the worst of times. (Charles Dickens, A Tale Of Two Cities)
Nichts trifft in punkto SV Ried und die 2010er-Jahre besser zu, als die ersten zwölf Wörter von Charles Dickens‘ Roman aus dem Jahr 1859. Als Fan dieser Mannschaft musste (oder durfte) man in den vergangenen zehn Jahren nahezu die höchsten Höhen und tiefsten Tiefen miterleben, welche man dem leidensfähigen Fan einer Profimannschaft zumuten kann.
In den besten Zeiten wurde zweimal der inoffizielle Titel des Herbstmeisters eingestreift. 2010/2011 krönte man sich zudem zum Winterkönig und der ÖFB-Cupsieg 2011 vor 12.000 mitgereisten Anhängern im Happel-Stadion ist sowieso unvergesslich. Auch das back-to-back Cupfinale im Jahr danach war noch eine erstaunliche Leistung für einen kleinen Verein.
Im Bezug auf die schlechtesten Zeiten steht der dramatische Abstieg am letzten Spieltag der Saison 2016/2017 auf der Habenseite. Fast noch deprimierender waren die beiden Nicht-Wiederaufstiege von der 2. Liga in die Bundesliga. Der gleichzeitige und kontinuierliche Aufstieg des Erzrivalen aus Linz hat hier noch zusätzlich Salz in die Wunde gestreut.
Einzelne Spieler konnten (sehr) gewinnbringend verkauft werden, beispielsweise Royer, Murg oder Kragl. Einige große (Rieder-) Karrieren neigten sich hingegen dem Ende zu, stellvertretend sind an dieser Stelle Glasner und Lexa genannt. Nachfolgend werfe ich einen Blick darauf, welche Spieler den Verein zwischen 2010 und 2019 am meisten prägen konnten. Ich bin mir darüber im Klaren, dass solche Auflistungen bzw. Best-Of-Listen immer subjektiv sind – aber letztendlich ist es auch mein Blog ;)
Meine Auswahlkriterien
Um die beste SVR-Mannschaft der letzten Dekade auszuwählen, habe ich transfermarkt.de eine knapp einstündige Session beschert und mir die Statistiken aller Spieler von 1.1.2010 bis 28.11.2019 herausgesucht und in Tabellenform gebracht.
Dabei habe ich (mit einer Ausnahme) nur Spieler berücksichtigt, die mindestens 30 mal für den Verein gespielt haben. Als Spielsystem habe ich ein 4-2-3-1 gewählt, welches mit Ausnahme der Ära Gludovatz zumeist als Stammformation diente. Demzufolge besteht das Team der Dekade aus:
Spieler, die dekadenübergreifend die Schuhe für die SVR geschnürt haben (Beispiele dafür sind etwa Stefan Lexa, Nacho Rodriguez oder Andreas Schicker), werden also nur mit ihren Statistiken der 2010er-Jahre erfasst und bewertet. Nachdem ich die Systematik hinter meiner Auswahl nun eingehend erläutert habe, hier nun die Aufschlüsselung nach Position:
Tormann
Spiele
zu null
Quote
Zeitraum
Thomas Gebauer
307
84
27.36%
2010-2018
Johannes Kreidl
49
24
48.98%
2018-
Wolfgang Hesl
22
8
36.26%
2010-2011
Dies ist eine leichte Entscheidung. Der Tormann der Dekade kann nur Wolfgang Hesl sein. Spaß beiseite, Thomas Gebauer hat mit seinem Wechsel zum LASK das Tischtuch mit vielen Fans der SVR zerschnitten. Dennoch ist er, wenn man seine Leistungen objektiv bzw. mit angemessener Distanz betrachtet, fraglos der einzige mögliche Kandidat auf dieser Position.
Es gab viele Höhen (wie die bereits erwähnten Herbstmeistertitel und den Cupsieg) und viele Tiefen (wie den Abstieg und den Nichtaufstieg). „Was macht Gebauer da draußen?“ ist vermutlich einer der bekanntesten österreichischen Fußballsprüche der 2010er-Jahre, wobei Gebauer diese Erinnerung an Eindhoven wohl am liebsten für immer aus seinem Gedächtnis streichen würde. Er ist nicht nur (mein) Tormann der bald abgelaufenen Dekade, sondern hat auch einen Platz in der SVR-Jahrhundertauswahl, welche 2012 im Rahmen der 100-Jahres-Feier gewählt wurde.
An dieser Stelle sollte man auch erwähnen, dass die SVR im letzten Jahrzehnt viel Geld mit dem Verkauf von talentierten Nachwuchs-Torhütern gemacht hat: so wurde Samuel Sahin-Radlinger an Hannover 96 und Ivan Lucic zum FC Bayern verkauft. Lucic hat einmal für die Profis gespielt (bei einem 1-1 gegen seinen aktuellen Arbeitgeber aus Favoriten) und Radlinger überhaupt nie. Um noch einmal zu Wolfgang Hesl zurückzukommen: seine Leihe nach der schweren Verletzung von Gebauer vom HSV war ein Geniestreich von Stefan Reiter, ich kann mich an keinen einzigen Fehler des sympathischen Bayern erinnern.
Innenverteidiger
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Thomas Reifeltshammer
273
23
9
2010-
Gernot Trauner
112
5
7
2012-2017
Kennedy Boateng
79
4
1
2017-
Petar Filipovic
49
4
2
2015-2016
Auch die Innenverteidigung stellt sich im Grunde von selber auf. Thomas Reifeltshammer ist seit dem Abgang von Thomas Gebauer nicht nur Kapitän der SVR, er hat auch 272 seiner 273 Profispiele für den Verein in den 2010er-Jahren gespielt. Ein einminütiger Einsatz im November 2009 verhindert, dass er seine ganze aktive Karriere in der auslaufenden Dekade absolviert hat. Ein echter Leader der sich allerdings nicht „Cupsieger 2011“ nennen darf, weil er in der gleichen Saison für SV Ried II / Neuhofen im Einsatz war und deswegen nicht (mehr) für die Profis auflaufen durfte. In Ried hat man in den 90ern und 00ern stets von „Urgesteinen“ gesprochen. Thomas Reifeltshammer erfüllt diese Bezeichnung voll und ganz und wird im Sommer 2020 hoffentlich der dritte Kapitän der Vereinsgeschichte sein, der mit seiner Mannschaft in die Bundesliga aufsteigt. Auch er ist (wie Gebauer) übrigens Bestandteil der Rieder Jahrhundertelf.
Neben Reifeltshammer schafft es Gernot Trauner in meine Mannschaft. Obwohl er (hier eine Parallele zu Gebauer) zum LASK (zurück)gewechselt ist. Wäre Trauner nicht so verletzungsanfällig gewesen, er hätte den Durchbruch mit ziemlicher Sicherheit schon viel früher geschafft. Wurde er in Ried manchmal auch im defensiven Mittelfeld aufgestellt, so war seine beste Position doch stets als zentraler Mann in der Dreierkette, wie sie dann später auch sein Ex-Trainer Glasner beim LASK und jetzt in Wolfsburg spielen lässt. Kennedy Boateng bekommt eine honorary mention, weil er meiner Meinung nach unser bester Zweitligaspieler der letzten zweieinhalb Jahre war. Man muss seinen Abgang im Winter befürchten, was allerdings auf diese Nominierung keinen Einfluss hat, weil die Dekade dann sowieso vorüber ist.
Linksverteidiger
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Oliver Kragl
93
13
23
2013-2016
Andreas Schicker
64
2
4
2012-2014
Alberto Prada
47
0
2
2015-2017
Ronny Marcos
56
1
4
2016-2018
Hier musste ich keinen Sekundenbruchteil überlegen. Oliver Kragl war während seiner Zeit in Ried nicht nur absoluter Fanliebling (auch weil er nie um den heißen Brei herumredete) sondern auch absoluter Leistungsträger. Wenn er sich den Ball aus 25-40m Entfernung zum Freistoß hinlegen durfte, erzitterten die gegnerischen Torhüter. 36 Scorerpunkte in 93 Spielen sind für einen Defensivspieler in der höchsten österreichischen Spielklasse eine absolute Monsterzahl. An seinem Abgang in die Serie A zu Frosinone verdiente der Verein auch ein nettes Körberlgeld. Gleichzeitig musste man sich als SVR-Fan nicht damit herumärgern, dass ein Lieblingsspieler (mal wieder) an einen Ligakonkurrenten abgegeben wurde.
Rechtsverteidiger
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Thomas Hinum
116
5
16
2013-2016
Manuel Kerhe
84
4
16
2017-
Florian Hart
58
1
3
2015-2017
Stefan Lainer
36
1
3
2014-2015
Hier entschied ich mich für jene Option, die zwar nur ein Jahr in Ried verweilte, sich jedoch seit seinem Abgang zu einem der besten aktiven österreichischen Spieler überhaupt entwickelte. Als der Sohn von Leo Lainer im Sommer 2014 leihweise vom FC Liefering nach Ried wechselte, erzeugte dies kein Aufsehen. Doch Stefan Lainer entwickelte sich sofort zum Stammspieler, der stets mit 100% Einsatz und Laufbereitschaft zu überzeugen wusste und im Dezember 2014 mit einem wunderschönen Weitschuss gegen Wiener Neustadt auch sein erstes Bundesligator erzielen konnte. Es war damals relativ schnell klar, dass ihn das Mutterschiff aus Salzburg wohl bald zurückbeordern würde – leider war dies bereits nach einer Saison der Fall.
Defensives Mittelfeld
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Marcel Ziegl
233
6
16
2010-
Anel Hadzic
135
24
11
2010-2013
Florian Mader
63
4
11
2010-2012
Lukas Grgic
58
3
9
2017-2019
Auch dieser Mannschaftsteil stellt sich nicht nur aufgrund der Statistik von selber auf. Mit Marcel Ziegl und Anel Hadzic weisen zwei Spieler aus der eigenen Akademie die meisten Einsätze in der ablaufenden Dekade auf. Hadzic durfte 2014 sogar mit Bosnien an der WM in Brasilien teilnehmen und absolvierte dabei das dritte Gruppenspiel. Ein Spieler mit Ecken und Kanten der in Ried auch über eine perfekte Elfmeterstatistik verfügt (9x angetreten, 9x verwandelt).
Marcel Ziegl hingegen war viele Jahre lang wenig(er) torgefährlich, bis er in der heurigen Saison offenbar seine Lust am Toreschießen entdeckte. Als jüngster Debütant aller Zeiten (in der Saison 2008 mit gerade einmal 15 Jahren gegen den LASK) kickt er elf Jahre (und einige schwere Verletzungen) später noch immer in Ried und versucht in der aktuellen Saison seine Mannschaft wieder zurück in die Bundesliga zu führen.
Linker Offensivspieler
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Patrick Möschl
110
14
11
2012-2017
Marco Meilinger
76
11
19
2011-2013
Daniel Royer
51
7
7
2010-2011
Marco Grüll
33
13
19
2019-
Vermutlich die schwierigste Entscheidung meiner Aufstellung. Letztendlich ist meine Wahl auf Daniel Royer gefallen, weil er nicht nur einen großen Anteil am Cupsieg 2011 hatte (im Video unten sein Assist zum 2:0 von Markus Hammerer), sondern auch für die Rieder Rekordsumme von 1 Million (Anm. kolportierte Summe) zu Hannover 96 wechselte und damit den Finanzvorstand glücklich machte. Außerdem zählt er zum kleinen Kreis der SVR-Spieler, welche während ihrer Zeit in Ried auch für das ÖFB-Team auflaufen durften.
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Marco Meilinger war sein direkter Nachfolger und stand ihm eigentlich um nicht viel nach. 30 Scorerpunkte in 76 Spielen sind für einen Spieler in Ried eine bemerkenswerte Bilanz. Patrick Möschl hat im Bezug auf meine Auswahl trotz der meisten Einsätze den Nachteil, dass er bei den großen Erfolgen am Beginn der Dekade nicht dabei war und gleichzeitig Bestandteil des Absteigerteams aus 2017 war (obwohl er einer jener Spieler war, die am wenigsten dazu beitrugen).
Rechter Offensivspieler
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Clemens Walch
162
27
22
2012-2018
Stefan Lexa
83
8
21
2010-2012
Thomas Mayer
53
12
13
2017-2019
Thomas Murg
44
8
6
2014-2016
Stefan Lexa ist zweifellos einer der beliebtesten und prägendsten Spieler der jüngeren Rieder Bundesligageschichte. Allerdings durchlebte er die meisten Highlights bereits in der letzten Dekade. Nach seiner schweren Verletzung durch das Brutalo-Foul von Hesselink im September 2010 konnte er leider nicht mehr an seine besten Zeiten anknüpfen. Für Thomas Murg müssen wir uns bei beiden Wiener Großklubs bedanken: bei der Austria für die relativ günstige Verpflichtung und bei Rapid dafür, dass ihn der Verein sehr gewinnbringend weiterverkaufen konnte.
Doch den Platz in meiner Elf nimmt Clemens Walch ein. Es gab nur selten Ried-Kicker, die talentierter waren als Walch. Aber seine Verletzungsanfälligkeit verhinderte eine größere (internationale) Karriere. Dennoch hat der Tiroler zwischen 2012 und 2018 viel öfters für die SVR gekickt als jeder andere Spieler auf dieser Position. Dabei erzielte er auch erinnerungswürdige Traumtore wie etwa bei einem 3-0 gegen Sturm Graz. Ironischerweise kickt er nach seinem Abgang zu Wattens vor der letzten Saison nun wieder in der Bundesliga, im Gegensatz zu seinem Ex-Verein.
Zentraler Offensivspieler
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Robert Zulj
117
31
16
2010-2014
Dieter Elsneg
105
12
13
2014-2017
Julian Wießmeier
85
24
15
2017-
Iván Carril
76
13
9
2010-2013
Peter Zulj
35
6
2
2016-2017
Auf dieser Position ist mir die Wahl enorm einfach gefallen. Niemand hat mehr Einsätze als Robert Zulj, niemand hat mehr Tore als Robert Zulj, niemand hat mehr Assists als Robert Zulj. Und letztendlich konnte er auch gewinnbringend nach Salzburg verkauft werden. Schon zur Zeit, als er noch für Ried II am Sportplatz in Neuhofen auflaufen musste, war relativ klar dass man mit dem Welser ein Juwel in der Mannschaft hat. Ein eleganter Kicker mit Raffinesse, Torriecher und auch einem brandgefährlichen Freistoß. Sein Bruder wurde 2017/2018 zwar Spieler des Jahres in der Bundesliga, doch in Ried wird man stets den älteren Bruder in (besserer) Erinnerung behalten.
Stürmer
Spiele
Tore
Assists
Zeitraum
Nacho Rodriguez
121
12
10
2010-2013
Thomas Fröschl
112
24
9
2014-2018
Markus Hammerer
82
11
5
2010-2013
Guillem Martí
73
20
1
2010-2012
René Gartler
71
35
11
2012-2014
Seifedin Chabbi
37
25
6
2017-2018
Auf Nacho (dem Ur-Spanier) trifft das gleiche wie bei Stefan Lexa zu: seine Glanzzeiten erlebte er noch in den 00er-Jahren, mit 14 Saisontoren in der Saison 2008/2009. Seine 22 Scorerpunkte in 121 Spielen in den 2010ern sind zwar noch immer okay, allerdings nicht umwerfend gut. Und daher fällt meine Wahl beim Stürmer auf den Spieler mit dem meisten Flair und dem besten Torriecher und dies war René Gartler.
Seine Verpflichtung wurde unmittelbar nach dem verlorenen Cupfinale 2012 bekannt gegeben. In seinem ersten Spiel für die SVR erzielte er beide Treffer bei einem 2:0 in der Südstadt. 46 Scorerpunkte in 71 Pflichtspielen sind eine sensationelle Quote und daher konnte man ihn auch nicht über die Saison 13/14 hinaus halten. In Sandhausen wurde er nicht glücklich. Ich sehe hier darüber hinweg, dass er anschließend zum LASK in die 2. Liga wechselte, die SVR war zu diesem Zeitpunkt schon tendenziell im Sinkflug unterwegs. Die anderen Nominierten in dieser Kategorie sind mir jeweils primär durch Hattricks in Erinnerung: Fröschl bei einer Regenschlacht gegen Altach binnen 17 Minuten und Guillem bei einem 5-1 Kantersieg in Wiener Neustadt.
Trainer
Es kann nur einen geben: Sir Paul Gludovatz. Der einprägsamste Trainer der Vereinsgeschichte (neben Klaus Roitinger) hat während der erfolgreichsten Zeit der Profigeschichte das Traineramt für insgesamt vier Saisonen bekleidet. Wenige Jahre später hat er den Verein nach seiner Rückkehr als Ersatz für den glück- und erfolgslosen Helgi Kolvidsson dann auch nochmal (sicher) vor dem drohenden Abstieg bewahrt. Der alte Schilfschneider wird bis in alle Ewigkeiten ein gern gesehener Gast im Innviertel sein.
Mein SVR Team der Dekade
Nachfolgend findet man mein Team der Dekade nochmal in einer grafischen Aufstellung (erstellt mit dem Generator von https://fantastic11.com/). Darunter befinden sich vier Spieler aus dem eigenen Nachwuchs und nur ein Legionär (bzw. zwei oder drei, je nachdem wie man Gebauer und Hadzic einstuft).
Was denkt ihr, wie dieses Team in Bestform heute in der Bundesliga abschneiden würde? Könnte man mit dem richtigen Trainer mit Teams wie dem LASK oder Wolfsberg mithalten? Wäre das Erreichen der Meisterrunde mit dieser Mannschaft stets Pflicht? Fehlt euch ein Spieler in meiner Auswahl oder würdet ihr anders aufstellen (etwa auch in einem anderen System)? Ich freue mich über eure Kommentare und hoffe, dass ich in zehn Jahren wieder einen Blogartikel erstellen kann, welchen ich nicht mit dem Dickens-Zitat beginnen muss.
Bildquellen: svried.at, laola1.at, sn.at, oefb.at – alle Rechte vorbehalten.
Der letzte Spieltag der Saison ist in den vergangenen drei Jahren für die SVR jeweils gleich verlaufen: eine gesunde Portion Optimismus trotz Abhängigkeit von anderen Teams, viel Sonnenschein, frühsommerliche Temperaturen und am Ende stets eine gehörige Portion an Enttäuschung. Auch heuer hat es nach 16/17 und 17/18 wieder (knapp) nicht sollen sein. Das große Saisonziel namens Aufstieg wurde wie im Vorjahr verpasst. Doch anders als in den vergangenen beiden Jahren überwogen heuer nicht Trauer und Resignation, sondern vielerorts (Zweck-)Optimismus und eine gewisse jetzt-erst-recht-Mentalität.
Das sensationelle und fast einmalige Verhalten des harten Kerns auf der Westtribüne hat den Löwenanteil hierzu beigetragen. Wurden die Spieler nach dem peinlichen Versagen der Vorsaison (ein Platz unter den Top3 hätte zumindest für die Relegation gereicht) nach einem 7:1 gegen Kapfenberg noch umgehend vom Block verjagt, so wurde die Mannschaft nach dem heurigen 3:1 gegen LASK II beinahe wie nach dem Gewinn der Meisterschaft gefeiert. Diese positive Verabschiedung sollte den Spielern, den sportlichen Funktionären, der Vereinsführung und auch den Sponsoren viel Kraft und Zuversicht für die Saison 2019/2020 geben. Das „Wir sind stolz auf unser Ried“ hat unter anderem auch Laola1.tv eingefangen:
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Detail am Rande: dieses von Laola1 veröffentlichte Video hat derzeit knapp 11.000 mehr Aufrufe als die Meistertellerübergabe an Wattens (13.000 vs 2.000). Hier auch noch der zugehörige Artikel von Laola1 mit einigen Aussagen von Spielern und Funktionären.
Meinen letzten Artikel zum Thema Fußball bzw. SVR habe ich nach Ende der Herbstsaison anlässlich der Bestellung von Gerald Baumgartner zum Trainer bzw. Sportdirektor verfasst. Seither bin ich regelmäßig gefragt worden, wann ich denn wieder einmal etwas schreiben würde. Nun ist dieser Zeitpunkt gekommen. Ich habe mich über das gesamte Frühjahr hinweg (absichtlich) zurückgehalten, weil der Verein sich positiv (sowohl auf dem Feld als auch neben dem Feld) entwickelt hat und das eigentlich Unmögliche im Frühjahr fast doch noch möglich gemacht hatte. Diese Entwicklung wollte ich zu keinem Zeitpunkt jinxen, wie man auf Neudeutsch sagt.
Ein Nichtaufstieg der Superlative
Mit sechs Punkten und zwölf Toren Rückstand in die Rückserie gestartet, schien der Aufstieg nur mit einer außergewöhnlichen Anstrengung nebst mehrerer Umfaller von Wattens möglich. Das eigene Plansoll wurde für im Bezug auf meine persönliche Kalkulation erfüllt. Denn mit 10 Siegen, 5 Unentschieden und einem überragenden Torverhältnis von 41:11 erreichte man nahezu eine Punktlandung hinsichtlich meiner Prognose, dass man wohl 36 Punkte benötigen würde (wobei ein Sieg in Wattens Pflichtprogramm war) um den Aufstieg doch noch zu schaffen.
Doch leider war die WSG Wattens im Saisonfinish zu stabil und beendete die Meisterschaft mit sechs Siegen en suite, wodurch die Tiroler die Tabellenführung am drittletzten Spieltag zurück holen konnte und bis zum Schluss nicht mehr abgab.
Die Saison als ganzes betrachtet, ist die SVR sogar in der unglücklichen Position, der punkteschnittbeste Nichtaufsteiger der letzten 25 Jahre zu sein. Weder in der 10er-Liga noch in der 12er-Liga oder der 16er-Liga (aus welcher die SVR zum ersten Mal 1994/1995 nach der Relegation gegen den FC Linz aufgestiegen ist) hat ein Verein einen Punkteschnitt von 2.1 erreicht und ist dabei nicht aufgestiegen.
Saison
Verein
Punkteschnitt
2018/2019
SV Ried
2.1
2010/2011
SCR Altach
2.053
2009/2019
Admira
2.03
2015/2016
LASK
2.0
2009/2010
SCR Altach
2.0
1996/1997
Vorwärts Steyr
2.0
Betrachtet man einige weitere hard facts zur Saison der SV Ried, dann sieht man nochmals deutlich wie – mir fällt eigentlich kein anderes Wort ein – unglücklich dieser Nichtaufstieg ist:
Die SVR hat die meisten Tore erzielt (61)
Die SVR hat die wenigsten Tore erhalten (21)
Die SVR hat die wenigsten Niederlagen kassiert (3)
Die SVR hat die wenigsten Auswärtsniederlagen kassiert (1)
Die SVR war beste Auswärtsmannschaft (30 Punkte)
Die SVR war die beste Rückrundenmannschaft (35 Punkte)
Die SVR hat 6/6 Punkte gegen den Meister aus Wattens geholt
Unter dem Strich hat man den Aufstieg auch nicht im Frühjahr verspielt, sondern in der schwachen Herbstsaison. Zwischen Juli und Anfang November erzielte man beispielsweise nur 20 Tore in 15 Spielen. Deswegen konnte der bereits genannte Rückstand von 6 Punkten auf Wattens im Endeffekt trotz großer Anstrengung nicht mehr aufgeholt werden.
Rückwirkend gesehen hat die Vereinsführung zu spät auf die teilweise inferioren Leistungen reagiert. Die sportliche Reißleine im Bezug auf den Trainer hätte spätestens nach einer der spielerischen Bankrotterklärungen im Oktober gezogen werden müssen. Damals gab es ein erzittertes 1-0 gegen Wacker II, ein inferiores 0-0 in Lafnitz, ein spätes 1-0 gegen Lustenau sowie ein glückliches 0-0 in Klagenfurt. Trotz vieler hochkarätiger Offensivspieler wurde auch nach Monaten nicht geschafft, die Mannschaft in eine Art Flow zu bringen und als selbstbewusster Titelkandidat agieren zu lassen.
Die Rücktritte von Chefcoach Thomas Weissenböck und in weiterer Folge von Sportdirektor Franz Schiemer nach dem 1:3 gegen BW Linz haben dann aber dennoch den Weg für einen Neustart und Aufstiegspush im Frühjahr geebnet.
Im Gegensatz zur Vorsaison verstärkte man sich mit Marco Grüll (St. Johann / RLW) und Patrick Eler (Leihe von Nancy) in der Winterpause auch punktgenau. Man benötigte Offensive, man bekam Offensive. Zudem spielte sich der im Herbst noch langwierig verletzte Ante Bajic immer mehr ins Rampenlicht und auch der über Strecken sehr blasse Julian Wießmeier spielte in diesem neuen Offensiv-Setup seine beste Halbsaison für Ried. Zeitweise – wie beim 6:2 in Liefering, beim 5:0 in Horn, beim 7:0 gegen Wiener Neustadt oder beim 4:3 bei Wacker II traf dieses Quartett auch quasi nach Belieben.
Die SVR macht(e) wieder Spaß
Die Aufholjagd auf Wattens (welche auch auf den oben erwähnten Kantersiegen beruhte) hat nicht nur Hoffnung gemacht, sondern die Zuschauer haben auch endlich wieder eine SVR-Mannschaft gesehen, welche über weite Strecken viel Spaß gemacht hat. Für mich persönlich hat die SVR phasenweise den besten und attraktivsten Kombinationsfußball seit der Cupsiegersaison von 2011 auf den Rasen gezaubert. Waren im Vorjahr noch die ganzen Niederlagen gegen unmittelbare Konkurrenten (z.B. 1 Unentschieden und 3 Niederlagen gegen Hartberg) der Grund für den Nichtaufstieg, so drehte dich diese Statistik heuer um fast 180°:
2 Siege gegen Wattens (5:1 Tore)
1 Sieg und 1 Unentschieden gegen Lustenau (1:0 Tore)
1 Sieg und 1 Unentschieden gegen Kapfenberg (2:1 Tore)
1 Sieg und 1 Niederlage gegen BW Linz (2:3 Tore)
2 Siege gegen Wiener Neustadt (10:0! Tore)
2 Siege gegen LASK II (4:1 Tore)
Ergibt 9 Siege, 2 Unentschieden und nur 1 Niederlage gegen die Top7 der Liga bei einem Torverhältnis von 24:6 [pers. Anm. schöne Zahl, das ist mein Geburtstag]. Außerdem war es wirklich angenehm, nur mehr zweimal pro Saison gegen einen Gegner antreten zu müssen. Definitiv einer der größten Vorteiler der 16er-Liga.
Erstaunlicherweise tat man sich aber besonders gegen die Aufsteiger und Tabellennachzügler enorm schwer. Letztendlich waren für mich auch die vier Ergebnisse gegen Steyr (1:1, 1:1) sowie Young Violets (1:2, 3:3) jene vier Partien, in denen man den Aufstieg vermutlich vergeigt hat, wenn man es an einzelnen Partien festmachen will. Aus diesen Spielen hätte man als Ried nicht 3, sondern viel mehr 8-10 Punkte holen müssen, einzig das Unentschieden zum Saisonauftakt in Steyr war gerecht bzw. am Ende sogar etwas glücklich
Die SVR rettet den Zuschauerschnitt der Liga
Die Oberösterreichischen Nachrichten haben am 3. Juni geschrieben, dass das Budget von etwa 4.5 Millionen (wobei hier die Kosten für Stadion, Akademie etc. ebenfalls inkludiert sind) erhalten bleiben sollte. Den Sponsoren und Gönnern aus der Region lege ich einen Blick auf die Tabelle der meistbesuchten Spieler der vergangenen 2. Liga Saison ans Herz. Diese wirkt eigentlich wie eine Farce:
Ranking
Spiel
Zuschauer
1.
Ried – BW Linz
4.585
2.
Ried – LASK II
4.516
3.
Ried – Austria Klagenfurt
3.816
4.
Ried – Lafnitz
3.700
5.
Ried – Vorwärts Steyr
3.697
6.
Ried – Amstetten
3.250
7.
Ried – Liefering
3.162
8.
Ried – FAC
3.150
9.
Ried – Wacker II
3.114
10.
Ried – Wattens
3.084
11.
Ried – Horn
3.015
12.
Ried – Young Violets
3.012
13.
Ried – Wiener Neustadt
3.000
14.
Ried – Kapfenberg
2.986
15.
Ried – Lustenau
2.955
16.
Steyr – Ried
2.935
(Quelle = jeweils weltfussball.at und auch ohne Gewähr)
Ich wollte eigentlich nur 10 oder 15 Spiele auflisten, bin aber bei der Recherche dieser Zahlen (danke auch an den Gestalter der #ZuschauerInnentabelle) schnell darauf aufmerksam geworden, dass die 15 Heimspiele der SVR eben die 15 bestbesuchten Spiele der Saison waren. Und auf Platz 16 findet sich mit Steyr-Ried ebenfalls ein Spiel mit Beteiligung aus dem Innviertel. Auf Platz 17 folgt Wattens gegen Lustenau, also das letzte Heimspiel des späteren Meisters, welches offensichtlich mehr als 1000 Gloryhunter ins Stadion gelockt hat. Mit einem Zuschauerschnitt von 1.114 liegt Wattens nämlich ansonsten nur am sechsten Platz der Liga (hinter Ried, Lustenau, Steyr, Amstetten und Klagenfurt).
Einige (verbitterte?!) Worte zu Wattens
Apropos. Die Bundesliga wird mit ziemlicher Sicherheit not amused sein, dass ein Verein ohne Infrastruktur (Wattens muss kommende Saison auf den Tivoli ausweichen), sowie ohne echten Fanzuspruch den zwölften Platz in der Bundesliga einnehmen wird. Es gibt in Wattens außerdem nicht wirklich eine [große] organisierte Fanbasis (welche für mich primär auf der Anzahl an Auswärtsfahrern beruht) und zudem stammt man aus einer Region, welche nicht für ihre Fußballverrücktheit bekannt ist.
Natürlich hat sich Wattens den Aufstieg (sportlich) verdient und wer nach dem 30. Spieltag ganz oben steht, darf im Endeffekt aufsteigen. Für mich war der Aufstieg auch nicht „glücklich“ (wie von Teilen unserer Fanbasis bezeichnet) – späte Tore sind auch ein Zeichen für Siegeswille und Mentalität. Dennoch ist mir nur selten eine von oben bis unten derart unsympathische Mannschaft (angeführt von Andreas Dober, Trainer Silberberger und dem übergewichtigen Tormann Oswald) untergekommen.
Für den Fußball in Österreich im Allgemeinen ist es außerdem äußerst schade (wobei ich definitiv befangen bin), dass ein Verein, welcher von einer Millionärin und Instragram-Diva geleitet wird, reüssieren kann. Ich kenne sonst keinen anderen Verein auf der Welt, bei dem die narzisstische Präsidentin der Star ist und stets im Mittelpunkt steht (stehen will).
Wenn man sich die peinliche Kulisse der letzten Partie in Horn (600 Zuschauer) anschaut, bei der trotz gesponserten Gratis-Bussen und Gratis-Eintrittskarten nur mehrere Dutzend Fans zur Mitreise ins Waldviertel bewogen werden konnte, dann kann sich die Bundesliga jetzt schon gut anschnallen.
Im schlimmsten Fall besteht das Abstiegsplayoff (ich werde sicher nie „Qualifikationsrunde“ dazu sagen) kommende Saison nämlich aus Wattens, Hartberg, Mattersburg, St. Pölten, Admira und Wolfsberg/Altach. Dann wird man sich vom großen selbstgesteckten Ziel „10.000“ [Zuschauer pro Spiel im Schnitt] weiter denn je entfernen.
Blick auf die kommende Saison
Im Gegensatz dazu werden die Zuschauerzahlen in der nächsten Saison der 2. Liga weit nach oben gehen. Dafür wird nicht nur Wacker Innsbruck (als Absteiger aus der Bundesliga) sondern primär der GAK als Aufsteiger aus der Regionalliga Mitte verantwortlich sein, welcher den direkten Durchmarsch von der letzten Klasse in die 2. Liga geschafft hat. Hier die Zusammensetzung der kommenden Liga (ohne besondere Reihung bzw. nach Bundesland):
Bundesland
Verein
Letzte Saison
Tirol
Wacker Innsbruck
Absteiger aus der Bundesliga
Oberösterreich
SV Ried
Vizemeister 2. Liga
Oberösterreich
Blau-Weiß Linz
5. Platz
Oberösterreich
LASK II
7. Platz
Oberösterreich
Vorwärts Steyr*
16. Platz
Steiermark
Kapfenberger SV
4. Platz
Steiermark
SV Lafnitz
14. Platz
Steiermark
GAK
Aufsteiger RLM
Niederösterreich
SKU Amstetten
11. Platz
Niederösterreich
SV Horn
15. Platz
Vorarlberg
Austria Lustenau
3. Platz
Vorarlberg
FC Dornbirn
Aufsteiger RLW
Wien
Floridsdorfer AC
10. Platz
Wien
Young Violets
13. Platz
Kärnten
Austria Klagenfurt
8. Platz
Salzburg
FC Liefering
12. Platz
Mit Ausnahme des Burgenlands ist also jedes Bundesland vertreten, wobei Oberösterreich (vermutlich) die meisten Teilnehmer stellen wird. Steyr ist noch mit einem Stern versehen, weil Wiener Neustadt Einspruch gegen den Lizenzentzug eingelegt hat. Sollte der Senat 5 (oder das Ständig Neutrale Schiedsgericht) den Niederösterreichern Recht geben, dann muss Vorwärts nach nur einer Saison in der 2. Liga wieder in die Regionalliga Mitte absteigen.
Lafnitz muss als 14. nicht absteigen, weil es keinen Aufsteiger aus der RLO gibt (Ebreichsdorf wollte als Meister nicht aufsteigen, Mauerwerk hat als 2. keine Lizenz erhalten bzw. das Ansuchen zurückgezogen). Horn ist als 15. gerettet, weil Wacker Innsbruck durch den Abstieg einen Dominoeffekt ausgelöst hat und die eigenen Amateure als Leidtragende absteigen müssen. Aus meiner Sicht äußerst schade, weil Wacker II keine Mogelpackung wie Liefering oder „Juniors OÖ“ ist und im Gegensatz zu den Young Violets den erfrischenderen Fußball gespielt hat.
Mit dem GAK kommt der Bundesligameister aus dem Jahr 2004 nach einem finanziellen Kollaps und vielen Jahren in der Unterklassigkeit (endlich) wieder in den Profifußball retour. Hier darf man sich tabellarisch aber vor allem auch zuschauertechnisch einiges erwarten. Die Top10 der Zuschauertabelle wird kommende Saison sicherlich nicht nur Spiele der SVR beinhalten. Mit Dornbirn kommt ebenfalls eine Traditionsmannschaft aus dem äußersten Westen Österreichs in die 2. Liga zurück, hier kann sich Lustenau auf zwei heiße Derbys freuen.
Und wer spielt um den Titel?
Es ist natürlich noch (viel) zu früh um eine fundierte Prognose abzugeben, aber meiner Einschätzung nach werden sich folgende Mannschaften den Aufstieg in die Bundesliga ausmachen: Austria Klagenfurt, Austria Lustenau, GAK und natürlich die SV Ried. Die Kärntner haben nach dem Einstieg eines Investors in der Winterpause ein ausgezeichnetes Frühjahr absolviert, belegten Platz 4 in der Rückrundentabelle, verloren dabei nur eine Partie und waren letztendlich der Rieder Sargnagel des Nichtaufstiegs.
Sollte Austria Lustenau Spieler wie Ronivaldo (den Torschützenkönig der abgelaufenen Saison) halten können, dann ist der Dauergast der zweithöchsten Spielklasse (seit 2000 ununterbrochen in dieser Liga) auf Basis der Leistungen im Frühjahr (und ohne der Führung von Hubert Nagel) ebenfalls ganz vorne dabei. Der GAK antizipiert mit Sicherheit den Durchmarsch in die Bundesliga. Sollte ein positiver Saisonauftakt gelingen, dann wird man ziemlich sicher auch (weitere) potente Geldgeber lukrieren können. Von der Historie und den Zuschauerzahlen her gehört man sowieso in die Bundesliga.
Mit Blau-Weiß Linz hingegen rechne ich nicht wirklich, weil man im Sommer einen Aderlass befürchten muss und das Frühjahr mit nur drei Siegen aus 15 Spielen einfach zu katastrophal war. Auch mit Wacker Innsbruck rechne ich nicht wirklich, der Verein wird vermutlich versuchen, sich zuerst zu konsolidieren, um nicht die nächste (finanzielle) Pleite hinzulegen. Finanziell gesehen konnte es für die Innsbrucker zudem keinen schlechteren Aufsteiger als Wattens geben. Man verliert nicht nur knapp zwei Millionen an TV-Geldern sondern durch den Aufstieg des Lokalrivalen (der wohl als FC Swarowski Tirol agieren wird) auch größere Brocken der finanziellen Unterstützung des Land Tirols.
Und was macht die SVR?
Im Gegensatz zur Vorsaison nicht in Panik verfallen. Die Unterstützung der Fans sowie vieler Sponsoren (allen voran Guntamatic, das Unternehmen hat den Vertrag als Hauptsponsor erneut verlängert) werden erneut ein äußerst stabiles Fundament für die anstehende Ligasaison bilden. Sollte ein guter Start in die Liga gelingen, dann könnte dank der Präsenz von GAK und Wacker sogar der eigene Zuschauerschnitt nochmal gesteigert werden können. Mit Steyr, BW Linz, Lustenau, Amstetten und Klagenfurt gibt es noch einige weitere verhältnismäßig attraktive Gegner, welche bei gutem Fußballwetter die Zuschauer ins Stadion locken können.
Wichtige Leistungsträger wie Lukas Grgic (2021), Marco Grüll (2021), Ante Bajic (2020), Julian Wießmeier (2020) oder Johannes Kreidl (2020) sind an den Verein gebunden. Ein Bundesligist muss also jeweils Ablöse bezahlen, um einen dieser Spieler zu verpflichten. Bei Kennedy Boateng wurde die Klausel zur Verlängerung gezogen, auch er wird daher kommende Saison weiter im Innviertel auflaufen.
Bei Patrick Eler dürften die Verhandlungen mit Nancy schleppend verlaufen. Er ist vertraglich noch eine Saison an die Franzosen gebunden, welche ihn aber los werden wollen. Sein Ligue 2 Gehalt kann sich Ried aber definitiv nicht leisten. Sollte der Slowene weiterhin in Ried verbleiben, dann bedeutet dies wohl den Abschied von Darijo Pecirep, mit 11 Toren der Toptorschütze der SV Ried in der vergangenen Saison. Für einen Ersatzstürmer in dieser Liga ist er nämlich zu gut.
Die Verträge mit Mario Kröpfl und Arne Ammerer sollten aus meiner Sicht unbedingt verlängert werden. Mayer und Takougnadi sind gute Ergänzungsspieler und sollten bei vertraglichem Zusammenfinden gehalten werden. Bei Edrisa Lubega, Flavio Dos Santos (den beiden Flops schlechthin aus der Ära Schiemer) sowie Christian Schilling stehen die Zeichen auf Abschied. Bei letzterem spricht das Hochziehen von Felix Seiwald von den JW Ried jedenfalls für diese Vorgehensweise. Auch Pius Grabher spielte unter Baumgartner keine Rolle mehr, sein Abgang wäre daher keine Überraschung.
Recht unklar ist die Vertagssituation bei Manuel Kerhe. Ihm soll angeblich ein Angebot aus Klagenfurt vorliegen. Zu Beginn der Rückserie wurde er nicht (mehr) eingesetzt, weil sich angeblich dank einer Klausel sein Vertrag (zu den bestenenden Konditionen) nach 20 Einsätzen um ein weiteres Jahr verlängert hätte. Jedoch dürfte man zu einer gemeinschaftlichen Lösung gekommen sein. Ob sein Vertrag dabei auch gleich verlängert wurde, ist nicht bekannt.
Alles in allem sollte die Qualität der Mannschaft also relativ am gleichen Niveau gehalten werden. Wichtig wird vor allem sein, das Stammteam so gut wie möglich zusammen zu halten, da hier Laufwege und Abfolgen bekannt sind und man so eingespielt in die kommende Saison starten könnte. Dies würde einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Teams wie Klagenfurt oder GAK bedeuten, da diese Teams ihre Kader sicher drastischer umbauen werden (müssen).
JWR in der Regionalliga Mitte?
Nach der gestrigen Fixierung des Vizemeisteritels in der OÖ Liga könnte es kommende Saison auch zu einer Teilnahme der zweiten Mannschaft in der dritthöchsten Spielklasse Österreichs kommen. Meister Oedt will und kann nämlich aufgrund des eigenen Stadions Sportplatzes nicht aufsteigen. Diese Causa wird sich im Laufe der kommenden Tage entscheiden.
Sportlich besann man sich bei der zweiten Mannschaft heuer auf eigene Stärken, nachdem man in der Vorsaison irgendwelche abstrusen Red-Bull-Konzepte einimpfen wollte, was zu einem unansehnlichen Fußball mit Verlierermentalität führte.
Unter Miron Muslic (der im Winter als Co-Trainer zu den Profis wechselte) und im Frühjahr Stefan Unterberger spielte heuer man eine überragende Saison mit bis dato 60 Punkten in 29 Spielen, nachdem man in der Vorsaison noch am allerletzten Spieltag um den Abstieg in die Landesliga West bangen musste.
Für die Entwicklung der Nachwuchstalente wäre eine Teilnahme an der RLM-Saison irrsinnig wertvoll, auch weil man dann Rohdiamanten wie Belmin Cirkic (heuer nach Gurten verliehen) nicht mehr an andere Teams verleihen müsste, sondern ihnen auch die gleichen Automatismen und Spielphilosophien wie den Profis beibringen könnte. Zudem sieht man viel früher, wer es auch in der 2. Liga packen könnte. Denn auch das spielerische Niveau ist um einiges höher, wie etwa der FC Wels heuer schmerzvoll erfahren musste.
Mit Herwig Drechsel wird außerdem der Rieder Jahrhundertfußballer kommende Saison nach Ried zurückkehren und die Truppe als neuer Trainer übernehmen. Damit sind erstmalig sowohl bei den Profis als auch bei den Amateuren zwei ehemalige aktive Riedkicker am Steuer.
Alle guten Dinge sind drei
Wie bereits eingangs erwähnt gleicht die SV Ried diesmal keinem Trümmerhaufen. Der Trainer bleibt, die meisten Spieler werden bleiben, viele Sponsoren bleiben und die Fans bleiben sowieso. Man hat im Laufe dieser Saison aus vielen Fehlern der Vorjahren gelernt (hier will ich auch Roland Daxl lobend erwähnen, der sich verbal stets zurück gehalten hat und auch die „persönliche“ mediale Krise rund um vermeintlicher Fördergelder bravourös und transparent gemanaged hat). Auch wenn sich der Vizemeistertitel und ein weiteres Jahr mit Lafnitz, LASK II, Horn und Konsorten derzeit noch bitter anfühlt, in spätestens drei Wochen wird sich dieses Gefühl bei den meisten gelegt haben.
Dann kann man nämlich mit dem Erscheinen des Spielplans für die kommende Saison rechnen, es wird über Spielerabgänge und -zugänge diskutiert werden können und der Dauerkartenvorverkauf startet. Ich appelliere an jede(n) mit SVR-Herz, sich eine Dauerkarte zu schnappen, auch wenn man vielleicht nicht jedes Spiel ins Stadion geben kann.
Mit der aktuellen Saison hat sich der Verein – trotz Verfehlung des großen Ziels – in meinen Augen das Vertrauen für die kommende Saison erarbeitet, was auch (bzw. speziell) finanzielle Planungssicherheit bedeutet. Diese Region und diese Fans haben sich eine SVR in der Bundesliga verdient. Und wenn man weiterhin die „alten“ Rieder Tugenden zeigt (wie etwa Bodenständigkeit und Demut) sowie auf dem Platz und neben dem Platz hart und konsequent weiter arbeitet, dann wird der Traum von der Rückkehr ins Oberhaus beim dritten Versuch auch zur Realität werden.
(Aktuelle Version: 2 – einige Tipp-Fehlerkorrekturen sowie einzelne Verbesserungen von Übergängen und Formulierungen wurden durchgeführt. Stand 3.6. um 18:08)
tl;dr – Thomas Weissenböck ist am 12. November als Cheftrainer der SV Ried zurückgetreten. Nach einer wochenlangen Offensiv- und Ergebniskrise ist der Aufstieg in die Bundesliga bereits im November in höchster Gefahr, der Abstand zum (aktuell einzigen) Konkurrenten aus Wattens liegt bei 6 Punkten. Wieder einmal war nur für wenige Monate Ruhe im Innviertel eingekehrt.
Es ist fast auf den Tag genau drei Monate her, als ich zum ersten Mal seit (gefühlten) Jahren einen positiven Beitrag über die SV Ried veröffentlicht hatte. Die SV Ried ist wieder ein Team hieß es von meiner Seite am 12. August 2018. Dieses Hochgefühl hielt auch danach noch einige Wochen an, denn Anfang September zeigte sich das nachfolgende Tabellenbild in der 2. Liga:
Als eine von zwei ungeschlagenen Mannschaften der Liga hatte man zum damaligen Zeitpunkt die vermeintlich größten Titelrivalen aus Wattens (2-1) und Liefering (3-0) in die Schranken gewiesen. Besonders die Leistung an einem 35°C heißen Sonntagvormittag gegen Wattens hatte es allen Anhängern der SVR angetan. Durch viel Leidenschaft, Kampfgeist und auch spielerische Klasse konnten die Kristall-Buam mit einer Niederlage nach Tirol heimgeschickt werden. Man hatte das untrügliche Gefühl, dass im Innviertel wieder ein zartes Pflänzchen am gedeihen war.
Kaum jemand konnte zu diesem Zeitpunkt erahnen, dass nur drei Monate später eine Herbstdepression im Innviertel vorherrschen würde. Vergleicht man nämlich den Saisonstart mit den acht nachfolgenden Runden, so zeigt sich ein völlig konträres Tabellenbild:
Seit der Länderspielpause im September hat man neun Punkte gegenüber Wattens verloren, acht Punkte gegenüber BW Linz (die jedoch auf den Aufstieg verzichten und deswegen kein echter Konkurrent sind). Von acht Spielen wurden gleich drei verloren. Am unglaublichsten ist allerdings der Fakt, dass man mit einer reinen Profimannschaft mit vielen bundesligaerfahrenen Spielern seither die wenigsten Tore der Liga erzielt hat.
Ein Torverhältnis von 7:6 in acht Spielen erinnert an eine durchschnittliche Catenaccio-Mannschaft aus der Serie A der späten 80er-Jahre. Durch die drei Gegentore am Freitag im Heimderby gegen BW Linz kann man nicht einmal mehr auf die beste Defensive der Liga verweisen, auch dieses Prädikat muss man sich mittlerweile mit Wattens teilen (die aber gleichzeitig 12 Tore mehr erzielen konnten).
Daher kam kam die Pressemeldung der SV Ried am Nachmittag des 12. November 2018 (zumindest für mich) nicht ganz überraschend.
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Nach 208 Tagen (bzw. 25 Spielen) trat Thomas Weissenböck freiwillig als Chefcoach der SV Ried zurück. Man muss ihm diese Entscheidung persönlich hoch anrechnen, denn (bei weitem) nicht jeder Trainer hätte zu diesem Zeitpunkt eine solche Entscheidung getroffen. Als Begründung gab er an, „der Mannschaft keine Impulse mehr geben zu können“.
Die schwachen, teilweise lethargischen Leistungen der vergangenen Wochen sind auch ein schlagkräftiges Indiz für seine Aussage. Mich hat zudem ziemlich verärgert, dass das unterirdische 0-0 bei Austria Klagenfurt mit „fehlender Spritzigkeit“ nach drei Spielen in einer Woche argumentiert wurde – in einer Saison mit so wenigen Pflichtspielen wie nie zuvor.
Auch waren einige Entscheidungen (wie etwa die kurzfristige Umstellung auf eine Dreierkette mit Thomas Reifeltshammer als linken Verteidiger gegen BW Linz, oder aber die Umstellung von Dreierkette auf Viererkette mit Flavio Dos Santos in der Startelf gegen den FAC) von außerhalb nur schwer nachzuvollziehen.
Nebenbei war bis zuletzt keine spielerische oder taktische Weiterentwicklung erkennbar – eher im Gegenteil, die Leistungen wurden zuletzt immer dürftiger obwohl zuletzt erstmalig der gesamte Kader zur Verfügung stand. Deswegen hat Weissenböck auch mein persönliches Vertrauen, das Ruder noch herumreißen zu können, im Laufe der letzten Wochen verloren.
Der gebürtige Grieskirchner wird den Verein jedoch nicht verlassen, sondern in das 2. Glied zurück rücken und wieder im Nachwuchs der SV Ried tätig sein. Auch dies ist für mich eine gute Entscheidung, weil Weissenböck zweifelsohne ein harter Arbeiter ist, welcher über die letzten Jahre hinweg auch nachhaltige Arbeit im Nachwuchsbereich geleistet hat und dort nicht mehr im Rampenlicht steht.
In die Rolle des Cheftrainers wurde er nach dem Hinauswurf von Lassaad Chabbi mehr oder weniger hinein gedrängt, auch weil Sportdirektor Franz Schiemer sich im Frühjahr von allen anderen Kandidaten nur Absagen einfing. Zu dieser Farce („Schinkels-Gate“) habe ich damals meine klare Meinung abgegeben.
Im Sommer kam es für viele nach dem verpassten Aufstieg auch überraschend, dass Weissenböck trotzdem den Vertrauensbeweis erhielt und das Amt weiterhin ausführen durfte. Dies wurde mitunter auch als Indiz für eine vermeintlich schwierige finanzielle Lage des Vereins nach dem kolportierten „All-In-Poker“ rund um den Aufstieg angesehen.
Für die Kaderplanung zeichnen sich andere verantwortlich
Es waren nämlich immer noch Roland Daxl und die anderen Vorstandsmitglieder, die im Februar 2017 den Novizen Franz Schiemer in einer schwierigen Situation zum neuen Sportdirektor bestellt hatten. Und es sind immer noch der Finanzvorstand und der Sportdirektor, welche den Kader der Vorsaison und der aktuellen Saison zusammengestellt haben.
Dabei wurden auch heuer wieder einige fragwürdige Entscheidungen getroffen. Mit Thomas Fröschl wurde etwa ein verdienter Spieler, welcher die Rieder Tugenden beispielhaft symbolisiert hat, im Sommer kommentarlos gegangen. Und genau solche Fußballarbeiter fehlen im aktuellen Kader. Ebenso fehlt ein Leadertyp oder Routinier in Defensive und/oder Mittelfeld, welcher den jungen Teamkollegen in schwierigen Situationen am (und auch neben dem Feld) sagen kann, wo es lang geht.
Im letzten Winter ließ man Marko Stankovic nach Indien ziehen, was sich im Nachhinein als Fehler entpuppte. Mit Cabrera, Mader, Grünwald (und auch Dober) verfügt Wattens übrigens gleich über mehrere dieser Spielertypen, welche für eine gute Balance mit den jungen Talenten sorgen.
Doch man muss nicht weiter als nach Linz blicken. Wie man für einen Umbruch binnen eines Sommers sorgen kann, hat BW Linz heuer mit einer Mischung aus arrivierten Oberösterreichern (Hartl, Fröschl, Grasegger) und talentierten Legionären (Canillas, Alan) bewiesen. Wie man Mario Ebenhofer (letzte Saison bei Wiener Neustadt 5 Tore und 10 Assists) als Tabellenletzter der Vorsaison ohne Gegenwehr ablösefrei verpflichten konnte, ist mir bis heute ein Rätsel.
Wie auch immer, in Ried wäre ein ähnlicher Umbruch im Sommer wohl an den (vergleichsweise) hochdotierten Bundesliga-Verträgen von Derzeit-Nicht-Leistungsträgern wie Wießmeier, Ziegl oder Reifeltshammer gescheitert, welche [also die Verträge] man mitschleppen muss. Immerhin konnte man im Sommer das Gehalt von Thomas Gebauer an den LASK abgeben und dafür mit Johannes Kreidl eine ohnehin jüngere und bessere Nummer Eins verpflichten.
SV Hollywood Ried
Apropos LASK. Jahrelang (jahrzehntelang) nahmen die Linzer dankenswerterweise die Rolle des FC Hollywood Oberösterreich ein: Die Affäre rund um Wolfgang Rieger, die „Fusion“ mit dem FC Linz, der Abstieg 2001 (inkl. sechs Jahren in der Zweitklassigkeit), die Präsidentschaft von Peter-Michael Reichel, der erneute Abstieg 2011, der Zwangsabstieg in die Regionalliga im darauf folgenden Jahr, der Nichtaufstieg in die Bundesliga als Aufstiegsfavorit – zwischen 1998 und 2015 sorgten die Linzer für viel (Schaden-)Freude unter den Anhängern der SV Ried.
In der gleichen Zeit holte die SV Ried zweimal den österreichischen Pokal, wurde Vizemeister der Bundesliga, spielte mehrfach im Europacup und galt in der Ära Paul Gludovatz unter vielen Experten aufgrund jahrelanger kontinuierlich guter Arbeit sogar als inoffizieller Bestandteil der „Top 5“ der Bundesliga (neben Rapid, Salzburg, Sturm und Austria).
Doch wie bereits erwähnt schlägt das Pendel seit wenigen Jahren (massiv) in die andere Richtung. Seit der Übernahme der Linzer durch die Freunde des LASK leistet man in Linz (bzw. Pasching) kontinuierlich gute Arbeit. Dies muss man bei aller Abneigung anerkennen.
Seit der Abgang von Oliver Glasner von Ried zum Erzrivalen nach Linz am Pfingstwochenende 2015 an die Öffentlichkeit drang, entfernen sich beide Mannschaften diametral zueinander. Der LASK ist aktuell die zweitbeste Mannschaft Österreichs. Handschrift, Taktik und Konzept des Trainers sind stets klar erkennbar. Die Kaderplanung von Glasner (der ebenfalls Sportdirektor ist) war während der letzten Jahre nahezu unfehlbar (Goiginger, Trauner, Joao Victor usw.) – in etwa wie dies vor einem Jahrzehnt noch bei Stefan Reiter in Ried der Fall war.
Seit die ehemalige Ried-Legende das Traineramt bei den Linzern übernommen hat, haben Trainer in Ried circa die gleiche Lebenszeit wie eine Heuschrecke. Schwarz auf weiß untermauert dies eine nachfolgende Aufstellung der Trainer, welche seit Mai 2015 (das sind 42 Monate) in Ried im Amt waren (vielen Dank an den ASB-User „meniqo“ für diese detaillierte Aufstellung):
Trainer
Amtsdauer
Punkteschnitt
Thomas Sageder (Interim)
6 Tage (1 Spiel)
1.00
Helgi Kolvidsson
76 Tage (6 Spiele)
0.76
Paul Gludovatz II
274 Tage (33 Spiele)
1.33
Christian Benbennek
272 Tage (25 Spiele)
0.92
Lassaad Chabbi
397 Tage (42 Spiele)
1.55
Franz Schiemer (Interim)
16 Tage (3 Spiele)
1.33
Thomas Weissenböck II
208 Tage (25 Spiele)
1.88
Miron Muslic (Interim)
???
???
Selbst wenn man die Interimslösungen aus der Gleichung nimmt, kommt man immer noch auf fünf verschiedene Trainer in knapp dreieinhalb Jahren. Kontinuität Fremdwort, wie Wolf Haas es vielleicht formulieren würde. Doch wer ist an dieser fehlenden Kontinuität der „neuen Nummer 3“ von Oberösterreich nun wirklich verantwortlich?
Aus viel wird wenig gemacht
Bis jetzt ist (zumindest offiziell) nicht klar, was das heurige Saisonziel ist. Mitunter hat man als Saisonziel eine „Entwicklung“ (ugh) der Mannschaft genannt. Mit dem höchsten Gesamtbudget der Liga sollte man jedoch zumindest im November noch annähernd um den Titel mitspielen. Dies ist aktuell nicht der Fall. Weder tabellarisch und spielerisch schon gar nicht.
Fun fact: seit dem Abstieg war die SVR in exakt 50 Ligaspielen auch 50x der Quotenfavorit auf den Sieg bei den Wettanbietern (Quelle = bwin). Dies kommt nicht von ungefähr – letzte Saison verfügte man über den teuersten Kader der Liga und auch heuer befindet man sich auf einer Stufe mit Wattens (lt. Schiemer verfügt man über das zweithöchste Kaderbudget nach den Tirolern).
An dieser Stelle muss auch die verhältnismäßig überragende Infrastruktur angeführt werden, welche man in Ried vorfindet: ein voll-überdachtes Stadion mit Rasenheizung in Vereinsbesitz, eines der modernsten Trainingszentren in Österreich, eine Nachwuchsakademie. Nicht nur in der 2. Liga sondern sogar auch in der Bundesliga würde man hiermit aktuell weit vorne mitspielen. Doch Infrastruktur schießt ebenso wie Geld keine Tore.
Wenn von den äußeren Bedingungen her alles passt, dann muss man sich die Entscheidungsträger genauer ansehen. Die allgemeine Kritik und Unzufriedenheit fokussiert sich immer wieder auf den Finanzvorstand Roland Daxl, den so genannten „starken Mann“ der SV Ried. Mehreren Quellen zufolge kam es am vergangenen Freitag nach dem Derby im VIP-Club der josko Arena bis in die frühen Morgenstunden zu (freundlich ausgedrückt) intensiven Diskussionen zwischen VIP-Club-Besuchern und den Vorstandsmitgliedern Daxl sowie Thomas Gahleitner.
Während der vergangenen Saison hatte ich Daxl und auch Sportdirektor Franz Schiemer in meinen Blogartikeln mehrmals (stark) kritisiert. Vor allem, weil vor Saisonbeginn ein nahezu unmenschlicher Erfolgsdruck auf die Mannschaft auferlegt wurde, an dem man letztendlich zerbrach.
Heuer hat man diese Taktik um 180° geändert, aus Erfolgsdruck wurde (zumindest in der Kommunikation nach außen) Montessoripädagogik. Denn von Daxl hört und liest man gar nichts mehr, von Schiemer kamen zumeist nur lapidare Kommentare. So nach dem Motto „sind eh alle brav“.
Es ist offenbar nicht möglich, Ergebnisse oder Entwicklungen in der Außenkommunikation halbwegs realistisch einzuschätzen. Kein Mensch mit Affinität für die SVR (weder Anhänger noch Sponsor) glaubt der Führungsriege, wenn behauptet wird, dass man mit dem aktuellen 3. Platz zufrieden sei.
Wer hat Angst vor den Amateuren? (Wir)
Zum Thema Außenkommunikation: in der Woche vor dem Cup-Ausscheiden gegen Wiener Neustadt wurde die Defensive in den Himmel gelobt – blieb man doch immerhin sechsmal en suite ohne Gegentor. Dass man in den letzten vier dieser sechs Spiele jedoch selber nur zwei Tore erzielen konnte, wurde beiläufig unter den Tisch gekehrt.
Die Gegner in diesen vier Spielen lauteten Wacker Innsbruck II, SV Lafnitz, Austria Lustenau und Austria Klagenfurt. Das sind drei Aufsteiger und zwei Halbprofiteams. Der Sieg gegen Wacker II fiel letztendlich glücklich aus, selbiges gilt für die beiden inferioren Auswärtsspiele in Lafnitz und Klagenfurt, welche jeweils mit 0-0 endeten. Lediglich (ausgerechnet?) beim 1-0 gegen Lustenau wurde eine wirklich ansprechende spielerische Leistung geboten.
Für mich grenzten diese Aussagen daher teilweise an Realitätsverweigerung (noch dazu von einem Sportdirektor wie Schiemer, der vergangene Saison noch RB-Offensiv-Power-Fußball spielen lassen wollte).
Generell zieht sich das „Amateurproblem“ durch die gesamte Saison. Von sieben Spielen gegen Amateurteams konnten nur die Heimspiele gegen Horn und Wacker II gewonnen werden. In Steyr, Amstetten, Lafnitz und Klagenfurt setzte es jeweils Unentschieden, gegen die Young Violets Austria Wien verlor man zuhause sogar.
Die möglichen Gründe für den Leistungsabfall gegenüber den Spielen gegen Topteams (gegen Wattens, Liefering, Kapfenberg, Austria Lustenau und Wiener Neustadt konnte man jeweils gewinnen) kann man sich wohl bis heute nicht erklären.
Hat man die vermeintlich schwächeren Gegner unterschätzt? Kommt man mit einer Dorfplatz-Atmosphäre (wie in Lafnitz) nicht zurecht? Hat man sich von den teilweise hart agierenden Mannschaften die Schneid abkaufen lassen? Hat man die Gegner nicht gut genug oder oft genug beobachtet? Fragen über Fragen – was auch immer die richtige(n) Antwort(en) sind, für viele dieser Ergebnisse kann ich dann Thomas Weissenböck doch nicht aus der Verantwortung nehmen.
Die eigenen Amateure
Im schlimmsten Fall geht man aufgrund dieser unterdurchschnittlichen Ergebnisse mit einem Rückstand von neun Punkten (und dem schlechteren Torverhältnis) gegenüber Wattens in die dreimonatige Winterpause. Sollte man in der zweiten Runde des Frühjahres das direkte Duell in Tirol verlieren, so kann man bereits Ende Februar für die nächste Saison in der Zweitklassigkeit planen.
Ob man am Ende der Saison Platz 2 oder Platz 13 belegt, spielt in dieser Liga keine Rolle. Und sollte der vorher genannte worst case eintreten, so kann man nur auf einen radikalen Umbruch im Team hoffen. Dass man Mannschaften binnen kurzer Zeit auch (wirklich) weiterentwickeln kann, beweist heuer Miron Muslic (siehe Foto unten) bei den Ried Amateuren (ich verbitte mir den Ausdruck „Junge Wikinger„).
Nachdem man vergangene Saison unter Florian Königseder dem Abstieg erst in der allerletzten Runde entgehen konnte, so spielt die (verjüngte) Truppe des gebürtigen Tirolers heuer um den Titel mit. Mit 29 Punkten zur Winterpause liegt man nur um 3 Punkte hinter dem Endwert der vergangenen Saison.
Wer den Ried Amateuren heuer einmal (oder mehrmals, wie in meinem Falle) bei der Arbeit zugesehen hat, der weiß bei welcher Mannschaft im Herbst in der josko Arena der bessere Fußball gespielt wurde. Aggressiver, direkter Offensivfußball mit einstudierten Spielzügen führten zu bemerkenswerten Ergebnissen wie einem 7-0 gegen Weißkirchen, einem 1-1 gegen den übermächtigen Meister aus Oedt oder zuletzt einem 2-1 gegen den Fast-Herbstmeister von Donau Linz.
Deswegen bin ich auch auf die kommenden (Trainings-)Tage in Ried gespannt. Unter Interimstrainer Muslic wird nämlich dort ein anderer Wind wehen – basierend auf den sechs Spielen welche ich im Herbst gesehen habe, steht er nämlich ab und zu nicht an der Seitenlinie, sondern er brodelt wie ein Vulkan. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich einige vermeintliche Stammspieler im letzten Spiel der Hinrunde gegen die OÖ Juniors nicht im Kader wiederfinden werden.
Und sollte es ab März wirklich nur mehr um die Goldene Ananas gehen (unter welchem Cheftrainer auch immer), dann kann man nur hoffen, dass Nachwuchstalente wie beispielsweise Belmin Cirkic (ein technisch überragender Spielmacher mit Freistoßqualitäten), Felix Seiwald (linker Verteidiger) oder Daniel Pointner (defensiver Mittelfeldspieler) vermehrt zum Einsatz kommen und dafür Profi-Treibholz (ich will hier keine Namen nennen) abgegeben wird.
Denn im Gegensatz zu einigen lethargischen Profis geben diese Nachwuchsspieler jedes Mal 90 Minuten Vollgas für ihre Mannschaft und sind dem Verein auch (viel tiefer) verbunden. Abgesehen davon will ich aus dem aktuellen Profikader auch Johannes Kreidl (22) sowie Constantin Reiner (21), Kennedy Boateng (21), Arne Ammerer (22) und Ante Bajic (23) positiv hervorheben. Bei diesen Spielern hat man immerhin das Gefühl, dass sie nicht stagnieren (oder abbauen) – ganz im Gegenteil zu den so genannten Ried-Urgesteinen oder fast allen verbliebenen Neuverpflichtungen aus der Ära Chabbi.
Die Zuschauer bleiben da
Der (im Endeffekt völlig verdiente) Abstieg vor zwei Jahren war ein Tiefpunkt der Rieder Fußballgeschichte. Dieser wurde im vergangenen Jahr vom Nichtaufstieg jedoch noch einmal (im negativen Sinne) getoppt. Doch ganz egal wo gespielt wird: „Ob erste oder zweite Liga – wir sind alle treue Rieder“ heißt es in einem bekannten Fangesang. Und dieser Inhalt wird nicht nur gesungen, denn auch heuer halten die (meisten) Anhänger der SV Ried weiterhin unerbittlich zu ihrer Mannschaft. Dies beweist ein Blick auf die Zuschauerzahlen der aktuellen Saison:
Mit einem Zuschauerschnitt von 3.424 Zuschauern nach sieben Heimspielen hat man bei jedem Heimspiel im Schnitt 1.400 Zuschauer mehr als der zweitbeste Verein aus dieser Aufstellung. Auf die gesamte Liga gerechnet waren sogar 19% der Gesamtzuschauer der bisherigen Saison in der josko Arena zu Gast.
Der aktuelle Schnitt übertrifft auch jenen der Admira und Mattersburg aus der Bundesliga, vom Sensationsaufsteiger aus Hartberg und der Überraschungsmannschaft aus St. Pölten ist man nicht weit entfernt. Im Gegensatz zu den Bundesligisten durfte man in Ried jedoch nicht Rapid, Salzburg oder den LASK begrüßen, sondern Horn, Young Violets und Liefering.
Es ist durchaus bemerkenswert, wie treu und leidensfähig eine Vielzahl an Anhängern ist. Nach der zweiten Chance (nach dem Abstieg) gaben die meisten der Mannschaft und Verein auch heuer eine dritte Chance (nach dem verpassten Wiederaufstieg). Ob es jedoch eine vierte Chance geben wird, steht derzeit noch in den Sternen.
Denn auch Leidensfähigkeit und Geduld der treusten Fans haben irgendwann ihr Ende. Bereits vergangenen Freitag hallten „Trainer raus“ und „Schiemer raus“ Sprechchöre durch das Stadion. Der Unmut und die Unzufriedenheit unter den Fans (und Fanclubs) ist aktuell auf einem noch nie da gewesenen Level. Dies bemerkt man bei jedem Gespräch mit langjährigen Ried-Anhängern. Eine Mischung aus Resignation und Wut hat sich im Laufe der vergangenen Wochen im Innviertel breit gemacht.
Vor allem das völlig unnötige Cup-Out im Heimspiel gegen Wiener Neustadt (mit einem Mann mehr am Platz hat man beim Stand von 1-1 einen Elfmeter verschossen und anschließend noch verloren) war bezeichnend für die aktuelle Situation des Vereins. Hier wurde fahrlässig ein etwaiges Heimspiel gegen Rapid, Salzburg oder den LASK verspielt. Ein volles Stadion hätte neben dem Startgeld und TV-Geldern einen segenreichen Obolus in sechsstelliger Höhe für die Vereinskasse bedeutet.
Quo vadis SV Ried, schon wieder.
Fehlende bzw. sinkende Zuschauereinnahmen sind (neben fehlenden TV-Geldern) auch ein großes finanzielles Problem für die SV Ried. Im Laufe der letzten Tage habe ich auch Gerüchte vernommen, dass die Saison 2018/2019 zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht ausfinanziert sei. Die Substanz hinter diesen Gerüchten kann ich freilich nicht verifizieren.
Aufgrund der diversen Ausgangsbedingungen der 2. Liga dürfte es allerdings nicht einfach sein, den Profibetrieb (auf mittelfristige Sicht in der Zweitklassigkeit) aufrecht zu erhalten.
Im vergangenen Sommer wurde der Sparstift notgedrungen nicht nur bei der Kaderplanung angesetzt, sondern u.a. auch bei Angestellten (z.B. Co-Trainer, Nachwuchstrainer) oder etwa Auswärtsspielen (bei kürzeren Anreisen verzichtet man auf die Anreise am Vorabend inkl. Übernachtung). Welche Konsequenzen ein erneuter Nichtaufstieg auf die kommende Saison haben würde, will ich mir derzeit (noch) nicht einmal vorstellen.
Denn wäre der Aufstieg letzte Saison theoretisch so leicht wie nie zuvor (zwei Aufstiegsplätze, ein Relegationsplatz) realisierbar gewesen, so wäre es heuer ebenfalls noch relativ einfach (gewesen?). Ab kommender Saison wird der Aufstiegskampf wieder deutlich schwieriger werden, mit der Admira, Altach, Mattersburg oder Innsbruck (diese Vereine sind am wahrscheinlichsten) wird die Liga nämlich wieder durch einen namhaften Verein bereichert werden.
Ein zweiter namhafter Gegner wird höchstwahrscheinlich GAK heißen, die Grazer liegen derzeit mit Respektabstand an der Tabellenspitze der Regionalliga Mitte. Durch den Absteiger aus der Bundesliga, BW Linz, Austria Lustenau und dem GAK würde man kommende Saison dann wohl auch zum ersten Mal nicht mehr der (Quoten-)Favorit auf den Aufstieg sein.
Im Februar 2017 wurde als mittelfristige Zielsetzung eine Rückkehr in den Europacup angestrebt. Knapp eineinhalb Jahre und viele unglückliche Entscheidungen später ist die SV Ried hingegen so weit entfernt vom Europacup wie schon seit 28 Jahren nicht mehr. Die kommenden Monate und Entscheidungen der Vereinsverantwortlichen werden es zeigen, ob das Fußballwunder Ried (zumindest vorerst) Geschichte ist oder doch noch ein neues Kapitel geschrieben werden kann.
„Oben (in der Bundesliga, Anm.) ist es Freizeitdienstleistung, Glitzer, Glamour, Show, Schampus und Scampi. Unten ist es Leberkäse und Bier.“ Bundesligavorstand Reinhard Herovits, 24. Juli 2018
Gleich mal vorweg: wenn man bodenständige Vereine wie Mattersburg, Hartberg oder die Admira betrachtet, dann sind Schampus und Scampi in dieser Aussage genau so deplatziert wie Skirennen im Oktober. Und wenn die 2. Liga heuer Leberkäse und Bier symbolisieren soll, dann handelt es sich dabei mehrheitlich um abgestandenes Bier und Leberkäse über dem Verfallsdatum.
Nach diesem etwas polemischen Einstieg in meinen Blogbeitrag gehe ich sofort in medias res. 12 von 30 Runden der „neuen“ 2. Liga sind absolviert, Grund genug mir die augenscheinlichsten Trends und Auffälligkeiten der letzten vier Monate anzusehen.
Ein Disclaimer vorweg: es handelt sich dabei um meine persönliche Meinung, welche durch Empfindungen, Gesprächen mit anderen ligainteressierten Menschen und Artikeln untermauert ist.
Zurück ins 20. Jahrhundert
Besonders schlimm ist der technische Rückschritt beim Übertragungsstandard. 2003 hat sky (damals noch als Premiere) die zweithöchste Spielklasse als Red Zac Erste Liga (später ADEG Erste Liga, noch später skyGo Erste Liga) in ein neues Zeitalter gehievt. Von einer Saison auf die andere gab es plötzlich Liveübertragungen von allen Spielen, fixe Spieltermine am Freitag um 18:30 bzw. 20:30 und kompetente Kommentatoren bei jedem Spiel. Die Liga wurde zur Marke, die Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Bundesliga wurde gesteigert und dadurch konnten die Aufsteiger in die Bundesliga auch meistens unmittelbar auftrumpfen – egal ob jetzt Grödig bzw. Altach unter Hütter, Ried unter Hochhauser oder der WAC unter Bjelica.
Der Ausstieg von sky aus der 2. Liga war für mich persönlich mehr als verständlich. Weder das Ligaformat noch die Vereinsstruktur kann als Premiumprodukt bezeichnet werden (und soll es auch nicht gemäß Herovits-Aussage). Die Laola1-Streams der Spiele sind zwar nett gemeint, meistens aber technisch ungenügend (auch mit Premium-Abo) umgesetzt (mit zwei Kameras und Übertragungsrucksack). Die Qualität des Kommentars ist im Vergleich mit den Kapazundern von sky wie etwa Trukesitz, Paternina oder Konrad leider ungleich schlechter (und teilweise werden auch halblustige Kabarettisten als „Experten“ verpflichtet) und wirkt bei weitem nicht so vorbereitet und/oder souverän.
Mir war Laola1 und viele seiner Reporter wirklich immer sehr sympathisch, aber mit dem Spieltermin am Sonntag und der Umsetzung der Ligarechte wurden viele Sympathien verspielt.
Ebenfalls gab es dank Opta Sports vielfältige Statistiken aus der 2. Liga (bzw. damals noch Erste Liga) – Ballbesitz, Fouls, durchschnittliche Feldpositionen, Zweikampfwerte usw. – im Grunde alles, was das Statistikerherz begehrte. Dies ist seit heuer passé. Der Vertrag mit dem Dienstleister wurde nicht verlängert (oder gekündigt?). Seit heuer liefert Sportradar/Laola1 die Statistiken: nämlich Tore, Assists und Karten. That’s it. Ein Zustand wie in grauer Vorzeit des Fußballsports. Ohne eigenes Equipment (wie etwa FieldWiz bei Ried) hätten die Vereine sämtliche wichtigen Informationen hinsichtlich der Performance der eigenen Spieler verloren.
Abgesehen davon schafft es nicht einmal die eigene Website der 2. Liga, die Zuschauerzahlen anzuzeigen. Diese muss man sich über Portale wie weltfussball.at oder alternativ direkt bei fussballoesterreich.at besorgen. Vermutlich hat dies auch taktische Gründe, dass die Zuschauerzahlen auf der offiziellen Seite nicht angezeigt werden, auf diese Weise muss sich niemand über die deprimierenden Zahlen schämen. Dies bringt mich direkt zur Zuschauerentwicklung.
Das Zuschauerinteresse ist begrenzt
12 von 16 Vereinen der Liga konnten im Vergleich zum Vorjahr bislang zwar einen leichten Anstieg der Zuschauerzahlen verzeichnen. Weil die Zuschauerzahlen in meiner initialen Berechnung etwas kontrovers diskutiert werden, habe ich mich am 2. November im Nachhinein zu einer separierten Darstellung entschlossen. Zunächst die Zuschauerzahlen der Vereine, die bereits in der Vorsaison in der 2. Liga agierten (Quelle für die Zahlen = weltfussball.at):
Verein
Zuschauerschnitt 17/18
Zuschauerschnitt 18/19 (nach 12 Spielen)
Veränderung
SV Ried
3.595
3.188
– 407 [-11.3%]
Austria Lustenau
2.079
1.620
– 459 [22.1%]
Blau Weiß Linz
1.159
1.458
+ 299 [+25.8%]
WSG Wattens
1.194
1.067
– 127 [-10.7%]
Kapfenberger SV
719
794
+ 75 [+10.4%]
Floridsdorfer AC
526
617
+ 91 [+17.3%]
Wiener Neustadt
1.070
566
-504 [-47.1%]
FC Liefering
343
393
+ 50 [14.6%]
GESAMT (Bestand)
1.336
1.213
-123 [-9.2%]
Vier Vereine weisen Negativtendenzen auf, vier Vereine konnten den Zuschauerschnitt steigern. Insgesamt ist der Schnitt dennoch um knapp 10% gesunken, da es sich bei den Zuwächsen bei Kapfenberg, Floridsdorf und Lieferung jeweils nur um zweistellige Zahlen handelt. Wirklich merklich positiv nur der Zuwachs bei BW Linz, der allerdings der Tabellensituation geschuldet ist.
Zurücklaufend ist sie größtenteils auch genau bei jenen Vereinen, welche letzte Saison die höchsten Zuschauerzahlen vermeldeten. Bedenklich ist die Situation beim Aufstiegsfavoriten aus Wattens, der (wohl hauptsächlich wegen des Ligenwechsels von Wacker Innsbruck) als Tabellenführer einen niedrigeren Zuschauerschnitt aufweist als in der Vorsaison.
Noch viel dramatischer schaut es beim SC Wiener Neustadt aus, bei dem nach dem Nichtaufstieg die Luft komplett raus sein dürfte, die Zuschauerzahlen haben sich jedenfalls halbiert. Aber auch Kapfenberg hat am vergangenen Samstag beim Spiel gegen Wiener Neustadt mit 330 (!) Zuschauern negativ aufhorchen lassen.
Nachfolgend die Entwicklung bei den Aufsteigern (vielen herzlichen Dank vor allem an @richard_TRK aber auch an @jemerich8 für die Organisation der letztjährigen Zuschauerzahlen der ehemaligen Regionalligisten):
Verein
Zuschauerschnitt 17/18
Zuschauerschnitt 18/19 (nach 12 Spielen)
Veränderung
Vorwärts Steyr
1.236 (RLM)
2.133
+ 897 [+73%]
SKU Amstetten
961 (RLO)
1.380
+ 419 [+43.6%]
SV Horn
732 (RLO)
743
+ 11 [+1.5%]
SV Lafnitz
517 (RLM)
736
+ 219 [+42.3%]
Austria Klagenfurt
275 (RLM)
650
+ 375 [+136%]
OÖ Juniors
167 (RLM)
375
+ 208 [+124%]
Young Violets
258 (RLO)
370
+ 112 [+43.3%]
Wacker Innsbruck II
120 (RLW)
254
+ 134 [+116%]
GESAMT (Aufsteiger)
533
830
+ 297 [+35.8%]
Alle Aufsteiger konnten eine Zuschauerzuwachs verzeichnen, teilweise um mehr als 100%. Wirklich markant ist allerdings nur der Zuwachs von durchschnittlich 897 Zuschauern in Steyr. Dafür hauptverantwortlich zum Teil auch die Auslosung, zwei der drei interessantesten Heimspiele der Saison (die beiden Derbys gegen Ried und Amstetten) sind bereits absolviert.
Um einen ligaweiten Gesamtvergleich machen zu können, rechne ich die Zuschauerzahlen von Wacker Innsbruck (3.627) und Hartberg (1.180) zu den Bestandsvereinen. Auf dieser Basis ist der Schnitt der Liga (nach 12 Runden) um 35% zurück gegangen.
Die dreistelligen Zuschauerschnitte ab Kapfenberg werden mitunter auch in der letzten österreichischen Spielklasse erreicht. Was sind nun also die Gründe für den Zuschauerrückgang (der sich mit fortlaufendem Herbst noch drastischer auswirken wird)?
Beispielsweise machen es die unterschiedlichen Anstoßzeiten (u.a. Freitag 19:00, Freitag 19:10, Freitag 20:30, Samstag 14:30, Samstag 20:20, Sonntag 10:30, Sonntag 14:30) und relativ kurzfristigen (übertragungsbedingten) Verschiebungen dem passionierten Stadiongänger nahezu unmöglich, eine langfristige Freizeit- bzw. Matchplanung zu vollziehen.
In der Bundesliga gibt es heuer genau drei verschiedene Spieltermine an zwei verschiedenen Wochentagen. Auf Formel 1 oder Schifahren muss dank des Rechteverlusts des ORF endlich keine Rücksicht mehr genommen werden.
Sonntag 10:30
Ein besonderer Dorn im Auge ist für viele Menschen aus der aktiven Fanszene die Sonntagsmatinee um 10:30, welche als das „Laola1 Top-Spiel der Woche“ vermarktet wird. Hier wird keinerlei Rücksicht auf Auswärtsfans genommen und Terminisierungen wie etwa BW Linz gegen Austria Lustenau (470 km), Ried gegen Lustenau (375 km), Ried gegen Wattens (240 km) oder Wiener Neustadt gegen Ried (270 km) angesetzt.
Als Lustenauer muss man also durchschnittlich um 04:00 in der Früh wegfahren, um seinen Verein in die Fremde begleiten zu können. Mit den traditionellen Sonntagsmatineen in der Wiener Stadtliga mit einer Anreise von wenigen Kilometern ist dies nur schwer (bzw. eigentlich gar nicht) vergleichbar. Man könnte diesen Termin auch verwenden, um Lokalduelle (z.B. FAC – Young Violets, Lafnitz – Kapfenberg, OÖ Juniors – Vorwärts Steyr) anzusetzen, welche auch anreisetechnisch vertretbar wären. Eine mangelnde Attraktivität von Übertragungen durch Geisterkulissen scheint jedoch kein Problem für die Bundesliga zu sein.
Schenkt man Angestellten aus der Wettbranche Glauben, dann gibt es diesen Spieltermin sowieso nur, weil um diese Zeit ansonsten wenige bis gar keine anderen Spiele stattfinden und man damit auch den asiatischen Markt bedienen kann.
Einem Insider zufolge erreichen die Sonntags-Streams auf Laola1 nur manchmal vierstellige Zahlen, verbleiben jedoch zumeist im dreistelligen Bereich. Dies kann ich nicht verifizieren, klingt jedoch glaubhaft, weil auch die Streamingzahlen von A1 in der Bundesliga nicht viel besser sind.
Fernsehgelder von Laola1 an die Vereine gibt es übrigens (meinem Wissensstand nach) keine. Die Übertragungen werden als Service für den interessierten Nutzer vermarktet. Nur als Vergleich: Hartberg und Wacker Innsbruck kassieren durch den Aufstieg in die Bundesliga heuer knapp 2 Millionen mehr an TV-Geldern als die Vereine in der 2. Liga. Für den Großteil der Zweitligaclubs stellen diese Summen mehr als das Jahresbudget dar.
Viele unattraktive Gegner .. und Amateurteams
Den Vereinen entgehen durch diese Sonntagstermine nicht nur Zuschauereinnahmen (in Ried wären am letzten Wochenende am Freitag sicherlich 400-600 Zuschauer mehr gekommen) sondern auch (Mehr-)Einnahmen aus der Gastronomie. Kaum jemand konsumiert am Sonntagvormittag auch nur annäherend so viel wie an einem Freitagabend – weder vor noch nach dem Spiel – und schon gar nicht im Herbst bei Regen und 5C°.
Die Heimspiele und damit die Zuschauereinnahmen sind insgesamt weniger geworden (18 statt 15), dafür sind die Gegner gleichzeitig unattraktiver geworden – sowohl für die bestehenden Zweitligavereine als auch für die Aufsteiger. Nur um ein Beispiel zu nennen, Lafnitz hätte gegen Bad Gleichenberg und Weiz sicherlich mehr Zuschauer als gegen Horn und Lustenau. Eine lose-lose-Situation für alle Beteiligten.
Noch schlimmer verhält sich dies mit den Zweitclubs der Bundesligisten. Dass diese Mannschaften nicht nur die Liga verzerren (die Aufstellung von Liefering erfolgte letzte und vorletzte Saison auf Basis der Youth League Spiele von RBS), sondern auch überaus unattraktiv (auch für „Heimfans“) sind, beweist die Statistik.
Die Zweitteams (egal ob Mogelpackung oder echter Zweitverein) belegen die vier letzten Plätze der Zuschauertabelle, abgeschlagen vom Rest der Liga. Der Kniefall der Bundesliga vor den großen Teams wie Rapid, Austria oder Sturm (die eigenen Talente müssen nicht mehr verliehen werden) hat also genau im Bezug auf Zuschauerzahlen und Attraktivität genau jene Auswirkungen mit sich gebracht, welche von jeglichen Menschen mit Fußballverstand prophezeit wurden.
Kein einheitliches Erscheinungsbild
Ein einheitliches Erscheinungsbild lädt einen Markenkern positiv auf und steigert somit den Markenwiedererkennungswert. Wenn man an große Marken wie Apple, Coca Cola oder Audi denkt, denkt man automatisch an bestimmte Formen, Farben und Schriftarten. In größeren Ligen wie etwa in der Premier League wird es schon seit einem Jahrzehnt so gehandhabt, dass Inserts stets gleich aussehen, egal ob ein Spiel (oder Spielausschnitt) bei Sky Sports, BT oder BBC gezeigt wird.
Die Bundesliga hat selber schon seit längerer Zeit eine CI (Corporate Identity) und damit eingehend ein CD (Corporate Design). Dieses wird seit heuer in der Bundesliga von Sky Sport Austria auch perfekt umgesetzt. Man beachte am nachfolgenden Bild das Wasserzeichen der Bundesliga im rechten unteren Eck, das Bundesligalogo im rechten oberen Eck sowie die Schriftart der Spielstandanzeige, welche ebenfalls an den Bundesligastandard angepasst ist. (Bildquelle = 90minuten.at).
Nun im Gegensatz dazu ein Screenshot (via laola1.tv) aus der 2. Liga:
Das Wasserzeichen der 2. Liga im rechten unteren Eck ist vorhanden. Abgesehen davon hat man sich anscheinend dazu entschlossen, die alten Inserts von ORF Sport+ als Standardinserts für die 2. Liga zu verwenden. Wo liegt hier der Wiedererkennungswert mit der CI der Bundesliga?
Es werden keinerlei Farben, Formen oder Schriftarten verwendet, welche man auf der offiziellen Website der Liga findet. Und weil die 2. Liga offiziell ein Teil der Bundesliga ist, sollte doch auch ein einheitliches Bild abgegeben werden. Oder sehen die Verantwortlichen dies anders? Weil solche Feinheiten (die eigentlich klar definiert sein sollten) nicht berücksichtigt werden, sollte auch mein nächster Punkt keine Überraschung sein.
Die Medienpräsenz liegt irgendwo bei null
Vergeblich suchte ich am Sonntagnachmittag einen redaktionellen oder APA-Bericht von Ried gegen Austria Lustenau auf derstandard.at. Kaum einmal schafft es ein Ereignis in der 2. Liga in einen Bildbericht bei sport.orf.at. Abgesehen von den Stadiongängern und den wenigen 100 Zuschauern bei Laola1 bekommt man also als Sponsor eines Zweitligisten (egal ob auf einem Trikot oder auf einer Bande) keine Reichweite.
Man könnte natürlich entgegnen, dass man mit einem Engagement im österreichischen Fußball sowieso keine Markenbekanntheit steigern kann. Dem ist aber nicht so, denn wer kannte vor einem Jahr schon Profertil? Durch Hartberg erreicht dieser Sponsor nun seit Monaten regelmäßige Medienpräsenz in Print und Web. Auch Josko konnte mit seinem langjährigen Engagement in Ried die Markenbekanntheit gemäß eigener Aussage überregional steigern.
Wie auch immer – wenn es sich nicht gerade um einen traditionellen Sponsor oder Sponsor mit regionaler bzw. lokaler Zielgruppe handelt, dann würde ich mir als Sponsor ein Engagement in dieser Liga doppelt und dreifach überlegen. Es ist einfach keine kein ausreichender Werbewert gegeben. Die Markenbekanntheit eines Sponsors kann durch ein Engagement in der 2. Liga kaum gesteigert werden, darüber hinweg können auch die punktuellen fünfstelligen Zuschauerzahlen bei den Liveübertragungen auf ORF Sport+ nicht helfen. Immerhin gibt es die Highlights im ORF jetzt nicht mehr am Freitag nach Geisterstunde, sondern am Samstag bzw. Sonntag im Rahmen der Bundesligasendung. Doch dies ist der einzige Fortschritt.
Weniger mal vier
Ich fasse also zusammen: professionell aufgestellte Vereine in der 2. Liga haben seit heuer:
weniger Zuschauereinnahmen durch unattraktivere Gegner und weniger Spiele,
weniger Fernseheinnahmen durch den Wegfall von sky,
weniger Sponsoreneinnahmen durch die geringere Reichweite der Liga
weniger Gastronomieeinnahmen durch manche Spielansetzungen, Stichwort Sonntag 10:30.
Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis es einzelne Vereine mit ambitionierten Zielen implodieren. Auch Traditionsvereine sind bei ausbleibenden Erfolgen langfristig nicht davor gefeit, den schweren Gang in die Unterklassigkeit antreten zu müssen. Dieses Stichwort bringt mich auch direkt zum letzten Punkt meiner Analyse.
(Fast) niemand will rauf
Dieser Satz trifft sowohl auf die aktuellen Regionalligisten als auch auf Blau-Weiß Linz zu. Das Überraschungsteam aus Linz hat sich letzte Woche dazu entschlossen, heuer trotz ausgezeichneter Tabellenposition den Aufstieg in die Bundesliga nicht anzustreben, weil zu viele Voraussetzungen nicht gegeben sind und man kein Roulettespiel mit der eigenen Existenz riskieren will.
Eine detaillierte Aufschlüsselung dieser Gründe findet man bei den OON. Mit Wattens, Ried, Austria Lustenau und Wiener Neustadt gibt es daher vermutlich nur vier Vereine, welche den Aufstieg in die Bundesliga antizipieren – alle notwendigen Erfordernisse hinsichtlich Infrastruktur, Akademie und rechtlicher Rahmenbedingungen erfüllt derzeit freilich nur Ried.
Wie schon in der letzten Saison, als Wacker Innsbruck II als Tabellenachter (!) der Regionalliga West aufsteigen durfte, weil die sieben Vereine davor verzichteten, gibt es auch heuer nur eine Handvoll an Vereinen, welche am Aufstieg in die 2. Liga interessiert sind.
Der GAK, Stadl-Paura, Gleisdorf und Weiz aus der RLM, Mauerwerk (ehemals FC Karabakh Wien) und Ebreichsdorf aus der RLO sowie Dornbirn und Anif aus der RLW. Die Intention bei den Grazern sowie Mauerwerk ist ein Durchmarsch in die Bundesliga. Die anderen Vereine sind bei ihren Aussagen hinsichtlich Aufstieg in die 2. Liga schon deutlich vorsichtiger bzw. skeptischer.
Es kann also durchaus sein, dass sich auch heuer am Saisonende keine drei Vereine finden, welche den Aufstieg in die 2. Liga anstreben wollen. Dadurch erhöhen sich die Chancen, dass sich mit den Rapid Amateuren oder Sturm Graz Amateuren kommende Saison ein drittes „echtes“ Zweitteam in der Liga wieder findet.
Neben den Mogelpackungen (Liefering und OÖ Juniors) sind übrigens maximal drei Amateurteams zugelassen. Sollten zwei Amateurteams den Aufstieg auf dem sportlichen Weg schaffen, dann müsste das schlechter platzierte Amateurteam der 2. Liga (also Young Violets oder Wacker II) automatisch absteigen – auch wenn man sich auf keinem Abstiegsplatz befindet. Klingt seltsam und kurios, passt aber daher irgendwie genau zu dieser Liga.
Was wird aus der 2. Liga?
Um die Bundesliga (noch) attraktiver zu machen, Vereine wie Rapid (hinsichtlich Verteilung der TV-Gelder) zu befrieden und den heiligen Gral der antizipierten 10.000 Zuschauer pro Spiel zu erreichen (von dem man derzeit mit einem Schnitt von 6.608 in etwa so weit entfernt ist, wie Rapid von einer Champions-League-Qualifikation), wurde bei der Bundesligareform der ehemals solide Unterbau der Liga geopfert. Durch eine inverse Robin-Hood-Mentalität wurden die Reichen noch reicher gemacht und die Armen noch ärmer gemacht. Kennt man auch von diversen Beschlüssen der aktuellen Bundesregierung und ist ein allgemeiner Trend quer durch alle Nationen und Bereiche.
In Zukunft wird es für einen Zweitligisten in 99 von 100 Fällen unmöglich sein, einen talentierten Eigenbauspieler länger als eine Saison zu halten, weil das finanzielle Gefälle (auch hinsichtlich Gehälter) gegenüber der Bundesliga einfach zu groß ist. Musste man früher als Ried oder Lustenau hauptsächlich nur Angst haben, Talente an die Austria, Rapid oder Salzburg zu verlieren, so besitzen in Zukunft auch „kleinere“ Vereine wie Hartberg oder Mattersburg das Potential, die zweite Liga nach den besten Spielern abzugrasen.
Über kurz oder lang werden in der 2. Liga auch keine Stars mehr spielen – erstens weil durch die 12er-Liga nun 50 Spieler mehr in der Bundesliga agieren und zweitens weil diese finanziell für 90% der Vereine nicht leistbar sein werden.
Daher prophezeie ich ebenfalls, dass in Zukunft kein Aufsteiger mehr direkt im oberen Playoff der Bundesliga mitspielen wird, weil der Kader aufgrund des Gefälles zwischen beiden Ligen mindestens um 50% erneuert werden muss. Vorbei die Zeiten, in den u.a. Ried (4.), Grödig (3.) oder Altach (3.) als Aufsteiger direkt in den Europacup kamen. Einen ersten Vorgeschmack auf den Klassenunterschied bekam man in der 2. Runde des ÖFB-Cups, als die Zweitligaspitzenmannschaft aus Wattens beim damals noch-nicht-erstarkten TSV Hartberg sang- und klanglos 0:3 unterging.
Andererseits wird der heurige Absteiger aus der tipico Bundesliga kommende Saison massive Probleme bekommen – man denke an die vorher genannten Fernsehgelder zurück, ein Verein wie Hartberg oder Mattersburg müsste wohl den gesamten Kader austauschen und/oder halbieren um den finanziellen Rückschritt auffangen zu können. Sollte es ein Überraschungsteam wie etwa Altach „erwischen“, dann könnten die Konsequenzen sogar noch dramatischer ausfallen. Der Betrag, welcher von Bundesliga an einen Absteiger ausbezahlt wird, wird diese Situation auch nicht vollends auffedern bzw. entschärfen können.
Mein persönliches Resümee
Persönlich war ich in dieser Saison bei jeder SVR-Heimpartie sowie in Steyr und Amstetten live dabei. Mein persönliches TV-Interesse an der zweithöchsten Spielklasse hat allerdings einen historischen Tiefstand erreicht, abgesehen von KSV-Ried habe ich mir bisher nur eineinhalb andere Spiele (Wattens – BW Linz am ORF sowie Steyr – Neustadt bei Laola1) im TV bzw. Internet angeschaut.
Der Anreiz, mir beispielsweise Wacker II gegen Lafnitz in einem Webstream mit antiquierter Qualität anzusehen, ist in etwa so groß wie mir meine Fingernägel einzeln herauszureißen. Im Gegensatz dazu habe ich während der letzten Jahre kaum eine EL-Konferenz bei sky verpasst (auch als die SVR noch erstklassig war). Ich behaupte, es wird nicht nur mir so gehen.
Bereits vor der Ligareform habe ich mit einigen Personen gewettet, dass es die 2. Liga in der aktuellen Form (16 Teams, Amateurmannschaften, Zweitteams) maximal zwei Jahre lang geben wird, bevor man die nächste Reform einleiten muss. Bei dieser Ansicht bleibe ich auch weiterhin. Die 2. Liga ist für Teams mit großen Zielen eine Art dauerhafter Limbus, aus dem man nur erwachen kann, falls der Aufstieg in die Bundesliga gelingt. Früher war sicher nicht alles besser, aber im Bezug auf die zweite Liga trifft dieses Sprichwort für mein Empfinden leider voll und ganz zu.
Knapp 35 Tage sind seit meinem ersten Artikel der Saison rund um den Transfer von Ex-Kapitän Thomas Gebauer zum LASK vergangen. Nach vier Saisonspielen (eines im Cup sowie drei in der Liga) ist es jetzt Zeit für ein Kurzresümee mitsamt Ausblick auf die nächsten Wochen. Und ihr werdet euch eventuell wundern, denn zum ersten Mal seit Ewigkeiten kann ich auch wieder positive Dinge berichten.
Souveräner Einzug in die 2. Runde des ÖFB-Cups
Die Saison begann mit einem souveränen 6-0 Auswärtssieg in der 1. Runde des ÖFB-Cups beim Landesligisten HELLA Dornbirner SV aus der Vorarlberg-Liga. Neben der Neuerwerbung Darijo Pecirep (2 Tore) konnten sich auch Thomas Mayer (ebenfalls 2 Tore) sowie Lukas Grgic und Stefano Surdanovic in die Schützenliste eintragen. Nach einem etwas mühevollen Beginn mit einem Schockmoment (ein Tor der Dornbirner wurde wegen einer Abseitsstellung aberkannt) war der mehrfache Klassenunterschied in fast allen Aktionen erkennbar und am Ende hätte der Sieg auch noch höher ausfallen können bzw. müssen. Mit 1150 Zuschauern im Stadion lockte die SVR übrigens auch die fünftmeisten Heimfans ins Stadion. Nur die Gegner von RBS, Rapid, Austria Wien und dem LASK konnten noch mehr Menschen in die hochsommerlich heißen Stadien locken.
In der 2. Runde fällt die Reise für Team und Fans deutlich kürzer aus: mit dem UVB Vöcklamarkt (derzeit auf Platz 9 in der Regionalliga Mitte) kommt es zu einem echten Derbykracher. Mit Tobias Jetzinger, Wolfgang Schober, Philipp Rensch, Philipp Birglehner, Stefan Kirnbauer weisen gleich mehrere Akteure eine Ried-Vergangenheit auf. Außerdem handelt es sich bei den Vöcklamarktern um einen der härtesten SVR-Gegner der 80er-Jahre sowie Dauerrivalen um den Meistertitel (u.a. mit Neo-Oedt-Coach Gerhard Schweitzer). Trotz eines Dienstagstermins (25. September) sollten vielen Rieder Anhänger den nur 29km langen Weg ins 2.700 Plätze fassende „Black Crevice Stadion“ in Vöcklamarkt finden.
Heißer Saisonbeginn in der Liga
Einen sprichwörtlich heißen Saisonbeginn musste man in der Zweiten Liga (die jetzt endlich nicht mehr Erste Liga heißt) bewältigen. Beim 1-1 gegen den top-motivierten Aufsteiger aus Steyr sahen die 3.200 Zuschauer im Vorwärts-Stadion ein weitestgehend unterhaltsames Spiel. Nach einem Blitzstart mit einem durch Darijo Pecirep verwandelten Elfer nach nur 3 Minuten verabsäumten es die Spieler der SVR, ein zweites Tor nachzulegen. Nach einem Tausendguldenschuss zum Ausgleich knapp vor der Pause schafften es Christian Schilling und Stefano Surdanovic knapp nach der Pause jeweils nicht, zwei hundertprozentige Chancen im Tor unterzubringen. Gegen Spielende hin konnten die Rieder nicht mehr zusetzen und die Steyrer feierten ihren Premierenpunkt in der Liga daher zusammen mit den Fans verdientermaßen wie einen Sieg.
Somit befand sich die SVR bereits in der 2. Runde unter Zugzwang – der selbsternannte Titelfavorit aus der Kristallstadt Wattens hatte mit einem 6-1 gegen Lafnitz in der 1. Runde bereits ein Statement gesetzt. In einem der heißesten Spiele (sowohl auf der Tribüne als auch auf dem Platz) der letzten Jahre feierte die SVR einen völlig verdienten 2-1 Sieg. Nach der Führung durch Thomas Mayer verabsäumte man es abermals, ein zweites Tor nachzulegen. Pech hatte man auch bei einem Lattenknaller von FAC-Neuerwerbung Mario Kröpfl aus einem Freistoß aus großer Distanz. Nach dem Ausgleich durch einen Konter konnte Darijo Pecirep jedoch fast postwendend mit einem Kopfball nach einer Kerhe-Ecke zum 2-1 Siegtreffer einköpfen.
Die 30C° am Vormittag setzten offensichtlich auch einigen Akteuren am Platz zu, so provozierte unter anderem Gäste-Keeper Ferdinand Oswald laufend die Fans auf der West, Andreas Dober ist sowieso für Scharmützel mit den gegnerischen Fans bekannt und wurde nach einer schauspielerischen Leistung der Extraklasse bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. Außerdem wurde der Wiener auch vom Karma nach einer Provokation seinerseits direkt vor der Ecke zum 2-1 bestraft. Nach dem Spiel gab es auch noch eine Auseinandersetzung zwischen Ersatzkeeper Grünwald, einigen Ried-Fans und der szenekundigen Polizei. Dem 35-Jährigen droht lt. OON-Bericht sogar noch ein unangenehmes Nachspiel wegen Beamtenbeleidigung.
Impressionen von den Spielen gegen Vorwärts Steyr und WSG Wattens (Copyright = ich selber)
Egal wie diese Geschichte fortgesetzt wird, mit den Tirolern hat man definitiv einen neuen Rivalen gefunden, der nach den Verpflichtungen von Dober, Cabrera und auch Clemens Walch die mit Abstand älteste Mannschaft der Liga stellt. Beim Gastspiel in Ried lag das Durchschnittsalter der Startelf bei extrem hohen 27.2 Jahren. Warum genau die Kristallerbin Diana Langes-Swarowski mit ihrem Verein (letzte Saison im Schnitt 1.300 Zuschauer, wobei die beiden Derbys gegen Wacker Innsbruck diese Zahl größer erscheinen lässt als sie eigentlich ist) in die Bundesliga aufsteigen will, erschließt sich für den neutralen Beobachter nur bedingt. Neben Wattens wollen übrigens auch Wiener Neustadt (mäßig in die Saison gestartet) sowie Austria Lustenau und BW Linz um den Aufstieg mitspielen. Der aktuelle Tabellenführer Liefering spielt wie auch die OÖ Juniors sowie Wacker II und die Young Violets sozusagen außer Konkurrenz.
Nach einer unwetterbedingten Absage kam es gestern am frühen Nachmittag zum Nachtragsspiel in Kapfenberg. Bei einem Gegner, bei dem man in der Vorsaison nur einen einzigen Punkt holen konnte, geriet man als bessere Mannschaft wie aus dem Nichts durch einen Distanzschuss von KSV-Kapitän David Sencar in Rückstand. Doch der wiedergenesene Julian Wießmeier (er hatte die beiden ersten Saisonspiele nach einem Rippenbruch verpasst) erzielte knapp nach seiner Einwechslung einen Doppelpack. Er verwertete jeweils ein Zuspiel von Thomas Mayer einmal per Direktabnahme und einmal per Flugkopfball. Im Gegensatz zu Steyr und Wattens hielt die Rieder Abwehr zum Ende hin dem Ansturm der Falken recht gut entgegen.
Das Faktum, dass man zuletzt nach zwischenzeitlichem Ausgleich sowie nach Rückstand noch zwei Spiele gewonnen hat, bringt mich zu meiner nächsten Beobachtung.
Es menschelt wieder in Ried
Der Teamgeist, der über große Strecken der Vorsaison schmerzlich vermisst wurde, scheint wieder ins Innviertel zurückgekehrt zu sein. Einige Beweise dafür:
Nach dem Sieg in Kapfenberg gingen die Spieler unaufgefordert auf die Tribüne, um mit einem langjährigen Fan im Rollstuhl abklatschen zu können. Eine scheinbar kleine Geste, die aber viel Aussagekraft über die Moral in der Mannschaft zeigt. Ebenso nach diesem Spiel veröffentlichten einige Spieler auf Instagram ein Mannschaftsbild mit einem Motivationsposter für Denis Kahrimanovic, der sich im Abschlusstraining für das Kapfenberg-Spiel einen Wadenbeinbruch zugezogen hatte.
Foto via Instagram-Account von Lukas Grgic. Text: „Nach jeder Schwierigkeit kommt Erleichterung – kämpfen, Deno“
Und nach der Heimfahrt von Kapfenberg erschienen noch große Teile der Mannschaft in der josko Arena, um den letzten Minuten des Schlagerspiels der Ried Amateure gegen den Meister Oedt beizuwohnen und die junge Truppe damit moralisch zu unterstützen. Dies hatte ebenfalls ein happy end, denn die wieder einmal total neuformierte Truppe von Miron Muslic knöpfte dem Starensemble einen letztendlich verdienten Punkt ab. In der Startelf standen jede Menge 18-jährige und 17-jährige, mit 22 Jahren ist Jungprofi Felix Hebesberger der „Routinier“ bei der zweiten Mannschaft der SV Ried.
Der Partie wohnte auch Flavio Dos Santos bei, der nach der unendlichen Geschichte rund um seinen kapverdischen Pass endlich im Innviertel angekommen ist. Ich habe gestern nach Spielende auch noch ein Foto mit ihm gemacht und war binnen weniger Momente von seiner bemerkenswert positiven und freundlichen Aura fasziniert.
Wenige Tage vorher wurde er auch extrem herzlich von der Mannschaft empfangen. Ein sehr herzerwärmendes Video von diesem Empfang hat auch Thomas Streif per Video festgehalten.
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Diese Aktionen wirken alle nicht gekünstelt. Der Teamgeist hat sich bereits jetzt positiv auf die Leistungen der Spieler ausgewirkt, denn bei Rückständen und Rückschlägen ist die Mannschaft der Vorsaison meistens umgehend auseinandergebrochen. Natürlich ist es noch viel zu bald und ich will die Saison nicht vor dem Saisonende loben, aber heuer scheint wieder eine Mannschaft im schwarzgrünen Trikot aufzulaufen, mit welcher man sich als Fan identifizieren kann, weil auch wieder alte Tugenden wie Zweikampfstärke und Aggressivität an den Tag gelegt werden.
Die Macher (bleiben) im Hintergrund
Franz Schiemer dürfte bei der Kaderzusammenstellung im Sommer einiges richtig gemacht haben und bei der Verpflichtung von Spielern mehr auf den Charakter als im Vorjahr geachtet haben. Unter den Abgängen befinden sich laut vertrauenswürdigen Quellen ebenfalls einige Spieler, welche für den Teamgeist nicht besonders förderlich waren, ohne hier konkrete Namen nennen zu wollen.
Außerdem hält sich Schiemer – wie auch Roland Daxl – heuer angenehm im Hintergrund. Das Saisonziel wurde mit „vorne mitspielen“ und „junge Spieler weiterentwickeln“ bewusst defensiv angesetzt um die Erwartungen nicht derart hoch wie in der Vorsaison zu schüren. Dass man vor einem Jahr bei jeder Gelegenheit anmerkte, dass man aufsteigen will/muss und die beste Mannschaft der Liga hat, habe ich in meinem Blog des Öfteren angemerkt und kann ich nach diesem Beitrag hoffentlich für immer ruhen lassen.
Mit Understatement ist man im Innviertel schon immer gut gefahren, vor allem weil große Töne auch keine zusätzlichen Zuschauer in das Stadion locken. Der SVR-Fan ist generell sehr resistent gegenüber Rückschlägen, die knapp 3.100 Zuschauer bei der Sommer-Matinee gegen Wattens haben wohl alle Erwartungen an die Zuschauerzahl in diesem Spiel deutlich übertroffen.
Spielsystem und Mannschaft
Die Gewinner aus der Systemumstellung – man in der letzten Saison noch meistens mit einem flachen 4-4-2 agiert – sind bereits nach wenigen Spielen erkennbar. So profitieren vor allem Thomas Mayer und Julian Wießmeier auf den offensiven Halbpositionen vom neuen 3-4-3 System. Letzterer dürfte seine Stärken in der Offensivzentrale deutlich besser ausspielen können als in der Vorsaison, in der er meistens auf den rechten Flügel ausweichen musste oder gar als defensiver Mittelfeldspieler aufgeboten wurde. Auch Christian Schilling, der in der letzten Saison nicht über die Backuprolle als linker Verteidiger hinaus kam, ist ein Gewinner der bisherigen Spiele. Mit Mario Kröpfl hat man eine bis dato exzellente Neuverpflichtung nach Ried gelotst. Der Wiener kann als Links- sowie Innenverteidiger agieren, das Spiel aufbauen und hat nebenbei wie bereits erwähnt auch einen starken Schuss/Freistoß.
Mit Johannes Kreidl (der Tiroler kam von der zweiten Mannschaft aus Nürnberg) und Filip Dmitrovic (der Serbe wurde vom LASK verpflichtet) verfügt man wohl über das talentierteste Tormannduo der Liga. Bei Kreidl sieht man bereits nach wenigen Spielen, wie wertvoll es im Jahr 2018 ist, einen Spieler zwischen den Pfosten stehen zu haben, der auch Fußball spielen kann. Bloß in punkto Kommunikation hat der junge Tiroler noch viel Aufholbedarf. Bei den Spielen gegen Steyr und Wattens kam es immer wieder zu Ungereimtheiten mit Abwehrchef Kennedy Boateng bei hohen Bällen.
Noch kein finales Urteil möchte ich über Darijo Pecirep und Edrisa Lubega abgeben. Die beiden Nachfolger von Seifedin Chabbi und Thomas Fröschl unterscheiden sich hinsichtlich Spielstil enorm von ihren Vorgängern. Pecirep arbeitet viel und hat (inkl. Cup) bereits vier Tore auf seinem Konto. Einzig hinsichtlich Schnelligkeit hat er meines Erachtens nach klare Defizite.
Diese Schnelligkeit bringt dafür Lubega ein. Der aus Uganda ausgeliehene Spieler hat vor allem beim 4-2 der SVR im April in Floridsdorf viel Eindruck erweckt, als er Peter Haring und Thomas Reifeltshammer schwindlig gespielt hat. Mit seiner Schnelligkeit und Wendigkeit war er auch bereits gegen die hüftsteifen Verteidiger von Wattens eine echte Waffe. Beim Auswärtsspiel in Kapfenberg gelang ihm hingegen gar nichts. Ich persönlich gehe davon aus, dass wir in dieser Saison keinen Torjäger (wie im Vorjahr) haben werden, sondern die Last des Toreschießens auf viele Spieler verteilt sein wird – was die Mannschaft damit auch schwerer ausrechenbar macht.
Die Verlierer der bisherigen Saison sind Thomas Reifeltshammer und Marcel Ziegl, die jeweils nach einer schwachen Leistung in Steyr ihren Stammplatz in der Mannschaft verloren haben. Vor allem Arne Ammerer hat sich mit einer starken Leistung gegen Wattens wohl für längere Zeit in die Mannschaft gespielt und bildet zusammen mit Lukas Grgic die Mittelfeldzentrale. Der Welser hat in Abwesenheit der beiden Rieder Urgesteine auch die Kapitänsbinde übernommen (wie von mir in meiner Saisonanalyse gefordert).
Ausblick auf die nächsten Spiele
Das extrem schwierige Startprogramm der SV Ried wird am Freitag um 19:10 mit dem Heimspiel gegen den Tabellenführer aus Liefering gebührend fortgesetzt. Generell kommt es hier zu einem echten reality check, weil die Jungbullen neben Wattens der einzige Verein dieser Liga sind, der im Sommer kadermäßig und finanziell nicht abspecken musste. Mit einem Sieg könnte man bei einem gleichzeitigen (aber nicht zu erwartenden) Punkteverlust von BW Linz (daheim gegen Amstetten) sogar die Tabellenführung übernehmen. Anschließend muss man eine Woche darauf die zweite Matinee in Amstetten bewältigen. Dort kommt es zum Wiedersehen mit Thomas Hinum, der vor dieser Saison zum Aufsteiger aus der RLO wechselte.
Generell dürfte sich in dieser Liga ein ziemliches Gefälle zwischen den Profiteams und den Amateurteams entwickeln, denn bereits nach drei Spieltagen befindet sich mit den Wacker Innbruck Amateuren nur ein einziger Aufsteiger unter den Top10 – mit den OÖ Juniors, den Young Violets, Amstetten, Austria Klagenfurt, Lafnitz, Steyr und Horn werden die sieben letzten Plätze durchwegs von Aufsteigern belegt. Nach einem Heimspiel gegen Horn, das getrost als Pflichtsieg bezeichnet werden kann, gibt es ein Wiedersehen für Edrisa Lubega, Mario Kröpfl sowie Flavio Dos Santos mit ihrem Ex-Verein in Floridsdorf.
Ein Heimspiel gegen die Young Violets sowie eine weitere Matinee in Wiener Neustadt runden das Programm bis Ende September ab. Zu diesem Zeitpunkt wird man auch bereits wissen, wer im Falle eines Weiterkommens im ÖFB Cup in der 3. Runde als Gegner wartet. Ein attraktives (Heim-)Los gegen einen Bundesligisten könnte ein ORF-Livespiel mit sich ziehen, welches aufgrund der massiv gesunkenen Fernsehgelder in dieser Saison zusätzlich attraktiv für die Vereinskasse wäre.
Die neue Zweite Liga
Apropos Vereinskasse – ursprünglich wollte ich zu Saisonbeginn einen allgemeinen Artikel über die Zweite Liga verfassen. Das neue Stiefkind der Bundesliga erfüllt bisher nämlich alle meine Befürchtungen. Die Vermarktung ist ziemlich amateurhaft, die Qualität der Streams von Laola1 versetzt den Zuschauer wieder in die 90er-Jahre. Es ist verständlich, dass sky bewusst auf diese Mischkulanz aus Profi- und Amateurteams verzichtet hat – ein Spiel zwischen Wacker Innsbruck II und Lafnitz vor 87 Zuschauern (im Stadion und vorm TV zusammengezählt) ist für den Konsumenten nicht wirklich sexy. Auch wenn ich noch immer die Meinung vertrete, dass es diese Liga in dieser Form vielleicht zwei, maximal drei Jahre geben wird, so möchte ich ihr jetzt noch eine Chance geben.
Klar ist jedoch, dass die Schere zwischen Bundesliga und Zweite Liga weit auseinander gegangen ist – Absteiger aus der obersten Spielklasse werden in Zukunft ums Überleben kämpfen (müssen) und auch Aufsteiger werden sich ziemlich weit unten in der Tabelle orientieren müssen. Der Spagat für die willigen Aufsteiger wie Ried, Wattens oder Wiener Neustadt wird auch wieder größer als zuvor – bei nur einem Aufstiegsplatz muss man investieren bzw. riskieren, obwohl zeitgleich die finanziellen Mittel weniger geworden sind. Die Vereinsleitung hat zwar versichert, dass es auch weiterhin Profifußball in Ried geben wird, auch wenn der Aufstieg heuer erneut nicht gelingt. Über kurz oder lang wäre es dennoch ziemlich wichtig, diese Liga wieder dauerhaft verlassen zu können. Sollte man in der Vereinsführung weiterhin die Bodenhaftung behalten und die Mannschaft den Teamgeist konservieren können, dann habe ich diesbezüglich ein gutes Gefühl.
Knapp eineinhalb Monate sind seit dem Nichtaufstieg der SV Ried vergangen. Diese spielfreie Zeit war auch notwendig, um die Misserfolge der vergangenen beiden Spielzeiten aus dem Kopf zu bekommen. Abgesehen davon hat sowieso gerade die Fußball-WM in Russland die Welt in seinem Bann. Doch passend zur zweitägigen WM-Pause vor den Viertelfinalspielen gab es gestern und heute zwei Aufreger mit und rund um die SV Ried.
Aufreger #1 – Thomas Gebauer wechselt zum LASK
Wie aus heiterem Himmel wurde heute am Nachmittag bekannt gegeben, dass Thomas Gebauer die SVR mit sofortiger Wirkung verlässt und für die nächsten drei Jahren beim LASK unterschreibt.
Dies kommt wohl für 99% aller Ried-Anhänger (und auch LASK-Anhänger) ziemlich überraschend. Besonders erfreulich bei diesem Wechsel, dass das Archiv auch die Rache des Hobbyjournalisten ist. Denn im März 2017 gab Gebauer bei einem Interview mit den OON folgenden Satz von sich:
Die Liga ist zweitrangig, mein Herz hängt an der SV Ried, und ich möchte in Österreich für keinen anderen Verein spielen.
So schnell kann man sich also um 180° drehen. Wenn man an unvermutete Wechsel nach Linz denkt, dann wurden bei einigen wohl auch Gedanken an den Nacht-und-Nebel-Wechsel von Oliver Glasner zum Lokalrivalen aus Linz vor das geistige Auge geführt. Doch diese beiden Wechsel unterscheiden sich massiv. Glasner war ein Anfänger als Profitrainer, dem von Stefan Reiter die Chance auf eine Trainerposition bei einem (wieder-)aufstrebenden Bundesligisten gegeben wurde. Er konnte seinen Kader nach Wunsch zusammenstellen (u.a. Thomas Murg, Stefan Lainer, Dieter Elsneg), seine eigene Spielphilosophie (das allseits beliebte RB-Pressing) verwirklichen und wurde auch im tiefsten Abstiegsschlamassel im Spätherbst nicht entlassen. Sein völlig überraschender Wechsel zum ASK in die zweite Liga am Pfingstwochenende fühlte sich damals für 100% der Rieder Fans wie Hochverrat an.
Gebauer ist nicht Glasner
Viel pragmatischer muss man dies bei Gebauer sehen. Ein 36-jähriger Tormann, dessen Leistungen in den letzten 2-3 Jahren maximal durchschnittlich waren, bekommt am Ende seiner Karriere nochmal die Chance auf ein nettes Fußballprofi-Gehalt und darf sich die Spiele der neuen 12er-Bundesliga aus nächster Nähe (von der Ersatzbank aus) ansehen. Außerdem kann die SVR gleichzeitig einen der Topverdiener von der Gehaltsliste streichen – der sportlichen Führung kam dies wohl nicht ungelegen, nachdem man den Sparstift sowieso an allen Ecken und Enden ansetzen muss.
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass dieser Wechsel für das Mannschaftsgefüge nur förderlich sein kann, weil hier alte Seilschaften eingerissen werden und eine neue organische Führungsstruktur im Team aufgebaut werden kann. Nächster Kapitän kann und muss ein Feldspieler werden, mit Lukas Grgic habe ich bereits in meinem Saisonrückblick einen „echten Typen“ für diese Funktion vorgeschlagen (welche er auch heuer bereits bei einem Testspiel ausübte). Sein Interview mit den OON im Juni bestätigten mir dieses positive Gefühl zusätzlich.
Thomas Gebauer war zwölf Jahre lang in Ried, wurde Cupsieger und Vizemeister. Aber trotzdem wird er mir als Symbolfigur für den Abstieg des Rieder Fußballs (damit meine ich den Abstieg sowie den Nichtaufstieg) in Erinnerung bleiben. Die unzähligen leidvollen Blicke in Richtung der Westtribüne, die unzähligen Versuche mit den verstimmten Fans zu kommunizieren. Dieses Bild hat sich in meinem Gehirn eingebrannt. Ich wünsche ihm gesundheitlich und privat in der Stahlstadt nur das Beste, sportlich aber eine Vielzahl von „Was macht Gebauer da draußen?“-Aktionen – so viel gesunde Rivalität muss sein.
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Aufreger #2 – Meisterschaftsspiele am Sonntag um 10:30
Am gestrigen Tag wurden von der Bundesliga die Spieltermine der ersten vier Spieltage fixiert. Nach dem Meisterschaftsbeginn mit dem OÖ-Derby beim Aufsteiger in Steyr (27. Juli, 19:10, auch live auf ORF Sport+) trägt die SVR ihr erstes Heimspiel am Wochenende danach aus. Und zwar am Sonntag um 10:30 am Vormittag. Nein, dies ist kein Scherz. Der erste große Shitstorm auf Facebook (und auch in anderen sozialen Kanälen) ließ erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten. Auch meine erste Reaktion auf Twitter fiel im Affekt wenig freundlich aus, stieß aber mit knapp 6000 Impressions und 70 Interaktionen auf viel Interesse und Zustimmung.
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Die neue Zweite Liga (die nun endlich wirklich zweite Liga heißt) ist eine unausgegorene Mischung aus Profimannschaften (z.B. Ried, Wiener Neustadt, Lustenau), Halbprofimannschaften (z.B. Lafnitz, Amstetten), Amateurteams von Bundesligisten (z.B. Wacker II, Young Violets) und Fake-Amateurteams von Bundesligisten (Liefering, OÖ Juniors). Die Spiele dieser Stiefkind-Liga finden immer dann statt, wenn man die Bundesliga im Fernsehen nicht stört (und damit meine ich sowohl die österreichische als auch die deutsche).
Neben dem ORF hat auch Laola1 die Bildrechte und darf infolgedessen die wöchentliche Sonntagspartie diktieren. Aufgrund der relativen Attraktivität der SVR (schon in der letzten Saison übertrug ORF Sport+ die mit Abstand meisten Spiele der Rieder, noch vor Wacker Innsbruck) kann man jetzt schon davon ausgehen, dass auch nach Runde 4 die eine oder andere Sonntagspartie in Ried angesetzt werden wird.
Aber warum spielt man überhaupt an einem Sonntag um 10:30? Wie ein User mit Wett-Know-How im ASB geschrieben hat, hat der Termin vor allem einen globalen Hintergrund, so blöd dies auch klingen mag. Man kann dadurch nämlich asiatische Wettmärkte bedienen, denen sonst um diese Zeit relativ langweilig ist. Die Spiele werden auch auf dem TV-Sender von Laola1 (zu empfangen u.a. via A1 TV) sowie auf Laola1.tv live übertragen. Gemessen an YouTube-Übertragungen von ÖFB-Cup-Spielen kann man hier jetzt schon sagen, dass dies eventuell 100-700 Menschen sein werden, die manchen Vereinen wiederum die x-fache Anzahl an Stadionbesuchern wegnehmen werden.
Nachteile bei Auswärtsspielen
Manche haben schon gesagt, dies wäre nicht so schlimm, in der Wiener Stadtliga hätte dieser Termin sogar Tradition. Liebe Leute, dort haben die gegnerischen Mannschaften (und vor allem FANS) auch keine dreistündigen Anreisen zu bewältigen. Die Fahrtzeit von Wattens nach Ried beträgt gemäß Google Maps knappe 2:40. Damit muss ein Fanbus irgendwann vor 07:00 wegfahren. Hier kann man sich fast schon überlegen, ob man am Abend davor fortgeht und durchmacht.
In der 9. Runde erwischt es dann auch die Rieder Fans, denn an diesem Spieltag ist das Auswärtsduell mit Wiener Neustadt (gemessen an der Vorsaison eines der absoluten Topspiele dieser Liga) für Sonntag um 10:30 angesetzt. Bei 2:55 Fahrtzeit darf man mit dem Bus spätestens um 06:30 losfahren. Kurzum: bei diesem Spieltermin (und vor allem den Ansetzungen) wurde der Faktor Auswärtsfan vollkommen ignoriert bzw. eliminiert.
Nachteile bei Heimspielen
Doch auch für Heimmannschaften hat dieser Spieltermin einschneidende Nachteile. Neben fehlenden TV-Geldern und weniger Sponsoreneinnahmen wird auch die Stadiongastronomie diesen Spieltermin in punkto fehlende Einnahmen zu spüren bekommen. Ich selber (und wohl auch viele andere treue Stadiongänger) haben die letzten Jahre hinweg bei den Abendpartien wohl regelmäßig 2-12 Halbe Bier konsumiert. Dies ist mit diesem Termin an diesem Wochentag einfach nicht möglich. Theoretisch schon, aber ich persönlich habe keine Lust dazu, einen Frühschoppen in der Josko Arena (so heißt übrigens jetzt unser Stadion) zu zelebrieren und mich so durch den Sonntag (und folglich durch den Montag) zu quälen.
Auch hinsichtlich Leistungsfähigkeit der Spieler ist es alles andere als förderlich, wenn einmal um 10:30, einmal um 14:00 und einmal um 19:10 gespielt wird. Je mehr hier variiert wird, desto schwieriger ist es für den Biorhythmus, sich optimal auf ein Match einzustellen.
10:30 gab es auch in den 90ern
Übrigens wurde auch schon früher einmal am Sonntag um 10:30 gespielt. Zwischen 1991 und 1994 (die älteren Semester werden sich erinnern) musste die SVR in der 2. Division insgesamt sechsmal an diesem Termin antreten. Viermal beim FavAC, einmal bei der Vienna, einmal in Donaufeld und einmal bei LUV Graz. Also stets in Großstädten, wo die kleineren Vereine versuchten, den Granden (Rapid, Austria, Sturm, GAK) großräumig auszuweichen. Die Zuschauerzahlen damals übrigens stets majestätisch: 700 beim FavAC, 700 bei der Vienna und 400 bei LUV Graz. Historische Zahlen zu diesen Spielen findet man in diesem Archiv.
Wie auch immer: ich persönlich rechne beim Spiel gegen Wattens mit dem schlechtesten Heimspielbesuch seit der Saison 2003/2004 und eine Zahl über 2000-2500 Besucher würde mich stark überraschen (wobei auch das Ergebnis in Steyr eine Rolle spielen wird).
Abseits der Aufreger – der neue Mannschaftskader
Als Dauerkartenbesitzer hat man letzte Woche die Information erhalten, dass das Budget für die kommende bei 3.8 Millionen liegen wird. Das ist beispielsweise deutlich mehr als beim Bundesligisten in Hartberg, die mit 2.8 Millionen kalkulieren. So konnte man sich mit der erneuten Leihe (mit Kaufoption) von Kennedy Boateng auch einen Spieler leisten, der für die Oststeirer nicht leistbar war.
Nach den Abgängen von Seifedin Chabbi (Gazisehir Gaziantep Futbol Kulübü / TUR), Thomas Fröschl (BW Linz) und Philipp Prosenik (hoffentlich irgendwas ohne Fußball) hat man mit Darijo Pecirep (CRO) vom Wiener Sport Club (letzte Saison 17 Tore in der RLO) bisher nur einen Stürmer verpflichtet. Hier könnte bis zum Saisonbeginn noch eine Verpflichtung vollzogen werden, auch wenn Thomas Mayer (der fünffache Torschütze vom letzten Saisonspiel gegen Kapfenberg) offensiver spielen soll und auch die Rolle von Stefano Surdanovic offensiver angelegt sein soll. Felix Hebesberger und Belmin Crcic waren vergangene Saison zwei der offensiven Aktivposten bei den Ried Amateuren, ersterer hat für diese Saison auch einen Jungprofivertrag erhalten.
Mit Mario Kröpfl (der ehemalige Kapitän des FAC, also ein Leadertyp) hat man einen Defensivspieler verpflichtet, der Ronny Marcos schnell vergessen machen wird – neben der Linksverteidigerposition kann er auch auf der Position des linken Innenverteidigers agieren. Der Abgang von Peter Haring (Hearts of Midlothian) wurde mit der Verpflichtung von Bojan Lugonja (BIH) aus Liefering kompensiert (einem „Gschropp“, wie wir letzte Saison beim Auswärtsspiel in Grödig feststellen mussten – den man aber gerne in der eigenen Mannschaft hat).
Auch Flavio Dos Santos (CPV) hat endlich seinen Pass erhalten (man glaubt es kaum) und kann im Spätherbst wohl als Option im Offensivspiel gesehen werden, wo er die Rolle von Ilkay Durmus (Wacker Innsbruck) übernehmen könnte. Mit dem bereits erwähnten Lukas Grgic sowie Marcel Ziegl und Julian Wießmeier konnte die gesamte Mittelfeldzentrale gehalten werden. Dazu kommt mit Ante Bajic aus Gurten ein Perspektivenspieler, der letzte Saison 24x in der RLM auflief und im offensiven Mittelfeld variabel einsetzbar ist.
Auf der Torhüterposition bekommt mit dem Neuzugang Johannes Kreidl aus Nürnberg nun ein junger Torhüter die Chance auf einen Stammplatz. Der 22-jährige Tiroler war zuletzt auch zweimal für die U21 von Werner Gregoritsch im Einsatz. Nach dem plötzlichen Abgang von Gebauer kann man allerdings damit rechnen, dass auf dieser Position vereinsseitig wohl noch reagiert und ein zweiter (erfahrener) Tormann geholt werden wird.
Alles in allem gefällt mir der Kader bisher nicht schlecht, weil anscheinend stärker auf die Einstellung und auf den Charakter geachtet wurde als in der Saison zuvor. Außerdem hat man auch anderswo dazu gelernt, statt Großkotzigkeit setzt man heuer auf Understatement, Ziel ist es „eine junge Mannschaft weiterzuentwickeln„. Keine Rede mehr vom Meistertitel als Muss, obwohl man mit diesem Budget und diesem Kader sicher wieder zu den Favoriten zu zählen ist.
Die Gegner im Kampf um den Aufstieg sind wohl (abermals) Austria Lustenau, Wiener Neustadt und eventuell auch Austria Klagenfurt (Peter-Svetits-Alarm). Alle anderen Mannschaften dürfen nicht aufsteigen (Liefering, OÖ Juniors, Wacker II, Young Violets) oder wollen teilweise nicht aufsteigen (Lafnitz).
„Muss“ die SVR heuer aufsteigen?
Sollte man den Aufstieg auch in dieser Saison nicht schaffen, dann könnte es über kurz oder lang (eher über kurz) schlecht mit dem Profifußball in Ried aussehen. Auf Dauer gesehen kann man sich in dieser unattraktiven Liga mit Gruselankick-Zeiten wohl kein Profitum leisten. Und ohne Profitum gibt es auch keine Akademie mehr. Und ohne Akademie hat man keine Chance mehr, sich wirklich hoffnungsvolle Talente selber heranzuzüchten.
Daher bin ich knapp zwei Wochen vor Saisonbeginn (im ÖFB-Cup wurde uns gerade zum gefühlt 17. Mal ein Auswärtsspiel in Dornbirn zugelost) positiv gestimmt (trotz aller Aufreger) und hoffe darauf, dass alle Verantwortlichen die richtigen Lehren aus dem Versagen der Vorsaison(en) gezogen haben und kommende Saison auch wieder EINE SV Ried auf dem Platz stehen wird. Denn wie viele Tiefschläge und Tiefpunkte auch noch kommen mögen – die SV Ried ist (leider?) trotzdem die Droge die uns gefangen hat.
Bildquellen:
– Thomas Gebauer via lask.at,
– Mannschaftsbild via svried.at
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