Seit gestern 21:18 steht es endgültig fest. Die SV Ried hat den Aufstieg aus der sky Go Erste Liga in der Saison 2017/2018 völlig verdientermaßen nicht geschafft und bleibt weiterhin zweitklassig.

Wacker Innsbruck ist seiner Favoritenrolle (bei meinem ASB-Tipp im Juli hatte ich die Tiroler auf Platz 1 gesehen) nach einem Stotterstart gerecht geworden. Karl Daxbacher ist (nach dem LASK und St. Pölten) zum insgesamt dritten Mal in dieser Liga als Meister aufgestiegen. Nach einem durchwachsenen Herbst dominierten die Innsbrucker ihre Gegner im Frühjahr nach Belieben und konnten den Meistertitel bereits in der 34. Runde fixieren – pikanterweise gegen den vermeintlich größten Gegner aus Ried.

Der zweite Aufsteiger entscheidet sich am kommenden Montag. Hartberg (der sportliche Tabellenzweite) hat eindrucksvoll bewiesen, was man mit einem eingespielten Kollektiv mit viel Herz und Leidenschaft, gecoacht von einem aufstrebenden jungen Trainer alles erreichen kann. In Sachen Zuschauerinteresse und Infrastruktur wird Hartberg jedoch ein Sorgenkind bleiben – der nur fünftbeste Zuschauerschnitt (mit knapp über 1000 Zuschauern) und der Ausblick auf eine halbe Saison im 75 km entfernten Graz erzeugen wohl schon jetzt Sorgenfalten in den Gesichtern der Bundesligaverantwortlichen. Nebenbei bemerkt war Hartberg (neben Kapfenberg) die einzige Mannschaft, die in beiden Auswärtsspielen in Ried kumuliert keinen einzigen Zuschauer zur Präsenz im Fansektor bewegen konnte. Nicht einmal bei Wattens, Floridsdorf oder Liefering (!) war dies der Fall.

Zuschauer sky go Erste Liga

Wiener Neustadt (die aufsteigen, wenn Hartberg die Lizenz auch im dritten und letzten Anlauf nicht bekommt – ansonsten Relegation gegen St. Pölten spielen) hat mit der Verpflichtung von Hamdi Salihi im Sommer den perfekten Schritt gesetzt. Selbst als 34-jähriger wurde der ehemalige Ried-Goalgetter scheinbar mühelos Torschützenkönig in dieser Liga. Form is temporary, class is permanent – wie das englische Sprichwort so schön sagt. Auf seine Klasse hat in Ried freiwillig verpflichtet, denn der Albaner wäre dem Vernehmen zufolge an einer Rückkehr nach Ried interessiert gewesen. Allgemein verlief die Saison der Niederösterreicher in sehr unterschiedlichen Phasen – nach einem Wunderstart drohten die Neustädter im Spätherbst abzurutschen, kratzten aber immer wieder zum richtigen Zeitpunkt die Kurve und stehen nun verdienterweise in der Relegation und müssen sich im niederösterreichischen Duell mit St. Pölten beweisen.

Nach dieser kurzen Retrospektive rund um die Aufsteiger fokussiere ich mich in meinem Blogeintrag auf verschiedenste Faktoren, wieso die SV Ried meiner Meinung nach das oftmals deutlich und vehement formulierte Ziel (kläglich) verpasst hat. An dieser Stelle gleich noch eine tl;dr-Warnung: insgesamt umfasst dieser Artikel knapp 4900 Wörter.

Kapitel 1) Warum man den Aufstieg verpasst hat

Man kann Fehler machen (und jeder macht Fehler), aber die Anzahl an Fehlern, welche in dieser Saison wieder und wieder begangen wurden, waren schlicht und einfach zu viele.

1.1) Was Wacker Innsbruck besser gemacht hat

Wie schon mehrmals in meinen Blogs erwähnt, war es stets eine Tugend der Rieder Vereinsführung, die Spielphilosophie an den vorhandenen Kader bzw. die erhältlichen Spieler anzupassen.  Nur um ein Beispiel zu nennen, unter Paul Gludovatz wurde mit dem kompakten 3-3-3-1 selten ein Offensiv-Furioso abgefeuert, aber die Ergebnisse sprachen zumeist für sich. Ich wage zu behaupten, dass im bodenständigen Innviertel die meisten Zuschauer dann zufrieden sind, wenn sie mit dem Gefühl des Sieges aus dem Stadion gehen können. Ob das Gezeigte am Feld übermäßig attraktiv war oder nicht, ist kurz darauf vergessen. Denn die Spielweise einer Mannschaft kann noch so attraktiv sein, aber wenn unter dem Strich keine Punkte herauskommen, dann hat diese Mannschaft versagt. Fußball ist ein Ergebnissport. Für diese Aussage zahle ich auch gerne fünf Euro in ein Phrasenschwein.

Doch heuer änderte sich die Herangehensweise an die Spielphilosophie drastisch. Die Spieler wurden zumeist in ein starres 4-4-2-Korsett gesteckt, auch wenn essentielle Schlüsselspieler fehlten oder eine Unform mit sich herumschleppten. Auch nach der sieglosen Serie im Frühjahr hielt man es in der sportlichen Führung nicht für notwendig, etwas am Spielprinzip oder der Spielphilosophie zu ändern. Man könnte dies als Überheblichkeit bezeichnen, weil man die Klasse von Individualisten über die Stärke eines eingespielten Kollektivs (wie etwa bei Hartberg) stellte.

Wacker wurde (auch) deswegen Meister, weil man mit Karl Daxbacher einen erfahrenen und abgebrühten Trainer-Sir auf der Bank hatte, dessen bevorzugtes Spielprinzip eigentlich auf Ballbesitz beruht. Doch nach einem mäßigen Start in die Saison (u.a. mit klaren Niederlagen in Hartberg und Ried) sah Daxbacher rasch von seinem normalen Spielprinzip ab. Er adaptierte seine Taktik passte seine Mannschaft trotz der eigenen Favoritenrolle in 90% aller Spielen an die jeweiligen Gegner an. In einem Interview mit Sky Sport Austria erklärte er dies folgendermaßen:

Ich würde schon sagen, wir haben uns so richtig adaptiert an die Liga. Wir haben nach fünf, sechs Runden im Herbst unseren Spielstil geändert. Wir haben mehr auf Konter gespielt, haben die anderen Mannschaften mehr heraus gelockt. (…) Das war dann letztendlich die richtige Entscheidung.”

1.2) Was Hartberg besser gemacht hat

Auf Hartberg trifft das Merkmal der Anpassungsfähigkeit an den Gegner ebenso zu. Besonders bemerkenswert war für mich ein Interview mit Christian Ilzer, welches vor dem Auswärtsspiel in Ried mit dem ORF geführt wurde. Dabei wurde er von Dennis Bankowsky gefragt, worauf er seine Umstellungen begründet, warum der dribbelstarke Flügelspieler Kröpfl nur auf der Bank sitzen würde. Dabei gab Ilzer zu Buche, dass man mit Christian Ilic die Zentrale verstärkt um ein Übergewicht im Mittelfeld zu schaffen und gleichzeitig an Kopfballstärke bei Standards gewinnen würde.

Nicht nur, dass ein Kopfball von Ilic nach vier Minuten an die Latte landete – mit diesem recht logischen Rezept wurden Grgic und Wießmeier im 4-4-2 der Rieder quasi permanent ausgeschalten, was zur Folge hatte, dass Chabbi und Fröschl stets in der Luft hingen und sich die Bälle zumeist selber holen wollten/mussten. Dies wiederum hatte die Konsequenz, dass beide dann auch öfters selber in der Sturmspitze fehlten und das Rieder Offensivspiel auseinander brach.

1.3) Ried war zu oft leicht berechenbar

Ein weiteres Beispiel dafür, wie berechenbar die SVR heuer zumeist agierte, waren die Spiele im Frühjahr gegen BW Linz und den FAC. Beim glücklichen 4-2 Sieg in Floridsdorf brachten die Wiener die SVR-Defensive mit einem einzigen Kniff laufend in Bedrängnis: hohe Bälle auf Lubega in die Schnittstelle der Innenverteidigung. Wäre Edrisa Lubega ein Stürmer mit Abschlussqualität, hätte er in dieser Partie wohl vier bis fünf Tore erzielen können, da er die Langsamkeit von Haring und Reifeltshammer wiederholt schamlos aufdecken konnte. Für eine ähnliche Schwimmstunde in Sachen Defensivarbeit sorgten die schnellen Koita und Lüchinger dank eines ähnlichen Prinzips beim 2-2 im zweiten OÖ-Derby bei BW Linz.

1.4) Im Rieder Spielplan gab es keinen Plan B

Dies bringt mich gleich zu meinem nächsten Kritikpunkt: der SVR fehlte die gesamte Saison über ein Plan B. In elf Spielen dieser Saison (30%) geriet man in Rückstand. Die Bilanz aus diesen Spielen? Lediglich ein Sieg (gegen den FAC), ein Unentschieden (gegen Wacker) und acht Niederlagen. Noch schlimmer ist jedoch die Statistik, wenn man mit 0:1 in Rückstand geriet. Hier holte man in acht Fällen nur einen einzigen Punkt.

Runde Gegner Zwischenstand Endstand Punkte
1 Wiener Neustadt 0:1 0:1 0
3 FAC 1:2 3:2 3
4 Liefering 0:1 0:4 0
9 Kapfenberg 1:2 1:2 0
15 Innsbruck 0:1 1:1 1
16 Hartberg 0:1 2:3 0
24 Wacker 1:2 1:3 0
25 Hartberg 0:1 0:1 0
28 Wiener Neustadt 0:1 0:1 0
33 Wacker 0:1 1:3 0
34 Hartberg 0:1 0:1 0

Selten bis gar nie wurde bei Rückstand eine spieltaktische Anpassung durchgeführt, echte Impulse von außen fanden kaum statt. In dem alles-oder-nichts-Spiel gegen Hartberg wurde nach 72 Minuten Prosenik für Fröschl eingewechselt. Positionsgetreue Wechsel wie dieser dominierten die gesamte Saison, egal ob unter Lassaad Chabbi oder den Interimstrainern Franz Schiemer und Thomas Weissenböck. Der Mut zum vollen Risiko wurde zu keinem Zeitpunkt gezeigt.

1.5) Anfälligkeit in der Schlussphase

Die Schlussphase des 35. Spieltags war stellvertretend für die gesamte Saison der sky Go Erste Liga. Wiener Neustadt erzielte einmal mehr in den letzten Minuten eines Spiels den Siegtreffer durch einen Stürmerroutinier. Die SVR ging mit 1-0 in Führung, kassierte aber in der Nachspielzeit (mal wieder) den Ausgleich aus einer Standardsituation (mal wieder). Weder das eine noch das andere war für mich ein Zufall.

SV Ried Gegentore Erste Liga

In der Schlussviertelstunde kassierte man gleich 15 Gegentore und damit so viele wie in der gesamten ersten Halbzeit zusammen. Besonders bitter in Erinnerung: das 1-1 in Linz, beide Tore beim 2-2 in Hartberg, das 1-2 in Kapfenberg, das 2-2 gegen Wiener Neustadt, das 0-1 in Wiener Neustadt sowie das 1-1 in Wattens. Insgesamt wurden in der Schlussviertelstunde 11 Punkte verschenkt, jedoch nur 1 Punkt gewonnen (beim späten 1-1 in Innsbruck).

Noch schlimmer ist die Statistik, wenn man Punkteverluste nach Führungen den Punktegewinnen nach Rückstand gegenüberstellt.

Runde Gegner Zwischenstand Endstand Punkte Gegentore
5 BW Linz 1:0 1:1 2 83. Minute
7 Hartberg 2:0 2:2 2 78., 90.
9 Kapfenberg 1:0 1:2 3 44., 80.
19 Wiener Neustadt 2:0 2:2 2 36., 91.
21 FAC 1:0 1:1 2 60.
22 Liefering 1:0 1:1 2 27.
23 BW Linz 1:0 / 2:1 2:2 2 15., 64.
35 Wattens 1:0 1:1 2 91.

Auf der Soll-Seite stehen hier unfassbare 17 Punkte. Auf der Haben-Seite? Nur vier Punkte (beim erwähnten 1-1 bei Wacker sowie beim 3-2 gegen den FAC im Sommer). Ergibt ein Minus von 13 Punkten.

In vielen dieser Spielen konnte man nach dem Ausgleich (oder gar Rückstand) nicht mehr zusetzen. Neben dem fehlenden Plan B hat für mich auch der spieltaktisch bedingte Kräfteverschleiß bei vielen ernüchternden Ergebnissen eine Rolle gespielt.

Denn der unter Sportdirektor Schiemer angestrebte RB-Fußball zeichnet sich durch ein massives Offensivpressing aus und ist daher auch übermäßig kräfteraubend. Genau dies wurde der SVR in der heurigen Saison in der Schlussphase scheinbar laufend zum Verhängnis, obwohl man mit Tamasz Tiefenbach zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte über einen hauptberuflichen Konditionstrainer verfügte.

1.6) Anfälligkeit bei Ecken und Freistößen

Ebenfalls frappant war die Anfälligkeit bei Standardsituationen. Hier fallen mir spontan die Spiele gegen Wiener Neustadt und Hartberg ein, in denen vielen Punkte durch gegnerische Eckbälle und Freistöße verloren gingen. Und zuletzt der Ausgleich von Wattens nach 91 Minuten durch einen Freistoß. In einer Raumdeckung deckt man den Raum. Diese Aussage nahmen die Rieder Verteidiger oft zu wörtlich. Ein gutes Beispiel hierfür der bereits erwähnte Lattenkopfball von Ilic (Hartberg), der nach einer Ecke völlig unbedrängt im Fünfmeterraum zum Kopfball kam. So eine Szene sieht man sonst nicht einmal in der 2. Klasse West.

1.7) Mit 41 Gegentoren in 36 Spielen gewinnt man keinen Blumentopf

Die ständige Rotation in der Innenverteidigung zu Beginn des Frühjahres mit vier Paarungen in ebenso vielen Spielen (Haring – Reiner; Haring – Boateng; Boateng – Reifeltshammer, Haring – Reifeltshammer) verunsicherte die gesamte Defensive. Dieser Fehler der permanenten Rotation setzte sich auch unter Schiemer und Weissenböck fort.

Anstatt auf die einigermaßen solide Paarung aus dem Herbst (Haring – Boateng) zu setzen, forcierte etwa Weissenböck mit Reifeltshammer den ehemaligen Abwehrchef der SVR und machte diesen wieder zum Fixposten. In der entscheidenden Phase der Saison agierte das Urgestein gegen Wacker und Hartberg leider alles andere als souverän und musste gegen Wattens aus Sicherheitsgründen sogar ausgewechselt werden.

Von allen vier Aufstiegskandidaten kassierte die SV Ried die meisten Gegentore. Auch hier gibt es einen Spruch, der wieder einmal seine Gültigkeit beweist: offense wins games, defense wins championships. Und so erscheint es irgendwie logisch, dass die beste Defensive auf Platz 1 steht, die zweitbeste Defensive auf Platz 2 und die drittbeste Defensive auf Platz 3.

Niemand aus dem Trio Haring, Boateng und Reifeltshammer ragte über die Saison gesehen wirklich heraus oder erlaubte sich weniger Fehler als ein anderer. Ein unumstrittener Abwehrchef fehlte augenscheinlich. Ronny Marcos spreche ich nach seinen Leistungen im Frühjahr jegliche Tauglichkeit für eine Profimannschaft ab, neben seinen beiden Ausschlüssen gegen Kapfenberg und den FAC verschuldete er u.a. auch den Ausgleich in Linz und sorgte mit vielen konfusen Aktionen laufend für Kopfschütteln unter den Fans. Nicht umsonst hatte er kurz vor Saisonende seinen Platz gegenüber Christian Schilling verloren und rutschte nur dank dessen Verletzung wieder in die Startelf. In der Offensive fand er quasi nicht statt: ein Assist (bei 61 Toren) ist für einen Außenverteidiger in einem 4-4-2 System nicht akzeptabel. Sein Pendant auf der rechten Abwehrseite, Manuel Kerhe, war wohl der stabilste Defensivmann im Verbund, jedoch ohne wirklich zu glänzen.

1.8) Das Toreschießen wurde verlernt

Doch nicht nur die Defensive sorgte (vor allem im Frühjahr) für viel Kopfzerbrechen. Auch die Offensive schien bei warmen Temperaturen zunehmend ihr gelerntes Handwerk zu vergessen. So besagt eine weitere deprimierende Statistik zum Frühjahr, dass (wenn man jetzt das 7-1 gegen Kapfenberg ausnimmt) nur BW Linz (13) und der FAC (15) zwischen Februar und Mai weniger Tore als die SVR (17) erzielten. Im Herbst war die SV Ried (44) noch jene Mannschaft, welche die meisten Tore erzielen konnte (+5 auf Liefering, +11 auf Neustadt, +13 auf Wacker). Ilkay Durmus konnte an seine Form aus dem Herbst nicht annährend anknüpfen, Clemens Walch war wieder einmal Clemens Walch (= meistens verletzt oder krank) und auf die Verschwendung von Julian Wießmeier komme ich später zu sprechen. Auch Chabbi und Fröschl konnten an ihre Torquote aus dem Herbst nicht annähernd anknüpfen.

1.9) In direkten Duellen wurde stets versagt

Generell funktionierte (das ist ein Trend meiner Analyse) im Frühjahr fast gar nichts mehr. Vor allem das Versagen in den direkten Duellen mit den Aufstiegskonkurrenten verursachte das Abrutschen in der Tabelle. Im Herbst konnte die Mannschaft aus sieben Duellen mit den direkten Gegnern (Wacker Innsbruck, Hartberg und Wiener Neustadt) noch akzeptable neun Punkte holen und belegte damit in einer Mini-Tabelle sogar den ersten Tabellenplatz. Außerdem erzielte man im Schnitt zwei Tore pro direktem Duell.

HERBST 2017   SP S U N TV P
1. Ried 7 2 3 2 14:10 9
2. Neustadt 6 3 0 3 3:7 9
3. Hartberg 6 2 2 2 8:7 8
4. Wacker 6 2 2 2 7:8 8

Doch wenn man selbige Mini-Tabelle aus den Spielen im Frühjahr erstellt, so ergibt sich ein Bild des Grauens. In fünf Spielen setzte es ebenso viele Niederlagen. Dazu waren die zwei geschossenen Tore (jeweils gegen Wacker) ein weiterer Faktor, wieso man einfach keine Spiele für sich entscheiden konnte.

FRÜHJAHR 2018
  SP S U N TV P
1. Wacker 6 4 1 1 10:3 13
2. Hartberg 6 3 2 1 5:4 11
3. Neustadt 6 2 2 2 6:8 8
4. Ried 5 0 0 5 2:9 0

Das Gesamtbild (wenn man Herbst und Frühjahr zusammenrechnet) ist desaströs. Aus den insgesamt zwölf Duellen mit diesen Gegnern konnte man lediglich zwei gewinnen und verlor gleich vier von sechs Spielen vor eigenem Publikum.

GESAMT    SP S U N TV P
1. Wacker 12 6 3 3 17:11 21
2. Hartberg 12 5 4 3 13:11 19
3. Neustadt 12 5 2 5 09:15 17
4. Ried 12 2 3 7 16:19 9

Da die Punkte aus solchen Duellen bekannterweise doppelt zählen, kann dies als zentraler Aspekt im Versagen der Mannschaft stilisiert werden. Klar war manchmal auch Pech mit Schiedsrichterentscheidungen dabei (der nicht gegebene Elfer an Kerhe in Hartberg ist für mich weiterhin der klarste Elfer aller Zeiten, der nicht gegeben wurde).

Im Endeffekt war jedoch eine Mischung aus den bereits genannten Faktoren (Anpassungsfähigkeit bzw. Plan B) ausschlaggebend, welche mit teilweise apathischer Abschlussschwäche und fehlendem Killerinstinkt angereichert wurde. Denn sowohl auswärts und daheim gegen Hartberg als auch in Wiener Neustadt hätten Chabbi, Durmus oder Wießmeier die Spiele jeweils bereits frühzeitig entscheiden oder zumindest positiv beeinflussen können.

Nebenbei bemerkt war die Steiermark kein guter Boden für die SV Ried, aus den vier Ausflügen in die Ost- bzw. Obersteiermark konnte man nur einen von zwölf möglichen Punkten holen, in zwei der vier Spielen blieb man sogar ohne Tor. Abgesehen von Hartberg und Kapfenberg kann man mit der Punkteausbeute gegen die „Kleinen“ einigermaßen zufrieden sein – dies ist gewissermaßen ein Hauptgrund, wieso man knapp vor Saisonende überhaupt noch im Aufstiegs- bzw. Relegationsrennen war.

Die nachfolgende Statistik zeigt überblicksmäßig die Punkteausbeute gegen jeden Gegner an, sowie den eigenen Punkteschnitt und im Vergleich dazu den Punkteschnitt des Gegners gegen alle anderen Gegner (* Stand nach 35 Runden).

Gegnertabelle SV Ried

Die Ausbeute in den Derbys hätte man vor der Saison wahrscheinlich unterschrieben, ebenfalls die Ergebnisse gegen Wattens, FAC und dem anderen selbsternannten Aufstiegsfavoriten aus Lustenau. Aber gleichzeitig kann man ableiten, dass man neben den „Top3“ wie bereits erwähnt auch gegen Kapfenberg überdurchschnittlich schlecht abschnitt.

1.10) Im Winter hat man alles falsch gemacht

Egal welche Spielanlage man im Winter weiterentwickeln wollte – dieser Schuss ist nach hinten losgegangen. Anstatt sich auf Automatismen (wie etwa auf Defensivverhalten oder Standardsituationen) zu fokussieren, wollte man etwas am Spielkonzept verändern, das eigentlich ganz passabel funktionierte – immerhin überwinterte man an der Tabellenspitze.

Ich habe bereits mehrmals erwähnt, dass mit Julian Wießmeier ein potentieller Spieler des Jahres gnadenlos verschenkt bzw. verheizt wurde. Als klassischer 10er nach Ried gekommen, musste er zumeist als zentraler Mittelfeldspieler oder rechter Flügelspieler im 4-4-2 agieren. Als ZM ist er jedoch zu wenig robust, als RM zu langsam. Eingesetzt wurde er dennoch auf beiden Positionen.

Mit Marko Stankovic durfte ein Routinier den Verein im Winter zum FC Pune nach Indien verlassen, der im Frühjahr mit seiner Erfahrung und seinen Standards schmerzlich vermisst wurde. Die Eckbälle von Kerhe (gefühlte 34 gegen Wacker, gefühlte 18 gegen Hartberg) waren an Harmlosigkeit kaum zu überbieten. Und aus Standardsituationen aus dem Spiel ging sowieso gar nichts mehr. Entweder wollte Stankovic unbedingt weg, oder man war sich des Aufstiegs schon zu sicher und ließ ihn deswegen ziehen. Rückwirkend gesehen war er trotz seiner altersbedingten Behäbigkeit trotzdem immer zumindest für 50-60 Minuten ein ideenreicher Offensivfaktor im Team der SVR.

Gabriel Lüchinger wurde nach Linz verliehen, wo er in den ersten vier Spielen fünf Tore erzielen konnte. Warum der quirlige Schweizer mit dem starken Distanzschuss unter Chabbi überhaupt keine Chance bekam, war/ist für den Beobachter von außen nicht wirklich erkennbar. Bei jedem Testspiel gehörte er zu den Aktivposten im Spiel der Rieder. Klarerweise hatte er mit Ilkay Durmus einen der (zumindest im Herbst) beständigsten Gegenspieler – dennoch wurde sein Talent auf der Tribüne oder in der OÖ Liga verschenkt.

Auf die Neuzugänge im Winter will ich nur mehr mehr wenigen Worten eingehen: Prosenik war ein epochaler Flop, Reiner nach seinem Fehler im Spiel gegen den FAC fast ausnahmslos bei den Amateuren in der 4. Liga im Einsatz und Flavio sitzt passbedingt noch immer auf seiner Heimatinsel fest. Anstatt die Mannschaft punktuell zu verstärken, wurde das Spielgefüge mit den Wintertransfers tendenziell sogar geschwächt. Und auch die Comebacks von Reifeltshammer und Ziegl verliefen enorm kontraproduktiv. Beide sind nach ihren langwierigen Verletzungen noch nicht annäherend dort, wo sie vor wenigen Jahren einmal waren.

1.11) Der ÖFB Cup war eine Ablenkung und kein Bonus

Das Weiterkommen im ÖFB-Cup und die Vorfreude auf das Viertelfinalduell mit Rapid wurde offensichtlich zum mentalen Problem für die Mannschaft. Allen Unkenrufen zum Trotz wurde der FAC in der ersten Runde im Frühjahr unterschätzt, ein behäbiges 1-1 gegen den Tabellenletzten die Folge. Gegen eine Mannschaft, die im Frühjahr lange Zeit bei diesem einen erzielten Tor bleiben würde. Was dieses Ergebnis für mich noch schlimmer gestaltete, war, dass kein Hehl daraus gemacht wurde, dass „die Gedanken der Spieler schon bei Rapid waren“ – somit nicht einmal versucht wurde, eine Ausrede zu finden.

Abgesehen davon litt man auch an einem Post-Cup-Kopfweh: Nach dem 4-0 beim Wiener Sport Club setzte es ein 0-1 gegen Wiener Neustadt, nach dem 4-1 gegen den LASK ein 2-3 gegen Hartberg und nach dem 1-2 in Hütteldorf (immerhin) in 1-1 in Liefering.

Kapitel 2) Ein kurzer Ausblick in die Zukunft

Einer aus St. Pölten, Hartberg und Wiener Neustadt muss kommende Saison in der 2. Liga spielen. Man wird man sechs Derbys (gegen BW Linz, Vorwärts Steyr und die OÖ Juniors) austragen können. Dazu verzerren neben den OÖ Juniors mit Liefering, Wacker und Austria drei weitere Amateurteams die Liga. Aus dem Süden des Landes bekommt man es neben Kapfenberg nun auch mit Lafnitz und Austria Klagenfurt zu tun. Aus dem Osten hat Horn den sofortigen Wiederaufstieg geschafft, dazu kommt mit Amstetten ein weiterer Verein aus Niederösterreich sowie der FAC aus Wien. Ergänzt wird die Liga westwärts durch Wattens und Austria Lustenau.

Hier eine kleine Übersicht auf die Gegner der 30 Spiele in der kommenden Saison:

Oberösterreich Niederösterreich Steiermark Tirol
SV Ried SV Horn Kapfenberger SV WSG Wattens
BW Linz SKU Amstetten SV Lafnitz Wacker Amateure
Vorwärts Steyr (Wiener Neustadt / St. Pölten) (Hartberg)
OÖ Juniors
Wien Vorarlberg Salzburg Kärnten
FAC Austria Lustenau FC Liefering Austria Klagenfurt
Austria Wien Amateure

2.1) Wie schaut’s eigentlich mit dem Nachwuchs aus?

Bevor ich mich der Vereinsführung und den Spielern der Profimannschaft widme, noch ein kleiner Sidestep zu den Amateuren und der Akademie. Beim letzten Aufstieg aus der Bundesliga waren mit Schiemer, Lasnik und Sulimani gleich drei Nachwuchskicker regelmäßig im Einsatz. Doch seit Patrick Möschl im Jahre 2013 zum Stammspieler avancierte, schaffte es kein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs mehr, zu einer Stammkraft im Profiteam zu werden. Mehrfache Umstrukturierungen und Trainerwechsel verbesserten diese (in dem Fall langjährige) Situation nicht. Aufgrund der intensiven Tätigkeiten von RB Salzburg und mittlerweile auch dem LASK ist es natürlich auch immer schwieriger, wirklich talentierte und gleichzeitig hungrige Nachwuchskicker für das kleine Ried gewinnen zu können.

Wie auch immer – in der aktuellen Saison spielten Stefano Surdanovic und Arne Ammerer (bis zum gestrigen Spiel) im Frühjahr keine Rolle mehr, nachdem sie im Herbst von Chabbi zumindest ab und zu ins Spiel gebracht wurden. Dies kommt nicht von ungefähr. Die Ried Amateure liegen derzeit auf dem viertletzten Platz der OÖ Liga und kämpfen zwei Spieltage vor Saisonende noch immer gegen den Abstieg, was den Rückfall in die sportliche Bedeutungslosigkeit zur Folge hätte. Das Leistungsgefälle zwischen diesen beiden Ligen ist einfach zu groß.

Nur zum Vergleich – die Amateure von Wacker Innsbruck, Austria Wien und auch vom LASK (als Mogelpackung „OÖ Juniors“ analog zu Liefering) spielen kommende Saison in der zweithöchsten Spielklasse, was eine viel bessere Annäherung an die Profimannschaft und eine gesteigerte sportliche Wettbewerbsfähigkeit als Konsequenz mit sich ziehen wird.

Die AKA U18 liegt derzeit im Tabellenmittelfeld, die AKA U16 im hinteren Drittel, die AKA U15 ist abgeschlagen Letzter.

Kapitel 3) Wer trägt die Schuld am Nichtaufstieg?

Geld schießt keine Tore. Dieses Zitat wurde früher immer wieder gerne verwendet, wenn die großen Mannschaften aus Hütteldorf, Favoriten oder Graz in das beschauliche Innviertel kamen und mit einer Niederlage heimgeschickt wurden. Nun erfährt man am eigenen Leib, dass dieses Zitat noch immer Gültigkeit besitzt.

Trotz „Top-Budget“, „Top-Infrastruktur“ (Stadion, Trainingszentrum), „Top-Fansupport“ und (vermeintlichem) „Top-Kader“ belegt man in der Endabrechnung eben nur diesen unrühmlichen 4. Platz. Eine kurze Chronologie der letzten eineinhalb Jahre:

7. Februar 2017: Langzeitmanager Stefan Reiter wird von der Vereinsführung der SV Ried (rund um Finanzvorstand Roland Daxl) beurlaubt. Grund für die Trennung sei, dass man „mit Reiter nicht zufrieden sei“. Kurz darauf wird Franz Schiemer als neuer Sportdirektor vorgestellt und als mittelfristiges Ziel wird (in akuter Abstiegsbedrohung) die Rückkehr in den Europacup ausgegeben.

28. Mai 2017: Nach einem Katastrophenfrühjahr mit nur 15 Punkten aus 18 Spielen steigt man zum zweiten Mal nach 2003 aus der höchsten Spielklasse ab. Der Wiederaufstieg wird als klares Ziel ausgegeben, man sei Topfavorit, so die Devise vor Saisonbeginn und auch noch in der Winterpause.

25. Mai 2018: Der sofortige Wiederaufstieg wird kläglich verpasst. In einem Jahr, in dem es mit 2.5 Aufstiegsplätzen (dank Relegation) so viele wie nie zuvor gibt, beendet man die Saison nur auf dem 4. Tabellenplatz, unter anderem hinter dem steirischen Underdog aus Hartberg, der vielleicht ein Drittel des Rieder Budgets zur Verfügung hatte.

Die bittere Realität lautet nun Lafnitz statt Leverkusen, Amstetten statt Atalanta und Horn statt Hibernian.

3.1) Die Vereinsführung hat versagt

Eigentlich muss dies nach dem letzten Absatz nicht mehr extra erwähnt werden.

Es bleibt abzuwarten, ob diese kommende Saison noch mit Roland Daxl (der seinen Rückzug bei Nichtaufstieg angekündigt hatte und nach den Spielen gegen Hartberg und Kapfenberg von der Westtribüne schwer angefeindet wurde) und Franz Schiemer stattfinden wird. Beide Herren sind seit 15 Monaten für die Geschicke eines ehemals sportlich soliden Vereins verantwortlich und haben diesen in eine permanente Abwärtsspirale geführt. Beachtlich für das CV: 2017: Abstieg aus der Bundesliga. 2018: Nichtaufstieg in die Bundesliga.

„Ich muss aber ganz offen sagen, dass ich den Verein im Falle eines Nichtaufstiegs wohl übergeben würde.“

Roland Daxl am 23. Februar im Interview mit den OON

Ich hoffe stark, dass Daxl sein Wort hält. Eigentlich müssten beide Personen die Konsequenz aus ihrem Versagen ziehen und von ihren jeweiligen Posten zurücktreten. Daxl hat Stefan Reiter (der übrigens noch nie abgestiegen ist, jedoch zweimal aufstieg und zweimal Cupsieger wurde) wie vorher erwähnt knapp vor dem Beginn der Frühjahrsaison 2017 rausgeworfen und damit einen ganzen Verein destabilisiert. Mit Franz Schiemer wurde ein Novize installiert, der Fußball bisher nur als aktiver Spieler sowie als Co-Trainer bei einem Verein miterlebt hatte, in dem es eigentlich um nichts geht. Der Zeitpunkt war so katastrophal schlecht, dass Schiemer auch keine Transferperiode zur Kaderverstärkung zur Verfügung hatte.

Entlarvend auch das Interview von Daxl mit den OON:

OON: Im Frühjahr 2017 hat sich der Klub von Langzeit-Manager Stefan Reiter getrennt und mit Franz Schiemer einen „Rookie“ engagiert. War das richtig?

Daxl: Das war nicht allein meine Entscheidung, sondern die des Präsidiums. Und die war nicht einfach.

Hier schafft er mit einem Satz, dass Schiemer wie ein Fehler klingt und die Entscheidung in Wahrheit sowieso die anderen getroffen haben. Der Fisch fängt jedoch immer am Kopf zu stinken an und Daxl hat sich im Februar 2017 ganz klar als Kopf dieses Vereins positioniert und deklariert.

Wenigstens hat Franz Schiemer gestern Eier gezeigt, seinen Kopf hingehalten und sich für das Scheitern als Hauptverantwortlicher hingestellt. Im Gegensatz dazu folgte ein weiteres Kapitel aus dem Buch der Selbstgefälligkeit von Daxl. Aus dem gestrigen Interview mit Sky Sport Austria:

Es wissen sehr viele Rieder Urgesteine, die den Verein schon 30, 40 Jahre begleiten, sehr wohl, was der Vorstand hier leistet und welches Herzblut und welche Energie wir hier reinstecken. […] Bin sehr stolz darauf und freue mich auch, dass die echten Protagonisten der SV Ried nach wie vor zu uns stehen!”

Ich kenne viele Menschen, die den Verein seit 20 oder 30 oder 40 oder 50 Jahren begleiten (bei mir selber sind es auch bereits 29 Jahre) und mit nur einem Satz diskreditiert Daxl alle Menschen, die es gewagt haben, (berechtigte) Kritik anzubringen. Natürlich stehe ich zur SV Ried. Aber ich stehe nicht zu Daxl und ich stehe nicht zu allen anderen austauschbaren Personen die den Bezug zur Realität und den Menschen abseits des VIP-Clubs offenbar völlig verloren haben.

Doch auch Schiemer hat zumindest einen Fehler (mit-)gemacht: der Rauswurf von Lassaad Chabbi fand zum falschen Zeitpunkt statt und hätte schon viel früher, zumindest aber in der Länderspielpause unmittelbar nach dem 1:3 gegen Wacker stattfinden müssen. Auch die Übergabe an einen Berufstrainer (Thomas Weissenböck) nach seiner Interimstätigkeit erfolgte mindestens eine Woche zu spät (unter Schiemer setzte es ein lasches 2-0 gegen Wattens, ein vergessenswertes 0-0 in Kapfenberg sowie ein im Endeffekt fatales 0-1 in Wiener Neustadt).

In der medialen Farce rund um die Bestellung von Thomas Weissenböck zum Cheftrainer (der aus einer relativ sicheren Quelle bis knapp vor seiner Bestellung nichts von seinem Glück wusste – von wegen „Wunschkandidat“) haben beide Akteure übrigens auch ihr wahres Gesicht gezeigt. Amateurhaft Hilfsausdruck.

3.2) Die Spieler haben (auch menschlich) versagt

Die Zusammenstellung des vermeintlichen Aufstiegskaders durch die sportliche Führung rund um Schiemer, Chabbi und auch Daxl funktionierte augenscheinlich nach zwei Gesichtspunkten: es wurden Spieler geholt, die entweder aus Lustenau (Haring, Wießmeier, Grabher, Chabbi, Durmus) oder vom LASK (Grgic, Kerhe, Boateng, Mayer) bekannt waren. Dazu wurden (aus sentimentalen Gründen?) Spieler in Ried belassen (Gebauer, Reifeltshammer, Walch, Marcos, Ziegl, Fröschl), die jedoch leider teilweise ihren Zenit im Verein schon überschritten hatten. Mit den „Spielerblöcken“ verfolgte man die Idee einer schnelleren Spielfindung, vergaß aber auf menschliche Aspekte bzw. bestehende Vorurteile. So kam es einigen Quellen zufolge zu massiven Gruppenbildungen innerhalb der Mannschaft welche zu Saisonende in handfeste Auseinandersetzungen ausarteten.

Diese Gruppenbildungen hatten definitiv keinen positiven Effekt auf die spielerischen Leistungen. Man hatte als Fan auf der Westtribüne des Öfteren das Gefühl, dass nicht jeder Spieler für jeden anderen bedingungslos laufen und kämpfen würde. Mit ganz wenigen Ausnahmen wie etwa Lukas Grgic können sich daher alle Spieler von mir aus gerne (wieder) aus Ried verabschieden, weil sie größtenteils keine Ahnung haben, was es bedeutet das schwarzgrüne Trikot zu tragen. In Ried wird Fußball immer noch primär gearbeitet. Überhebliche Interviews wie jenes von Chabbi nach dem Match gegen Wattens, in dem er dem Schiedsrichter die notwendige Klasse abspricht, sind übrigens auch bezeichnend. Von Selbstreflexion und einem Suchen der Fehler bei der eigenen Person teilweise keine Spur.

Um einen Kollegen aus dem ASB zu zitieren: die Menschen im Innviertel sind fußballverrückt – über die Rieder (und nicht „Wikinger“, weil kein echter Rieder Anhänger mit diesem Terminus über seinen Verein spricht) wird überall und jederzeit diskutiert. Beim Wirt, im Café, beim Friseur (passiert mir immer mal wieder), an der Tankstelle oder im Supermarkt.

Natürlich war, ist und wird Ried nie die Endstation für einen ambitionierten Spieler sein – aber jeder Spieler hat die gottverdammte Pflicht, sein Maximum zu geben und zu laufen und zu kämpfen bis er sich übergeben muss, solange er das Trikot dieser Mannschaft anziehen darf. Apropos kämpfen: auch wenn Gelbe Karten kein Indikator für Einsatz sind – aber beim 0:1 gegen Hartberg wurde exakt ein Spieler verwarnt. Ich lasse das einfach einmal im Raum stehen.

Wenn kein Einsatz am Platz stattfindet, kann auch kein Funke auf die Menschen überspringen. Daher war die Verbindung zwischen Mannschaft und Fans in der abgelaufenen Saison wohl so schwach wie noch nie zuvor. Wer sich an die Aufstiegsmannschaft aus 2004/2005 erinnert: das waren ganz andere Typen, welche sich mit dem Verein identifizieren konnte und daher eine ganze Region im positiven Sinne anstecken konnten. Dieses Phänomen blieb in dieser Saison über weite Stecken (verständlicherweise) aus. Im Frühjahr folgten dann nach dem katastrophalen Beginn mit acht sieglosen Spielen auch diverse Supportstreiks und eine (noch) weitere Entfernung von Mannschaft und Fans. Das Band wurde nach dem Scheitern nun vorübergehend zerschnitten.

4) Einmal mehr: Quo vadis, SV Ried?

Zum nunmehr dritten Mal binnen eineinhalb Jahren muss ich leider diese Frage aufwerfen. Zum ersten Mal sind einige Fragen aber wirklich existenzieller Natur:

  • Kann man die finanziellen Mittel auf die Beine stellen, um in der nächsten Saison den Wiederaufstieg anzustreben?
  • Welche Spieler verfügen über einen gültigen Vertrag für eine weitere Zweitligasaison? Welche Spieler will man überhaupt behalten?
  • Wie stark muss das Budget aufgrund der (viel) niedrigeren Fernsehgelder reduziert werden?
  • Welche Konsequenzen ziehen Roland Daxl, die anderen Vorstandsmitglieder und Franz Schiemer aus ihrem Scheitern?
  • Hat die Kooptierung von Maximilian Schmidt als Vorstandsmitglied im April schon den ersten Schritt eines größeren Plans dargestellt?
  • Wie will man verärgerte Fans, Sympathisanten und Sponsoren aus der Region wieder für sich gewinnen?

Ich persönlich habe im April mit meinem Artikel #desisnetmeiverein schon ein klares Statement abgegeben, was ich von den letzten Entwicklungen bei der SV Ried halte. Überheblichkeit und unrealistische Ziele passen nicht in diese bodenständige Region. Vor allem, wenn man dann wie im Mai 2017 und auch im Mai 2018 kläglich scheitert. Understatement und Demut wären wie schon früher wieder deutlich passendere Grundhaltungen.

Alle, die mich kennen und in den letzten Wochen und Monaten auf mich zugegangen sind und mich auf meine Blogeinträge angesprochen haben, wissen wie vernarrt ich eigentlich in diesen Verein bin.

Doch das letzte Jahr, die letzten Monate, die letzten Wochen haben mich immer emotionsloser werden lassen. Es ist gut, dass die Saison zu Ende ist. Denn aktuell fühle ich mich von der SV Ried so weit entfremdet wie noch nie zuvor in meinem 34-jährigen Leben.

Vielen Dank an alle, welche sich bis zum Ende dieses Artikels durchgekämpft haben, man sieht/hört/liest sich.

 

Bildangaben: Zuschauerschnitt via weltfussball.at, Gegentore via bundesliga.at. Titelfoto (c) Florian Ertl, GEPA

Ich wollte eigentlich niemals inflationär über die SV Ried schreiben. Daher will ich mich prophylaktisch für zwei Beiträge innerhalb von vier Tagen entschuldigen. Aber die Ereignisse rund um die Trainersuche bei der SV Ried haben sich im Laufe der aktuellen Kalenderwoche mehrmals überschlagen. Somit fühlte ich mich jetzt am Abend kurzfristig dazu gezwungen, einen neuen Eintrag in mein Logbuch des Wahnsinns schreiben zu müssen.

So viel vorab: zur Amtszeit von Stefan Reiter war im Vorhinein stets wenig oder gar nichts über Transferpläne oder konkrete Transferziele (Spieler und Trainer) bekannt. Dies änderte sich im Sommer 2017 unter der Führung Daxl/Schiemer drastisch – man möchte sogar sagen um 180°. In der Sommerpause war bei so gut wie jedem Transfer bereits am Vortag (oder noch länger davor) bekannt, welcher Spieler neu in den Verein eintreten würde.

Bei den verschiedensten Trainerkandidaten der letzten Woche war selbiges der Fall. Die Vermutung liegt nahe, dass Reiter sein Netzwerk (welches u.a. aus Managern, Agenten, Fußballfunktionären und Journalisten besteht) hinsichtlich Informationssperren (besser) im Griff hatte. Denn die peinliche Reality Soap der letzten Tage wäre bei der SV Ried noch vor zwei Jahren kaum vorstellbar gewesen.

Kandidat 1: Frenkie Schinkels

Am Montagnachmittag wurde bekannt, dass Frenk „Frenkie“ Schinkels am Dienstag als neuer Cheftrainer bei der SVR installiert werden solle. Der Dancing Star aus Niederösterreich (am 14. August auf dem feuchtfröhlichen Copa Pele Kickerdampfer unterwegs) hatte sich am Sonntag bereits mit Franz Schiemer getroffen und die Details schienen geklärt. Als die Information der bevorstehenden Verpflichtung von Schinkels jedoch am Montagnachmittag an die Öffentlichkeit durchsickerte, hatte dies einen massiven Shitstorm in sozialen Medien und Fanforen zur Konsequenz. Die Vereinsführung rund um Roland Daxl, durch diese Geschehnisse offensichtlich stark verunsichert (überrascht? gehemmt?) nahm infolgedessen Abstand an einer Verpflichtung des aktuellen Sportdirektors von Krems.

Um auf Nummer Sicher zu gehen, hat Schinkels dann am Mittwoch übrigens auch noch selbst abgesagt ;- )

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Kandidat/en 2: Paul Gludovatz & Gerhard Schweitzer

Ohne (zumindest für den Laien) erkennbare Linie wandte man sich noch am Montagnachmittag einem altbekannten Duo zu. Paul Gludovatz und Gerhard Schweitzer – das Erfolgsduo rund um den Cupsieg 2011 –  hätten für eine dritte Amtszeit im Innviertel reaktiviert werden sollen. Nach einer kurzen (nächtlichen) Bedenkzeit hagelte es jedoch bereits am Dienstagvormittag schallende Absagen, sowohl vom Burgenländer als auch vom Vöcklamarkter (der als Sportdirektor bei der UVB derzeit Tabellendritter in der Regionalliga Mitte ist).

Der mittlerweile 71-Jährige Gludovatz trat auch verbal nach: in einem Interview mit den OON (Anm: in dem er die SVR mit „wir“ und „unser“ bezeichnete) gab er zu Protokoll, dass er bereits in der Länderspielpause mit einem Anruf gerechnet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hätte er seiner Aussage nach auch noch die notwendige Zeit gehabt, um Dinge wirklich zu bewegen. Die verlorenen Sechspunkter gegen die direkte Konkurrenz aus Hartberg und Wiener Neustadt sowie das inferiore 0-0 in Kapfenberg fallen übrigens genau in die Zeit zwischen der Länderspielpause und heute.

Paul Gludovatz im Rieder Stadion

Deswegen auch vollstes Verständnis meinerseits, dass sich Gludovatz dieses Himmelfahrtskommando nicht antun wollte. Auch mit dem Hintergrund, dass er von Daxl während seiner letzten Amtszeit in Ried (2015/2016 nach der Beurlaubung des glücklosen Helgi Kolvidsson) auch nicht ins Klare darüber gesetzt wurde, dass hinter seinem Rücken nach einem anderen Trainer für die Nachfolgesaison 2016/2017 gesucht wurde. Zudem wurde bei der aktuellen Trainersuche auch Schinkels zuerst kontaktiert. Ein mehrfacher Vertrauensbruch, der nicht zu kitten ist.

Kandidat 3: Heimo Pfeifenberger

Nach den Absagen von Gludovatz/Schweitzer und der Distanzierung von Schinkels sickerte am frühen Abend des Dienstags durch, dass Heimo Pfeifenberger nun Favorit auf das Amt des Trainers während der acht letzten Saisonrunden sein solle. Der ehemalige Coach von Grödig und Wiener Neustadt war nach seiner Entlassung beim Wolfsberger AC auf dem Trainermarkt. Die oberösterreichische Medienlandschaft schrieb in den mittwöchlichen Ausgaben mehr oder minder unisono darüber, dass der Salzburger am Mittwochvormittag nach Ried kommen werde, dort einen Vertrag unterschreiben und am Nachmittag bereits das Training leiten solle. Doch erstens kommt alles anders und zweitens als man denkt. Aus derzeit noch unbekannten Gründen konnte man sich mit dem Ex-WAC-Trainer nicht einigen. So verging der Mittwoch ohne jegliche Vollzugsmeldung.

Kandidat 4: Thomas Weissenböck

Am Mittwochnachmittag machte dann ein Gerücht die Runde, dass Thomas Weissenböck (aktuell Akademieleiter in Ried) und Miron Muslic (AKA 18 Trainer) die Mannschaft bis Saisonende übernehmen würden.

Thomas Weissenböck SV Ried

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dies klang zunächst nach einer internen (und verhältnismäßig kostengünstigen) Lösung, welche auch dafür spräche, dass die liquiden Mittel knapp bemessen sind. Es kann natürlich auch sein, dass sich nach dem Chaos der vergangenen Tage niemand mehr die (sportliche) Selbstmordmission antun wollte. Dass falsches Timing mittlerweile zur Vereinsphilosophie gehört, habe ich bereits am Sonntag ausführlich beschrieben.

Das Nachmittagstraining am Mittwoch leiteten übrigens Dieter Alge und Tamasz Tiefenbach (die ehemaligen Co-Trainer von Lassaad Chabbi). Thomas Streif hat heute am Nachmittag in den OON geschrieben, dass die Trainerfrage noch ungeklärt sei.

Sieger: Kandidat 4

Knapp nach 19:35 wurde Thomas Weissenböck dann per Pressemeldung (Anm.: Nein, das ist kein Fake. Kein(e) Grafiker(in) dieser Welt sollte bitte auf diesen Link klicken) offiziell bestätigt. Er wird morgen um 14:00 im Trainingszentrum am Voglweg der Öffentlichkeit präsentiert.

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In seiner ersten Amtszeit in Ried erreichte er zusammen mit Gerhard Schimpl in 18 Spielen einen Schnitt von 0.78 Punkten/Spiel (10 Niederlagen standen nur 3 Siegen gegenüber). Dies ist ziemlich genau 10 Jahre her – am 5. April 2008 wurde er drei Spieltage vor Saisonende entlassen und durch den damaligen Trainernovizen Michael Angerschmid ersetzt.

Die letzte Chance (schon wieder)

Ich würde mir natürlich wünschen, dass die Mannschaft unter neuer Führung am Freitag gegen Austria Lustenau nochmal mit einer „Jetzt erst recht“-Einstellung in das Spiel der letzten Chance geht. Vorstellen kann ich mir dies freilich nicht mehr. Das Hin und Her der letzten Tage kann auch an der Mannschaft nicht spurlos vorübergegangen sein. Wohlgemerkt an der massiv verunsicherten Mannschaft, die unter Druck sowieso nicht reüssieren kann und eigentlich mehr als genug mit sich selber zu kämpfen hat. Auch wenn das Training heute bemerkenswert gut gelaunt absolviert worden ist.

Genug ist genug

Auf den sozialen Plattformen wie Facebook oder Twitter hagelt es seit Tagen bzw. Wochen unerbittlichen Spott bzw. mittlerweile sogar Mitleid (was noch schlimmer ist). Ironischerweise hat Laola1 heute einen Podcast über den Lokalrivalen aus Linz mit dem Titel „Vom Chaos-Klub zum Vorzeige-Verein“ veröffentlicht. Das Timing könnte kaum passender sein.

Denn anders als undurchschaubares Chaos und kollektives Versagen der sportlichen Vereinsführung (wie einst bei Peter-Michael Reichel beim LASK) kann man die Zustände bei der SVR nicht mehr bezeichnen.

Krisenmanagement und richtiger Umgang mit den Medien sind zwei Fremdwörter in diesem überregional bekannten Unternehmen mit Millionenumsatz. Aber gut – polemisch formuliert wird dieses auch nebenberuflich von einem Autohändler und hauptberuflich von einem Berufseinsteiger geleitet. In der realen Wirtschaft wäre eine solche Konstellation undenkbar.

Auch mein Vertrauen (und nicht nur meines) gegenüber den agierenden Personen ist mittlerweile nicht mehr vorhanden. Sollte dieser Verein durch den drohenden Nichtaufstieg nicht sowieso zu Grunde gehen, dann sollten der gesamte Vorstand und der Sportdirektor eigentlich den gebührenden Anstand besitzen und zurücktreten.

Apropos reale Wirtschaft: seit Sommer 2017 wird für Marketingzwecke der Slogan „Des is mei Verein“ eingesetzt. Noch nie war dies jedoch unpassender als zum aktuellen Zeitpunkt. Der Ruf des früheren Vorzeigevereins aus dem Innviertel wurde im Laufe der letzten Monate durch planlosen Aktionismus nachhaltig ruiniert. Dies kann auch ein Aufstieg nicht mehr retten.

Wie Harald Bartl von den OON heute in einem Kommentar richtigerweise bemerkt hat, wenn sich selbst Sir Paul von der SVR abwendet, dann ist dies nicht mehr der uns bekannte Verein. Also #desisnetmeiverein.

In diesem Sinne beende ich meinen Beitrag diesmal mit einem Zitat, dessen Urheber unbekannt ist. Dieses kann man auf Fans, Sympathisanten und auch (langjährige) Sponsoren anwenden:

Trust takes years to build, seconds to break, and forever to repair.

 

Bilderquelle:
Paul Gludovatz: (c) GEPA
Thomas Weissenböck: (c) Daniel Scharinger

Nach dem 0-1 in Wiener Neustadt liegt die SV Ried (der selbsternannte Aufstiegsfavorit #1) exakt 40 Tage vor Saisonende nur mehr auf dem 5. Tabellenplatz. Der Meistertitel wird nach Innsbruck gehen, Hartberg ist aufgrund der Form klarer Favorit auf den Vizemeistertitel (der gleichbedeutend mit dem Aufstieg ist). Wiener Neustadt ist nach dem Sieg im direkten Duell nun im Vorteil beim Kampf um den Relegationsplatz gegen St. Pölten. Diese werden nach der Verpflichtung von Didi Kühbauer ein ziemlich unguter Gegner sein.

Die Selbstdemontage beim ehemaligen Vorzeigeclub scheint kein Ende zu nehmen. Im Laufe der letzten beiden Monate wurde alles zerstört, was im Herbst mühevoll aufgebaut wurde.

Pausenloses Schönreden

Die neueste Edition der Rückrundentabelle zeichnet ein Bild des Grauens. Mit einem erbärmlichen Schnitt von 0.9 Punkten pro Spiel liegt man nur marginal über den 0.83 Punkten pro Spiel, die man in der Rückrunde der Abstiegssaison erreichen konnte.

Rückrundentabelle Erste Liga 2018

Nur der FAC (der im Kalenderjahr 2018 bisher ein Tor erzielen konnte: beim 1-1 in Ried) und der KSV haben weniger Tore erzielt. Rechnet man das Cup-Out gegen Rapid mit ein, dann wurde seit dem 17. November 2018 (das ist ziemlich genau fünf Monate her) nur eines von elf Spielen gewonnen. Der Bonus des besten Torverhältnisses wurde vollständig aus der Hand gegeben, mittlerweile hat Hartberg neben dem Vorsprung von sechs Punkten auch einen Vorsprung von fünf Toren, was den Abstand quasi auf sieben Punkte erhöht.

Und trotzdem nimmt das bereits unter Chabbi kritisierte pausenlose Schönreden der Ergebnisse kein Ende. Man sollte Chuzpe zeigen und klar formulieren, dass Punkteausbeute und Ergebnisse einfach nicht gut genug sind. Die ohne Zweifel fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen (gegen Wacker, gegen Hartberg und nun auch gegen Wiener Neustadt) werden thematisiert um vom viel wichtigeren Thema abzulenken.

Denn der Manager Schiemer müsste den Trainer Schiemer nach den „Leistungen“ gegen das inferiore Kapfenberg und das ebenfalls formschwache Wiener Neustadt eigentlich beurlauben. Doch man befindet sich bei weitem nicht nur in einer Ergebniskrise.

Moderner Fußball…?

Auch die Art des Fußballspielens ist einfach nicht anzuschauen. Wenn das moderner Fußball sein sollte, dann habe ich erstens keine Ahnung davon und will zweitens auch nichts damit zu tun haben. Der Versuch, den Red-Bull-Fußball nachzuahmen, ist für mich schon länger gescheitert. Früher wurde in Ried die Taktik stets an den vorhandenen Spielerkader angepasst (man erinnere sich nur an das 3-3-3-1 unter Paul Gludovatz), unter Schiemer wird hingegen der Kader der Taktik angepasst. Und was nicht passt, soll passend gemacht werden – wenn nötig auch mit der Dampfwalze.

Lediglich 13 Tage sind seit der Trainerentlassung von Lassaad Chabbi vergangen. Drei Spiele, vier Punkte und zwei Tore später ist augenscheinlich, dass der Vorarlberger vermutlich ein Bauernopfer der Vereinsführung rund um Franz Schiemer und Roland Daxl war. Die Entlassung war notwendig, aber folgende Fragen muss man sich mittlerweile stellen: konnte Chabbi seine Art des Fußballspielens nicht umsetzen, weil ihm ständig vom Sportdirektor dazwischengefunkt wurde? Oder war beim Amtsantritt von Chabbi fix definiert, welche Art von Fußball man in Zukunft spielen wolle? Dann mangelte es bei Chabbi aber an der notwendigen Kompatibilität. Summa summarum sind die Personalentscheidungen der letzten 15 Monate zumindest fragwürdig.

Schlechtes Timing als Vereinsphilosophie

Bei diesen stets im Fokus: Roland Daxl und Franz Schiemer. Im Februar 2017 wurde der Verein ohne wirklich notwendigen Anlass destabilisiert. Und zwar durch den Rauswurf von Langzeitmanager Stefan Reiter durch den Finanzvorstand. Dem Vernehmen nach hatte letzterer über längere Zeit hinweg am Stuhl des ersteren gesägt. Dies dürfte Reiter zunehmend entnervt bzw. aus dem Konzept gebracht haben, sodass er vielmals ratloser und handlungsunfähiger denn je erschien. Mitten im Abstiegskampf hatte Daxl damals phantasiert, dass man in naher Zukunft wieder um die Europacupplätze mitspielen wolle und daher ein belebendes Element brauche. Die Quittung für diesen Realitätsverlust kassierte man am Ende der Saison.

Das Timing bei dieser Entmachtung hätte schlechter nicht sein können – nur wenige Tage vor Beginn der Rückrunde stand der Verein plötzlich ohne seinen größten Kenner da. Als Nachfolger wurde von Daxl zur Überraschung aller Franz Schiemer ernannt, zu diesem Zeitpunkt als Co-Trainer in Liefering aktiv. Der unerfahrene Schiemer (um mich hier nicht der Tonalität von Georg L. anzunähern, verzichte ich auf das Wort „Lehrbub“) hatte in seiner Karriere zuvor noch keine strategisch verantwortliche Position bei einem Profiverein bekleidet.

Der damalige Trainer Christian Benbennek hatte nach dem Rauswurf von Reiter seine Rückendeckung im Verein verloren. Man war als Tabellenachter in die Winterpause gegangen, der Vorsprung auf das Schlusslicht Mattersburg betrug sechs Punkte. Nach einem verpatzten Start (dem Vernehmen zufolge hatte Schiemer mehrmals die Kabinenansprache für seinen de-facto entmachteten Trainer übernommen) wurde jedoch nicht nach einem 1-6 Heimdebakel gegen RB Salzburg reagiert. Nach einem solchen Spiel ist eigentlich kein Trainer mehr haltbar. Reagiert wurde erst eine Woche später nach einem 0-1 in der Südstadt gegen die Admira. Ich weiß bis heute nicht, was man sich damals in dieser Woche erwartet oder erhofft hatte.

Und dennoch wurde ein Jahr später der gleichen Fehler begangen. Lassaad Chabbi wurde nicht nach dem 1-3 gegen Wacker Innsbruck beurlaubt, sondern erst nach dem Sechspunktespiel in Hartberg, welches dann ebenfalls verloren ging. Schlechtes Timing (egal ob bei Aussagen oder Aktionen) wurde zur Vereinsphilosophie gemacht.

Keine Fehlerkultur

Doch nicht nur das Timing ist schlecht. Man gesteht auch keine Fehler ein. In der Halbzeitpause des Heimspiels gegen Wattens hat Daxl dem Pay-TV-Sender sky ein Fernseh-Interview gegeben. In diesem hat er eine persönlich positive Bilanz der letzten Jahre gezogen. Dies ist aus zweierlei Gründen verheerend. Zum einen gibt es das englische Sprichwort „There is no I in TEAM„, welches auf den Finanzvorstand offensichtlich nicht zutrifft. Und zum anderen ist dies doch extrem wundersam, wie man nach einem mitverschuldeten Abstieg und einem Katastrophenfrühjahr (der den Klub in eine existenzielle Krise führen könnte) auch nur irgendwie von einer positiven Bilanz sprechen kann.

Das Nichteingestehen von Fehlern trifft übrigens nicht exklusiv auf Daxl zu. Auch von Schiemer hat man bisher kaum ein selbstkritisches Statement gehört (das Schönreden wurde bereits thematisiert) und auch Chabbi hatte vor seiner Entlassung (zumindest in der Außendarstellung) eine zweifelhafte Beziehung zur fußballerischen Realität.

Grad darf keine Option sein

Bei einem Nichtaufstieg ist Daxl übrigens mit ziemlicher Sicherheit weg – dies hat er am 23. Februar in einem Interview mit den OON angekündigt. In diesem Szenario würde wohl ein massiver Umbruch im Vorstand eingeleitet werden. In der letzten Woche hat ein großes Boulevardblatt über ein finanzielles Interesse von Franz Grad an der SV Ried berichtet. Für alle Menschen, die sich mit Fußball eher wenig befassen: wo auch immer der 79-jährige in den Fußball eingegriffen hat, wurde nichts als verbrannte Erde hinterlassen.

Franz Grad SV Ried

Der Totengräber des Fußballs in Oberösterreich ist für die de-facto Auflösung des FC Linz (nach der „Fusion“ mit dem LASK), für die Übersiedelung des FC Pasching nach Klagenfurt und die Eliminierung des Traditionsvereins St. Magdalena verantwortlich. Und demnächst werden wohl auch im beschaulichen Oedt die Lichter ausgehen.

Selbst wenn davon gesprochen wird, dass es sich um „reines Sponsoringinteresse ohne aktiver Rolle im Verein“ handelt – dieser Mann würde seine Finger trotzdem im Spiel haben – egal was er behauptet. Bevor man einen Pakt mit dem Teufel eingeht, ist es besser, dieser Verein tritt den Gang in die Fünftklassigkeit an. Kommt Grad, gehe ich. Und da bin ich nicht der Einzige.

Das Vertrauen ist weg

Apropos gehen. Die Vorfreude auf Heimspiele ist mittlerweile inexistent. Mittlerweile scheut man den Freitagabend, ähnlich wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Die Geisterstimmung beim Match gegen Wattens war deprimierend und wird am kommenden Freitag gegen Austria Lustenau wohl ein Revival finden. Natürlich werde ich bei den fünf verbleibenden Heimspielen im Stadion anwesend sein, dies hat aber mehr mit Freunden und Bekannten zu tun als mit dem Verein an sich.

Ich habe im Lauf der letzten Wochen mit vielen langjährigen Anhängern gesprochen – Ratlosigkeit, Verzweiflung und Wut über die aktuelle Situation waren lange Zeit prädominante Gefühlslagen.

Doch mittlerweile ist es noch schlimmer. Ein Freund, West-Kollege und langjähriger Fan, der die SVR ebenfalls schon zu Landesligazeiten begleitet hat, ist im Grunde der größte Optimist den ich kenne. Dieser hat am Freitag attestiert, dass ihm mittlerweile alles gleichgültig ist. So sehr haben die letzten 15 Monate geprägt und selbst den größten Optimisten gebrochen.

Das Band des Vertrauens zwischen dem Verein und mir ist nach mehr als einem Vierteljahrhundert bedingungsloser Unterstützung zum ersten Mal (zumindest temporär) zerschnitten. Die verantwortlichen Akteure (auf dem Platz, in den Logen) haben ihren Kredit vollständig aufgebraucht. Selbst ein unvorhergesehener Erfolgslauf würde dies nur mehr marginal beeinflussen. Denn selbst wenn der Aufstieg noch gelingen sollte (womit ich derzeit nicht rechne), ginge man vermutlich ohne die dazugehörige Euphorie in die kommende Saison.

Eure letzte Chance

Ich weiß mittlerweile, dass meine Gedanken auch ihren Weg zum Vereinsgebäude am Volksfestplatz 2 finden.  Daher will ich abschließend noch einen Hinweis platzieren und ändere dabei die Ansprache:

Ihr habt noch acht Runden Zeit, um das Worst Case Szenario abzuwenden. Es brennt lichterloh. Wir wollen keine Plattitüden mehr hören sondern nur mehr Taten auf dem Platz sehen. Wenn ihr versagt, werdet ihr als Hauptakteure der womöglich dunkelsten Stunde in die Rieder Vereinsgeschichte eingehen. Und dies wird man euch nicht vergessen.

Update 16. April 2018

Dem Vernehmen nach steht Frenk „Frenkie“ Schinkels als neuer Trainer ante portas. Der gebürtige Rotterdamer war zuletzt als Sportdirektor bei St. Pölten im Einsatz, diese Position bekleidet er derzeit bei Krems in der Regionalliga Ost. Wie es scheint, bleibt uns Riedfans derzeit wirklich nichts erspart. Aber wie heißt es so schön im österreichischen Welthit aus 2013? „Never give up, never give up, machmal kommt es knüppelhart„.

 

Titelbild: (c) GEPA-Pictures via nachrichten.at
Franz Grad: (c) 
ligaportal.at/Heiduck/LUI

Today I looked for the quittance of the postal office in order to verify my claims for the money from the Keane-ticket I had sold four weeks ago. With its help I was able to look up the way of transportation of the ticket via the Internet-page of EMS. And guess what – I was right and he was wrong, the ticket had been delivered right in time, 30 minutes before noon on the 18th of March. Well, bad luck for him, but as far as he completes the bank transfer I am quite satisfied.

Tomorrow I have got an appointment at the oral surgeon, he has to remove the sutures deriving from my wisdom teeth surgery last week. Furthermore I will arrange an appointment for the next surgery – the one of my left jaw, which will be great fun because my wisdom tooth in the lower left jaw underlies the gingival. That means he has to cut it off with a scalpel first – another job for those marvellous painkillers I will get by recipe again. Alright, have to stop talking about it now, since the pain descending from my right jaw has disappeared some days ago, I can enjoy everyday life pretty well again and so I wanna do until the next surgery.

Right now I am back in Ried – because of the reason mentioned before, but I have to get back to Salzburg tomorrow at about 10am again because of some lectures. After that we’ll practice for the OÖ-football-tournament next week in Hagenberg, where our FH will participate as a guest team from another federal state. I am looking forward to playing out in the grass again – football in the hall is quite funny, but it’s just – as said before – football in the hall. As you may have already recognized, football plays some role in my life. I watch approximately 250-300 matches every year, a combination of live football and football on TV. If somebody would ask me for the best three matches I have ever seen, I gave him following answer:

Live at a stadium:

  1. SV Ried vs. FC Tirol Innsbruck 5:0 (1999 – Tirol was leading the table and unbeaten since that day, the standing at half time break was 0:0 – in the 2nd half we sent them back to the Alps)
  2. GAK vs. SV Ried 3:2 (2004 – although we lost, it was a heroic fight against 12 opponent players, including the referee, against the later Austrian champion and cup winner)
  3. SV Ried vs. FC Linz 1:0 (1995 – maybe not a great match, but maybe the most important in the history of Ried, a thrilling game that secured us the place in the Austrian Bundesliga)
  4. LASK vs. SV Ried 0:1 (2004 – first victory against the arch enemy on their own territory – sealed by a header after a corner kick in the first minute of injury time – right in front of the fans from Ried)
  5. SV Ried vs. Austria Wien 1:0 (2003 – the big city against the small village. 25 millions against 4 millions. glorious win against the later champion, even if it was a bit lucky)

Live on TV:

  1. Chelsea vs. Vicenza Calcio 3:1 (1998 – cup of cupwinners, semifinals. Chelsea needed a 2-0 after a 0-1 loss in Vicenza. At the standing of 1-1 it was maybe one of the fastest played games I ever saw)
  2. Czech Republic vs. Netherlands 3:2 (2004 – the best game during the EM in Portugal – by far – after trailing a 0-2, our neighbours came back and turned the game to their favour)
  3. Arsenal vs. Manchester United 2:4 (2005 – unbeaten at Highbury, the Gunners suffered a defeat that was highly impressive because of the strength and the will United had shown that day)
  4. Manchester United vs. Bayern Munich 2:1 (1999 – the legendary Champions League final where the Germans were in front until injury time – losing it thanks to two goals after corner kicks in the 91st and 93rd minute)
  5. Can’t think of a fifth match right now, probably I will complete this line later.

Gotta go now, need to see Bayern Munich losing against Chelsea (even though I don’t like the Blues neither).

* quotation in the topic by Ernest Hemingway