Nachdem ich mir heuer angewohnt habe, das Resümee einer Serie unmittelbar nach Abschluss ebendieser zusammenzufassen, kann ich meine diesjährige Liste so früh wie schon lange nicht mehr präsentieren. Zu Beginn wie immer ein kurzer Rückblick auf meine bisherigen Serien des Jahres:
2020 | Better Call Saul (Staffel 5) |
2019 | Mr. Robot (Staffel 4) |
2018 | Killing Eve (Staffel 1) |
2017 | Halt And Catch Fire (Staffel 4) |
2016 | Stranger Things (Staffel 1) |
2015 | Mr. Robot (Staffel 1) |
2014 | Game of Thrones (Staffel 4) |
2013 | Breaking Bad (Staffel 5 – Teil 2) |
Ich habe mein Bewertungssystem heuer ausnahmsweise einmal nicht geändert. Wie im letzten Jahr besteht meine Liste sowohl aus Serien, welche im aktuellen Kalenderjahr 2022 ihre Premiere (in Europa) gefeiert haben, als auch aus fortlaufenden Serien mit mehreren Staffeln. Wie schon im vergangenen Jahr habe ich auch heuer den Metascore und den IMDb-Score bewusst weggelassen. Per Klick auf den Serientitel werdet ihr zur jeweiligen IMDb-Seite weitergeleitet.
10 – Your Honor (Miniserie | SHO / sky)
10 Folgen (52-63 Minuten pro Folge)
Cast: Bryan Cranston, Michael Stuhlbarg, Hunter Doohan, Hope Davis, Carmen Ejogo, Margo Martindale
Einschätzung: Als ich im Sommer 2020 zum ersten Mal von der kommenden Serie Your Honor gehört hatte, war ich voller Vorfreude. Vor allem aufgrund der ersten Serien-Hauptrolle von Bryan Cranston seit dem Ende von Breaking Bad, wofür er für die Rolle des Walter White mit insgesamt vier Emmys ausgezeichnet wurde. Cranston spielt einen angesehenen Richter in New Orleans, der stets harte aber faire Entscheidungen trifft und bei der Auslegung des Gesetzes keinen Spielraum walten lässt.
Als sein Sohn im Highschool-Alter jedoch nach einem Unfall mit Fahrerflucht für den Tod des Sohnes des lokalen Gangsterbosses verantwortlich ist, wird seine Welt von Ethik und Moral auf den Kopf gestellt. Dies ist kein Spoiler, weil dieser Unfall während der ersten 15 Minuten der 1. Folge passiert. Michael Desiato (so der Name von Cranston in der Serie) bricht fortan mit vielen seiner richterlichen Prinzipien und versucht den Unfall als Angst vor einer Racheaktion des Mafia-Bosses Jimmy Baxter zu vertuschen. Dies gelingt ihm jedoch mehr schlecht als recht und bringt ihn in einen immer tieferen Strudel von Lügen und Täuschung.
Wie anfangs erwähnt, hatte ich der Serie im Vorhinein extrem viel Potential attestiert. Dieses wurde jedoch leider nur bedingt abgerufen. Nach einer ausgezeichneten ersten Folge zeigt die Serie gerade gegen Ende hin einige Längen und inhaltliche Schwächen. So war ich am Ende (bzw. auch vom Ende) einigermaßen – jedoch auf einem vergleichsweise hohen Niveau – enttäuscht.
09 – The Billion Dollar Code (Miniserie | Netflix)
4 Folgen (58 – 67 Minuten pro Folge)
Cast: Mark Waschke, Leonard Schleicher, Marius Ahrendt, Misel Maticevic, Lavinia Wilson, Seumas F. Sargent
Einschätzung: Bei The Billion Dollar Code handelt es sich um die Erzählung eine wahren Geschichte. Carsten, ein Student an der Hochschule der Künste Berlin, der mit ambitionierten Ideen für 3D und Virtual Reality experimentiert aber aufgrund der Leistungsfähigkeit der Rechner im Jahr 1994 an einer Umsetzung scheitert, trifft in einem Szene-Club den Hacker Juri vom Chaos Computer Club. Die beiden freunden sich an, weil Juri eine Lösung für Carstens Hardware-Problem hat. Fortan werden die beiden zu einem kongenialen Team und pushen sich gegenseitig mit immer wieder neuen Ideen – beispielsweise wollen sie auf ihrem Computer jeden Punkt auf der Erde virtuell in 3D ansehen – die Idee zu Terravision ist geboren.
Die Serie spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen – im Berlin des Jahres 1994 sowie viele Jahre später vor Gericht bei einem scheinbar aussichtslosen Patentstreit mit Google. Denn der Megakonzern nützt die Blauäugigkeit der beiden Studenten nach einer Einladung ins Silicon Valley aus, erschafft Google Earth und verdient damit Milliarden (daher auch der Serien-Titel). Im Prozess David (ART+COM) gegen Goliath (Google) scheint vieles möglich, nur kein Sieg des David – das Ende lasse ich an dieser Stelle natürlich offen. The Billion Dollar Code ist – wie schon Dark – deutsche Serienkunst auf hohem internationalem Niveau. Die Serie lebt von der Erzählweise (das Drehbuch stimmt lt. Aussage eines früheren ART+COM Mitarbeiters minutiös mit der Realität überein) und dem digitalen Aufbruchs-Flair der 90er-Jahre, an die ich mich technisch bzw. technologisch noch gut erinnern kann. Die Serie hat meinen Nerv daher ähnlich wie vor einigen Jahren Halt And Catch Fire getroffen.
08 – La Casa De Papel (Season 5 – Part 2 | Netflix)
5 Folgen (42-76 Minuten pro Folge)
Cast: Alvaro Morte, Ursula Corbero, Itziar Ituno, Pedro Alonso, Najwa Mimri, Rodrigo de la Serna, Fernando Cayo
Einschätzung: Egal ob Narcos (Mexiko), Squid Game (Südkorea) oder Dark (Deutschland). Netflix hat schon längst ein globales Netz an Content-Produktion und -Distribution gespannt und bedient nicht nur regionale Vorlieben. La Casa De Papel (bzw. Money Heist auf Englisch oder Das Haus des Geldes auf Deutsch) war einer der ersten nicht-amerikanischen Welterfolge auf dem US-Streaming Portal und laut eigenen Angaben zeitweise die international meistgesehene nicht englischsprachige Serie im Portfolio. Zunächst auf Antena 3 in Spanien ausgestrahlt, sicherte sich Netflix 2019 die Rechte für das Bankräuber-Katz-und-Maus-Spiel mit unzähligen Wendungen. Die finale 5. Staffel wurde heuer in zwei Teile gesplittet, die ersten fünf Folgen waren seit September abrufbar, die finalen fünf Folgen seit Dezember.
Raubte das Team von unterschiedlichen Charakteren mit Städtenamen-Pseudonymen unter ihrem Anführer, dem Professor, in den ersten beiden Staffeln noch die spanische Notenbank aus, so spielen die finalen drei Staffeln in der Bank von Spanien, wo die nationalen Goldreserven gelagert sind. Das Haus des Geldes offenbart gerade im ersten Teil der letzten Staffel die klassischen Schwächen einer Serie, die inhaltlich zu sehr ausgemolken wird. Doch wer die ersten fünf Folgen hinter sich bringt, wird mit einem absolut zufriedenstellenden Ende belohnt. Alle Storylines werden beendet, die Handlung versprüht gegen Ende hin wieder den Verve der ersten beiden Staffeln und das emotionale Ende hat bei mir sogar für zwei feuchte Augen gesorgt (wohl vor allem dank der Musikwahl, die massiv auf die Tränendrüse drückt). Mittlerweile wurde übrigens von Netflix bestätigt, dass der Charakter Berlin 2023 ein eigenes Spin-Off bekommt.
07 – Only Murders In The Building (Season 1 | hulu / D+)
10 Folgen (26-35 Minuten pro Folge)
Cast: Steve Martin, Martin Short, Selena Gomez, Amy Ryan, Nathan Lane, Sting
Einschätzung: Die 1. Staffel der in den USA auf hulu ausgestrahlte Serie lief hierzulande parallel (jedoch mit zwei Wochen Verzögerung) am Star-Kanal von Disney+. Ein in die Jahre gekommener Serien-Schauspieler (Steve Martin), ein Broadway-Regisseur dessen beste Zeit schon lange vorüber ist (Martin Short) sowie eine junge Frau, die das Apartment ihrer Tante renoviert (Selena Gomez) sind allesamt Bewohner eines noblen Wohnhaus-Komplex in Manhattan – und True Crime Podcast Fans. Als ein mysteriöser Todesfall im Wohnhaus die langweilige Routine der Bewohner auf den Kopf stellt, entschließt sich das ungleiche Trio dazu, die Ermittlungen selber in die Hand zu nehmen und über den Fortschritt in einem eigenen Podcast zu berichten. Dies führt zu Missverständnissen und Auseinandersetzungen mit der Polizei und anderen Hausbewohnern und bringt die drei Protagonisten auch mehrmals in Lebensgefahr.
Zwei der Three Amigos (Steve Martin, Martin Short) sind dem Publikum unter 30 vielleicht kein Begriff mehr. Um dies auszugleichen, war Selena Gomez als von Disney geprägter Superstar vermutlich bewusst als ausgleichender und jugendlicher Gegenpol gewählt. Das Drehbuch stammt von Steve Martin selber, die drei Hauptdarsteller zeichnen sich auch als ausführende Produzenten verantwortlich. Only Murders In The Building ist alles andere als schwere oder herausfordernde Kost, sondern sehr kurzweilig. Die Serie ist auch mit unzähligen Gastauftritten von Stars (u.a. Sting, Jimmy Fallon, Tina Fey uvm.) gespickt und endet mit einem Cliffhanger zur 2. Staffel, welche im September 2021 offiziell durch hulu bestätigt wurde.
06 – Squid Game (Season 1 | Netflix)
9 Folgen (32-63 Minuten pro Folge)
Cast: Lee Jung-jae, Park Hae-soo, Wi Ha-joon, Jung Ho-yeon, O Yeong-su
Einschätzung: Squid Game ist ein globales Phänomen und nach Parasite der zweite filmische südkoreanische Welterfolg binnen zwei Jahren. Das Konzept der Serie – eine Gruppe von Unbekannten kämpft nach dem last-(wo)man-standing Prinzip um einen Hauptpreis – ist alles andere als neu. In meiner Altersgruppe haben viele Battle Royale mehr als einmal gesehen, einen japanischen Film aus dem Jahre 2000 mit dem gleichen Grundkonzept. Und wer diesen Film nicht kennt, hat vermutlich The Hunger Games gelesen oder gesehen (in meinem Fall beides).
Warum also wurde 오징어 게임 (so der Titel von Squid Game auf Koreanisch – richtig geraten) nun zur meistgestreamten Netflix-Serie aller Zeiten? Ich kann hier nur meine persönliche Einschätzung abgeben. Vermutlich weil die Teilnehmer – im Gegensatz zu den oben genannten Beispielen – auf (semi)freiwilliger Basis am perfiden Todesspiel teilnehmen und die Serie deswegen einen dystopisch-gesellschaftskritischen Fokus bekommt. Die dargestellte Brutalität mancher Szenen ist völlig überzeichnet und deswegen öfters sogar ziemlich lustig. Auch dies ist von den Serienerfindern vermutlich alles andere als unbeabsichtigt. Squid Game war eigentlich auf eine Staffel konzipiert, aufgrund des Welterfolgs und einiger offener Storylines kann man jedoch davon ausgehen, dass es in naher Zukunft eine Fortsetzung geben wird, die jedoch aus heutiger Sicht fast nur enttäuschen kann. Man möge mich vom Gegenteil überzeugen.
05 – WandaVision (Miniserie | Disney+)
9 Folgen (3-50 Minuten pro Folge)
Cast: Elizabeth Olsen, Paul Bettany, Kathryn Hahn, Evan Peters, Debra Jo Rupp
Einschätzung: Marvel hier, Marvel dort, Marvel überall. Nach dem Kino erobern die Charaktere aus dem MCU seit 2021 auch den Streaming-Service von Disney. Im 1. Jahr bekamen neben der Scarlett Witch (Elizabeth Olsen) und Vision (Paul Bettany) auch The Falcon And The Winter Soldier (Anthony Mackie & Sebastian Stan) sowie Loki (Tom Hiddleston) und Hawkeye (Jeremy Renner) ihre eigene Miniserie. Das originellste Konzept hatte aber mit Sicherheit WandaVision. Als ich mit der ersten Folge begonnen habe, habe ich die Wiedergabe nach einigen Minuten pausiert und dann sogar beendet bzw. neu gestartet, weil ich mir nicht sicher war, ob ich eventuell den falschen Content auf Disney+ erwischt hatte.
Ohne näher auf die eigentliche Handlung eingehen zu wollen, die Aufbereitung der Serie mit Sitcom-Elementen der vergangenen TV-Epochen bringt unweigerlich Erinnerungen an Klassiker wie I Love Lucy, Bewitched, The Brady Bunch, Full House, Family Ties, Malcolm In The Middle oder The Office. Auf der Seite Apartment Theory gibt es übrigens eine komplette Guideline zu den Referenzen. Agatha Harkness (gespielt von der Emmy-nominierten Kathryn Hahn), die Antagonistin der Serie, bekommt übrigens aufgrund des durchschlagenden Erfolgs ihres Charakters auch eine eigene Serie bei Disney+ mit noch unbekanntem Titel. Es ist also dafür gesorgt, dass der Streaming-Dienst des Micky-Maus-Imperiums auch in den kommenden Jahren nicht der Stoff ausgeht.
04 – The White Lotus (Miniserie | HBO / sky)
6 Folgen (54-65 Minuten pro Folge)
Cast: Murray Bartlett, Connie Britton, Jennifer Coolidge, Alexandra Daddario, Steve Zahn
Einschätzung: Die eigentliche Handlung von The White Lotus ist relativ einfach erklärt. Verschiedene wohlhabende Singles, Paare bzw. Familien verbringen ihren Urlaub in einem Luxusresort auf Hawaii. Dabei brechen schwelende zwischenmenschliche Konflikte immer mehr auf, die Aufbereitung derer gelingt jedoch nur bedingt bzw. überhaupt nicht. Amüsant wird die Serie durch den Fakt, dass ausnahmslos alle Protagonisten völlig unsympathisch sind. Sie sind unter anderem überheblich, drogenabhängig, rechthaberisch, jähzornig oder erfolgsverwöhnt und beweisen eindrucksvoll, dass sich zu viel Geld nicht unbedingt positiv auf den Charakter auswirkt.
Vor allem Jennifer Coolidge (American Pie, Promising Young Woman) nervt als manisch-depressive Diva, die nach Hawaii fliegt um die Asche ihrer verstorbenen (und verhassten) Mutter zu verstreuen. Auch Jake Lacy (The Office) möchte man als reiches und eifersüchtiges Muttersöhnchen am liebsten nach fast jedem gesprochenen Satz abwatschen. Überragt wird das Ensemble jedoch vom Australier Murray Bartlett (Guiding Light, Looking), der durch seine Darstellung des Resort-Leiters (vulgo Kindergärtners) auch als Top-Kandidat für die kommende Awards Saison gilt. Positiv abgerundet wird die Serie auch durch die hawaiianisch-indigene Musik von Juan Cristobal Tapia de Veer, wobei vor allem der Titelsong länger im Ohr bleibt.
03 – Mare Of Easttown (Miniserie | SHO / sky )
7 Folgen (57-60 Minuten pro Folge)
Cast: Kate Winslet, Julianne Nicholson, Jean Smart, Evan Peters, Guy Pearce
Einschätzung: Früher war es gänzlich undenkbar, dass A-Lister aus der Kinowelt in einer (TV-)Serie mitwirken könnten. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hat sich dies jedoch um 180° gedreht und so ist es nun keine Sensation mehr, dass man auch Oscar-Gewinner wie Kate Winslet (Titanic, The Reader) auf diversen Streaming-Services bewundern kann. Als geschiedene und stets missmutig gelaunte Kommissarin in einer Kleinstadt namens Easttown, mitten im Rust Belt von Pennsylvania gelegen, ist sie bei den Ermittlungen hauptsächlich mit Delikten rund um Armut und Drogen konfrontiert. Als eine teenage mom brutal ermordet wird, spinnen sich im Laufe ihrer Ermittlungen immer mehr Verwicklungen mit ihrem eigenen Familien- bzw. Freundeskreis und stellen damit persönliche Loyalitäten auf die Probe.
Mare of Easttown aus der Feder von Brad Ingelsby (Out Of The Furnace, The Way Back) ist düster und deprimierend und daher sicherlich keine gute Wahl für einen entspannenden Fernsehabend. Die persönlichen Schicksale einzelner Protagonisten sind aus einer menschlichen Perspektive gesehen zumeist unausweichlich. Die mehrfachen Wendungen und Überraschungen sorgen dafür, dass die Serie zu keinem Punkt langweilig wird. Bei den heurigen Emmys gewannen übrigens sowohl Winslet (Beste Hauptdarstellerin in einem TV-Film oder Miniserie) als auch Evan Peters (Bester Nebendarsteller) und Julianne Nicholson (Beste Nebendarstellerin) eine goldene Statuette.
02 – Maid (Miniserie | Netflix)
10 Folgen (47-60 Minuten pro Folge)
Cast: Margaret Qualley, Andie MacDowell, Nick Robinson, Anika Noni Rose
Einschätzung: Wenn ihr einen Netflix-Account habt, ist euch im Laufe der letzten beiden Monate mit Sicherheit schon einmal Maid vorgeschlagen worden. Aufgrund des unscheinbaren Titels wirkt die Miniserie vielleicht nicht übermäßig interessant. Doch sie ist vermutlich eine der spannendsten und herzerwärmendsten Serien des Jahres.
Maid erzählt die (auf wahren Begebenheiten basierende) Geschichte der 25-jährigen Alex aus dem Bundesstaat Washington. Sie hat keinen College-Abschluss, keine Arbeitsstelle und keine Ersparnisse. Ihre 2-jährige Tochter Maddie ist für sie der wichtigste Mensch der Welt. Eines Nachts beschließt sie, ihren Ehemann zu verlassen, weil dieser nach Alkoholgenuss zur psychischen Gewaltausübung neigt. Durch Zufall bekommt sie eine Anstellung als Reinigungskraft, die Bezahlung ist mehr schlecht als recht. Was folgt, ist ein Spießrutenlauf zwischen unzähligen Wohnungswechseln, Sorgerechtsstreitigkeiten um die Tochter und unverständlichen Antragsformularen mit viel zu vielen Akronymen. Alex muss jeden Dollar doppelt und dreifach umdrehen (dies wird auch regelmäßig visuell durch den aktuellen Kontostand im rechten oberen Eck des Screens verdeutlicht). Außerdem wird sie für jeden Schritt nach vorne fast postwendend um mindestens zwei Schritte zurück geworfen. Doch Alex ist eine Kämpferin.
Die Serie romantisiert Armut nicht, sondern zeichnet das ungeschminkte Gesicht einer Frau unter der Armutsgrenze. Maid ist ein reality check der US-amerikanischen Mittelschicht, die immer tiefer in die Armut abdriftet und dabei keinen Rückhalt vom politischen System bekommt. Margaret Qualley (Once Upon A Time In Hollywood, The Leftovers) brilliert dabei als Protagonistin, deren weltfremde Hippie-Mutter von Andie McDowell (Four Weddings And A Funeral, Groundhog Day) gespielt wird. Das Besondere dabei: McDowell ist auch in der Realität die Mutter von Qualley. Prädikat wertvoll auch für den Soundtrack, der gänzlich aus Indie bzw. Alternative-Songs von weiblichen Bands und Sängerinnen besteht.
01 – Ted Lasso (Season 2 | Apple TV+)
12 Folgen (29-49 Minuten pro Folge)
Cast: Jason Sudeikis, Brett Goldstein, Hannah Waddingham, Juno Temple, Nick Mohammed, Brendan Hunt
Einschätzung: Zum ersten Mal nimmt eine Comedy den ersten Platz meiner alljährlichen Serien-Charts ein. Ted Lasso hat bei den diesjährigen Emmys beinahe alles abgeräumt, was zu gewinnen war. Beste Serie, Bester Hauptdarsteller (Jason Sudeikis), Beste Nebendarstellerin (Hannah Waddingham), Bester Nebendarsteller (Brett Goldstein) sowie drei weitere technische Awards. Vor allem der von Goldstein gespielte Charakter Roy Kent hat in sich in der 2. Staffel zum heimlichen Star der Serie gemausert. Die Kent-zentrierte Folge Rainbow (S2E5) ist in Sachen Erzählkunst ein kleines Meisterwerk und zeigt, wie man einen Song in punkto Timing absolut perfekt einsetzen kann. Doch dafür war Showrunner Bill Lawrence auch schon bei Scrubs bekannt.
Ted Lasso war nach dem überraschenden Erfolg der initialen Staffel auf insgesamt drei Staffeln konzipiert und so fehlt der Serie nur mehr der 3. Akt, die Dreharbeiten dazu werden voraussichtlich im Jänner 2022 beginnen. Aufgrund des globalen Erfolgs der Serie bin ich jedoch gespannt, ob Apple hier andere Pläne verfolgt oder beispielsweise auch ein Spin-Off eine Möglichkeit ist. Wie auch immer, die ersten beiden Staffeln haben die Latte für das Finale extrem hochgelegt. Aber ich vertraue auf die Diamond Dogs, dass die Story rund um den liebenswürdigen US-Coach ein würdiges Ende findet.
Resümee und Ausblick
Es gibt heuer einige hochkarätige Serien, welche ich noch nicht gesehen habe, stellvertretend sind Hacks (HBO), die 3. Staffel von Succession (HBO / sky), Dopesick (hulu / Disney+), The Billion Dollar Code (Netflix), Lupin (Netflix) und Hawkeye (Disney+) genannt.
Die letzten Staffeln von Goliath (Amazon) und Bosch (Amazon) waren zwar kurzweilig, haben es aber nicht auf meine Topliste geschafft, weil sie nicht wirklich neuartig waren. Die 2. Staffel von The Morning Show (Apple+) und die beiden Marvel-Serien Loki (Disney+) sowie The Falcon And The Winter Soldier (Disney+) haben es ebenso wenig auf meine Liste geschafft.
Serien die ich begonnen, aber während der ersten Folgen abgebrochen habe, sind Nine Perfect Strangers (hulu / Amazon), Foundation (Apple+), Mr. Corman (Apple+) und The Shrink Next Door (Apple+). Die zweite Staffel von Tiger King (Netflix) hat mich ebenfalls nicht mehr richtig abgeholt.
Empfehlenswert für Sportfans ist die Serie Untold auf Netflix, welche sich auf verschiedenste Sport-Skandale fokussiert, jedoch primär im US-Sport. Ebenfalls eine Empfehlung ist die 2. Staffel von LOL: Last One Laughing auf Amazon – viele deutsche Comedians sind anscheinend (nur?) dann witzig, wenn sie nicht lachen dürfen.
Alles in allem war 2021 für mich persönlich ein deutlich besseres Serien-Jahr als 2020, was wohl primär damit zu tun hat, dass die meisten Produktionen nach dem kurzfristigen globalen Stillstand im Frühjahr 2020 allesamt unterbrochen oder verschoben wurden. Ich bin schon ziemlich gespannt auf das Serienjahr 2022, welches aus aktueller Sicht gerade in den USA relativ unbeeindruckt von COVID-19 ablaufen wird.
Exkurs: Golden Globes 2022
Abschließend noch die 10 Serien mit den meisten Golden Globes Nominierungen, welche am 13. Dezember in Los Angeles bekanntgegeben wurden. Bis auf The Great und Pose wurde jede andere Serie hier zumindest einmal genannt, vier Serien finden sich auch in meiner Liste.
Serie | Kanal | Nominierungen |
Succession | HBO / sky | 5 |
The Morning Show | Apple+ | 4 |
Ted Lasso | Apple+ | 4 |
Dopesick | hulu / Disney+ | 3 |
The Great | hulu / Starzplay | 3 |
Hacks | HBO | 3 |
Maid | Netflix | 3 |
Only Murders In The Building | hulu / Disney+ | 3 |
Pose | Netflix | 3 |
Squid Game | Netflix | 3 |
Neueste Kommentare